Paviane werfen mit Steinen nach uns


Angliru

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ASMARA, 19.02.06 (rsn) - Die fast 100 Rennfahrer, die am Wochenende zur sechsten "Tour of Eritrea", dem wichtigsten Sportereignis in dem armen ostafrikanischen Land, aufgebrochen sind, müssen sich schon gegen andere Widrigkeiten wappnen als ihre europäischen Kollegen. Aber mal abgesehen von den aggressiven Pavianen ist es eigentlich gar nicht so viel anders als in klassischen Radsportnationen.

Radsport ist in Eritrea (4 Mio. Einwohner) ein Erbe der italienischen Kolonialherren, die ihren Nationalsport nach Ostafrika brachten, wo dieser auf fruchtbaren Boden fiel und bis heute sehr populär geblieben ist. An der ersten Auflage der Eritrea-Rundfahrt 1946 durften noch keine Einheimischen teilnehmen. Heute sind Ausländer im Peloton des neuntägigen Rennens, das am Samstag in der Hauptstadt Asmara gestartet wurde, gern gesehene Gäste. Radsport boomt in Eritrea. Jedes Wochenende fahren 1000 Rennfahrer fast profimäßig ausgestattet bei Rennen im ganzen Land. Der einzige Fernsehsender des Landes überträgt im Sommer live die Tour de France. Und natürlich derzeit auch die nationale Rundfahrt. "Viele Leute verfolgen die zweistündigen Übertragungen zuhause oder in Bars", sagt Aklilu Lijam, Präsident des Radsportverbandes von Eritrea, der die Rundfahrt organisiert.

In Eritrea gibt es rund 100 Rennfahrer, die mit Radsport ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie fahren für zumeist staatlich betriebene Rennställe und haben viele Privilegien wie kostenlose Wohnungen, Geldprämien. Die erfolgreichsten Fahrer sind richtige Stars. "Die Leute erkennen mich auf der Straße. Es war immer mein Traum, Radprofi zu werden", sagt etwa der 25 Jahre alte Matiwos Zeray, der seit 2001 an jeder Eritrea-Rundfahrt teilgenommen hat. Matiwos lebt in einem Haus in Asmara (400.000 Einwohner), das er sich mit Rennstallkollegen teilt. Er verdient im Monat 1200 Nakfa, das sind nach dem offiziellen Umrechnungskurs 66 Euro. Damit gehört Matiwos zu den Topverdienern in einem Land, in dem das Duchschnittseinkommen bei 120 Euro im Jahr liegt. Dafür muss der Radprofi allerdings genauso hart arbeiten wie seine Kollegen in Europa. "Ich fahre jeden Morgen 100 km zum Training. Nachmittags schlafe ich und trainiere dann nochmal. Um 9 Uhr abends gehe ich ins Bett. Zeit für eine Freundin habe ich keine. Mein großer Traum ist es, einmal die Tour de France zu fahren", erzählt Matiwos.

Die Tour of Eritrea, bei der 8000 Euro Preisgelder ausgeschüttet werden, ist weit weg von der "Großen Schleife". Doch im Grunde genommen ist es auch nicht soviel anders: Der 1100km lange, schwere Kurs verlangt alles von den Fahrern und die Strecke führt durch atemberaubende Berge, wenngleich die Wüstenlandschaft wenig mit Frankreich zu tun hat. "Die Etappe von Asmara nach Barentu ist sehr hart. Es geht durch die Wüste und die Temperaturen sind enorm hoch. Manchmal laufen Kamele einfach über die Straße und Paviane werfen mit Steinen nach uns", schildert Matiwos die Schwierigkeiten der Rennfahrer.

Der Brite David Asbridge, ein 32 Jahre alter Professor an der Universität Asmara, war vor zwei Jahren der einzige Ausländer, der die Eritrea-Rundfahrt bestritt. Er erinnert sich an eine Etappe, die vom Roten Meer ins 2400 Meter hoch gelegene Asmara führte. "Das war die Hölle. Ich bin sehr froh, dass ich das geschafft habe, obwohl ich einmal sieben Platten hintereinander hatte", so der Brite, der den Enthusiasmus der eritreischen Fans mit dem der Zuschauer bei der Tour vergleicht. "Jeden Tag sind Zuschauermassen an der Strecke und bewerfen die Fahrer mit Popcorn", erzählt Asbridge, während gerade hunderte Zuschauer die Fahrer in Mendefera im Ziel der ersten Etappe am Samstag anfeuern. Alle Fahrer werden bejubelt, egal welchen Platz sie belegen. Michael Tekle, der Toursieger von 2002 und 2005 und sowas wie ein Nationalheld in Eritrea, winkt ab. "Ich hatte einen Platten und habe einen schlechten Platz geholt", sagt der 24-Jährige. Daneben steht Matiwos Zeray und grinst. Er hatte einen guten Auftakt, kam unter die ersten Zehn.

(radsport-news.com)

Wusste gar nicht, dass es so ein Land gibt...
Klingt ja so ein bißchen wie in den Anfangsjahren der Tour de France, als man sich im Gebirge vor Bären fürchtete. Man stelle sich vor, wie Ulle den Ventoux hochstürmt und eine Horde Affen steht an der Seite und bewerfen ihn :D

Ist aber ein schöner Einblick in das Renngeschehen ausserhalb der großen Rennen in aller Welt. Da gibt es kein Zoffen um die Pro Tour, nur Radsport in seiner reinsten Form. Haben die überhaupt Funk?
 
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