Boxkämpfe ohne Handschuhe


Devil

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Das war ja früher vor über 100 jahren so.
Mich würd mal interessieren wie es damals mit verletzungen ausgesehen hat oder ob die fights damals kürzer waren. In meinem Buch der Irrtümer steht sogar:

"Boxhandschuhe schützen vor allem den Schläger , nicht den Geschlagenen - sie verhindern , daß der Schläger sich die Hände bricht. Die auf Kopf oder Körper des Getroffenen aufprallende kinetische Energie und damit die Gefahr einer Verletzung wird durch die 200 bis 400 Gramm schweren Handschuhe nicht kleiner , sondern größer ..."

Also , es schützt die Hände sicherlich , aber ich denke doch , daß es auch dem Getroffenen Schutz bietet. Beispiel: Tyson-Green! Mit Handschuhen boxten sie 12 mal 3 Minuten und es passierte nicht viel. Als sie sich 2 Jahre später auf der Straße prügelten , war die Sache mit einem Schlag vorbei:
Tyson brach sich die Hand und Green , dessen Auge sich komplett schloß , ging zu Boden!

BTW , was haltet ihr von Green?
Nach seiner Niederlage ( im Ring ;) ) gegen Tyson boxte er 7 Jahre nicht.Warum?

Vor Tyson boxte er außer Berbick nur No Names und gegen Berbick verlor er!
Trotzdem schreibt Jose Torres in seiner Tyson-Bio , daß er WM-Potential hatte ( wenn ich mich recht errinere).
 
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desl

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Die kinetische Energie die in einem Schlag steckt mag mit Handschuhen größer sein, aber dein Buch geht dann lediglich von einer veränderten Masse aus.
Was ist wenn der Boxer ohne Handschuhe wesentlich schneller schlagen kann, weil er weniger Masse beschleunigen muss? Die behandschuhte Hand womöglich langsamere Hand hätte dann doch eine niedrigere kinetische Energie.

Und selbst wenn die kinetische Enerie, die auf den Kopf des getroffenen auftrifft, größer ist, so ist sie doch nicht entscheidend. Wichtig ist, wieviel Energie auf jenen Kopf übertragen wird.
Wer mal Physik hatte dem Fallen da Begriffe wie "Energieerhaltungssatz" und "Impulsgesetz" ein.
Man kann auch an dieses Pendel-Spielchen denken bei dem 5 kleine Metall-Kugeln nebeneinander hängen. Hebt man die letzte hoch und lässt sie gegen die anderen schwingen, so überträgt sich der Impuls (und damit die kinetische Energie in welche gerade die potentielle Energie umgesetzt wurde) bis auf die letzte Kugel (Impuls), welche sie nicht mehr weitergibt und somit hochschwingt.
Man stelle sich nun mal vor man nehme Styropor-Kügelchen oder verpasse jedem Kügelchen eine Schaumstoff-Ummantelung. Dann kommen so Späße wie Dämpfung und Federung dazu, der Impuls ist nicht mehr verlustfrei und die Energie wird nurnoch teilweise übertragen.

Stell dir mal vor du wirfst zwei Gegenstände mit gleicher Masse und gleicher Geschwindigkeit gegen eine Glasscheibe. Das eine ist ne Metallkugel, das andere ein Schaumstoffklotz. Die Metallkugel gibt mit nem schönen Impuls ihre Energie an die Scheibe weiter (die das nicht freuen wird), während der Schaumstoffklotz einfach nur zusammengedrückt wird.

Ähnlich sieht es denke ich mit den Handschuhen aus. Ich denke in Sachen Impuls, Dämpfung und Energieübertragung macht es einen großen Unterschied ob jemand mit seinen Fingerknöcheln direkt auf die Gesichtsknochen des Gegners knallt (z.B. Unterkiefer, Jochbein), oder ob da noch ein dämpfendes Medium zwischen ist, welches einen Teil der kinetsichen Energie wiederum absorbiert (und sich nach dem Schlag wieder ausdehnt und wieder die Energie abgibt). Ich weiß zwar nicht wie weiche oder hart die Polsterung eines Boxhandschuhes ist, aber ich gehe nicht davon aus, dass eine enorm harte Polsterung einen großen Zweck hätte.

Also wenn man die Handschuhe weglässt, so schätze ich dass es den Kopf des Getroffenen wesentlich mehr durchschüttelt als mit Handschuhen. Ich denke dies ist wesentlich mehr ein Aspekt für Verletzungen als die die herannahende kinetische Energie, wie es dein Buch schildert.



Mit Cuts oder Ähnlichem kann man sich auch im Reich der Physik beschäftigen. Da kommt dann der gute Freund Reibungskraft ins Spiel. Die Auflagefläche beim Treffer mag auch eine Rolle spielen.
Ich stell mir grade vor wie man stürzt ... z.B. auf ner asphaltierten Straßen. Fängt man den Sturz mit dem Ellbogen ab, so gibt das ne Schürfwunde, ja. Fängt man den Sturz jedoch mit Fingerknochen ab, so denke ich, dass die Schürfwunde an der Stelle zwar kleiner, aber wesentlich tiefer wäre.
Und ich glaube ähnlich verhält es sich auch wenn harte kleine Fäuste oder große weiche Handschuhe auf ein Gesicht treffen. Schürfwunden oder so werden zwar eh mit Vaseline vermieden, aber ich schätze die Zahl der Cuts wäre häufiger.


Tyson-Green: Die Faust passt aufs Auge ... ohne Handschuhe sogar besser als mit. Ich glaube wer von jemanden ohne Handschuhe öfters in die Augenhöhle "gejabbt" wird, dem wird das Auge wesentlich weniger danken, als wenn es einer mit Handschuhen war (wo die schöne kinetische Energie aufgrund des großen Handschuhs auch auf die umliegenden Knochen geht).


Das Knochen-Brechen:
Da wär ich wieder beim Impuls angelangt. Wenn sich der schlagende die Finger brechen mag wenn er auf den Kopp eines anderen haut, dies aber nicht tut wenn er Handschuhe trägt, dann spielen da Faktoren eine Rolle, wie dass der Impuls sich rückwirkend auf ein paar Fingerknochen stärker überträgt als auf andere und dass die kinetische Energie die beim Treffer wieder zurück in die Faust kommt nicht gedämpft wird. Doch der Impuls auf die Knochen vom Kopp des anderen wäre wohl auch größer (wie oben beschrieben) und auch auf kleinere Flächen verteilt. Ich denke ohne Handschuhe wären auch öfters mal Nase, Kinn, Jochbein, Stirnwulzt, usw. gebrochen als es ohnehin schon der Fall ist.



Also, mein Fazit:
Bei Buch beschreibt die Sache nur sehr Oberflächlich und lässt dabei viele Faktoren ausser acht. Ich denke es irrt sich.

Achja: Hätten sich die Leute alle häufiger verletzt als die Handschuhe eingeführt wurden (ins Regelwerk mein ich, wer jetzt was schweinisches denkt schäme sich), dann hätt man die Dinger vielleicht doch wieder abgeschafft, vor ein paar Jahrhunderten wollte man doch schon nen Sport betreiben und keine Gladiatoren-Kämpfe austragen.


P.S.: Wie der ganze Spaß mit detapten Fingerknochen aussieht darf sich jemand anders ausdenken ... die haben auch die dämpfende Wirkung usw., aber eine kleinere ...
 

Devil

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Großartig!! Danke für die viele Mühe!
 
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desl

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Bitte.
Es wäre aber nicht nötig gewesen meine komplette Antwort in einem Zitat nochmal abzubilden ... schließlich steht sie ja direkt darüber und sollte nicht allzu schwer zu finden sein (wenn jemand wissen will worauf du dich beziehst und wo du das Zitat her hast). ;)
 
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martin knoepfel

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Die Wende von den Kämpfen mit blossen Fäusten zu den Boxhandschuhen erfolgte im späten 19. Jahrhundert. Die Quensberry-Rules sehen Handschuhe vor.



Zitat: John L. Sullivan galt vor 1892 als inoffizieller Weltmeister im Schwergewicht. Die meisten seiner Kämpfe wurden noch mit blossen Fäusten ausgetragen, so etwa der Pseudo-WM-Kampf gegen Charley Mitchell 1888 oder der Kampf um den US-Titel 1889 gegen Jake Kilrain. Den ersten offiziellen WM-Kampf der Geschichte verlor Sullivan (mit Handschuhen) aber 1892 gegen James J. Corbett.
 
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