Boxen - Was sonst????


jack blackburn

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Weshalb findet man am Boxen Gefallen??? Boxsportler oder Anhänger dieses Sports, die manchmal bis weit nach Mitternacht an einem Samstagabend vor dem Fernsehen oder vor einem Computerstream hängen, werden oft danach gefragt. Vor allem von Ihren Freundinnen, Ehefrauen, Ihrer Familie.

Es ist eine komplexe Frage. Man kann nicht auf die Schnelle eine befriedigende Antwort finden. "Gefallen" im einfachen Sinne kann man auch nicht empfinden. Es ist etwas viel komplizierteres Gebilde was sich in den Anhängern dieses Sports errichtet.

Man kann durchaus unser aller Leben als Synonym für das Boxen ansehen. Runde um Runde wird gekämpft, Volltreffer, Schläge fintiert, als Aufwärtshaken zum Körper geschlagen, verfehlte Geraden, das Klammern mit dem Kontrahenten, ein Volltreffer genau auf das Nasenbein. Blutschluckend und außer Atem rettet man sich zum nächsten Gong. Der gegner kommt mit der Wegnerischen Doppeldeckung auf Dich zu, man jabt und entzieht sich, aber man ist sich oftmals nicht bewusst, dass der Kontrahent einem so ähnlich ist.
man begreift nicht, dass man selbst sein hartnäckigster Gegner ist.

All dies findet in einem Ring statt, unter dem gleißenden Licht.Vor den Augen des Publikums. Wer ist dieses Publikum?? Dein Über Ich? Deine Frau? Deine Freunde? Eltern? Feinde? Arbeitskollegen? Der Bretzelverkäufer aus der U- Bahn Station?

Die Metapher ist nicht nicht abwegig. Das Leben ist durchaus mit dem Leben gleichzusetzten. Der Boxsport ist hingegen nicht vergleichbar - gerade dieser Aspekt macht das Boxen so einzigartig für uns.

Widmen wir diesen Thread doch unseren Lieben. Unseren Frauen und Freundinnen, unseren Freunden, die mit Unverständnis reagieren, wenn wir uns vor einen ruckeligen Stream hocken und dies um vier Uhr morgens, um einen Fight aus den USA verfolgen zu können.
Sollte ein Post dieses Threads dazu beitragen, dass man als Boxfan von seiner Partnerin oder seinen Kindern verstanden wird, dann ist das Ziel erreicht. Es reicht aus, wenn nur ein Partner wenigstens dann diese Leidenschaft für den Boxsport versteht. Dies genügt. Mehr soll dieser Thread nicht bewirken.


In diesem ersten Post beschäftigen wir uns ein wenig mit der Geschichte und der Tradition des Boxsports.

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Antikes Griechenland, im Jahre 900 vor Christus herrschte ein gewisser Thesus. Ihm gefiel es zwei Männer zu beobachten zu können. die sich gegenübersaßen und aufeinander einschlugen. Bis zum Tode.

Die Art des Kämpfens wurde modifiziert. Es wurden im Stehen Schläge ausgetauscht. Die Fäuste wurden bandagiert. Wahrscheinlich bestehend aus Rind- und Ziegenleder. Man verlegte sich später darauf diese Lederriemen mit scharfen Metallstücken zu versehen. Caestus nannte man es.

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Es wurde ein kreis gezogen. Ein Kämpfer sich an diesen relativ neutralen Ort zurückziehen, wenn er sich beim Kämpfen verletzt hatte.

Es ist überliefert, dass ein Caestusfighter aus dem alten Rom angeblich über 1400 Kontrahenten in diesem Kampfkreis getötet haben soll.

Unter den Römern wurde das damalige Boxen modifiziert und auch wie schon im antiken Griechenland sehr beliebt.

Wir verharren mit dem Rad der Zeit im Jahre 265 vor Christus. Zu dieser Zeit begannen die römischen Gladiatorenkämpfe.

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In diesem Zeitraum war es zur gewohnheit geworden, dass man eine gewisse Zahl an Kriegsgefangenen zu Ehren der gefallenen Generäle und Feldherren zu opfern. Genauso war es nicht unüblich die Sklaven von verstorbenen Staatsmännern & Honorationen zu opfern. Bei den Ägyptern wurde dies schon praktiziert.

Man fragt sich aus gutem Grund - Warum??

Jedenfalls um diesem grausamen Abschlachten noch etwas spektakuläres zu verleihen, stattete man die Sklaven mit Waffen aus. Sie mussten sich nun gegen die Angreifer verteidigen und diese töten.
Aus diesem martialischen Brauchtum begann sich ein Wettkampf herauszukristallisieren. Mit der zeit entstanden die Gladiatorenkämpfe. Der daraus resultierende Tod und die Entscheidung über ein Leben, gelegt in die Hände von tausenden von Zuschauern, entwickelte sich zum Volkssport.
In der Geschichte gibt es nichts vergleichbares.

Zu Beginn hatten diese Kämpfe noch einen gewissen religiösen Beigeschmack.
Oftmals wurden Kämpfe neben Opferaltären, Scheiterhaufen oder grabstätten abgehalten.
Mit der Zeit verlagerte sich das Interesse an diesen Kämpfen weg vom rituellen.
Die Auseinandersetzungen wurden dann in Amphitheatern abgehalten.
Es gab schon zu dieser Zeit "Gyms" in denen die Leibeigenen trainiert wurden.
Honorationen, reiche Kaufleute und Senatoren besaßen Gladiatorenkämpfer.

Selbst in der alten Welt gab es bereits antike Bob Arums, Wilfired Sauerlands, Frank Warrens oder Ahmet Öners. An den Gepflogenheiten römischer Promoter und den heutigen Geschäftsmännern hat sich nicht viel geändert.

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Die Gladiatorenkämpfe wurden auch sehr beworben und groß in Form von damaligen "Pressekonferenzen" der Allgemeinheit in Erinnerung gerufen. Viel geändert hat sich nicht.

Die Fightgalas konnten mitunter drei bis vier Tage dauern. Die Schlagzahl der Veranstaltungen erhöhte sich. Diese Form des Kämpfens wurde immer populärer.
Die zahlenden Menschen waren nicht unbedingt an dem Niedermetzeln interessiert, sondern sahen durchaus, so pervertiert dies in unserer heutigen Weltanschauung auch sein mag, darin die sportliche Herausforderung.
Eine Auseinandersetzung auf Leben und tod, verbunden mit persönlichem Mut,
ist etwas anderes als ein Instinkt. Das Beobachten anderer die miteinander kämpfen, egal ob es um Leben und Tod geht, könnte man hingegen durchaus als Instinkt bezeichnen. Die Komponente, dass die Zuschauer über das Weiterleben des Kämpfers entscheiden konnte spielt auch eine Rolle.

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Jeder von uns, der sich entweder einen kampf in HD auf ARD/ZDF oder per wackeligen Stream einen Kampf in Mexiko verfolgt, sollte sich im Klaren sein, dass der Wunsch eines KO Sieges in der heutigen Zeit, in abgeschwächter Form selbstverständlich, nichts anderes als hinübergerettete Begeisterung an vor tausenden von Jahren stattfindeten Gladiatorenkämpfen ist.

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Der Mut der Gladiatoren wurde legendär. Sie mussten Eide schwören. Einer der größten Philosophen der römischen zeit, Cicero, erklärte den Gladiatoren zum Vorbild. Altruistisch und mit Mut ausgestattet opferte er sich für das Allgemeinwohl. Man kann dies durchaus auch als Metapher auf die Politiker verstehen, die jedoch oftmals an Ihre eigenen Sesterzenvorräte oder in der heutigen zeit an Posten in Aufsichtsräten und Gratisurlaube dachten und denken.



Die gladiatoren waren zu Beginn meist Sklaven oder Kriminelle. Sie kämpften um ihr Leben und auch häufig um die Freilassung.
Freie Bürger Roms, allerdings nicht gerade betucht, stelletn sich auch häufig im Ring den Herausforderungen. Es ging sogar so weit, dass Männer von Status, vornehmlich in der späten kaiserzeit, vor Publikum gegeneinander kämpften. Brot und Spiele wurde immer wichtiger und der Niedergang des Römischen Reiches rückte entscheidend näher.

Der Caesar Nero, von 54-68 nach Christus regierend, bewirkte, dass sich bis zu tausend Adelige in Gladiatorenkämpfen gegenseitig töteten. Ein "Deathmatch" nur nicht auf MTV, sondern in Rom. Die geschichte der Menschheit und die damit verbundene "popkultur" kann man durchaus als zyklisch betrachten. Von und zu Guttemberg gegen Rösler nur zur damaligen Zeit.:D Ob es damals schon Ghostwriter gab die Traktate verfassten ist meines Wissens wenig überliefert. ;)

Die römische Gesellschaft war Ihrer Zeit weit voraus, es gab durchaus emanzipatorische Ansätze, da sogar Frauen von Rang an diesen Kämpfen teilnehmen konnten. Alice Schwarzer wäre vor Freude an die Decke gehüpft.

Die Aristokratie Roms war dem Sport dermaßen verfallen, dass Kaiser Augustinus den Adeligen verbot eine Ausbildung zum Gladiator zu durchlaufen.

Die gladiatoren waren die "Könige der Athleten", sie waren Helden. Sie führten dem dekadenten Publikum vor Augen wie vergänglich ein Menschenleben ist.

Dies geschah in Rom und im antiken Griechenland. Reichtum und Wohlstand der Gesellschaften wecken das Interesse an Martialischen, das Interesse an den Ursprüngen der Menschheit wächst. Der Boxsport ist ein klassisches Beispiel.
Viele denken sich,dass wir uns mit diesem Sport zurück in die Barberei schießen. Möglich ist, dass eine gewisse menschen, vermeintlich mit Aggressionspotential und geringer Empathie ausgestattet (ist natürlich Quatsch), größere Thrills brauchen um Ihre Instinkte zu befriedigen.

Es ist aber auch so, damit schließe ich auch uns ein :D, dass die Vorliebe am Boxsport nicht nur auf Schaum vor dem Mund und niedrige Instinkte zu reduzieren ist, sondern in einem Moment von Begeisterung und Leidenschaft durchaus unser Leben wiederspiegeln kann. Oder besser geschrieben es ist.
Der Boxkampf ist nicht selbstzerstörerisch, sondern das leben. Wir suchen unseren Anfang, den Prolog und den Beginn unseres Lebens, meistens bleibt diese Suche erfolglos.

Man sucht seinen Ursprung, in seinen Gedanken, träumen und im Boxen.
Habhaft wird dem nicht. Jedoch geben wir nicht auf liebe Forumskollegen/Boxsportfreunde.

Schließlich verboten christliche kaiser wie Konstantin und Theoderich, um 500 nach Christus die Gladiatorenkämpfe.

Unser heutiges Boxen geht auf das englische Bare-Knuckle Boxen zurück. Im 18. Jahrhundert fand dies den Ursprung. Der Sport veränderte sich - die Philosophie blieb die Gleiche.

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Wenn Ihr einige weitere Posts zum Thema lesen wollt, würde ich mich als Nächstes mit dem bare knuckle Fights und der weiteren Entwicklung, sowie der Rolle des Referees, beschäftigen.


Boxen - Was sonst??? Fortsetzung folgt...............
 
Zuletzt bearbeitet:

Harman

Bankspieler
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Bananenstaat
richtig gut, wie immer!! :thumb:

ich wünschte dem ein oder anderen Promoter (wenn ich an das Sauerland Statement in der Charly Graf Doku oder an Don King denke) von heute würde es ähnlich ergehen wie einst dem Lanister Batiatus. :D
 

hirschi

knuffeltrain
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Mama'zzzzmusch
wunderbar zum lesen....man erkennt immer wieder,welch liebe und arbeit du in deine geschichten steckst.....:love:

danke jack:jubel::jubel:
 
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