Vor (knapp über) 20 Jahren - Corrie Sanders stoppt den Wladimir Klitschko Zug


Drago

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Heinz Becker Land
Klar ist heute schon der 12. März, aber am 8. März 2003 passierte hier etwas, was das damalige Box-Deutschland in der Blütezeit von Universum, Sauerland schockte, aber auch die Experten aus aller Welt:


Die volle HBO Übertragung.

Bei mir war es damals so:

Diesen Fight hätte ich fast komplett verpeilt. Abends um 22:42 Uhr saß ich am PC und schaltete einfach mal so den Fernseher an. Vom ARD zappte ich weiter auf ZDF, und geanu da begann der Kampf. Das erste was ich hörte war René Hiepen wie er sagte: "...Titelverteidigung, von Dr. Wladimir Klitschko", genau wie hier:


Ich machte den PC aus und drehte mich zum TV rüber...erwartete einen easy Wladi Sieg, und dann passierte das.

In den ersten Runden war der gute Corrie, echter Name Cornelius Johannes Sanders (RiP) schon extrem gefährlich. Ich frag mich beim Anschauen manchmal wirklich, ob die aktuellen HWs von heute, Fury, Wilder, AJ, Usyk etc.. nicht genau so wie Wladi hier hätten enden können, vor allem wenn sie den Heckenschützen unterschätzt hätten.

Bei Usyk und FUry glaub ich das eher nicht, da die defensiv immer aufpassen. Aber Wilder und AJ hätten mMn genau so enden können.

Wie war das bei Euch?

ICh war danach einfach total geschockt und hatte wirklich 0 damit gerechnet. Ich muss ehrlich sagen, dass ich in Wladi zu dieser Zeit den kommenden Mann im Schwergewicht sah. Dacht zwar nicht, dass er irgendwie ne Chance gegen Lewis gehabt hätte da noch zu grün, aber dass er spätestens so 2005 oder so wenn Lewis, Holyfield und Tyson abgetreten oder zu alt sind, die ganzen J. Ruizs etc. in die Schranken weisen würde, auch Valuev war damals glaub ich gerade erst zu Sauerland gegangen, und dessen große Aufbauzeit begann 2004 und endete im WM Kampf Ende 2005 gegen J. Ruiz.

Hier das letzte augezeichnete Interview von Sanders mit Francois Botha (beide am Telefon zugeschaltet). Es wurde wenige Tage vor seiner Ermordung gemacht:


Und hier das aktuellste Video von Wladi:

 
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Devil

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Hab am Mittwoch auch an das Jubiläum gedacht. War auch völlig überrascht, dass Wladimir derart vernichtend geschlagen wird von einem 37 jährigen , recht unbekannten boxer. Ich weiss noch wie vor dem Kampf ein Bericht über Wladimir gezeigt wurde, in dem er als perfekter Boxer beschrieben wurde, der auf jede situation eine antwort hätte etc. das wäre wohl der größte schock-sieg, den ich im boxen je erlebt habe. hätte auch nicht gedacht , dass wladimir sich nach seinem karriereknick wieder aufrappelt und dann so stark zurück kommt.
 

Drago

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Heinz Becker Land
von einem 37 jährigen , recht unbekannten boxer
Wobei das nur auf Deutschland zutrifft. Nachdem Lewis im April 2001 gegen Rahman verlor, und Hasim der Undisputed war, kannte man Sanders doch besser, da er 2000 eine erinnerungswürdige Schlacht mit Rahman hatte.


In Deutschland kannte man ihn hingegen gar nicht, das stimmt. Er war nie so bekannt wie sein Landsmann Botha, der der gegen Lewis, Tyson, Briggs und natürlich auch Wladi geboxt hatte.

Ich weiss noch manche waren von Wladis Niederlage so geschockt, dass diverse Gerüchte rumgingen, sein Team um Trainer Sduenk etc. hätten den Südafrikaner Corrie Sanders mit dem Amerikaner Corey Sanders verwechselt, und deshalb sei Wladi so untergegangen, sprich weil er auf den T-Rex statt den Sniper vorbereite war.

Konnte man mit logischem Verstand eigentlich ausschliessen, da Kohl, Jean-Marcel Nartz, Sdunek etc. nie so ne derbe Fahrlässigkeit begangen hätten. Nartz hatte gerade seit Januar 2003 bei Universum angefangen, bis Ende 2002 arbeitete er für Sauerland.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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Sanders hatte ich vor dem W. Klitschko-Fight auch nicht aufm Radar. Dachte, das geht seinen "normalen Weg" und Wladi gewinnt durch Ko.

War dann sehr überrascht, was für einen guten Armzug Sanders hatte. Den 1. Niederschlag hab ich live nicht richtig gesehen. Plötzlich war Wladi unten. So seitlich weggedreht und ich dachte: uiuiui, das sieht übel aus. Irgendwie kam Wladi dann noch hoch, aber im Grunde war der Fight da vorbei. Wladi konnte sich nicht mehr richtig erholen.

Konnte kaum glauben, was da passierte. War doch passabel geschockt. Wladi war schonmal flashknockdown-mässig gegen einen anderen Boxer unten, aber war dort nicht allzu tragisch.

Nach dem Fight gegen Brewster dachte man, dass die Karriere WKs in Gefahr wäre. Er hat dann einiges an der Art zu kämpfen geändert und hatte noch eine gute Karriere.

Mental war das eine Klasseleistung von Wladi, nach den 2 Desastern noch zurückzukommen. Hätte nicht jeder hingekriegt.

Sanders hat V.Klitschko in der Folge einen tollen Fight geliefert. Der war schon ein guter Boxer.

Dass er später so brutal und wohl auch heldenhaft aus der Welt scheiden musste, ist eine echte Tragik.
 

LeZ

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In den ersten Sekunden sah der Kampf aus wie man das erwartet gegen einen Firestarter der in den ersten 3 Runden immer den KO sucht. Ich war nicht überrascht dass er es versucht, und technisch solide Tools dafür hat, und ordentlich Handspeed und Power.

Nach dem ersten Geplänkel war ich aber schon alarmiert, weil Klitschko auch meinte er könnte den schnellen KO suchen, und die Gefährlichkeit von Corrie ignorieren. Da waren nach den ersten paar Sekunden als Corrie das Timing von Klitschko kannte immer gefährlichere Near Misses und Streiftreffer, dass klar war wenn Klitschko nichts ändert wird er irgendwann voll getroffen. Er konnte auch nicht richtig clinchen, einer der bösen Treffer kam ja aus einem halbherzigen Halten.

Erfolgreich mögen die Änderungen von Klitschko gewesen sein, ich fand sie aber im Detail a) unnötig und b) nicht sonderlich gut anzusehen.
 

Roberts

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Für mich war der Kampf ein Musterbeispiel an der Zurschaustellung von Dämlichkeit und Überheblichkeit. Ich wüsste bis heute gerne, wie man sich auf Corrie Sanders vorbereitet hat. Entweder hat man sich Videos von Corey Sanders angeschaut oder man hat sich nur die Niederlagen von Sanders gegen Nate Tubbs und Hasim Rahman angesehen. Es hätte klar sein müssen, dass man da auf einen Boxer mit herausragenden Talent trifft, der zwar körperlich regelmäßig nicht in Bestform antritt, aber trotzdem eine Linke von beeindruckendem Speed und herausragender Präzision besitzt. Damit sollte klar sein, dass hier Vorsicht geboten ist. Schon die ersten Schlagabtausche hätten Wladimir Klitschko warnen müssen. Klitschkos Jab traf in der ersten Runde durchaus gut. Wäre er lang geblieben und wäre dem Schlagabtausch aus dem Weg gegangen, dann wäre Sanders früher oder später wohl konditionell eingegangen. Zudem gehört gegen so einen Potshooter die Rechte an Kinn.

Daher stellt sich für mich die Frage, was man eigentlich aus dem Videostudium z.B. der Niederlage von Sanders gegen Nate Tubbs gelernt hat:
Welche Nichtschlüsse zogen Sdunek und sein Team zum Thema notwendiges Deckungsverhalten gegen Sanders daraus?
 

Drago

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Heinz Becker Land
Für mich war der Kampf ein Musterbeispiel an der Zurschaustellung von Dämlichkeit und Überheblichkeit. Ich wüsste bis heute gerne, wie man sich auf Corrie Sanders vorbereitet hat. Entweder hat man sich Videos von Corey Sanders angeschaut oder man hat sich nur die Niederlagen von Sanders gegen Nate Tubbs und Hasim Rahman angesehen. Es hätte klar sein müssen, dass man da auf einen Boxer mit herausragenden Talent trifft, der zwar körperlich regelmäßig nicht in Bestform antritt, aber trotzdem eine Linke von beeindruckendem Speed und herausragender Präzision besitzt. Damit sollte klar sein, dass hier Vorsicht geboten ist. Schon die ersten Schlagabtausche hätten Wladimir Klitschko warnen müssen. Klitschkos Jab traf in der ersten Runde durchaus gut. Wäre er lang geblieben und wäre dem Schlagabtausch aus dem Weg gegangen, dann wäre Sanders früher oder später wohl konditionell eingegangen. Zudem gehört gegen so einen Potshooter die Rechte an Kinn.

Daher stellt sich für mich die Frage, was man eigentlich aus dem Videostudium z.B. der Niederlage von Sanders gegen Nate Tubbs gelernt hat:
Welche Nichtschlüsse zogen Sdunek und sein Team zum Thema notwendiges Deckungsverhalten gegen Sanders daraus?
Auf den Punkt gebracht.

Es war wohl wirklich eine derbe Überheblichkeit und vlt auch Unfähigkeit bestimmter Leute, die Geführlichkeit von Corrie richtig einzuschätzen.

Wladis Strategie hätte es sein müssen, erst mal langsam zu machen und auf keinen Fall einen KO in den ersten 4-5 Runden anstreben. Aber er war s halt gewohnt der Boss zu sein und Druck zu machen. Das tat er auch gegen den durchaus gute Puncher McCline, der aber selbst zu ängstlich war.

Wladi sagte auch in nem Interview, das könnte sogar in der KLitscho Doku von 2011 gewesen sein, als er das erste mal runter ging gegen Corrie, dachte er: "Du kleiner Sch..! Wie kannst Du mich nur so demütigen. Jetzt geb ich s Dir!".

Sprich er wertete es fast als ne Art Majestätsbeleidigung, dass ein nebenberuflicher Golfer (Sanders machte mit Golfen auch Kohle da er so gut war) die Dreistheit hat ihn umzuhauen.

Man muss aber auch zu Sdunek (RiP!) sagen, dass er hier in der Rundenpause komplett versagt hat. Das einzige was er zu Wladi sagte: "Bist Du wieder ok?", das war alles. Da war keine takitische Anweisung noch sonst was. Da hörte man nur: "Ein Cut ist auch da, begreif ich nicht. Gib mal ein Eisen hoch" oder do was, sprich er redete nur mit Vitali und Co-Trainer Michael Timm.

NOch ein paar "erwähnenswerte" Sachen:

- Sanders war im Golfen so gut, dass er einen weiteren Abschlag als Tiger Woods hatte, der für viele der GOAT im Golf ist. Larry Merchant erwähnte es in der HBO Übertragung des Raham Kampfes. Das wunderte mich bei dem Schwung im linken Arm nicht.

- Sanders schlug Botha 4 mal bei den Amateuren in 4 Kämpfen.

- Botha und Sanders volle namen sind/waren:
Francios Johannes Botha
Cornelius Johannes Sanders,
also beide haben/hatten den MIttelnamen bzw. zweiten Vornamen Johannes.
 

timeout4u

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Ein Problem beim sog. Videostudium der Gegner ist, dass man hier trotz Sorgfalt/Erfahrung/Wissen dennoch immer zu unterschiedlichen Rückschlüssen und Urteilen kommen kann, wie eben z.B. auch Punktrichter oder Boxfans beim Scoring. Und in der Praxis kann man ohnehin bei jedem Gegner eine Gefahr finden.
Man muss auch sehen, dass ein Boxer wie WK mit seiner Erfahrung damals als Amateur und Profi eigentlich bereits jede Art von Gegner geboxt hat und er sich grds. mit seinen Boxmitteln vor keinem Gegner verstecken musste.
Denke schon, dass man zwar Sanders Stärken im Vorfeld erkannt und gesehen und WK im Training darauf vorbereitet/eingestellt hat, doch man stellt deswegen den eigenen Stil/die eigene Art zu boxen nicht komplett um, sondern optimiert vielleicht etwas daran, nimmt vielleicht kleine strateg. Anpassungen vor und konzentriert sich weiter mehr auf eigene Stärken mit der man mögliche Schwächen des Gegners ausnutzen kann. Denn redet man z.B. hier den Gegner zu stark oder arbeitet man zuviel mit Warnungen, kann sich das genauso negativ auf die Psyche uä. auswirken. Umgekehrt: wenn unbewusst eine Spur Überheblichkeit, Druck usw. dazu kommt, kann eine solche Niederlage genauso jeden treffen, besonders wenn man früh kalt erwischt wird.
Ist alles meist ein schwieriger Balanceakt und im Sport wird es immer Sensationen und Überraschungen geben, weil man dies nie 100%ig ausschließen oder sich 100%ig darauf vorbereiten kann. Fehler/Fehleinschätzungen passieren selbst dem besten Trainer/Boxer/Team und sogar wenig kalkulierbare Dinge wie Glück, Zufall, Tagesform, Konzentration, Psyche usw. können selbst die beste Vorbereitung auf den Kopf stellen.
 

kk17

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Hamburg
Den Kampf hatte Ich damals im Urlaub mit dem Vater von einem guten Freund gesehen (waren beide Klitschko Fans).
Nach der 1. Runde waren wir beide etwas schockiert.
Riesenupset.
Auch Vitali hätte Sanders 2004 zum Ende der 1. Runde fast erwischt.
 

Drago

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weil Klitschko auch meinte er könnte den schnellen KO suchen, und die Gefährlichkeit von Corrie ignorieren
Für mich war der Kampf ein Musterbeispiel an der Zurschaustellung von Dämlichkeit und Überheblichkeit. Ich wüsste bis heute gerne, wie man sich auf Corrie Sanders vorbereitet hat. Entweder hat man sich Videos von Corey Sanders angeschaut oder man hat sich nur die Niederlagen von Sanders gegen Nate Tubbs und Hasim Rahman angesehen. Es hätte klar sein müssen, dass man da auf einen Boxer mit herausragenden Talent trifft, der zwar körperlich regelmäßig nicht in Bestform antritt, aber trotzdem eine Linke von beeindruckendem Speed und herausragender Präzision besitzt. Damit sollte klar sein, dass hier Vorsicht geboten ist.
Denke schon, dass man zwar Sanders Stärken im Vorfeld erkannt und gesehen und WK im Training darauf vorbereitet/eingestellt hat
Nach über 20 Jahren ist mir hier zum ersten mal was aufgefallen:

Es sieht doch einiges danach aus, als habe Sdunek Wladi richtig vorbereitet, aber Wladi hielt sich nicht dran.

Ich weiss nicht warum ich das immer überhört habe, aber stellt mal Eure Lautsprecher hoch (oder Zieht Kopfhöhrer an) und schaut Euch das Video genau ab hier für 7-8 Sekunden an.

Sdunek zu Wladi: "Alles was wir im Training gemacht haben, machst Du jetzt. Da gehste weg!"

Das sagt Sdunek zwischen 0,45 und 0,48 im clip. Hier klicken, startet genau an der richtigen Stelle bzw. bei 0,41:


@Roberts

Da war also Wladi wohl selbst arrogant und abgehoben, nicht sein Trainerteam. Sduneks Anweisung war klar, sich nicht mit Sanders auf ne Prügelei einzulassen, deshal das "gehste weg". Klar, kann auch sein dass ich mich veröhre und er sagte: "Den mähste weg", aber das war nie Sduneks Art. Er wollte immer sicher boxen und nie "wegmähen".

Als er zwei Monate später Ulrich gegen Rocky trainierte wollte Ulrich in der 12. auch voll auf KO gehen und auf Rocky losgehen, da mahnte ihn Sdunek klar ab er soll das nicht machen.

Was hört Ihr da im Clip? Sagt Sdunek "da gehste weg" oder "den mähste weg"?

Bin über 90% sicher er sagt "da gehste weg". Eben weil Sdunek zu keinem seiner Boxer direkt zu Beginn solche Ansagen wie "den mähste weg" gab, nicht mit Darek.
 
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LeZ

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Ich kann es ehrlich gesagt einfach nicht genau hören, was er sagt. Könnte auch was mit "alles korrekt" oder "perfekt" sein.

In jedem Fall ist es aber Klitschko gewesen, der zu aggressiv und offensiv gewesen ist. Gerade als er getroffen wird, hätte er wegbleiben müssen, die Zeit runterspielen, nichts riskieren, auch wenn er die Runde verliert.
 

Drago

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Könnte auch was mit "alles korrekt" oder "perfekt" sein.
Klar würde ich nix ausschliessen, aber mit Kopfhörern hör ich da enweter "da gehste weg" oder "den mähste weg".
"Alles korrekt" bzw. "perfekt" kann ich da nicht hören.

Aber natürlich bin ich bei so was auch kein Experte, da gibt s sicher Leute, die können das genau und zweifelsfrei hören und identifizieren.
 

agostino

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Habs jetzt 5 mal angehört.....schwierig..ich geh auch davon aus das er "da gehste weg" sagt.....aber was dann passiert war ja wohl eher das andere....vielleicht hat sich Wladi auch verhört... :LOL:
 

timeout4u

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Tendiere eher aucb zu alles perfekt. Weil die Anweisung, dass er weggehen soll zu diesem Zeitpunkt wenig Sinn macht auch aus sportpsychologischer Sicht. Ansonsten glaube ich wie gesagt nicht, dass man im Training davon ausgegangen ist, dass Sanders wenig Risiko darstellt.
Einfach dumm gelaufen und die Frage nach richtig oder falsch ksnn man im Sport ohnehin in die Tonne klopfen. Zum Beispiel gibts ja auch so Fälle, da weißt und spürst du vom Gong an, dass du eigentlich alles besser kannst als dein Gegner. Dann schlägts ein oder du verfehlst, wirst abgekontert, wunderst dich und das kann schon ausreichen, der Beginn sein, damit man völlig die Linie verliert und alles vergisst, was man im Training gemacht hat oder Umsetzungen aus der an sich "richtigen" Vorbereitung nicht klappen. Dabei gerät man auch schnell in eine Art Tunnel und nimmt von außen nicht mehr viel bewusst wahr.
 

Drago

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Weil die Anweisung, dass er weggehen soll zu diesem Zeitpunkt wenig Sinn macht auch aus sportpsychologischer Sicht.
Naja, da Sanders nen Ruf hatte in den ersten 1-2 Runden EXTREM gefährlich zu sein, würde die Anweisung schon Sinn machen, sprich erst mal weg gehen wenn er angreift.

Mit Kopfhörer auf voller Lautstärke höre ich da relativ sicher "alles perfekt".
Wie gesagt kann alles sein, lege mich nicht fest.

vielleicht hat sich Wladi auch verhört... :LOL:
So was kann passieren.

Ich hatte da mal irgendwo nen Dialog zwischen nem Briten und nem Russen gesehen (in nem Youtube-Video), und der Russe sprach gebrochen Englisch. Da kam dann folgendes;

Der Russe war zu Sowjetzeiten in irgend ner Einheit, und er Brite wollte wissen, wann er dort ausgetreten ist.

Brite: "And when did you leave the service?" ("Und wann hast Du die Einheit verlassen")

Russe: "I live in Bangkok, Thailand." ("Ich lebe in Bangkok, Thailand")

Brite: "No i ment when did you LEAVE the service." ("Nein, ich meinte wann Du die Einheit VERLASSEN hast").


Da hatte der Brite "leave" gesagt und der Russe "live" verstanden.

Es wär natürlich der absolute Brüller gewesen, wenn Sdunek sagte "da gehste weg", sprich ganz vorsichtig und defensiv vorgehen, und Wladi verstand "den mähste weg", ging direkt voll drauf und es ging voll nach hinten los.

Das wär reif für ne Slapsticknummer. :D
Da kann ich mir Stefan Raab vorstellen. Der hätte sich da wochenlang in seiner TV Total Show drüber lustig gemacht.
 

timeout4u

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Naja, da Sanders nen Ruf hatte in den ersten 1-2 Runden EXTREM gefährlich zu sein, würde die Anweisung schon Sinn machen, sprich erst mal weg gehen wenn er angreift.
Das schon, aber das legt man eigentlich im Training fest, bespricht und trainiert es und sollte oben im Ring nicht mehr nötig sein. Meinte mit dem wenig Sinn machen nur, dass z.B. so eine Anweisung in dieser Situation wie "geh weg" auch nach hinten los gehen kann, weil das z.B. negativ klingt, Druck erzeugt, unbewusst Ängste schüren oder zu Verkrampfung führen kann usw.
Man sollte darum nicht unbedingt mit Formulierungen suggerieren, dass der Gegner hart schlägt oä., sondern stattdessen vielleicht ein kurzes Kommando wie "Fokus!", "Panzer!" oder was weiß ich.
Mit Worten wie "aufpassen", "geh weg" zu diesem Zeitpunkt kann es passieren, dass man gerade so gefährliche Situationen erst recht provoziert oder herauf beschwört, meint zumindest die Sportpsychologie und aus meinen praktischen Erfahrungen kann ich sagen, dass da durchaus was dran ist. Anekdotische Evidenz eben. Aber wie oben erwähnt: was für den einen richtig sein kann, kann für den anderen auch falsch sein.
Der Sinn bezog sich also nur auf die Worte, den Zeitpunkt, nicht auf die Strategie an sich oder darin.
Wobei Sdunek später in der Rundenpause auch keine so gute Figur abgab. Von dem her kann es schon sein, dass er sich vorher auch nicht psychologisch wertvoll ausdrückte. :D
 

Roberts

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Es spricht m. E. unabhängig von der Frage, was Sdunek nun genau während des Kampfes gerufen hat, einiges dafür, dass Klitschko mit großem Selbstbewusstsein in den Kampf gegangen ist. Ich persönlich hätte erwartet, dass Klitschko im Wissen um Sanders Stärken und Schwächen vorsichtiger agiert und die Rechte am Kinn gelassen hätte. Schon in den ersten Sekunden des Kampfes dachte ich und das hat meine Beurteilung über Jahre beeinflusst: Was macht WK da gerade, das ist sträflich und saugefährlich, denkt sein Team: „das ist Corey nicht Corrie“? @timeout4u hat schlüssig dargelegt, warum das Alles auch anders zu beurteilen ist, aber bei mir bleibt da immer noch Restzweifel an der gesunden Vorsicht, die eigentlich geboten gewesen wäre. Letztlich muss ich einräumen: keine Ahnung…
 
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Easy

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er selbst hat ja zugegeben zu der Zeit arrogant und abgehoben zu sein mit dem Gedanken unbesiegbar zu sein. Es ist aber letztlich wohl so wie @timeout4u sagt. Wenn du da so getroffen wirst oder nicht das klappt, was du trainiert hast, verliert man eben schnell die Linie. In Kombination mit Klitschkos Überheblichkeit zwingt ihn das schon fast dazu, es mit Gewalt zu versuchen.
 

Schlonski

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Hab den Thread jetzt erst gesehen. 20 Jahre schon her. Irre.

Ich würde mal sagen wollen, den Kampf hat Klitschko damals nicht verloren, sondern Sanders gewonnen und das durch offensive Überlegenheit. Ansonsten würde man Sanders´ Leistung schmälern.

Warum?

Der Kampf wurde mines Erachtens in den Sekunden 1:03 bis 1:00 in der ersten Runde (bei Rücklaufender Uhr) entschieden. Eigentlich schon drei Monate vorher im Mandalay Bay in LV.

Vorgeschichte: Klitschko gewann gegen Mercer sehr überzeugend und im nächsten Kampf gegen McCline boxte er komplett zögerlich gegen einen auch zögerlichen Gegner und schleppte McCline zehn Runden mit. Danach hat HBO dann Druck gemacht und die Klitschkos sahen sich gezwungen, vor allem um den anstehenden Lennoxkampf gut zu vermarkten, einen knackigen kurzrundigen Kampf gegen den nächsten Gegner zu liefern.

Dementsprechend ging Klitschko in den Kampf. Ziemlich offensiv, aber letztlich nicht reif genug dafür.

Zu den Sekunden 1:03-1:00 (im Video oben ab 2:50-2:53):

Klitschko geht mit gutem linken Haken-Gerade rein und schickt noch eine zweite Rechte hinterher, die wohl auch getroffen hat. Anstatt dann aber entweder noch weiter rein zu gehen oder alternativ rauszugehen, macht er letztlich einen unverständlichen Brainfart, bleibt in der knappen langen Distanz stehen, verlagert das Gewicht voll auf den linken Fuß und stellt das rechte Bein nutzlos hinter das belastete Linke. Damit bleibt er gut eine Sekunde statisch in derselben Distanz und dreht allenfalls seinen Kopf/Körper um vielleicht 20-30 Grad nach rechts.

Sanders sieht das mit Weltklasseauge und mit Weltklassebeinarbeit, die der auch konnte wenn es sein musste, und überbrückt in einem abartig schnellen Move (20-30cm) die Distanz und zwiebelt Klitschko die linke Gerade voll rein. Der Move ist ein bißchen schwer zu sehen, weil der Bildschnitt da gerade ist.

Danach war der Kampf durch und die Sache ging linear nur noch nach unten für Klitschko. Alle Aktionen von Klitschko waren nach diesem Wirkungstreffer komplett anders. Panik, komisches Klammern und je näher Sanders kam, noch mehr Panik. Nur noch die Frage ob Ende nach 30 oder 60 Sekunden.

Sanders hat den Kampf daher durch schlichte Überlegenheit gewonnen und wenn Klitschko in der Rückschau meint, er wäre einfach überheblich gewesen.....nein, er war damals boxerisch nicht reif genug. Der Sdunek-Klitschko hatte weder die nervliche Ruhe, noch die Beinarbeit, noch die Abgezocktheit des Steward-Klitschko für einen gut eingestellten Sanders. An diesem Abend hätte er 9 von 10x gegen Sanders verloren, weil er irgendwann frühzeitig immer eine solche Lücke geboten hätte, die Sanders im Stande war eiskalt auszunutzen.

Sdunek sagte übrigens vor dem Kampf: "Alles was wir im Training gemacht haben machste jetzt. Nech...,am nächsten mit weggehen." Also im Zweifel gehste weg.
 
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