Doppeldeckung - wie als Punktrichter bewerten?


Drago

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Huck-Arslan ist ein Anstoß, aber grundsätzlich wäre es nicht schlecht mal ne Duskussion darüber anzustoßen.

Von allen Boxfights die ich bis dato mit "Doppeldeckung-Boxer" gesehen hab, fallen Urteile stets sehr unterschiedlich aus.

Manche werten es wie der Sat1-Kommentator Erich Laaser (eher Fussball- als Boxexperte), der u. a. bei Tiger-Rocky II wort-wörtlich sagte:

"Die Doppeldeckung - eigentlich ein verbotenes Mittel im Boxen..."


Somit gab Laaser nahezu alle Runden an Darek...eben weil Rocky stets in Doppeldeckung stand und Schläge gegen sie als "Treffer" bewertet werden.

Auch erinnere ich mich zu gern an die Pro7 Soap: "Der Tag der Ehre - Entscheidung im Boxring", von Ende 2004, in welcher Tiger und Rocky je ein Team hatten, und es in jeder Folge zwei Kämpfe gab.
Das Rote Rocky- vs das Blaue Tiger Team.

Tobi Drews war Kommentator, und die Punktrichter waren ebenfalls Profis.

Am Ende boxten zwei Türsteher, Max (Team Tiger) vs Lillo (Team Rocky).

Lillo...ganz wie Rocky mit Doppeldeckung, kassierte kaum Treffer und hatte danach keinen Macken im Gesicht.
Max...zwei mal schwer taumelnd und im Tiger Stil nach vorn marschierend und hauend, hatte am Ende ein verballertes Gesicht.

Resultat: Die Punktrichter werteten alle 2-1 Runden für Max.
War eines der derbsten Urteile, die ich bis jetzt so gesehen habe...die Rocky Brüder waren auch stinksauer.

Es gab nur eine Erklärung: Die Punktrichter sahen die Doppeldeckung als "imaginär" an, werteten fast jeden Schlag von Max als Treffer.

Andere Punktrichter sehen die DD als effektive Verteidigung und Fäuste die daran gehen als keine Treffer.



Wie findet Ihr sollte man die DD bzw. ihre Wirkung bewerten? :wavey:
 

Tim B.

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Ein Schlag auf die Deckung ist kein Treffer. Aber ein Schlag. Also immer noch besser als kein Schlag.

Dazu nimmt die Doppeldeckung nicht die komplette Wucht der Schläge und fängt auch nicht jeden Schlag ab, gerade Kopfhaken. Sie macht es aber schwerer, Treffer zu erkennen.

So werte ich 100 Schläge auf die Deckung, von denen 10-15 irgendwie durchkommen, auch höher, als 15 klarere Treffer gegen einen Boxer ohne DD. Im Klartext: ich werte die Wegner'sche Taktik 2:30 in Doppeldeckung rumzulaufen und dann mit ner Flurry reinzuspringen nicht höher, als kontinuierliche Arbeit gegen die DD.

Ich gehe da generell mit amerikanischen Punktrichtern konform, die Aktivität hoch bewerten.

Am Samstag hat Arslan mehr geschlagen, mehr getroffen. Da beide in DD standen, kann das kein Wertungskriterium gewesen sein.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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Ein Schlag auf die Deckung ist kein Treffer. Aber ein Schlag. Also immer noch besser als kein Schlag.

DAS halte ich für eine bemerkenswerte Aussage und im Forum ziemlich weitverbreitet. Ich bin nicht dieser Ansicht, was das Punkten anbelangt. Die richtige Formulierung müsste imo lauten: Ein Schlag auf die Deckung ist kein Treffer. Er ist rein was das Punkten anbelangt, erstmal genauso gut wie kein Schlag.

Die Erklärung ist simpel einfach: imo wird die Aktivität, mit der ein Schlag auf die Deckung abgefeuert wird, mit der Deckung des Verteidigers NEUTRALISIERT. Runtergebrochen ist die Aktion ein Null Summenspiel, da die Aktivität mit der Verteidigung als Hilfskriterium gleichberechtigt ist. Ich halte die Meinung : auch ein Schlag auf die Deckung zählt was für ein Ammenmärchen und für einen der am weitest verbreiteten Irrtümer. Gerade dieser Punkt führt imo bei vielen dazu, Kämpfe falsch zu sehen. EFFEKTIVE Aggressivität ist hingegen tatsächlich ein Kriterium, hat aber mit Schlägen auf die Deckung nichts zu tun,sondern eher damit, wer den Kampf macht, den Ring cuttet, im Vorwärtsgang ist usw. usf.

a) Effective Aggression

The key to the first category is the word "effective." One may be going forward, trying to get at ones opponent, forcing them back, but not throwing punches, or missing badly. In order to be "effective" one must have success landing consistently while moving forward. It should be noted that the opponent, who is "out-boxing" or keeping the fight at a distance, can be the "effective aggressor" by initiating the punching exchanges.

c) Ring Generalship

The person who dictates the tempo of the fight and controls the action in the ring is the ring general. The boxer who makes the other man fight his fight. If fighter A keeps the fight in ring center, and nullifies the "aggression" of fighter B he is the better ring general." Or if fighter B effectively cuts off the ring and forces fighter A to the ropes where he can go to work he then is the better ring general.

Kastor hatte Recht, als er beim Nader-Kampf fast schon penetrant immer wieder betonte: Schläge auf die Deckung zählen Nichts. Ich erinnere nur an den Fight Willie Pep gegen Jackie Graves vom July 25, 1946, als dieser die Verteidigung derart perfekt vorführte, dass man ihm die Runde 3 gab, obwohl er offenbar nur einen Schlag abgab (es gibt auch solche, welche behaupten, er hätte überhaupt keinen Schlag abgefeuert) gewann.
 
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Tim B.

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Wenn Boxer A in einer Runde 20mal nur auf die Deckung haut und Boxer B nix macht, muss Boxer A die Runde gewinnen. Alles andere ist Bullsh*t. Boxer B betreibt dann nämlich Kampfverweigerung.
Und du hast noch nicht mit einem Puncher im Ring gestanden, wenn du behauptest, ein Schlag auf die Deckung zählt nix. Froch-Abraham ist ein schönes Beispiel dafür, wie man einen Gegner auch hinter der DD verprügeln kann.

Es gab einen Kampf vor 65 Jahren, wo eine Runde per Defense gewonnen wurde? Aha.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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Wenn Boxer A in einer Runde 20mal nur auf die Deckung haut und Boxer B nix macht, muss Boxer A die Runde gewinnen. Alles andere ist Bullsh*t. Boxer B betreibt dann nämlich Kampfverweigerung.
Und du hast noch nicht mit einem Puncher im Ring gestanden, wenn du behauptest, ein Schlag auf die Deckung zählt nix. Froch-Abraham ist ein schönes Beispiel dafür, wie man einen Gegner auch hinter der DD verprügeln kann.

Mir scheint, Du bringst da einiges durcheinander.

von nix machen hat noch niemand eine Runde gewonnen. Das ist nicht der Punkt.

und dass ein Schlag auch auf die Deckung seine Wirkung haben kann ist unbestritten, bloss ist dies hier nicht das Thema.

a) und c) beschreiben es doch gut, was gemeint ist.

als Advokat von Diaboli könnte man durchaus mal die Frage in den Raum stellen: wo ist der Unterschied IN SACHEN PUNKTEN von einem Schlag ins Leere und einem Schlag auf die Deckung? (jetzt mal abgesehen davon, dass selbst Schläge auf die Deckung für den Nehmer nicht angenehm sind, sondern nur in Sachen Punkten).

Schläge gegen die Deckung (Boxhandschuhe und Arme) bringen ebenfalls keine Trefferpunkte.
aus: http://www.ac-einigkeit.de/boxbox7.htm

4)
Ein Treffer gilt als korrekt, wenn er mit geschlossener Faust und mit der Knöchelpartie des Handschuhs gegen die vordere und seitliche Hälfte vom Kopf oder Körper oberhalb der Gürtellinie unbehindert landet. Die Gürtellinie ist eine oberhalb der Hüftknochen zu denkende, um den Körper gezogene Linie. Treffer auf die Arme werden nicht gewertet. Aufreißer und Rückhandschläge sind verboten.http://www.boxen-bdb.de/index.php?option=com_content&view=article&id=13&Itemid=66#art22
 
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Tim B.

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Mir scheint, Du bringst da einiges durcheinander.
Nee, du bringst das durcheinander. Ich hab geschrieben "Schlag auf die Deckung ist besser als kein Schlag". Natürlich ist so ein Mayweather-Sharpshooter, der 20 mal pro Runde schlägt, davon 12 mal trifft und davon 6 mal mit Wirkung besser, als sein mexikanischer Arbeiter-Gegner, der bei 60 Schlägen 58 mal auf die Schultern und Arme trifft.

Wenn aber Abraham oder Huck oder Clottey meinen sich 2:30 einer Runde in einer DD verstecken zu können, weil die 50 Schläge, die der Gegner da bringt, größtenteils "nur" auf die Deckung gehen und deswegen nicht zählen, um dann selber zwei Flurries zu bringen, von denen auch das meiste danebengeht, dann ist das halt mal komplett falsch.

Relativ ineffektive Aktivität ist zu jeder Zeit höher zu bewerten als komplett ineffektive Passivität. Wenn Abraham 20 mal Schlägt pro Runde und dabei 10 Treffer landet, sein Gegner schlägt 60 mal und trifft 9 mal, dann gewinnt der trotzdem.
 

Young Kaelin

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Wenn Abraham 20 mal Schlägt pro Runde und dabei 10 Treffer landet, sein Gegner schlägt 60 mal und trifft 9 mal, dann gewinnt der trotzdem.

Und wieso sollte der Gegner bei 9 zu 10 Treffern für Abraham und bei 51 Fehlschlägen des Gegners zu 10 bei Abraham Deiner Meinung nach gewinnen?
 
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Ray

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Ich erinnere nur an den Fight Willie Pep gegen Jackie Graves vom July 25, 1946, als dieser die Verteidigung derart perfekt vorführte, dass man ihm die Runde 3 gab, obwohl er offenbar nur einen Schlag abgab (es gibt auch solche, welche behaupten, er hätte überhaupt keinen Schlag abgefeuert) gewann.

Und es gibt viele die halten dies für Legendenbildung
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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ja bringt aber nichts wenn pep selber nicht schlägt ?

ich hatte jedenfalls mal aufgeschnappt das die story wohl ein märchen war

ein märchen ist die runde sicher nicht, schliesslich hab ich sie selber gesehen. ob die Punkterichter ihm die runde gaben, vermag ich jedoch nicht zu bestätigen, jedenfalls heisst es das auf allen mehr oder minder seriösen seiten.
 
R

Ray

Guest
ein märchen ist die runde sicher nicht, schliesslich hab ich sie selber gesehen. ob die Punkterichter ihm die runde gaben, vermag ich jedoch nicht zu bestätigen, jedenfalls heisst es das auf allen mehr oder minder seriösen seiten.

mag sein das die runde stattgefunden hat ,aber das ist dann wiederrum nicht ausgewöhnliches:wavey:
 

treize

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Natürlich müssen Schläge auf die Deckung mehr zählen als Luftlöcher, da sie, wie du richtig sagst, dem Getroffenen durchaus etwas ausmachen, während Luftlöcher keinerlei Wirkung haben.

Aktivität ist definitiv ein Scoringkriterium - somit muss ich Tim Recht geben, und sagen, dass jemand der 60Mal auf die Deckung 'kloppt' - arbeitet! - und 10Mal trifft, eben eher eine Runde gewinnt, als jemand der 15 Mal schlägt und dabei acht Mal trifft.

Es sei denn die acht Treffer des 'Arbeitsverweigerers' hatten eine so offensichtlich hohe [höhere] Qualität, dass man es sich evtl. doch überlegen muss.
 

Young Kaelin

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Natürlich müssen Schläge auf die Deckung mehr zählen als Luftlöcher, da sie, wie du richtig sagst, dem Getroffenen durchaus etwas ausmachen, während Luftlöcher keinerlei Wirkung haben.

Aktivität ist definitiv ein Scoringkriterium - somit muss ich Tim Recht geben, und sagen, dass jemand der 60Mal auf die Deckung 'kloppt' - arbeitet! - und 10Mal trifft, eben eher eine Runde gewinnt, als jemand der 15 Mal schlägt und dabei acht Mal trifft.

Es sei denn die acht Treffer des 'Arbeitsverweigerers' hatten eine so offensichtlich hohe [höhere] Qualität, dass man es sich evtl. doch überlegen muss.

Unser Beispiel war anders:10 TREFFER bei Abraham , 9 TREFFER bei dem anderen. 51 Fehlschläge bei dem anderen 10 Fehlschläge bei Abraham.

Ich halte es noch immer für falsch, Schläge auf die Deckung zu zählen. Das ist mir völlig neu, dass die Handschuhe des Gegners eine Trefferfläche beim Boxen sein sollen. Zur Aktivität: Sie muss EFFEKTIV sein, das ist das Entscheidende Kriterium , EFFECTIVE AGGRESSION. Aggression allein reicht nicht.

nochmals:

The key to the first category is the word "effective." One may be going forward, trying to get at ones opponent, forcing them back, but not throwing punches, or missing badly. In order to be "effective" one must have success landing consistently while moving forward. It should be noted that the opponent, who is "out-boxing" or keeping the fight at a distance, can be the "effective aggressor" by initiating the punching exchanges.

Bei unserem Beispiel seh ich eher, dass aufgrund des Punchvolumens mitunter auch Schläge auf die Deckung gezählt werden, weil man sie nicht genau sieht. Denn da muss man mitunter schon sehr genau hinsehen, ob die Schläge landen oder nicht. Zudem spielt auch die Schlaghärte eine Rolle und wann die Punches landen. Wenn der Punktrichter die Runden in Drittel unterteilt, was nicht unüblich ist, kann das durchaus eine Rolle spielen.
Im übrigen ist Abraham ein gutes Beispiel. Dort liefen viele Kämpfe genau nach diesem Muster ab


Die Diskussion um die Aggression, effektive Aggression, Schläge auf die Deckung, ab wann genau kann man einem Fighter der "aktiver" ist, die Runde geben? und auch sind 60 Schläge auf die Deckung besser als 5 auf die Deckung? macht mir Spass.

Denn in dieser Problematik gibts viele spannende Fragen. Bin überzeugt, wenn man 10 absolute Toppunktrichter befragt, ab welchem Verhältnis der Treffer, zum Punchvolumen er einem Fighter die Runde gibt, bekommste die Antwort in 10 verschiedenen Ausführungen, wenn sie nicht gleich sagen: Das kann man so nicht sagen, dafür müsste ich die Runde sehen.
 
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treize

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Ums einfacher zu machen, zu verbildlichen, wie du punktest -

Wenn Boxer Nr.1 60 Mal schlägt, und 60 Mal nur die Deckung von Boxer Nr.2 trifft und der andere gar nicht schlägt, wird die Runde bei dir dann, bei 10 point must, 10:10 gewertet?

Überleg' nochmal...
 
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