Hommage an Johnny Owen


Young Kaelin

merthyr matchstick
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Johnny Owen (John Richard Owens), eine Hommage


johnny owen.jpg


Inhaltsverzeichnis

- Intro
- Kindheit
- Amateur Karriere
- Profi Karriere
- Ausklang


Intro

Bin sehr froh, dass ich nun endlich einen ersten Teil dieser Hommage nachschieben kann. Sie bedeutet mir persönlich sehr viel. Trotz den guten Biographien von Rick Broadbent und Jeff Murphy war es nicht einfach, Johnny Owens Geschichte mit einem roten Faden zu erzählen, da beide in ihren Werken viele Zeitsprünge machen. Die englische Biographie über Johnny Owen bei Wikipedia hat da sehr geholfen, das Ganze zu strukturieren.

Auf die folgende Seite verweise ich gerne: http://www.johnnyowen.com Sie wird von Johnnys Bruder Kelvin mit viel Liebe geführt und ihre Nennung war Bedingung, dass ich deren Text und Bilder benutzen darf, was ich hiermit gerne tue. Die Page ist sehr informativ und lesenswert und beinhaltet unter anderem auch umfangreiches Material zu anderen walisischen Boxern. Das Ganze ist, so wie ich das verstanden habe, copyright geschützt, weshalb ich ausdrücklich bitte, bei Weiterverwendung bei Kelvin auf der Seite nachzufragen, ob das so in Ordnung ist.

Für meinen "Artikel" selber muss man mich nicht um Erlaubnis fragen. Der ist für die Oeffentlichkeit bestimmt und ich gebe den gerne für alle frei.

Bin sehr dankbar, dass es mir gelang, mit Kelvin in Kontakt zu treten. Er war in den Mails überaus angenehm und hat mir geholfen, wos nur ging. Kelvin hat alle meine offenen Fragen mitunter sehr detailliert und mit Liebe beantwortet. Aufrichtigen Dank an dieser Stelle <3.

Zudem hat mir Kelvin auch folgendes mit auf den Weg gegeben:

"I’ve just read the page on Kim Duk Koo; it’s an excellent well researched article. One thing though, on the page you mention ‘The inspiration for this series lies in the tragedy of the death of Johnny Owen.’ While John’s death was, of course, a tragedy; his life was not. So, I would appreciate it if your article does not focus on the tragedy - but on his achievements and the kind of person that he was."

Nundenn, ich nahm das sehr ernst und habe so gut ichs kann versucht, den Menschen Johnny Owen ein bisschen einzufangen und das, was er erreicht hat und wofür er stand.

Kindheit

Johnny Owen wurde am 7. Januar 1956 mit dem Namen John Richard Owens im Gwaunfallen Maternity Hospital in Merthyr Tydfil, Südwales, als 4. Kind der stolzen Eltern Dick und Edith Owens (geb. Hale). geboren. Die Familie war kinderreich. Johnny hat 4 Brüder: Phillip, Vivian, Kelvin und Dilwyn und drei Schwestern: Marilyn, Susan und Shereen, welche alle ihren berühmten Brüder überlebten. Der soziale Background war jener einer typischen "working class family". Johnnys Ur-Grossmutter soll unter Tage gearbeitet haben. der Ur-Grossvater , ein gewisser William John Robbins aus Aberysthwyth, war ein Amateurboxer, der vom Hören sagen ziemlich stark gewesen sein soll und als Stahlarbeiter arbeitete, Johns Grossmutter soll die Stahlöfen gereinigt haben und sein Grossvater, Dick Owens, war ein guter Fussballer und Läufer. Mütterlicherseits war der Grossvater Farmer, hatte irische Wurzeln (wer Unterschiede zu wikipedia anmahnt: ich glaube, hier liegt Wikipedia für einmal falsch. So wie ich Broadbent S.18 und auch Murphy S.45 (jeweils great-grandfather) lese, handelt es sich beim boxenden Ahnen von Johnny Owen nicht um dessen Grossvater, sondern um den Urgrossvater). Johnnys Vater arbeitete 13 Jahre in Minen, um dann für die Stiefelfabrik Dunlop zu arbeiten.

Das ganze Leben lang gab Johnny Owens physische Erscheinung einen zerbrechlichen Eindruck ab, welcher allerdings trog. Zwar lag der kleine Johnny gemäss Broadbent mit nur 8 Monaten tatsächlich während zweier Monate mit einer mysteriösen Krankheit im Spital, erholte sich aber prächtig und wurde in der Folge wohl mit das Stärkste aller Kinder der Familie Owens.

Johnny wird als empathisches, ruhiges, sanftes, artiges, grosszügiges Kind beschrieben, mit dem Herz auf dem rechten Fleck und einem Sinn für Gemeinschaft. Ein Junge, der überall respektiert war. Trotzdem war diesem fragil wirkenden Knaben nicht anzusehen, dass er einmal um den Weltmeistertitel boxen würde. Johnny Owen schien für alles geeignet zu sein, nur nicht fürs professionelle Boxen. Johnny war ein durchschnittlicher Schüler und die Lehrer schätzten Johnny so ein: John ist ruhig, sehr gut erzogen, 100 % interessiert und gibt immer sein Bestes.

Johnny stellte seine soziale Kompetenz früh unter Beweis, als er sich mit nur sieben Jahren an Weihnachten um die ganze Familie kümmerte, welche mit einer richtig üblen Grippe darnieder lag. Die Familie lag allesamt im Wohnzimmer und Johnny versorgte alle mit Suppe und Medizin.

Im weiteren liebte es Johnny zu shoppen und kümmerte sich um die Einkäufe der Familie und galt als talentierter "shopper", indem er immer nach Aktionen Ausschau hielt und hier und dort einen penny oder auch nur einen halben sparte.

Johnny liebte seine Familie, genoss den Zusammenhalt und wenn auch die Kindheit mitunter hart und das Geld nicht im Ueberfluss vorhanden war, erlebte Johnny eine glückliche Kindheit und genoss die Zeit mit seinen Geschwistern und seinen Eltern sehr.

drei Ereignisse möchte ich hier noch besonders hervorheben:

1) Eines Jahres verbrachte die Familie Owens Ferien in den "Brecon Beacons". In der Natur konnte die Familie der klaustrophobischen Wohnverhältnissen entfliehen. Die Hügel und Flüsse erhellten die Seele und ein Wasserfall stürzte direkt ins Neuadd Reservoir und ergab die Idylle eines Paradieses. Alle ausser Kelvin gingen schwimmen. Dieser verwies auf ein geplatzes Trommelfell und meinte, er hätte nur eine tolle Balance, bis es unters Wasser ginge, so Broadbent in seinem Buch.

doch lassen wir Kelvin selber erzählen:

"My father had taken my brothers (John + Dilwyn) and I on a camping break; just a few days in the Welsh countryside during a hot summer. I was approx. 12 years old (so John would have been approx. 14yr old). We camped alongside a river. A little further along the river was dammed, creating a pool in which we could mess around. I was reluctant to go in the pool as I couldn’t swim but was encouraged by my father to go in as it wasn’t very deep. My brothers were already in the pool and it was only waist height. However, I went into the pool from a different direction from my brothers and was unaware that I was actually standing on a ledge and that the pool was deeper in the area that I had approached from. As I took another step into the pool I immediately fell off the ledge and plunged into the pool, which was way over my head! I was some distance from my brothers and father but was fortunate that they had seen what had happened.

As I floundered, desperately trying to get my head above water, I went under yet again, only to suddenly pop well clear of the water and gasp some air into my lungs – John had reached me and had gone under the water, reached out and grabbed me with both hands, under my arm pit, and pushed me forcefully to the surface. He then walked out of the pool whilst still holding me aloft! If he hadn’t have got to me in time I have no doubt the situation could have proven a grave one for myself. Afterwards, I, of course, thanked him for saving my life but John being so humble should just shrugged it off saying “don’t be silly, it was nothing”. I still can’t swim."

special thanks to Kelvin for sharing this story. (y)

2. https://en.wikipedia.org/wiki/Aberfan_disaster Beim Bergrutsch von Aberfan, welches in der Nähe von Merthyr Tidfil liegt, starben laut Broadbent 28 Erwachsene und 116 Kinder. Unter ihnen leider auch Robert Coffey, ein Boxer, der 4 Jahre älter als Johnny war und sich gut um Johnny kümmerte und mit dem er befreundet war. Er und die anderen Opfer sollen hier nicht vergessen werden.

3. Nachdem der Vater Dick Owens die Minenarbeit aufgab und für Dunlop arbeitete, hatte die Familie mit der schlechten Gesundheit von Mutter Edith zu kämpfen. Die Geburt von Tochter Susan führte zu Komplikationen, welche nicht besser wurden. Dick musste immer häufiger der Arbeit fernbleiben und als seine Frau schliesslich hospitalisiert werden musste, versuchte Dick verzweifelt, eine Lösung zu finden. Er stand vor dem Dilemma, seinen Job zu verlieren und machte sich Gedanken um die nähere Zukunft seiner Kinder. So trommelte er diese zusammen und eröffnete ihnen, ob es möglich wäre, sie in Heime zu bringen, bis die Mutter wieder zurück sei. Alle waren einverstanden und Vater Dick fuhr mit seiner Kinderschar zum zuständigen Büro, um mit der Sachbearbeiterin zu sprechen aber er konnte ihr nicht erzählen, dass er seine Kinder ins Heim stecken wollte, weil er einfach nur weinen musste. Man sagte ihm, er solle nach Hause gehen und die Sachbearbeiterin sagte ihm, sie würde ihn am nächsten Morgen besuchen, um zu helfen. Dick konnte nicht schlafen. Er weinte die ganze Nacht. Um 7 Uhr kam Johnny in Dicks Zimmer und sagte: mach Dir keine Sorgen Vater, ich schaue für die Kleinen. Nach und nach strömten alle 7 ins Bett und Vater Dick dachte sich: ich lass sie nicht gehen, Arbeit oder nicht. Er sagte: Wenn ihr alle helft und Euch artig aufführt, dann können wir vielleicht doch zusammen bleiben. Alle beteuerten, sie würden.

Die Sachbearbeiterin erschien um 09.45 und erklärte, sie würde Probleme haben, alle Kinder zusammen zu halten. Einige würden nach Brecon kommen, andere nach Cardiff. Dick antwortete, er würde die Kinder nicht in Heime stecken. Die Beamtin sagte, dass es viel Arbeit wäre und sie würde sich drum kümmern, dass jemand käme, um zu helfen. Dick sagte, er würde kochen, waschen, bügeln und putzen und das Einzige, was er wirklich brauchen würde wäre, dass er seinen Job behalten könne.

Die Sachbearbeiterin fragte, wo er denn arbeiten würde und als sie die Antwort hörte, zeigte sich ein Lächeln auf ihren Lippen. "Der Personalchef dort ist ein Freund von mir", führte sie aus. Sie meinte, machen Sie sich keine Gedanken, ich sorge dafür, dass ihr Job safe ist. Zwei Tage später erhielt Dick von seinen Bossen einen Brief in einem braunen Umschlag und Zentner fielen von seinen Schultern....

Amateur Karriere

Damit das Ganze nicht so staubtrocken daherkommt, erstmal eine Einstimmung auf die Boxkarriere von Johnny Owen



Als Kind spielte Johnny in freien Fussballmatches als Verteidiger mit. Sein Lieblingsklub war Manchester United und seine bevorzugte Band hiess Slade. Als die Familie Owens stolze Besitzer eines Fernsehens wurde (welcher der Erste in ihrer Strasse war) wurde ihr Haus zum "Kleinkino", indem sich viele Nachbarskinder einfanden, um genüsslich vor der Flimmerkiste zu sitzen. Nach und nach wurde aber der Fussball, die Musik sowie das Fernsehen durch das Boxen verdrängt.

Johnny war ein sehr guter Langstreckenläufer und hätte es wohl auch da weit bringen können. Die Ausschnitte im Video "the Johnny Owen Story" bestätigen dies eindrücklich.

Allerdings stand sein Sinn schon mit acht Jahren nach Boxen und er trat im Frühling 1962 dem Merthyr Amateur Boxing Club bei, wo sein Bruder Vivian schon eine zeitlang boxte. Seine ersten Trainer waren Danny Galleozzie und Billy "Punchy" Davies. Obwohl Johnny zunächst nicht als absolut herausragend auffiel, war schon damals ein gewisses Talent, Zähigkeit, ein grosses Boxerherz zu sehen.

Noch wichtiger erwies sich die Tatsache, dass er das Boxen vom ersten Tag an liebte. Jahre später sollte Johnny sagen: Boxen und ich, wir passen einfach zueinander. Und Hugh Mc Ilvanney schrieb auf Jeff Murphys Klappentext: Es war das Boxen, welches Johnny die Möglichkeit gab, sich auszudrücken. Es war eine Tragödie, dass er sich in einer solch gefährlichen Sprache ausdrückte.

Zunächst lief alles gut für Johnny. Er gewann hier und dort ein paar Kämpfe und machte sich einen gewissen Namen als Talent. Boxen war in Wales damals unter Kindern/Jugendlichen sehr populär.

Ein wegweisender Fight ereignete sich, als Johnny 10 Jahre alt war. Johnny war fest entschlossen, die Meisterschaften in Cymmer Afan zu gewinnen. Der Name seines Gegners ist längst vergessen. Der Fight schien gut für Johnny zu verlaufen. Er zeigte eine gute Leistung und war zuversichtlich, den Kampf gewonnen zu haben. Der Referee sah aber Johnnys Gegner vorne. Johnny stürmte aus dem Ring und weigerte sich, sein Diplom abzuholen. Er blieb in der Umkleidekabine, fertig mit der Welt und weigerte sich, die Kabine zu verlassen. Johnny wollte dieses Diplom nicht und er liess das auch alle wissen. Vater Dick hatte Johnny noch nie so gesehen und spürte, dass dies ein einschneidender Moment war.
Auf der Heimreise sprachen die anderen Jungen über ihre Fights, rühmten sich für ihren Erfolg oder machten andere für ihre Unzulänglichkeiten verantwortlich. Johnny schwieg vor sich hin. Dann sagte er: "ich bin fertig mit dem Boxen".

Am Montag darauf fragten Vivian und Kelvin Johnny, ob er zum Training mitkomme, aber Johnny antwortete nicht. Vater Dick rief Johnny und sagte ihm, dass er mit ihm ein wenig spazieren gehen wolle und Johnny war einverstanden. "Es ist nicht fair, Vater" seufzte Johnny, "ich habe diesen Fight gewonnen. Die gaben den Sieg dem Falschen. Dick wählte seine Worte vorsichtig. "Schau Sohn, ich glaube auch, dass Du den Fight gewonnen hast, aber Du hast Dich sehr schlecht verhalten. Du musst lernen, wie ein Gentleman zu verlieren, weil jeder ungerechte Entscheide ertragen muss. So ist das Leben. Du sollst keine Emotion zeigen, weder im Ring noch ausserhalb. Wenn Du das doch zeigen willst, ist es besser, wenn Du das machst, wenn wir allein zusammen sind."

Johnny antwortete nichts, blieb ruhig. Am Mittwoch nahm er seinen Sportsack. Er ging zurück ins Gym. Er sollte die nächsten vierzehn Jahre nie mehr aufhören, zu trainieren.

Als Vorbild bezeichnete Johnny den walisischen Boxer Jimmy Wilde, dessen Spitzname "the mighty atom war" und der es auf einen sagenhaften Rekord von 131 Siegen, bei 3 Niederlagen und 1 Unentschieden brachte. Das Kultblatt "Ring Magazine" bezeichnet Wilde als besten Fliegengewichtler aller Zeiten. Wilde besass etwas, was Johnny Zeit seines Lebens nicht im Ueberfluss besass: Punch.

Jimmy Wilde

Jimmy Wilde.jpg

Johnnys Stärken waren u.a. Disziplin, eine solide boxerische Ausbildung, überdurchschnittliche Ausdauer und einen hohen Punchoutput. Er konnte des öftern in hinteren Runden zulegen, was sich vor allem bei den Profis auszahlte. Seine Sportethik war tadellos. Er galt als sehr fairer Boxer.

Ausserhalb des Rings war er ruhig, sanftmütig, scheu. Innerhalb des Boxrings schien sich sein Wesen zu verändern, war er in seiner Welt, fühlte sich zu Hause.

Es ist nicht bekannt, dass Johnny Owen jemals ein Mädchen ernsthaft gedated hätte. Zum einen war er sehr scheu, zum andern beschloss er, sich erstmal auf seine Boxkarriere zu konzentrieren und er fand, dass eine Beziehung weder ihm noch dem Mädchen gerecht werden würde.

Immerhin brachte mich die Lektüre zum Schmunzeln, als über den Profifight gegen Medina zu lesen ist, dass Johnny während einer Ringpause seinen damaligen Trainer anmahnte: "Dai, geh mir aus dem Weg, Du behinderst meine Sicht!". Der Trainer fragte: "was?" und schaute über seine Schulter. Nun, Johnny schaute auf das Nummerngirl und grinste: "ich hätte nichts dagegen, mit ihr ein paar Runden zu gehen....".

Jedenfalls wechselte Johnny später zum Hoover Amateur Boxing Club, wo er unter anderem unter Idris Sutton kontinuierlich besser wurde.

Mit 16 begann Johnny Owen einen Job als Maschinenarbeiter bei der Suko "Nuts and bolts company", den er noch lange als "Profi" ausführte.

Johnnys extrem magere, fast schon skelettartige Erscheinung führte zu seinem Spitznamen: "the matchstick man" oder "the merthyr matchstick", manchmal wurde er auch "the bionic bantam" genannt.

johnny owen mager.jpg

Er war dermassen mager, dass bei einem Kampf in Schweden, wo er gegen den Schweden Ove Hallmann (Murphy sagt, er hätte "Laitale" geheissen) kämpfte, ein Raunen durch die Zuschauer ging. Es wird berichtet, dass das Publikum ihn auslachte, als sie sahen, wie dünn er war. Als dann Johnny zu boxen begann, lachte niemand mehr und der Schwede wurde in der 2. Runde vom Referee gestoppt.

Als Owen gegen Lance-Corporal Phillips boxte und Johnny diesen Fight nach Punkten gewann, gab es vor dem Kampf das Problem, dass ihn Doktor Godfrey nicht boxen lassen wollte. Er meinte, Johnny wäre zu mager, zu dünn. Der Mediziner dachte, es wäre zu gefährlich. Schlussendlich liess man Johnny doch boxen, mit dem genannten Resultat.

Mit ca. 18 Jahren kam es in West Bromwich zu einem Fight, der Johnny Owens Karriere in neue Bahnen lenken sollte: Gegner war der starke und clevere Ahmed Younis, der gemäss Ueberlieferung der bis dato stärkste Test sein sollte. Johnny verlor den Fight nach Punkten. Ein korrektes Urteil. Nach der Verkündigung näherte sich Younis Owen und sagte diesem: "Du warst glücklich, dass ich Dich nicht ausgeknockt habe".

Nun, Johnny Owen arbeitete diszipliniert weiter. Wenig später vertrat er erneut die Farben von Wales, nur um wieder auf seinen alten Gegner Ahmed Younis zu treffen. Es entwickelte sich ein harter Fight, indem beide alles gaben. Das Ganze wog hin und her. Zuerst lag Johnny vorne, dann Ahmed und dann wieder John. Je länger der Fight dauerte, desto mehr konnte Johnny zulegen. Am Ende war die Younis Ecke dennoch zuversichtlich, als der Referee die scorecards checkte. Er rief beide zu sich und..... erklärte Johnny Owen zum Sieger. Younis sah geschockt aus.
Murphy schreibt in seinem Buch, dass dieser Fight alles veränderte. Dieser Fight war der Durchbruch und von diesem Zeitpunkt an fand Johnny Owen ein anderes Verhältnis zu seinem Boxen. Er war nun getrieben vom Hunger nach Verbesserung und arbeitete härter und härter. Johnny bemerkte, dass er im Boxen richtig gut werden konnte und liess nicht mehr locker.

Anfangs des nächsten Jahres erhielt Johnny wieder eine Einladung, für Wales zu boxen. Johnnys Gegner war niemand anderes als Ahmed Younis. Bislang stand es 1:1 und der Fight sollte entscheiden, wer von den beiden der bessere Boxer war. Schon bald war ersichtlich, wie sehr sich Johnny technisch verbessert hatte. Ahmed Younis wurde zunehmend frustrierter, begann mit dem Kopf zu stossen und Fouls zu begehen, wofür er verwarnt wurde. Johnny liess sich nicht aus dem Konzept bringen und boxte hervorragend. Es war genau das Richtige, was Johnny seinem Gegner entgegensetzte, der sich desillusioniert an keine Regeln mehr hielt und schliesslich disqualifiziert wurde.

Metallspäne an der Arbeit führten dazu, dass Johnnys Haut angegriffen wurde und zu einem Finger, der septisch wurde. Vater Dick flehte Johnny an, aus dem Walisischen Meisterschaftskampf gegen George Sutton auszusteigen. Der Fight fand trotzdem in Cardiff statt, wo Sutton ein lokaler Held war. Trotzdem Johnny ziemlich einstecken musste, lehnte er es auch nach der 2. Runde ab, aufzugeben, obwohl ihn sein Vater Dick darum bat. Johnny hatte sich evtl. unbewusst die nicht über alle Zweifel erhabene Sitte von Jimmy Wilde zu eigen gemacht, seinem Corner zu verbieten, das Handtuch zu schmeissen und hielt durch. Sutton fuhr einen klaren Sieg ein.

Im letzten Versuch, den Walisischen Amateur Titel zu gewinnen, scheiterte Johnny gegen Jimmy Evans und verlor auch seinen letzten Kampf als Amateur gegen Paul Chance.

Vivian Owens, Johnnys Bruder, sah den Jungen überhaupt nicht. Er fuhr mit seinem Auto im Dunkeln, als er etwas farbiges bemerkte. Er legte eine Vollbremsung hin und riss das Steuer herum, aber es war zu spät. Die Stosstange streifte den Jungen und der Wagen kam zum Stehen. Vivian stieg aus und hörte die Mutter schreien und jemand nach einer Ambulanz rufen. Vivian versuchte, sich zu entschuldigen, führte aus, dass er den Jungen nicht gesehen hätte. Der Knabe wäre hinter einem parkierten Wagen auf die Strasse gerannt. Die Mutter schrie ihm ein: "Du fuhrst zu schnell!" entgegen. Vivian fragte, ob der Jungen okay wäre. Jemand rief: die Ambulanz ist unterwegs. Vivian fragte nochmal: ist der Junge okay? 10 Minuten später lag der Junge auf einer Bahre. Vivian konnte sehen, dass er weinte und dachte, wenigstens kann er noch weinen. Die Ambulanz nahm den Jungen mit. Die Polizei kam und fragte, was passiert sei. Der Polizist meinte: "Du besorgst Dir besser einen Anwalt!". Vivian fuhr zu seinen Eltern, noch immer benommen und durcheinander. Er erzählte seinem Vater, was passiert war und sie fuhren ins Spital, wo sie erfuhren, dass der Junge zwar geschockt und verletzt war, aber nichts ernsthaftes davon getragen hatte. Die Mutter war noch immer sauer und rief ihm ein: "Du hättest ihn umbringen können, Du elender Idiot!" entgegen. Die Krankenschwester versuchte, sie zu beruhigen. Der Vater sagte: die Polizei meint, es wäre nicht Vivians Schuld gewesen, aber die Mutter wollte davon nichts wissen. Sie versprach, Vivian anzuklagen.

Vivian und Dick verliessen das Spital, glücklich dass der Junge nicht ernsthaft verletzt war, aber die zu erwartende Klage verdunkelte ihre Gedanken. Zu Hause machten sie sich Mut, dass sich die Mutter wohl doch beruhigen würde. Trotzdem: beide waren beunruhigt. Die Türfalle wurde gedrückt und Johnny stand in seinen Arbeitskleidern da und war überrascht, seinen Bruder zu sehen. Er betrachtete die besorgten Gesichter und fragte: "was ist los?" "Es gab einen Unfall", sagte der Vater und erzählte die Geschichte. "Wie zur Hölle können wir uns einen Rechtsanwalt leisten?" Johnny setzte sich. "Macht Euch keine Gedanken", sagte er sanft, "ich werde Profi".

Die besten Siege seiner Amateurlaufbahn erzielte Johnny Owen wohl gegen den damaligen walisischen Amateur Champ Bryan Griffith (den Rückkampf sollte er verlieren) und gegen den Commonwealth Games Bronze-Medaillen Gewinner John Bambrick.

In seiner Jugend verlor Johnny gegen den späteren WBC Fliegengewichtsweltmeister Charlie Magri, höchst umstritten gegen Maurice O'Sullivan um den Walisischen Jugend Amateur Titel und sowohl gegen George Sutton als auch gegen Jimmy Evans um den Walisischen Amateur Titel.

Insgesamt war Johnny Owens Amateurrekord beeindruckend, aber nicht überragend: von 124 Kämpfen konnte er 106 gewinnen. Besonders viel bedeuteten ihm die Fights, in denen er sein geliebtes Wales vertreten konnte. Hier gewann er 15 von 17 Kämpfen. Johnny war ein stolzer Waliser. Sein Boxmantel trug noch in seinem allerletzten Fight die Aufschrift: John Owen Wales....

Profi Karriere


Am Tisch des New Inn in Tradegar sassen am 1. September 1976 der Trainer Dai Gardiner, der Manager Heddwyn Taylor, die Boxer Billy Vivian und Johnny Owen, Danny Galleozzie, Johnnys alter Trainer, Vater Dick Owens und Bruder Vivian Owens.

Die Mutter des von Vivian Owens angefahrenen Jungen war nicht vor Gericht erschienen, weshalb sich der Fall erledigte und Johnnys Bruder Vivian beim Treffen in besonders guter Stimmung war.

Die Gruppe hatte sich versammelt, um das Projekt der Profikarrieren von Billy Vivian und Johnny Owen zu starten.

Lange wurde hin und her überlegt, wie der Kampfnahme von Johnny zu lauten hatte. Dessen bevorzugter Name hätte "Sion Rhisiart (oder Rhisart je nach Buch) Owain" gelautet, in etwa die walisische Uebersetzung des Geburtsnamens. Das s bei Owens soll man weggelassen haben, weil es schon einen Boxer gab, der John Owens hiess. Nundenn, obwohl die Owens sehr stolze Waliser waren, kam man zur Einsicht, dass der walisische Name aus politischen Gründen und weil er schwerfällig war, zu verwerfen sei. Schliesslich setzte sich Kelvins Vorschlag durch und ab jetzt würde unser Held in Sachen Boxen Johnny Owen heissen. Seine Boxlizenz trug die Nummer 92268.

Nachdem die Papierarbeit erledigt war, begann Johnny Owen sein professionelles Training im New Tredegar Gym im Rhymney Valley, welches nur ein paar Meilen von seinem Heim in Merthyr Tydfil entfernt war.

Nicht lange nach diesen frühen Trainingseinheiten wurde noch im gleichen Monat ein Fight für ihn arrangiert. Er sollte in Pontypool, Süd Wales, am 30.9.1976 stattfinden. Sein Gegner war George Sutton, ein alter Bekannter aus Amateurzeiten, der ihn damals im Kampf um den Walisischen Amateurtitel schlug, als Johnny an einem septischen Finger litt und ein Boxer, der an Nummer drei der United Kingdom Rangliste geranked wurde. Johnny sollte kurzfristig einspringen und war insofern ein Underdog, als die Wetten auf einen KO-Sieg von Sutton lauteten. Trainer Gardiner war nervös, dachte über eine Absage des Kampfes nach und ob es nicht intelligenter wäre, Johnny im ersten Fight eine weniger schwere Aufgabe vor die Nase zu setzen. Vater Dick meinte: "Das hättest Du Dir früher überlegen müssen. Lass uns den Fight machen, Johnny wird Sutton schlagen."

Wichtige Profifights:

1. Profifight Johnny Owen vs. George Sutton 8 x 2 min


Der Fight war auf 8 mal 2 min angesetzt. Der Einzige seiner Karriere, wo die Rundenzeit nur 2 Minuten dauern sollte. Als Johnny zum Ring lief, stand ein Typ auf und schrie: "ich dachte, wir hätten Boxen heute, wer liess den Windhund rein?". Allgemeines Gelächter im Saal. Der Fight begann und Johnny diktierte das Tempo und frustrierte Sutton, indem er dessen härteren Schläge gut nahm und selber in gutem Rhythmus austeilte. In der 6. Runde öffnete Johnny einen Cut über Suttons linkem Auge. Unter dem Eindruck einer kommenden Niederlage instruierte Suttons Trainer seinen Schützling in der Pause zur achten und letzten Runde, all-in zu gehen. Sutton versuchte es, aber Johnny tauchte unter einigen Schlägen durch und war unbeindruckt von dem, was er nehmen musste. Er schlug wacker zurück und sicherte sich die Punktwertung 79-78, wobei Vater Dick den Kampf klarer sah. Insgesamt hatte Johnny eine sehr gute Leistung abgeliefert und sich 125 Pfund erboxt.

2. Profifight Johnny Owen vs. Neil McLaughlin 8 x 3 min

Der zweite Profifight von Johnny fand nichtmal 2 Monate später, am 9. November 1976 in Londonderry, Nordirland, statt, wo er auf den mediokren Hometown Fighter Neil McLaughlin traf, der immerhin Irland mal international vertrat.

Nordirland war damals politisch eine gefährliche Gegend. Die Meldung, eine Bombe sei im Templemore Sports Complex versteckt, machte die Runde. Nach einer Unterbrechung gingen die Fights weiter. Der Fight Owen vs. McLaughlin war nicht "top-of-the-bill" wie es Broadbent schreibt ( das war wohl Charlie Nash vs. George McGurk), aber für Johnny zweifellos eine gute Standortbestimmung. Der Fight verlief ziemlich einseitig. Johnny war im Vorwärtsgang und erboxte sich einen komfortablen Punktvorsprung. McLaughlin spekulierte wohl darauf, dass Johnny irgendwann hintenraus die Puste ausging. Mitten im Kampf gingen die Lichter aus und der Saal wurde stockdunkel . Hier und dort brachte man den Lichtausfall mit der Bombendrohung in Verbindung und ein Hauch von Angst lag in der Luft. Als die Lichter wieder angingen, was gefühlt eine Ewigkeit, in Tat und Wahrheit aber nur ca. 2 Minuten dauerte, stand Johnny in Kampfposition noch immer im Ring. Johnny war auch in der Folge der bessere Fighter, verfolgte McLaughlin und stellte ihn an den Seilen. Als es zu den Punktezetteln ging, zeigten diese das, was man in solch einem Fall wohl eine "typische hometown decision" nennt: ein Draw. Um den Fight ganz McLaughlin zuzuschustern, war das Ganze zu eindeutig, und so behalf man sich mit einem Unentschieden. Der Promoter, Charie "Ming" Harken, näherte sich Johnny, schüttelte ihm die Hand und meinte: "für mich wars ne gute Nacht, aber es tut mir leid, was mit Dir passiert ist. Aber so ist das Boxen. Du wirst herausfinden, dass man schlechte Punktwertungen akzeptieren muss."

6. Profifight Johnny Owen vs. George Sutton, Kampf um den vakanten walisischen Bantamgewichtstitel. 10 x 3 min

Nachdem Johnny McLaughlin im Januar 1977 im Rematch eindeutig nach Punkten besiegte hatte, arbeitete Promoter Heddwyn Taylor an einem erneuten Fight gegen George Sutton, diesmal um den Walischen Bantamgewichtstitel. Dieses Anliegen wurde aber vom Welsh Area Boxing Council mit der seltsamen Begründung abgewiesen, dass Johnny zu wenig erfahren für einen solchen Kampf sei. Wie absurd diese Sichtweise war, zeigte der Umstand, dass Johnny in seinem ersten Profikampf Sutton ja bereits fair und korrekt nach Punkten besiegt hatte.

In der Folge wurde ein Fight unter der Regie von Eddie Thomas Promotions eingeschoben und der Gegner war... erneut Neil McLaughlin. Die Fans waren genauso unglücklich über das langweilige Matchmaking wie das Johnny Owen Camp selber. Johnnys Leistung war nicht über alle Zweifel erhaben und Johnny Owens Bruder fand den Fight so schlecht, dass er für lange Zeit den Kämpfen seines Bruders fernbleiben würde. Trotzdem gabs am verdienten Sieg Johnny Owen's nichts zu bemängeln.

Der Fight hatte immerhin für Johnny insofern gute Konsequenzen, als der Welsh Area Boxing Council überraschend auf seine Entscheidung zurück kam und Johnny Owen nun doch grünes Licht für eine Begegnung Owen vs. Sutton gab, welche gleichzeitig ein Eliminator-Fight um den Britischen Titel war. Johnnys Vorbereitung war seriös und beinhaltete auch Holzhacken und intensive Läufe.

Am 29. März 1977 stieg der Kampf im Leisure Centre, Ebbw Vale. Johnny kletterte mit viel Selbstvertrauen in den Ring und war entschlossen, seine Chance zu nutzen. Der Kampf wurde von Anfang an hart geführt. Zunächst war die Sache ausgeglichen, bis Johnny in der 5. Runde durchkam und Sutton gezeichnet war und zunehmend ermüdete. Johnny kam in seine Ecke und meinte: ihr solltet das hören, wie der flucht, echt üble Wörter! Johnnys Kondition setzte sich in der Folge mehr und mehr durch, und seine body shots zahlten sich aus und entmutigten Sutton.

Das Punkturteil lautete schliesslich 99-97 für Johnny Owen und war korrekt.

Johnny Owen hatte einen ersten wichtigen Titel gewonnen: Er durfte sich Profibox-Bantam-Gewichtsmeister von Wales nennen.

Der Fight veränderte einiges, wie die Leute Johnny Owen von nun an wahrnahmen und man begann darüber zu diskutieren, ob er vielleicht gar das Zeug zu einem Weltklasseboxer hatte.

10. Profifight Johnny Owen vs. Paddy Maguire, , britischer Bantamgewichtstitel, 15 x 3 min

Eigentlich galt der Kampf von Johnny Owen gegen den schottischen Bantamgewichtsmeister Johnny Kellie als Ausscheidungskampf für das Recht auf einen Fight um den britischen Bantamgewichtskampf. Geboxt wurde in Glasgow. Kellie bediente sich vieler unsauberer Tricks und der Referee Wally Thom war nicht das, was man sich unter einem Unparteiischen eigentlich vorzustellen hat. Er hatte auch nichts dagegen, Owen ohne Mundschutz weiter boxen zu lassen, obwohl dies zu einer gespaltenen Lippe oder gebrochenen Zähnen führen kann. Schliesslich hatte Johnny genug, gab Gas und stoppte Kellie in der 6. Runde. Auf seine Chance in Sachen britischem Bantamgewichtstitel wartete Owen aber weiter und sollte erst noch Terry Hanna in einem einseitigen Fight vorzeitig und Dauerrivale George Sutton nach Punkten besiegen müssen (in diesem 3. Fight gegen Sutton war Johnny in der 6. Runde in ernsten Schwierigkeiten, als er einen Volltreffer einstecken musste und angeschlagen war, sich dann aber wieder erholte).

Als dann Wayne Evans, der offizielle Herausforderer von Maguire, meinte, er brauche mehr warm-up fights, um gegen diesen zu kämpfen, kam Johnnys Chance doch noch.

Die Purse offers wurden geschlossen und es stellte sich heraus, dass der Fight nicht wie gewünscht in Wales stattfand, sondern sich ein gewisser Les Roberts die Rechte sicherte und der Kampf im mondänen National Sporting Club im Cafe Royal in London stattfand.

Obschon Maguire die drei letzten Fights verloren hatte (zuletzt einen EM-Fight gegen den starken Italiener Franco Zurlo) galt er gemäss dem früheren Boxer Donald James als Favorit

Boxing News verbreitete die Nachricht, dass sich die Börse auf über 7000 Pfund belaufen solle, was aber hoffnungslos übertrieben war. Johnny hatte in seinen neun vorherigen Kämpfen lediglich 1562 Pfund eingenommen (die Börse gegen Kellie von 288 Pfund war die bis anhin Höchste) und beim Kampf gegen Maguire sprangen für ihn nach Abzug der üblichen Kosten, sowie der Anteile für Trainer/Manager gerade noch 800 Pfund raus. All diese Zahlen waren selbst für damalige Verhältnisse nicht gerade tolle Börsen.

Schreiberlinge wie der berühmte Harry Carpenter und Colin Hart hatten durchaus Sympathien für Johnny und Hart schrieb in der "Sun": "wenn Johnny Maguires frühe Angriffe übersteht, wird er einen Punktgewinn einfahren." Gareth Jones war weniger konservativ und sagte einen Gewinn für Johnny in Runde 11 oder 12 Johnny voraus.

Andere wie Idris Sutton, Johnnys alten Trainer, sahen das Ganze skeptischer. Maguire hätten einen deutlich besseren Ruf gehabt als Johnny und viele Leute hätten gedacht, Dai Gardiner wäre verrückt gewesen, Johnny in den Ring mit Maguire zu schicken.

Nundenn, Johnny trainierte extrem hart auf diesen Fight, ging 3-4 mal pro Woche über 15 Runden, steigerte seine schon bis dato umfangenreichen
Läufe noch, hackte Holz, (der Legende nach mit einem stumpfen Beil) Kurz: er war bestens vorbereitet.

Gekämpft wurde wie gesagt im elitären National Sporting Club in London, einem "Mens only Club" (heute wohl unvorstellbar). Applaus war nur in den Rundenpausen erwünscht. Der Rahmen übertrieben exquisit.

Schliesslich begann der Fight und Johnny konnte sich sogleich gut etablieren. Obwohl Maguire durchaus gefährlich war, konnte er aber den defensiv stark boxenden Johnny nicht wirklich stellen. Johnny spielte seine Reichweitenvorteile aus. Waren die ersten Runden noch in etwa ausgeglichen, kippte der Fight immer mehr in Johnnys Richtung. Maguire wurde wegen Kopfstossens ermahnt, boxte unsauber. Trotzdem liess sich Johnny nicht beirren, setzte Maguire unaufhörlich zu und spielte seinen Konditionstrumpf aus. Nach 7 Runden lag Owen voraus und in der 8. war Maguire in Schwierigkeiten. Dieser kam zwar in der 9. zurück aber Owen fügte Maguire in der 10. einen Cut zu und übernahm nun in diesem Fight endgültig die Kontrolle. In der 11. Runde stoppte Referee Sid Nathan nach 1.24 wohl auch wegen dem Cut den Kampf.

Maguire würde noch im Ring seinen Rücktritt verkünden. Johnny war Britischer Bantamweightschampion. Der erste Waliser, dem das seit einem gewissen Bill Beynon im Jahr 1913 gelang. Johnnys Anhängerschaft war aus dem Häuschen.

Der einzige, welcher den Sieg Johnnys nicht überschwänglich feierte, war Johnnys Vater Dick. Er betrachtete die Szenerie inzwischen aus der Distanz. Man berichtet, Tränen wären ihm über die Wangen gerollt und auf die Frage, wie es ihm ginge, hätte er nur gesagt:
"Das ist mein Sohn, mein Sohn".




17. Profifight Johnny Owen vs. Paul Ferreri, vakanter Bantam-Commonwealth-Titel 15 x 3 min

Am 29.1.1977 knüpfte der Ghanaer Sulley Shittu dem Australier Paul Ferreri in Accra, Ghana, dessen Commonwealth-Titel mit einem klaren Punktsieg ab. Shittu war unbesiegt und galt als guter Boxer. Johnny Owen wurde inzwischen als Kandidat gehandelt, um den Commenwealth-Titel zu kämpfen und so erreichte ihn ein Angebot, für 2000-2500 Pfund in Ghana um den Titel zu boxen. Der Kampf kam nie zustande. Das Commonwealth Championship Committee entzog Shittu den Titel, weil er es versäumt hatte, innert nützlicher Frist gegen einen Herausforderer anzutreten.

Der Ex-Titelhalter Paul Ferreri, der eigentlich Paolo Ferreri hiess und italienische Wurzeln hatte, zeigte Interesse und bot Johnny Owen 4000 Pfund für den Titelfight an, unter der Bedingung, dass der Fight in Australien stattfand. Dies wiederum akzeptierte das Owen-Camp nicht, weil man befürchtete, "verladen" zu werden und schob stattdessen einen stay-busy Fight ein, in dem Johnny einen überforderten Wally Angliss in der dritten Runde stoppen konnte.

Inzwischen hatte es sich Paul Ferreri anders überlegt und war nun bereit, in Wales um den vakanten Titel zu boxen. Hier gebührt sicher auch Promoter Heddwyn Taylor ein Sonderlob, der entscheidend mithalf, den Fight möglich zu machen. Ferreri war zuversichtlich, den Fight zu gewinnen und allgemein wurde der Kampf als bislang Schwierigster für Johnny angesehen. Die Mehrheit dachte, dass Ferreri zu erfahren, zu gut für Johnny sei (Ferreri hatte gegen Carlos Zarate um die Weltmeisterschaft geboxt und sich dort 12 Runden lang sehr gut gehalten, der Abbruch erfolgte wegen einem Cut). Ferreri betrachtete den Fight gegen Johnny eher als Zwischenstopp auf dem Weg zu einem weiteren Weltmeisterschaftskampf.

Zum ersten Mal begegneten sich die zwei in einem TV-Studio, um den Kampf zu promoten. Ferreri brachte einen 50 cent billigen Boomerang mit und gab ihn Johnny mit der Anmerkung: den hol ich mir wieder zurück!" Dieser fragte Ferreri: "Du hast doch eine kleine Tochter, oder?" Ferreri nickte, worauf Johnny eine walisische Puppe hervorzog und diese Ferreri schenkte. Johnny war Zeit seines Lebens besonders kinderlieb. Das letzte Wort behielt aber trotzdem Ferreri, der Promoter Heddwyn Taylor fragte, wo er denn genau während dem Kampf sitzen würde. Als dieser antwortete: "direkt am Ring", meinte Ferreri trocken: "sag mir den genauen Sitz und ich schicke Dir Johnny frei Haus auf Deinen Schoss." Selbst Johnny konnte herzlich mitlachen.

Dai Gardiner wohnte nicht unweit des Hotels, wo Ferreri residierte und sah wie der bei seinen Läufen in glänzender Form erschien. Johnny hatte sich intensiv wie noch nie auf den Fight vorbereitet. Er sparrte mit dem hart schlagenden Colin Jones. Vater Dick Owens gab Johnny mit, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten und seine Körner nicht zu früh zu verbrauchen.

Der Kampf fand am 2. November 1978 statt. Die Halle war proppenvoll. Der Fight hielt den hohen Erwartungen stand. Der Referee hatte so gut wie nichts zu tun. Es entwickelte sich ein Top Fight, wo Johnnys Angriffe sehr gut von Ferreri gekontert wurden und Letzterer auch im Infight bisweilen gut aussah. Man war der Meinung, Johnny hätte sich nach den ersten vier Runden durch seine hohe Workrate eine Führung erboxt. Colin Hart, welcher für die "Sun" schrieb, meinte, die 6. Runde wäre vom allerfeinsten Boxsport gewesen. Der BBC Film des Kampfes solle allen Amateur Coaches gezeigt werden, um als Lehrfilm für vielversprechende Jugendliche zu dienen. In der 8. Runde glänzte Ferreri mit sehr präzisen Schlägen. In der 10. ging man toe to toe. Der Kampf ging in die entscheidende Phase, wobei hintenraus wohl eher Johnny zusetzen und seinen Haupttrumpf, seine überdurchschnittliche Kondition, ausspielen konnte.

Nach den 15 Runden klatschten sich die 2 ab und das Publikum hatte einen begeisternden, faszinierenden Boxkampf gesehen. Der renommierte Boxexperte Harry Carpenter hatte Owen ziemlich komfortabel vorne.

Roland Dakin, der Referee, rief die Fighter zusammen und hob Johnnys Hand. Er machte Johnny zu Sieger. Dakin sah Johnny mit 6 Runden vorne, was wohl stark übertrieben war. Gewonnen hatte Johnny diesen Fight allerdings zu Recht und das Statement von Ferreri, er hätte den Fight gewonnen, entsprang wohl eher dem Wunsch nach einem Rematch, als wirklicher Ungerechtigkeit.

Johnny war nun Commonwealth-Champ, hatte seine Fortschritte im Ring umsetzen können und nahm den Europameistertitel ins Visier.




Johnnys Mutter, Edith Owen, ging nie zu Johnnys Kämpfen: "Wenn ich es doch täte, würde ich ihn vermutlich aus dem Ring holen. Boxen ist sein Leben und ich habe, was dies anbelangt, resigniert. Aber das hält mich nicht davon ab, mir Sorgen zu machen, vor allem wenn er gezeichnet ist, in welcher Form auch immer".

18. Profifight Johnny Owen vs. Juan Francisco Rodriguez, Europameisterschaft im Bantamgewicht, 15 x 3 min


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Der Italiener Franco Zurlo, hatte zwei Angebote ausgeschlagen, Johnny Owen zu boxen. Stattdessen boxte der alternde Europameister gegen den Spanier Juan Francisco Rodriguez und verlor im spanischen Vigo prompt seinen Titel.

Ende 1978 sollte der Fight Juan Francisco Rodriguez gegen Johnny Owen stattfinden, wurde aber wegen einer Grippe des Spaniers verschoben. Als neuer Termin wurde der 3. März 1979 definiert und der Fight sollte in einer spanischen Stierkampfarena in Almeria über die Bühne gehen. Mit dem Austragungsort war man im owenschen Camp nicht wirklich glücklich. Zu Recht, wie sich zeigen sollte.

Nachdem das Training absolviert war, flog der Tross Johnny Owen von Heathrow aus nach Madrid, um von dort nach Almeria weiterzufliegen. In der Nähe wurde übrigens "für eine Handvoll Dollar" von Sergio Leone gedreht. Es präsentierte sich eine karge Landschaft in einem Land, welches sich in der post-Franco Aera befand und die ersten freien Wahlen seit 40 Jahren erlebte. Almeria hinkte damals der Zeit hinterher.

Johnny Owen wurde nicht sehr freundlich begrüsst, ja die Atmosphäre war feindselig. Das Hotel war hingegen toll, das Essen weniger. Das Unternehmen Europameisterschaft wurde im Owen Camp jedoch gut geplant und man hatte glücklicherweise eigenes Essen dabei. Schon bald machten sich die Nicklichkeiten der Spanier bemerkbar. Es wurde vereinbart, dass Johnny ab Mittag trainieren durfte, aber erst nachdem Gegner Juan Francisco Rodriguez seine Einheiten absolviert hatte. Johnny und die Crew fand sich also zu vereinbarter Zeit an der Trainingsstätte ein, nur um 1 Std. bei gleissender Hitze warten zu müssen.

Johnny hatte leichtes Uebergewicht und musste auf Anordnung von Trainer Dai Gardiner das überschüssige Gewicht mit Treppensteigen loswerden.

Bei Rodriguez sah das keinen Deut besser aus, im Gegenteil. Rodriguez war beim Wiegen dermassen zu schwer, dass man davon ausgehen konnte, er würde das verlangte Kampfgewicht nicht mehr bringen können. Eine heisse Diskussion brach los und Rodriguez war das alles egal. Dick Owens traute seinen Augen kaum, als er sah, wie sich Rodriguez erstmal einen Liter Orangensaft bestellte. Er nahm Johnny beim Arm und lief davon. Hier waren sie in einem Irrenhaus gelandet. Dick und die englischen Beobachter gingen davon aus, dass der Europameisterschaftskampf nicht stattfinden würde. Dick und Johnny gingen zurück ins Hotel, als Trainer Dai Gardiner mit News hereinplatzte. Der Fight wäre "on". Dick war überrascht und meinte: "wie ist das möglich? Rodriguez hat doch Uebergewicht!" Dai erklärte, die Offiziellen wären einverstanden Rodriguez boxen zu lassen, er könne da nichts tun. Entweder sie würden kämpfen oder mit nichts nach Hause gehen.

Dick und Johnny überlegten sich die Sache, gingen alles durch und kamen zum Schluss, dass sie boxen würden.

Die Boxplakate wiesen darauf hin, dass ein gewisser "Jhony Owen" boxen würde. Unter der Woche wurde Johnny schonmal um 06.00 von einem Wagen mit Lautsprecher geweckt, der den Fight anpries. Die Mäzchen der Spanier hörten auch am Kampftag nicht auf, als man die Matadorskapelle der Stierkampfarena kurzerhand als Umkleideraum für Johnny "verkaufte". Zum Event kamen um die 10000 Zuschauer.

Schon Mitte der ersten Runde erschnüffelte die Ecke von Johnny Owen einen Winterölgeruch. Jetzt wurde ihnen auch klar, wieso Rodriguez einen Handschuh ausstreckte und damit in Johnnys Gesicht wischte. Der Spanier schmierte die illegale Substanz in Johnnys Augen. Heddwyn Taylor glaubt noch immer, dass ein Mitglied der Spanischen Box Federation der Uebeltäter war: "Dieser arbeitete in der Ecke und ich hatte das Gefühl, dass er es war, der das Oel auf die Handschuhe strich. Harry Vines, ein erfahrener BBBC-Mann hetzte, sobald er das Oel roch, in Rodriguez Ecke, wo er aber nur weggestossen wurde. Die Polizei entfernte ihn vom Ring.
Am Ende der ersten Runde kehrte Rodriguez in seine Ecke zurück und schüttelte sich unverholen das Oel von seinen Handschuhen. Dick Owens protestierte erfolglos beim Referee. Der Kampf geriet zur totalen Farce. Die Runden waren ca. 2 min lang und die Pausen dauerten so 2 min 30 Sekunden. Man war bemüht, Rodriguez nicht aus der Puste kommen zu lassen. Dieser hielt, arbeitete mit dem Ellbogen, stiess mit dem Kopf, versuchte, seinen Daumen in Johnnys Auge zu setzen, alles ohne zunächst eine Verwarnung zu bekommen. Ein Bruder von Rodriguez ging in Owens Ecke und beschimpfte den Herausforderer nach Leibeskräften, bis ihm Johnny selber mal ein: "ruhig Junge, Du machst zuviel Lärm" entgegenrief. Im Ring selber behielt Owen klar die Oberhand und war der bessere Boxer. Nach der 10. Runde ging Owen wieder in die Mitte um zu boxen, aber Rodriguez kam nicht aus seiner Ecke. Owen begann Küsse ins Publikum zu verteilen. Schliesslich erhob sich Rodriguez doch noch und der Fight ging weiter. Rodriguez andere Brüder hatten sich hinter den Punktrichtern in Stellung gebracht und überwachten die Punkteverteilung.

Heute wäre ein solcher Betrug wegen den TV-Kameras wohl nicht mehr möglich, damals waren das aber noch völlig andere Zeiten.

Jedenfalls gaben die meisten Fachleute Rodriguez nicht mehr als 4 Runden (von damals 15).

Der eine Punktrichter und der Ringrichter schanzten aber skandalöserweise den Sieg (145:144, 147:146) Rodriguez zu, während der 2. Punktrichter ein 146:146 Unentschieden errechnete. Somit gewann Rodriguez diesen Kampf per majority decision. Das Urteil war ein Witz und ging als "moonlit robbery" in die Boxgeschichte ein.

Wer sich nun dachte, schlimmer kann es nicht mehr kommen sah sich getäuscht. 1200 Pfund der Börse Johnny Owens wurden von der spanischen Boxföderation einbehalten als Rache für das gleiche Vergehen der englischen Kollegen, als diese einen Teil der Börse des Spaniers Antonio Guinaldo konfiszierten, weil dieser gegen Jim Watt aufgab.

Desillusioniert und bedient kehrten Johnny Owen und seine Entourage nach Wales heim.

Das Britische Boxing Board of Control erstattete Johnny allerdings die verlorenen 1200 Pfund zurück.


Nach dem 1. Rodriguez Fight überwand Johnny die Niederlage erstaunlich schnell und streute umgehend Kämpfe gegen Graham und Caudron ein, welche er relativ sicher nach Punkten gewann.

Bis dahin hatte Johnny immer seinen Fabrikjob behalten. Er fühlte sich in der Schuld, der Firma etwas zurückzuzahlen, da ihn diese all die Jahre immer sehr gut unterstützte. Er wollte die Company nicht im Stich lassen. Der Fabrikbesitzer hatte inzwischen aber so seine Bedenken, insbesondere, weil die Angestellten wegen Johnnys Fights mitunter durch Abwesenheit glänzten. Johnny verstand die Sorgen des Fabrikbesitzers und man einigte sich freundschaftlich darauf, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Johnny sollte sich in der Folge zu 100 % aufs Boxen konzentrieren.

Johnny Owen führte ein "grünes Taschen-Tagebuch". Seine Einträge waren meistens kurz gehalten.

Anfangs 1980 schrieb er sieben Motivationen als Rechtfertigung für seine schweisstreibende und schmerzvolle Arbeit in Grossbuchstaben nieder:

A) erfolgreiches Geschäft
B) Haus oder Häuser
C) Grundstücke
D) Pub
E) Ferien
F) genug Geld, um mit 27-29 Jahren zurückzutreten
G) viel Glück


Nach problemlosen Siegen gegen Dave Smith, wieder gegen Neil Mc Laughlin, gegen Jose Luis Garcia und Davey Vasquez gewann Johnny auch gegen Glynne Davies.

An diesem Punkt seiner Karriere entschloss sich Johnny (Vater Dick war nicht wirklich dafür) einen Teil seiner Kampfbörsen in ein kleines Lebensmittelgeschäft in Merthyr Tydfil zu investieren. Eine Anlage, die sich in der Folge auszahlen sollte und Johnny war zufrieden mit seinem Geschäft.

Das Leben Johnnys lief gut, die Kämpfe bestritt er erfolgreich, das Geschäft warf Gewinn ab und als Bonus und als Kirsche auf der Torte unterbreitete Promoter Heddwyn Taylor ein Angebot für einen Revanche-Fight gegen Juan Francisco Rodriguez um die Europameisterschaft. Der Fight war für den 28. Februar 1980 geplant und da Rodriguez realisierte, dass ihn, aller Wahrscheinlichkeit nach, niemand mehr in Spanien boxen wollte, war er einverstanden , im walisischen Ebbw Vale Leisure Center zu boxen.


26. Profifight Johnny Owen vs. Juan Francisco Rodriguez 2, Europameisterschaft im Bantamgewicht 12 x 3 min


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Im Build-up zum 2. Europameisterschaftskampf schrieb Johnny folgendes in sein Tagebuch:

Donnerstag, 31. Januar "muss hart trainieren für meinen wichtigsten Kampf meiner Karriere."

wenig später: "Wenn Du den Europameisterschafts-Titel gewinnst: gib Mutter und Vater ein bisschen Geld und lade die ganze Familie auswärts ein. Und Du kannst den Ring bestellen und träumen."

Donnerstag, 28. Februar Ebbw Vale. Europameisterschaftskampf. "Du hast alles in Dein Training und Leben gelegt, sodass Du erreichen kannst, wovon Du nur geträumt hast. Du musst in jener Nacht von Runde 1 an bis zur 12. Runde alle Stopps (in Dir) lösen. Verwende jeden Schweiss- und Bluttropfen und alle Energie, um zu gewinnen. All Deine Träume sollen heute Abend erfüllt werden. Alles Beste Boyo. cymru am byth (für immer Wales)."

Juan Francisco Rodriguez meinte bei seiner Ankunft in Wales: "ich halte nicht viel von Owen. Er ist bloss ein beharrlicher Kämpfer, der Dich wie ein Octopus angreift, aber warum rated ihr ihn so hoch? Ich werde ihn mit meiner Fitness und mit meinem Schlachtplan überraschen. Ich bin noch immer der beste Bantamgewichtler in Europa und werde das beweisen."

Die walisischen Veranstalter waren bemüht, eine faire Kulisse zu bieten. Das Geld wurde fair überwiesen, keine schmutzigen Tricks wurden angewandt. Man wollte Rodriguez zeigen, wie man so einen Event fair und square durchzieht.

Wie sich Heddwyn Taylor erinnert, war Johnny beim Wiegen ein Pfund zu schwer, sodass er eine Stunde bekam, das überschüssige Gewicht loszuwerden. Man wickelte ihn in heisse Tücher ein und als die Stunde um war, brachte er das Gewicht genauso wie Rodriguez schon eher vor ihm.

Die Kulisse war mit mehr als 1800 Zuschauern für walisische Verhältnisse gigantisch. Da der Fight nur auf 12 Runden angesetzt war und man im Owen Camp einem langsamem Start entgegenwirken wollte, liess man Johnny in der Garderobe ein paar Runden "sparren".

Unter die Zuschauer hatte sich auch Bruder Kelvin ganz hinten "undercover" eingeschlichen. Er hatte sich seit dem einen lacklustren Fight gegen Neil McLaughlin nie mehr einen Fight live angeschaut und befürchtete, seinem Bruder Pech zu bringen. Johnny war immer ein wenig traurig, dass sein wohl besonders geliebter Bruder nicht dabei war, aber akzeptierte es. Mutter Edith war wie üblich zu Hause geblieben und wartete auf den erlösenden Anruf.

Der Fight selber wird in den Details recht unterschiedlich geschildert. Mal heisst es, das Ganze hätte eine zeitlang durchaus auf der Kippe gestanden, andernorts, das wäre eine verhältnismässig klare Sache gewesen. Wohl wahr ist, dass Rodriguez sich besser verkaufte, als man ihm dies eigentlich zugetraut hätte. Bis zur 6. Runde erboxte sich Johnny wohl einen Vorsprung, als Rodriguez in den nächsten drei Runden zurückkam. In der 10. Runde kam Rodriguez mit einem eindrücklichen Uppercut durch, aber hintenraus war Johnny anerkannt stärker und ein Punktsieg von Johnny war einhelliger Meinung zufolge insgesamt gerecht.

Unter lautem Jubel wurde Johnnys einstimmiger Punktsieg verkündet und er in die Höhe gehoben. Kelvin stürmte nun auch in den Ring und ein verdutzter Johnny fragte ihn erstmal: "Kel, what the bloody hell are you doing here?" In der Folge konnte Johnny seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Er war Europameister. Rodriguez war angesichts des Fights in Almeria ein erstaunlich grosszügiger und fairer Verlierer.

Auf die Frage, wie er denn nun feiern würde, meinte ein bescheidener Johnny Owen: mit Orangensaft. Das Feiern übernehmen die dort und er zeigte auf die Truppe, welche in seiner Umkleidekabine war.

Auf der Party suchte Johnny Jeff Pritchard auf, seinen treusten aller Sparringspartner und überreichte ihm eine Schachtel.

"was ist da drin?" fragte Pritchard.
"öffne es und schau selber" sagte Johnny.
Pritchard öffnete die Schachtel und zog eine St. Christophers Medaille an einer Kette heraus. Er las die Inschrift: "Danke, Jeff".
" Sie soll Dir Glück bringen, Jeff", fügte Johnny hinzu. Keiner der zwei konnte sich vorstellen, dass dies ihr letztes Jahr als Boxer war.....




27. Profifight Johnny Owen vs. John Feeney, Commonwealth Titel, Britischer Titel im Bantamgewicht, 12 x 3 min

Schon bald nach dem Rodriguez-Kampf wurde schon der nächste Gegner bekannt gegeben: Am 28.6.1980 sollte Johnny auf der Undercard von Alan Minter vs. Vito Antuofermo gegen den damals unbesiegten John Feeney kämpfen.

Hinten im Tagebuch schrieb Johnny:

"Kämpfe (gegen) John Feeney. Verteidige den Britischen Titel im Wembley. Muss alles ins Training legen und früh zu Bett gehen, sodass ich gewinnen und Geld für ein Pub oder ein Hotel verdienen kann. Ein guter Gewinn im nationalen Fernsehen wird Dir richtig gut tun und wenn Du im (Jahr) 1980 ungeschlagen bleibst, wirst Du alles erreichen, was Du wolltest".

John Feeney galt als schlagstarker und talentierter Boxer. Er war mit damals 22 Jahren jünger als Johnny, hatte aber nie mehr als 8 Runden geboxt. Ausdauer sollte eine wichtige Rolle in Johnnys Vorbereitung spielen, um seine Titel verteidigen zu können.

Johnny glaubte nicht, dass Feeney die Klasse von Paul Ferreri besass und so raffiniert wie Rodriguez war. Dick und Dai waren derselben Ansicht. Niemand dachte an eine Niederlage, aber niemand hielt den Sieg für geschenkt.

Unser Held griff den ganzen Kampf lang an, wirkte entschlossen, boxte sehr gut und das Punkturteil gegen einen immer müder werdenden Feeney stand nie in Frage.


28. Profifight Johnny Owen vs. Lupe Pintor, WBC-Weltmeisterschaft im Bantamgewicht , 15 x 3 min


Vorbereitung in Wales


Nach dem Sieg Owens gegen Feeney unterbreitete der renommierte Boxpromoter Mickey Duff ein Angebot für einen Weltmeisterschaftskampf. Gegner sollte die mexikanische Boxlegende Lupe Pintor sein und der Fight in den Vereinigsten Staaten stattfinden. Gemäss Trainer Gardiner gabs damals auch ein gutes Angebot, den Commonwealth Titel in Dänemark zu verteidigen, was Dai offenbar persönlich vorgezogen hätte, aber er war auch nicht wirklich dagegen, in Amerika zu boxen.

Es gab kritische Stimmen zu diesem Kampf wie diejenige von Michael Katz, einem Journalisten der New York Times, der dem Fight von Johnny gegen Feeney beigewohnt hatte. Er war beeindruckt von Johnnys Skills aber er sah auch das Fehlen von Punch. Er pickte daher Pintor für einen "leichten" Gewinn.

Wie Broadbent ausführt, sagt auch Pintor: "Johnny sollte mich vermutlich nicht gekämpft haben. Er boxte mehr wie ein olympischer Boxer. Er punktete, aber nicht mit harten Schlägen, allerdings schnelle und viele. Jemanden über 15 Runden vor sich zu haben, der ihn mit harten Schlägen eindecken konnte, musste einen Effekt haben. Diesen Rhythmus - diesen endlosen Rhythmus aufrechtzuerhalten, musste ihn in den späteren Runden auslaugen".

Jeff Pritchard, seine bevorzugter Sparringspartner, meinte: "Johnny war gut genug, um gegen Pintor zu kämpfen, aber ich dachte, er hätte zuerst noch mehr Kämpfe machen sollen. Warum diese Eile? Aber wenn Du Johnny gesagt hättest: geh nicht nach Amerika, Du kommst nicht mehr zurück, wäre er trotzdem hingefahren. Es war sein Leben".

Andere wie Jackie McCoy, der Carlos Palomino zum WM-Titel führte, sah es so: "Owens workrate ist phantastisch. Wenn er die Form wie gegen Feeney zeigt, wird er sich beweisen. Pintor hat in den letzten Kämpfen nicht so gut ausgesehen und obwohl er härter als Owen schlägt, wird dieser evtl. seine besten Schläge nehmen und seinerseits austeilen können.

Johnny trainierte enorm hart für den WM-Kampf: Sein Tagesablauf sah mitunter so aus: am Morgen 9 1/2 Milen rennen, am Nachmittag 1 1/2 Std. Holz hacken, eine halbe Stunde Seilspringen, Routineübungen im Gym, und dann zwischen 4 und 12 Runden Sparring.

Vor seinem Flug nach Amerika sparrte Johnny im letzten Monat 263 Runden.

Seine Tagebucheinträge lauteten:

"Viele Probleme dieses Jahr. Nichts passt zusammen. Hoffe, es zusammen zu bringen. Habe Feeney in einem guten Fight geschlagen. Es gibt Gespräche über einen Weltmeisterschaftskampf im August gegen Lupe Pintor in den USA"

"Kämpfe am 19. September um die WM in den USA. Muss raus gehen und kämpfen wie noch nie. Sowas passiert nur einmal im Leben. Du musst die Chance packen und Dein Bestes versuchen um den unmöglichen Traum wahr zu machen und ihn Realität werden zu lassen."

Bei der Planung kam es zu ernsten Differenzen zwischen Vater Dick Owens und Trainer Dai Gardiner. Dick wollte erst relativ kurzfristig in die USA reisen, Gardiner zog es vor, schon 2 Monate vor dem Fight hinzureisen. Gardiner wollte Sparringspartner aus den USA, welche dort verfügbar waren. Dick hatte mehr Sympathien, Johnnys übliche Sparringspartner mitzunehmen. Dick hatte auch etwas gegen das Gala Motor Hotel, welches als Location vorgesehen war. Er hielt es für zu gefährlich. Schliesslich brachte die Hotelfrage für Dick das Fass zum überlaufen und er verliess das Gym, eröffnete seinem Sohn, dass er nicht mitfliegen würde. Johnny meinte:"ohne Dich flieg ich nicht"! Erst der sanfte Druck der Telefonate des "Boards" und das traurige Gesicht seines Sohnes führten dazu, dass Dick nachgab. Dick sollte später darüber sagen: "Ich gab nach und John ging wieder trainieren". "Oh, Gott ist mein Zeuge, ich wünsche, ich hätte es nicht getan".

Um fair zu sein, muss man sagen, dass es sowohl Dai Gardiner als auch Vater Dick nur gut meinten. Beide wollten nur das Beste für Johnny und dass das Leben einfacher und besser für Johnny war. Man machte Kompromisse und man beschloss, relativ kurzfristig in die Staaten zu fliegen, die gesamte Vorbereitung in Wales zu absolvieren und in den USA kein Sparring mehr zu machen und somit keine Sparringspartner mitzunehmen.

In der Folge überliess man nichts dem Zufall. Man stellte die Zeit auf amerikanische Pazifik Zeit um. Trotzdem am Tag seiner Abreise, um 05.30 5 Autos vor Johnnys Heim vorfuhren und ihm "we ll keep a welcome in the hillside" aus den Boxen spielten und zu seiner Ehre Fahnen in der Stadt aufgestellt wurden, stand seine Abreise unter keinem guten Stern:

In Johnnys Lebensmittelgeschäft war eingebrochen worden (was man ihm verheimlichte) und Jeff Pritchard hatte seine St. Christopher Medaille verloren, dem Schutzpatron der Reisenden.

Johnny wurde am Flughafen Heathrow sehr warm verabschiedet und am 12 September 1980, um 11.30 h hob der Flieger nach Los Angeles ab.

Vor dem Kampf in den USA

Das Flugzeug mit Johnny Owen, Dick Owens und Dai Gardiner an Bord landete am 12. September 1980 um 14.15 h. Sie wurden von Van Barbieu, abgeholt, der sich fortan um sie kümmerte. Man fuhr die Gäste ins Gala Motor Hotel, welches downtown in Los Angeles gelegen war.

Die erste Aufgabe war eine erste Pressekonferenz noch um 17.00 h. Johnny mochte dies nicht, ebensowenig wie das Brimborium, den Ticketverkauf, den Kommerz. Profi wie er war, verstand er aber, dass dies nunmal Teil des Ganzen war und liess es über sich ergehen. Die Konferenz entpuppte sich als angenehmer als erwartet und die konfrontativen Fragen blieben aus. Nach Ende der Konferenz waren sie frei zu machen, was sie wollten. Johnny und sein Vater quartierten sich in einem Zimmer ein und gingen früh schlafen. Der Plan war, sich möglichst schnell vom 12 Stunden-Flug zu erholen und sich zu akklimatisieren. Allerdings hatte man nicht mit den Störenfrieden der Presse gerechnet, welche die 2 mit Telefonanrufen terrorisierte. Zusammen mit dem Hotel Management gelang es schliesslich, das zu unterbinden und Johnny schlief 14 Stunden durch und hatte wenig oder keinen Jetlag, als er aufwachte. Tatsächlich wollte er lieber jetzt gerade boxen, als noch 1 Woche in Los Angeles rumzuhängen.

Sogleich wurde die medizische Untersuchung absolviert, wurden die Augen getestet und der Bürokram erledigt.

Am nächsten Tag stieg Johnny ins Training ein und absolvierte seine 8 1/2 Meilen Läufe.
am Nachmittag waren Schattenboxen, Arbeit an den Pratzen, Seilspringen und Kraftübungen angesagt.

Man verzichtete auf Sauna und Sparring.

Das Gala Motor Hotel lag in einem mexikanischen Viertel und die Gegend war unfreundlich. Immerhin gab es einen Swimmingpool. Trotzdem war die Sache monoton und langweilig. Johnny wäre gerne ins Disneyland gegangen, aber es galt, sich auf den Kampf zu konzentrieren, was angesichts der Tatsache schwierig war, als die mexikanischen Journalisten sehr aufdringlich waren und Johnny mehr als nötig belästigten.

Dai Gardiner wollte Johnny Owen im Olympic Auditorium sparren lassen, was zu einem erneuten Zwist mit Dick führte. Der hielt von der Idee nichts und traute den Sparringspartnern nicht. Johnny war ebenfalls nicht angetan von dieser Idee. Er mochte den Rummel nicht. Er wollte sich nicht öffentlich jedem und überall präsentieren. Van Barbieu gelang es, Dicks Bedenken zu zerstreuen.

In der Folge sollte Johnny am Fernsehen erscheinen. Wieder war Johnny nicht amused aber er willigte ein. Johnny schlug sich gut. Auf die Frage, warum er denn in seinem Gesicht keine Spuren eines Kämpfers hätte, meinte er trocken: "die Promoter zahlen mir dafür nicht genug." Er wurde nach seinen Ambitionen gefragt und er meinte: ich will den WM-Titel gewinnen." Hast Du noch andere Ambitionen? Vielleicht was persönliches? "Ja, sagte Johnny, ich möchte so ein Hotel wie dieses in Merthyr Tydfil für meine Mutter, meinen Vater, meine Brüder und Schwestern." Das kam in der Presse gut an.

Am Tag vor dem Fight sah Johnny in Vater Dicks Augen: "Morgen werde ich Weltmeister werden" "Ja Sohn, ich weiss" antwortete Dick. Danach kam es zu einer der seltenen Meinungsverschiedenheiten der zwei. "Hör mir zu," sagte Dick. "Du gewinnst morgen und dann trittst Du ungeschlagen ab". Johnny antwortete: "Nein, Dad, ich werde noch 2 oder 3 Verteidigungen machen und dann aufhören".

Johnny ging ins Bett und Vater Dick ging mit den Fans noch einen kippen. Um 00.45 kehrte Dick heim, vermied es Licht zu machen, um seinen Sohn nicht zu stören und kroch ins Bett.
Er bemerkte, dass Johnny noch nicht schlief.

"John" flüsterte er " bist Du wach?"
"Ja", wurde ihm geantwortet.
"wie lang lagst Du schon hier?"
"Gerade erst. Ich denke nach".

Dann, machte Dick etwas, was er noch nie am Vorabend eines Kampfes gemacht hatte. Er ging zu seinem Sohn und umarmte ihn.

"Komm schon, Dad, "werd jetzt nicht emotionell"!
Vater Dick konnte sich sein Verhalten auch später nicht erklären.

Am Kampftag ass man Frühstück, als ein paar Amerikaner mit dem Ratschlag am Tisch vorbeikamen: wenn Johnny gewinnt, haut ab so schnell ihr könnt! Sie wünschten für den Kampf alles Gute.

Am späten Morgen ging Johnny mit seinem Trainer zum Wiegen. Johnny brachte das Gewicht problemlos.

Der Abend, für den Johnny so intensiv trainiert, gelebt hatte, der ihm soviel bedeutete und sein Leben für immer verändern sollte, rückte immer näher. Die Sanduhr seines Lebens lief unerbittlich.....

Johnnys letzter Eintrag in sein Tagebuch lautet:

"Dai wirkt verloren. Er verursacht Probleme, wo er mir doch helfen sollte, den Titel zu gewinnen. Ohne Dad würde ich auch verloren sein. Wenn ich es nur gewinnen und (den Titel) zweimal verteidigen könnte. Ich denke, ich würde aufhören. Alles scheint mehr Kopfschmerzen zu verursachen, als Freude zu bereiten, wegen Dai s mangelndem Verständnis und den albernen Worten, welche mich und Dad verletzen.

dann fügte er noch hinzu:

P.S. "Hoffe alles kommt gut heraus am (Kampf)-abend. Wenn nur. und es ist ein grosses wenn".

Der Kampf

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Das Olympic Auditorium in Los Angeles, wo der Fight Lupe Pintor gegen Johnny Owen stattfand, fasste 10000 Zuschauer.

Die Wetten sahen Pintor je nach Quelle 1:4 oder 1:5 vorne.

An jenem 19.9.1980 war die Halle völlig ausverkauft.
Die Uebermacht der Pintor-Fans war erdrückend. Die Ambiance war einschüchternd, aufgeheizt. LUPE, LUPE wurde skandiert.

Tausende Kilometer entfernt hörten Johnnys Supporter in Wales am Radio mit.

Johnnys Mutter Edith war wie immer besorgt, wenn Johnny kämpfte. Sie würde Dai Gardiners Frau oder die Presse im Thompson House anrufen, wenn man von der Zeit her mit dem Resultat rechnen konnte.

Auch in Johnnys Garderobe vernahm man die Rufe: LUPE, LUPE. Dick Owens war in der Umkleide, ebenso wie Dai Gardiner und die Cornermen Ken Bryant und Nat Nicholls.

Dick und Dai versorgten Johnny nochmal mit Instruktionen, gingen nochmal ihren Kampfplan durch:

Johnny sollte Pintor ab dem ersten Gong attackieren, seine Hände hochhalten, sodass der Mexikaner nur zum Body gehen könne, Pintor nahe boxen, den Ring "cuten", immer Druck aufbauen, immer vorwärts, immer drücken.

Schliesslich war es Zeit für den Ringwalk. Johnny wirkte ruhiger als alle rings um ihn. Er war fokussiert, liess sich durch nichts aus der Fassung bringen. Vater Dick war stolz auf ihn. Lupe Pintor zog unter einer standing ovation in die Halle ein, kletterte durch die Seile, hielt ein Gebet ab.

Als Ringrichter waltete Marty Denkin, der erfahren war und auch schon ein paar WM-Fights geleitet hatte.

Die Glocke erklang und der Fight ging los.

Was in diesen 12 Runden passierte, wird sehr unterschiedlich wiedergegeben, so wie es wohl bei vielen Kämpfen unterschiedliche, manchmal völlig unterschiedliche Ansichten gibt.

Die ersten vier Runden verliefen ziemlich ausgeglichen, wobei Johnny erstaunlich gut mithielt. In der 5. Runde geschah etwas, das meiner Meinung nach ziemlich unterschätzt wird: Johnny erlitt eine tiefe Fleischwunde auf der Innenseite der unteren Lippe, was zur Folge hatte, dass er im weiteren Verlauf des Kampfes viel Blut schluckte. Dieses Faktum ist unbestritten. Allerdings war die 5. Runde für beide Fighter sehr anstrengend und umkämpft. Nach der 6. Runde hatte Pintor Cuts über beiden Augen und in der Halle machte man sich im Pintor Lager da und dort Sorgen über den Ausgang des Kampfes.

Die Runden 7 und 8 waren wohl knapp bei Pintor, aber da gibts wohl keine einheitliche Meinung. Was man vielleicht sagen kann ist, dass bis zur 8. Runde eher Johnny vorne lag und er insgesamt einen Fight ablieferte, den ihm viele nicht zugetraut hatten und der sehr gut war. Er brachte Pintor durchaus in Verlegenheit.

In der 9. Runde änderte sich das Momentum, auch weil Pintor nun seinen Game Plan änderte und sich mehr Raum gab, um seine Punches abzufeuern. Pintor kam durch und Johnny musste zu Boden. Wie hart der Knockdown war, wird unterschiedlich gesehen. Die einen sprechen von einem leichten Treffer, die Anderen sahen den Treffer und dessen Wirkung und Bedeutung in einem anderen Licht. Fakt ist, dass Johnny zum ersten Mal in seiner Profikarriere zu Boden musste. Vermutlich hatte der Knockdown auch einen psychischen Impakt.

Pintor sagte, er hätte bemerkt, dass Johnny müde geworden wäre und bei Broadbent wird er so zitiert, dass man den Fight in der 9. hätte stoppen müssen. (ich hab das nach anfänglichem Zögern fairerweise reingenommen. Es gibt da durchaus andere Meinungen darüber, aber Pintor ist in diesem Fight ein Key Player und seine Meinung hat Gewicht). Er sagte auch: "he went down in a bad way". Es ist erstaunlich, was Pintor dann sagt: "Als ich Johnny niederschlug, ging er in seine Ecke und sagte, er wäre okay. Das war das Mindset/der Wille, welche ihn weitermachen liess." Von diesem Moment an spielt sich das nur noch im Kopf ab. Nur noch Mindset/Wille. Nur ein Boxer weiss dies". (etwas sehr frei von mir übersetzt und ohne abschliessende Garantie, ob das vollumfänglich das einfängt, was Pintor MEINTE, aber ich gehe mit reinem Herzen davon aus, dass dies so richtiger ist, als eine reine Wort für Wort Uebersetzung).

Vom Niederschlag in der 9. Runde bis zum verhängnisvollen dritten Niederschlag in der 12. Runde wird der Fight mitunter unterschiedlich gesehen. Jeder der Kommentatoren/Journalisten/Direktbeteiligten hat da seine eigene Sichtweise, seine eigene Theorie. Insgesamt ist es wohl fair zu sagen, dass Pintor in den Runden 9-11 insgesamt aufkam und das Momentum auf seiner Seite hatte.

Als nur noch ca. 40 Sekunden in der 12. Runde zu boxen waren, musste Johnny wieder runter, er schien! nicht schwer angeschlagen, kam bei 3 hoch. Die Menge schrie ohrenbetäubend: LUPE, LUPE, Johnnys Mut war unbestreitbar und eindrücklich, aber der Horror nahm jetzt seinen Lauf. Kurz vor Rundenende kam Lupe mit dem verhängnisvollen rechten Haken durch. Es war ein fürchterlicher Schlag. Johnny war noch in der Luft bewusstlos, bevor er zu Boden sank. Sofort stürmten Dai Gardiner, Vater Dick Owens und Dr. Schwartz in den Ring. Letzterer rief nach Sauerstoff. Dr. Schwartz war beunruhigt, als er in Johnnys Augen und Johnnys Krämpfe sah. Dick Young, einer der Punktrichter, zog Johnnys Ringstiefel aus.

Die Fans von Pintor flippten aus vor Freude, führten sich auf wie ein blutrünstiger Mob. Die Szenerie war bizarr, grotesk, grausam. Es gab später die Theorie, dass viele in der Halle nicht wussten, wie ernst Johnny verletzt war.

Ein Bahre wurde gereicht. Man legte Johnny drauf und trug ihn aus dem Ring. Becher mit Urin flogen in die Richtung von Johnny und denjenigen, die sich um ihn kümmerten. Sie wurden gestossen, geschoben und gekratzt. Ken Bryant erzählte, dass man ihnen geraten hatte, ja kein Geld in der Garderobe zu lassen. So hatte er 600 Dollar in seinem Portmonnaie. Er war einer der Träger der Bahre. Er fühlte, wie jemand nach seinem Portmonnaie griff und ihn bestahl, aber was hätte er tun sollen? Die Bahre fallen lassen? Marty Denkin, der Referee, und Mickey Duff, der Promoter, wurden genauso im Chaos bestohlen. Die Mexikaner feierten und machten sich über die Verlierer lustig. Es war die Hölle.

Fakt ist, dass Johnny Owen zu Beginn der 12. Runde zurücklag und höchstwahrscheinlich nur noch durch einen KO hätte gewinnen können.

Hassett hatte es 105-103, Dick Young 106-102 und Denkin 107-102. alle für Lupe Pintor.





Nach dem Kampf

Lupe Pintor kam im Spital an. Er war über beiden Augen übel verletzt, war tieftraurig und bahnte sich seinen Weg durch die Korridore, bis er Dick mit geneigtem Kopf sah.

"Normalerweise fühlst Du nach einem Kampf totale Glückseligkeit, bist voll von Adrenalin", beschrieb es Pintor. "Aber am Ende des Kampfes mit Johnny war das anders. Da war eine richtig schlechte Atmosphäre. Wir wussten, da ist was ernsthaftes passiert. Ich ging zum Spital, so schnell ich konnte, wollte ihn sehen, aber er war schon auf der Intensivstation und sie operierten ihn. Sie liessen mich nicht zu ihm. Ich sah Dick. Natürlich war er beunruhigt, aber als er mich sah, umarmte er mich. "Kein Problem, kein Problem", sagte er, "es war ein guter Kampf".

Johnny lag im tiefen Koma. Im Lutheran Spital an der Hope Street in downtown Los Angeles kümmerte sich absolutes Fachpersonal um ihn.

Das offizielle Spitalstatement, welches am nächsten Morgen verbreitet wurde, hielt nüchtern und sachlich fest: Johnny Owen wurde am Freitag, dem 19. September 1980, in kritischem Zustand als Notfall eingeliefert. Er wurde wegen eines Blutgerinnsels im Hirn zwischen 23.30 h und 03.30 h operiert. Herr Owens Zustand bleibt kritisch und wird das auch für die nächsten 72 Stunden bleiben.

In den frühen Morgenstunden am Samstag, dem 20.9.1980 erfuhr auch Mutter Edith vom Unglück, welches das Leben der Familie Owen auf den Kopf stellen sollte.

Dick Owens, Johnnys Vater, war am Boden zerstört. Man erwog, Johnnys Mutter, Edith, einfliegen zu lassen, aber er war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee sein würde. Er dachte, vielleicht wärs besser, sie würde zu Hause auf Johnnys Rückkehr warten. Inzwischen hatte Edith die Sache aber selber in die Hand genommen und landete am 21.9.1980, zusammen mit Tochter Susan in Los Angeles, nur zwei Tage nachdem Johnny gegen Lupe gekämpft hatte. Am Sonntag Abend war man vereint mit dem Sohn. Es war ein tränenreiches Zusammentreffen.

Am Montag, dem 22.9.1980, traf sich Dick mit dem zuständigen Neurochirugen, Dr. John Holly. Dieser fragte, wieviele Kämpfe John bestritten hätte. Dick sagte ihm: 124 als Amateur und 28 als Profi. Der Doktor erklärte ihm, was seiner Meinung nach passiert war und zur jetzigen Situation geführt hatte. Nach einer gründlichen Untersuchung und einem Röntgenbild zusammen mit anderen unabhängigen Tests, könne er folgendes sagen:

Johnny wäre mit einer ungewöhnlichen physischen Abnormität geboren worden. Er hätte einen ungewöhnlich starken Kiefer und einen hauchdünnen Schädel. Als Pintor mit seiner Rechten den Kiefer traf, sei dieser nicht gebrochen, sondern direkt durch den dünnen Schädel gestossen worden. Pintors Punch hätte also den Kieferknochen geradezu ins Hirn gestossen und Johnny wohl irreparable Schäden zugefügt. Dies hätte jederzeit passieren können, in jedem Fight und vielleicht sogar in jeder Situation, welche nichts mit Boxen zu tun gehabt hätte.

Dick und Edith, wie alle anderen waren fassunglos, als sie diese Neuigkeiten hörten. Hätten sie das gewusst, hätte Johnny bestimmt nie geboxt!

Bald nach diesem Besuch wurde Johnny wieder operiert, um ein Anschwellen des Hirns unter Kontrolle zu bekommen. Komplikationen stellten sich ein, als eine Lungenentzündung entstand, welche aber mit den richtigen Medikamenten geheilt werden konnte.

Nach überstandener Lungenentzündung gab es eine weitere Operation, aber Johnny blieb im tiefen Koma.

Dick, Edith und Susan besuchten Johnny täglich im Spital. Spenden wurden gesammelt und die Waliser spendeten sehr grosszügig. Ein mexikanisches Mädchen schickte eine Kruzifix, welches beweisen sollte, dass nicht alle Landsleute von Pintor ungehobelte Hooligans waren. Dick hängte es am Krankenbett seines Sohnes auf.

Ein anderer Mann besuchte das Spital, oft ungesehen von der Familie. Ken Bryant erkannte den muskulösen Mann: Es war Lupe Pintor. Es gab im Spital eine Nische, wo ein Kreuz an der Wand hing. Pintor ging oft ganz allein hin und betete.

Der Zustand Johnnys blieb kritisch. Immer wieder gab es Spekulationen, ob man nicht die lebenserhaltende Maschine abstellen solle. Aber man wollte das nicht tun.. noch nicht.

Man machte sich auch finanzielle Sorgen. Bekannte wie Bryant und Walters mussten wieder auf die Insel.

Eines Morgens als sie im Spital waren, wollte sie Dr. Holly sprechen. Dick, Edith, Susan und Dai waren im Raum. Dr. Holly sagte, dass Johnny klinisch tot sei und er die Erlaubnis einholen wolle, die Maschine abzustellen. Er liesse ihnen Zeit, sich zu entscheiden. Die Stimmung war tieftraurig. Edith wollte die Entscheidung nicht übernehmen. Dick sollte entscheiden. Sie würde alles untersützen, was immer er entschied. Dick meinte, es sei einfach nicht fair, dass er eine solche Entscheidung treffen müsse und dass Gott grausam zu ihm wäre. Er überlegte sich alles gründlich durch. Immer wieder. Bis er zur Entscheidung gelangte: "ich entschied, die Maschine abzustellen und ihn heim ins von ihm so sehr geliebte Wales mitzunehmen."

Als Dr. Holly zurückkam, gab Dick ihm seine Entscheidung bekannt.

Eine Leere machte sich breit, alle gingen bei Johnny vorbei und weinten. Dann gingen sie ins Hotel. Kaum im Hotel angekommen, klingelte das Telefon. Dr. Holly war am Apparat. Sind Sie das, Herr Owens? Ja, sagte dieser angestrengt. Ich kanns nicht glauben, Herr Owens, ich habe die Maschine nicht abgestellt und alles klappt. Es dauerte einen Moment, bis Dick begriff, was Dr. Holly meinte: offenbar hatte sich Johnnys Zustand wie durch ein Wunder gebessert. Sie konnten es nicht glauben und wieder weinten sie, diesmal aber Freudentränen.

Plötzlich gab es von Journalisten Telefone. Man fragte, ob es wahr sei, dass Johnny tot sei. Offenbar gab es auch Zeitungen, welche schrieben, dass die lebenserhaltende Maschine abgestellt worden sei. Dick war klar, irgendjemand hatte dies der Presse gesteckt. Er fragte im Spital nach, auch bei Dr. Holly. Alle verneinten, irgend etwas mit der Sache zu tun gehabt haben. Schliesslich fand Dick heraus, wer die Quelle war: es war Dai Gardiner. Dieser leugnete es zunächst, gab es aber in der Folge zu. Es war der Anfang eines tiefen Zerwürfnisses, das jahrelang nicht mehr zu kitten war.

Schwester Susan und Johnnys Nr. 1 Fan Byron Board flogen nach Wales zurück, was Dick hart traf. Er konnte beide verstehen, aber er und Edith fühlten sich komplett verloren und alleine.

Wenigstens machte Johnny kleinste Fortschritte, wie Dr. Holly bestätigte.

Eines Abend sassen, Ron, Frances und Edith am Tisch, Dai und Dick auf den Pubstühlen, als das Fernsehen einen Clip über Johnny brachte. Dai sagte zu Dick: "Weisst Du was, Dick? ich bin jetzt eine Berühmtheit!" Dick glaubte seinen Ohren nicht zu trauen und fragte nach: "was hast Du gesagt?". Dai meinte: "weisst Du, ich, Du und John, wir sind jetzt berühmt."

Dick war ausser sich: "Berühmt?", Du Bastard! Mein Junge kämpft dort unten um sein Leben und Du bist eine verdammte Berühmtheit!

Dai lief aus der Bar aber Dick war mit ihm noch nicht fertig: "Dai, mach mir einen Gefallen und geh heim!" "Du hilfst mir hier nichts und Deine Frau braucht Dich. Geh heim!".

Dr. Holly sagte Dick und Edith, sie sollten mit Johnny sprechen, das würde ihm helfen, aus dem Koma zu kommen.

Am 3. November, einem sonnigen Tag, gingen sie wie üblich ins Spital. Edith fiel auf, dass das Fenster offen stand, Johnny müsse es besser gehen, weil das Fenster zum ersten Mal offen sei. "Als wir Dr. Holly trafen, sagte er uns, dass Johnny näher und näher dran war, aus dem Koma aufzuwachen und man davon ausging, dass Johnny nächste Woche aus dem Koma erwachte.

Mit diesem guten Bescheid gingen sie zurück ins Hotel, wo die Presse nachfragte, ob das Versicherungsgeld zu Ende gehen würde. Dick sprach mit Dr. Holly, welcher ihm sagte, er solle sich keine Gedanken machen, zur Not würde er auch gratis arbeiten.

Dick ging davon aus, dass es Johnny besser ginge und wollte ihm Winterkleider kaufen, als ihn um 19.40 h die schreckliche Nachricht erreichte, Johnny würde sterben. Er hatte sich eine Lungenentzündung geholt und konnte das nicht mehr überwinden.
Dick eilte ins Spital und Johnny starb in den Armen seines Vaters....

Mutter Edith war überzeugt davon, dass das offene Fenster für die Lungenentzündung verantwortlich war.


Ausklang

Johnny hatte mal gesagt: "wenn ich sterbe, möchte ich ein Begräbnis mit viel Gesang und ich will, dass die walisische Flagge auf meinen Sarg gelegt wird."
"Sag nichts, John", antwortete ihm Vater Dick. Ich werde schon lange tot sein, bevor Deine Stunde schlägt, so sag das besser Deiner Frau".

Es war ein regnerischer, kalter Novembertag, als man den Sarg Johnnys von der Merthyr Tydfil High Street Baptist Church Kapelle zum Pant Friedhof brachte, der hoch über der Stadt liegt. Tausende Trauernde, über 200 Blumengaben, waren Zeugen dafür, wie sehr Johnny geliebt war. Aus der ganzen Welt kamen Leute, um diesem scheuen Boxer, den sie Matchstick Man nannten, die letzte Ehre zu erweisen.

Bruder Dilwyn ebenso wie Jeff Pritchard, Martyn Galleozie, Billy Vivian, Mike Pickett und Ceri Collins trugen den Sarg, um den eine walisische Flagge gelegt war.

Reverend Herbert Price sprach die bemerkenswerten Sätze: "Heute trauern wir um einen unserer Volkshelden. Ein Mann mit Mut, der was immer das Leben ihm an Aufgaben stellte, diese entschlossen anging. Der Massstab eines Mannes Leben ist nicht die Anzahl Jahre, welche er gelebt hat, sondern die Art, wie er sie gelebt hat".

Es war eine würdige Abdankung für ein sehr aussergewöhnlichen Menschen.

Nach der Zeremonie näherte sich Dai Gardiner Dick. "Wirst Du kommen und als Trainer arbeiten? "Es ist weder Zeit noch Ort" antwortete Dick aber wenn Du jemanden wie Johnny finden kannst. ...."

Gardiner schüttelte seinen Kopf: " Du wirst nie mehr ein anderen Johnny finden".

"Dann werde ich nie mehr jemanden trainieren", meinte Dick. Und er hielt Wort.

Dai Gardiner und Dick Owens sollen sich viele Jahre aus dem Weg gegangen sein. Dick Owens schmerzte wohl zu sehr, was in den USA passiert war und er konnte Gardiner vorerst nicht verzeihen, man sprach 25 Jahre lang kaum mehr ein Wort miteinander. Als Dick im Jahre 2005 schwer krank wurde, besuchte Gardiner Dick im Spital. Man liess vergangenes vergangenes sein und gab sich die Hand zur Versöhnung.

Dick Owens machte Lupe Pintor nie Vorwürfe, wegen dem Tod seines Sohnes. Er konnte sich wohl vorstellen, was in Lupe vorging und schrieb ihm kurz nach dem Begräbnis folgendes Telegramm: "Lupe Pintor stop Du bist ein grosser Champion stop Du musst im Angedenken an Johnny mit dem Boxen weitermachen stop Richard & Edith Owens & Familie."

Im Jahr 2002 reiste Dick Owens nach Mexico, um Lupe Pintor zu treffen. Er wollte dabei Pintor überzeugen, gemeinsam mit ihm die Statue in Merthyr Tydfil, welche man zu Ehren Johnnys erstellt hatte, zu enthüllen. Den Berichten nach sagte Pintor sofort zu und er gab seine Hand drauf, dass er deswegen nach Wales reisen würde und hielt Wort.

Die Dokumentation ist eindrücklich, schildert den Besuch Dicks bei Pintor in Mexiko und belichtet die Zeit Pintors in Wales. Die DOK gewann 2 walisische BAFTA Awards, eine für das beste Doku Drama 2002 und eine ging an Dylan Richards für die beste Regie.


Es ist ein eindrückliches Doku-Filmwerk über Respekt und Versöhnung. Pintor konnte nicht wissen, ob er in Merthyr Tydfil gut aufgenommen werden würde. Dick tat sein bestes, Pintor zu unterstützen und er war sichtbar stolz, wie Pintor in Merthyr behandelt und seine Idee verstanden wurde.

Auch Familienmitglieder der Owens mussten da und dort Grenzen überwinden. Von Kelvin heisst es, dass er nicht wusste, ob er Pintor seine rechte Hand reichen konnte, jene welche den tödlichen Schlag ausführte. "Als es soweit war, schüttelte ich seine Hand ohne zu zögern. Ich war glücklich, dass er (nach Wales) gekommen war". Schwester Shereen hatte auch Mühe, etwas, was Pintors Frau Virginia verstehen konnte.

Insgesamt aber wirklich eine richtig schöne DOKU, mit den drei Hauptprotagonisten Johnny Owen, Dick Owens, Lupe Pintor. Es ist eine tiefe Ode an die Menschlichkeit, an die Vergebung, ans Verständnis, an den Umgang mit schwierigen Situationen. Mir blieb vor allem die Szene in Erinnerung, als Dick Owens und Lupe Pintor im Regen mit aufgespanntem Schirm sich umarmend, über den Friedhof liefen.

Natürlich habe ich eine starke Sympathie für Johnny Owen, sonst hätte ich diese Hommage nicht schreiben können. Habe viel über Johnny nachgedacht und er ist irgendwie ein kleiner Teil von mir geworden. Wenn ich übermütig werde, denke ich an seine Bescheidenheit und ich werde schnell wieder "normal", wenn ich traurig bin, denke ich an seinen Willen, seine Beharrlichkeit. Er ist mir Inspiration geworden. Ich habe/hatte ihm auch eine bestimmte Trainingsrunde gewidmet, wenn ich auf der Pruntrutermatte in Basel joggen ging. Ich dachte so bei jedem Workout dort an ihn.

In meiner Funktion als Buchhalter und Treuhänder kam ich mitunter mit sehr "bedeutenden" Leuten in Kontakt. Ich habe so Leute kennengelernt, welche ich sonst nur aus der Zeitung kennen würde. Nicht selten war ich erstaunt, wie nett und "normal" diese Menschen waren.

Meine Liebe und mein wirkliches Zuhause waren aber eigentlich immer sehr bodenständige, "simple" (im positivsten Sinne) Leute. Sei es auf der Alp Mättental, in Brasilien, als mir die Haushälterin Aparecida mal zeigte, was wirklich arme Leute sind, in der Gassenküche Basel. Im Boxen hab ich immer eine grosse Sympathie für die Menschen empfunden, welche oft nur mit einer Tasche voll von Hoffnung unterwegs sind, welche in englischen Ringen nach den Fights nebeneinander sitzend ihre Interviews geben, usw. usf. Oftmals sehr ehrliche, eindrückliche Menschen, mit wunderbaren Herzen.

Ebenso bin ich beeindruckt, wie Boxer sich selbst nach härtesten Kämpfen umarmen, sich respektieren. dieses touch gloves vor der letzten Runde.

Ich war in einer grossen Krise in Sachen Boxen. Hatte enorme Mühe mit der Grausamkeit, mit den Todesfällen und musste tief in mich gehen, um für mich befriedigende Antworten zu finden. Es ging dabei um fundamentale Sachen und ich bin sehr froh, dass ich mit mir nun im Reinen bin.

Habe auch mit der Hommage an Johnny gelernt, den Tod zu akzeptieren. Im Ring aber auch ausserhalb. Vor allem meinen eigenen.

Als ich das verstanden habe, ist mir eine grosse Last abgefallen. Meine Eltern sind mit 89 und 90 sehr alt. Im Moment noch immer putzmunter aber wie man weiss, kann sich das schnell ändern und ich hatte und habe immer Sorge um sie, auch, weil sie beide aussergewöhnlich tolle Menschen sind und ich sie sehr liebe. Aber auch da bin ich bereiter, als ich es schon war. .

Es gilt den Moment zu schätzen und dankbar zu sein, für vieles Schöne, was mir widerfährt und um mich ist, wenn ich nur die Augen offen halte.

Das letzte Wort dieser Hommage an Johnny Owen, diesem aussergewöhnlich tollen, bemerkenswerten Menschen, gehört seinem Bruder Kelvin:

"John truly was as humble as you have read in Rick’s book and elsewhere. There are precious few truly beautiful people on this earth but John was certainly among them."
 
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T

thebody

Guest
Das erste mal das ich von Johnny gesehen habe , war Bei Gesichter des Todes
 
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