Formel 1 Saison 2016 - Prognosen zum WM-Titel


desl

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Morgen kommen die ersten freien Trainings der neuen F1-Saison ... Zeit endlich mal ein wenig zu raten, wer denn am Ende der Saison (in der Konstrukteurs-Wertung) vorne liegen wird.

Wieder einmal poste ich meine Gedanken, wie ich die einzelnen Teams einschätze ... bzw. was ich ihnen zutraue.

Letzte Saison hab ich einigermaßen getroffen. Ich hatte RedBull nach den Siegen 2014 mehr zugetraut. Ferrari (und insbesondere Vettel nach seiner schwachen 2014-Saison) hatte ich weniger zugetraut.

Auch bei McLaren lag ich falsch ... ich dachte, sie würden im Laufe der Saison die Kurve kriegen.

Force India hatte ich unterschätzt. Jene hatten ja mit der B-Spec einen ordentlichen Sprung gemacht.

Die Threads der vergangenen Jahre:
2015: http://sportforen.de/threads/formel-1-saison-2015-prognosen-zum-wm-titel.60251/
2014: http://sportforen.de/threads/formel-1-saison-2014-prognosen-zum-wm-titel.58604/
2012: http://sportforen.de/threads/formel-1-saison-2012-prognosen-zum-wm-titel.55129/
2011: http://sportforen.de/threads/formel-1-saison-2011-prognosen-zum-wm-titel.52673/
2010: http://sportforen.de/threads/formel-1-saison-2010-prognosen-zum-wm-titel.50020/


Platz 1. Mercedes

Ich sehe kaum einen Weg vorbei an Mercedes. Das Team wirkt wie das übermächtige Imperium in Star Wars. Die Ideen scheinen den Mercedes-Mannen nicht aus zu gehen. Ferrari versucht mit aller Kraft aufzuholen und Mercedes schießt mit Updates zurück. Ob nun S-Schacht (eine bessere Lösung als manch andere Teams), gezackte Barge Boards oder was auch immer ... bei Mercedes herrscht kein Stillstand.
Dabei folgt man teilweise aber auch dem Trend anderer Teams. So ist der Luftladekühler von einem der Seitenkästen in Richtung Airbox gewandert. Jener Lufteinlass ist mächtig gewachsen und dreigeteilt. Der neue Mercedes baut damit oben etwas mehr auf, als der Vorgänger, bietet jedoch erkennbar geschrumpfte Seitenkästen.

Besonders beeindruckend ist die Standfestigkeit des Boliden. In 8 Testtagen hat man beinahe so viele Kilometer runtergeschrubbt, wie 2015 in 12 Testtagen. Dabei kam es nur zu einem Motordefekt, über den die Konkurrenz womöglich schon beinahe froh gewesen sein dürfte.

Beim Aggregat will man zusätzliche PS gefunden haben. Man gibt mittlerweile eine Systemleistung an, welche über dem stärksten Mercedes-Antrieb aus der V10-Ära liegt. Dabei soll der Wirkungsgrad auch nochmal signifikant gesteigert worden sein.
Von der Standfestigkeit des Motors ist man derart überzeugt, dass man darauf abzielt nur 4 Antriebe in der Saison einzusetzen. Der erlaubt 5te soll quasi ein Joker sein.

Interessant könnte das Duell zwischen Hamilton und Rosberg werden. Nachdem letztes Jahr ab Singapur eine andere Variante der Hinterradaufhängung zur Verfügung stand, fand Rosberg ein besseres Setup. Fraglich, ob er die gute Form vom Saisonende mit nach 2016 bringen kann ... schließlich ists ja nunmal ein anderer Bolide.


Platz 2: Ferrari

Gewiss, der Wagen hat eine gewisse Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger ... aber im Detail betrachtet, hat sich doch einiges geändert. Da wäre natürlich nicht nur die neue Nase. Mittlerweile geht auch Ferrari einer Stummel-Nase. Das lange 2015-Surfbrett - und dass Ferrari da bis Saison-Ende mit gefahren ist - war eigentlich schon eine kleine Überraschung, wenn man an die Staubsauger-Nase von 2014 denkt.

Interessant ist gewiss auch, dass Ferrari bei der Vorderachse von Pullrod auf Pushrod zurück gewechselt ist. Dies soll wohl auf ausdrücklichen Wunsch der beiden Fahrer geschehen sein. Pullrod bietet sicherlich aerodynamische Vorteile. Aber der Federweg ist aufgrund der Aufhängungsgeometrie kürzer und dadurch ist die Abstimmung schwieriger. 2015 war die Zugstrebe (wegen dem 100mm niedrigeren Chassis) zwar nicht mehr so waagerecht wie 2014 ... aber ideal wars nicht.
Mal schauen, ob die Änderung auch Einfluss auf das Fahrerduell haben wird.

Auch der Ferrari baut im Heck etwas höher auf als sein Vorgänger. Das Getriebe ist nun höher gelegt und es gibt viel Platz für die Anströmung des Diffusors.

Bei Mercedes orakelt man, wie groß der Abstand auf Ferrari noch ist. Häufig hört man Schätzungen von etwa 2 Zehntel ... Ferrari wäre damit nochmal ein gutes Stück näher gekommen.

Allerdings macht der neue Bolide auch den Eindruck am Limit gebaut zu sein. Bei den Testfahrten fiel er durch einige technische Defekte auf. Bezeichnend war, dass besonders an jenen Tagen, bei den Räikkönen fahren sollte, der rote Renner so seine Wehwehchen hatte. Selbst wenn Vettel und Räikkönen das selbe Auto fahren, hat der Finne wohl häufiger technische Probleme.

Ich glaube, dass die Standfestigkeit des Mercedes-Boliden mitentscheidend dafür sein wird, dass Ferrari zwar fast gleichauf sein mag ... aber letztlich doch häufiger Punkte durch Ausfälle verliert.


Platz 3: Williams

Zwischen Platz 2 und Platz 3 klafft dieses Jahr eine größere Lücke, denke ich. Schon letztes Jahr war für Williams eigentlich nur dann ein Podium zu erreichen, wenn sowohl bei Mercedes, als auch bei Ferrari etwas nicht ganz rund lief. 2014 konnte man noch aus eigener Kraft aufs Podium fahren, wenn man dank stärkerem Motor einfach schneller war als RedBull, Ferrari und Co.

2016 wird es für Williams nicht leichter werden, aufs Podium zu kommen.
Dabei hat man durchaus Fortschritte erzielt. Bottas und Massa sind zufrieden mit dem neuen Boliden und geben kund, dass die Schwächen des Vorgängers (zu wenig Abtrieb, langsame Kurven) weniger zum Tragen kommt. Massa sagte aber auch bei den Testfahrten, dass er dem Ferrari in schnellen Kurven nicht folgen konnte.

Massa oder Bottas ... wer in Melbourne mehr Punkte holt, darf sich in Bahrain über eine neue Fahrzeugnase freuen. Jene hat nach mehr als einem Dutzend Crashtests dann doch mal bestanden. Mit der neuen Nase werden sich auch manch andere Bereiche des Wagens (Leitbleche etc.) verändern.

Letztlich vermute ich aber, dass Williams eher nach hinten schauen muss, als nach vorne.


Platz 4: RedBull

Ich schätze, dass RedBull diese Saison näher an Williams dran sein wird. Der neue Wagen ist schnörkelos und beeindruckt durch sein kompaktes Heck bei einem relativ kurzen Radstand. Durch die Vorstellung der neuen Lackierung am Vorjahres-Wagen konnte man gut erkennen, dass die Seitenkästen signifikant geschrumpft sind.
RedBull ist zufrieden, dass Renault wohl Fortschritte gemacht hat. Man hofft gewiss darauf, dass die Ilmor-Unterstützung noch weiteren Leistungszugewinn bringt ... gleichwohl man den Namen nicht mehr auf die Boliden pinseln will. Zum Kanada-Rennen soll ein Upgrade kommen.

Gerade wenn mehr Abtrieb und weniger Leistung gefragt ist, wird man eher mit RedBull als mit Williams rechnen müssen.


Platz 5: Force India

Der neue Bolide sieht seinem Vorgänger äußerst ähnlich ... aber das muss nicht schlecht sein ... gewiss nicht. Erneut merkt man dem Force-India-Wagen den Einfluss an, dass Mitarbeiter von Red Bull zum Teams dazu gestoßen sind. Der Force India verfügt neben dem RedBull und dem McLaren über die stärkste Anstellung. Zudem besitzt er den knappsten Radstand. Dadurch sieht er im Heck zwar nicht so kompakt aus (wie z.B. der Toro Rosso), aber das sollte nicht täuschen.

Force India will - glaube ich - wieder Updates im Laufe der Saison bringen. Letzte Saison hat die B-Spec einen deutlichen Fortschritt gebracht ... erhofft man sich dieses Jahr ähnliches?

Ich bin mir grad nicht ganz sicher ... Williams oder Force India ... eines der beiden Teams hat die Testfahrten mit nur einem Motor absolviert und mehr als 10 Renndistanzen abgespult ... schon beeindruckend.


Platz 6: Toro Rosso

Der Wagen sieht aus, als fehle ihm sein Heck. Man erinnert sich damit an den ebenfalls von James Key geschaffenen Sauber C31. Allerdings ist der Toro Rosso vom Radstand her auch das längste Auto. Das schlanke Aussehen und den großzügigen Platz vorm Diffusor erkauft man sich so quasi über die Länge des Boliden.
Trotzdem überraschte der Wagen bei den Testfahrten ... auch weil man bedenken muss, dass Toro Rosso erst spät davon erfuhr, welcher Motor im Heck stecken wird. Dafür ist jene Installation erstaunlich kompakt ausgefallen.
Man erkennt dabei auch durchaus den Unterschied zum 2016-Ferrari-Motor, bei dem das Getriebe etwas höher angebracht wird.

Toro Rosso dürfte zu Beginn durchaus gut dabei sein. Aber der 2015-Motor wird im Laufe der Saison nicht groß weiter entwickelt. Sicher, man kann noch versuchen an der Software, am Treibstoff und an den Schmierstoffen zu arbeiten ... aber die Hardware bleibt gleicht. Damit ist zu erwarten, dass die Teams mit 2016-Motoren im Laufe der Saison mehr Leistung gewinnen werden.


Platz 7: McLaren

Ich hoffe mal, ich überschätze McLaren nicht erneut. Die Testfahrten liefen zunächst eher schleppend ... wenn auch deutlich besser als 2015. In der zweiten Testwoche kam statt dem 2015-Motor dann die Ausbaustufe, welche in Melbourne eingesetzt wird. Damit lief es gleich deutlich besser. Das Problem, dass zuwenig Energie gespeichert wird, besteht nun wohl nicht mehr. Von der Zuverlässigkeit her macht der neue Antrieb auch einen deutlich besseren Eindruck.

Der neue McLaren wirkt zwar kantig ... aber er ist dennoch flott. Auch hier sieht man gewissermaßen einen "RedBull-Einfluss". Kurzer Radstand, starke Anstellung ... schon 2015 waren die Frontflügel-Profile teils nach RedBull-Vorbild gestaltet.

McLaren wähnt sich neben Mercedes, Ferrari und RedBull das beste Chassis im Feld zu haben. Gerade im dritten Sektor der Barcelona-Rennstrecke (mit der kniffligen Schikane), konnten die McLaren mit guten Sektorzeiten punkten. Alonso meint, dass McLaren im Laufe der Saison das beste Chassis haben werde. Naja ... hoffen darf er ja.

Bei Honda fertigt man jedenfalls fleißig Antriebe. Leistungssteigerung nach dem Probieren statt Studieren Prinzip? Vielleicht rechnet man auch wieder mit vielen Defekten.

Nunja ... schlechter als letzte Saison kanns eigentlich kaum werden.


Platz 8: Haas

Der neue Haas ist zu mehr als zwei Dritteln ein Ferrari. Unübersehbah gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Fahrzeugen. Die Aufhängungsgeomerie ist quasi gleich, die Fahrzeuge haben den gleichen Radstand, manche Teile (z.B. Heckflügel) unterscheiden sich nur bei der Lackierung. Gleichwohl gibt es auch Unterschiede ... z.B. bei der Fahrzeugnase.

Vom Tempo her scheint der Haas gut dabei zu sein. Man kann durchaus mit Punkten rechnen.
Dennoch, es ist ein neues und junges Team und nicht jeder kann aus dem gleichen Material das gleiche rausholen. Selbst in Einheitsserien (GP2 beispielsweise) gibt es unterschiedlich starke Teams. Und so wird Ferrari auch klar stärker sein, obgleich die Boliden eine unverkennbare Ähnlichkeit haben.
Übrigens ... auch Haas hatte so seine Zuverlässigkeitsprobleme ... des öfteren im Antriebsbereich.

Ich glaube Grosjean hat sich gut entschieden, dass er von Lotus/Renault zu Haas wechselte. Zum einen, weil er auf Räikkönens Cockpit schielt, zum anderen, weil Renault diese Saison nicht allzu stark sein wird. Doch was kommt 2017? Trumpft Renault dann vielleicht auf? Was wenn Räikkönen 2016 eine starke Saison hat?
Naja ... Grosjean wagt ... ob er gewinnt, wird sich zeigen. Mit Gutierrez hat er einen Teamkollegen, den er im Griff haben sollte.


Platz 9: Renault

Der R.S.16 wurde mit der heißen Nadel gestrickt. Er wurde quasi auf dem Weg nach Barcelona fertig und die Überprüfung, ob Joylon Palmer den Wagen innerhalb von 5 Sekunden verlassen kann, fand erst 5 Minuten vor dem Start des Testfahrten in der Renault-Garage statt.
Die Ähnlichkeit zum E23 von 2015 ist klar erkennbar ... der Wagen unterscheidet sich äußerlich vom Vorgänger nicht mehr als die Boliden von Force India und Sauber. Die große Veränderung ist freilich unter der Haube, wurde doch von Mercedes- zu Renault-Antrieb zurück gewechselt. Der Renault-Antrieb an sich ist kompakter ... die Kühlung braucht aber mehr Platz. Die Renault-Ingenieure waren wohl hauptsächlich mit der Integration des neuen Motors beschäftigt, zumal sie auch erst spät erfahren haben, dass es mit Renault weiter geht.
Palmer ist beide Boliden gefahren und lobt zumindest den Renault-Antrieb für seine sehr gute Fahrbarkeit.

Viel Ressourcen hat Genii Capital nicht in die Entwicklung des 2016-Boliden gesteckt, wohlwissend, dass man das Team verkaufen will bzw. wird.
2016 wird für Renault nur ein Übergangsjahr. Man wird am Motor arbeiten, aber am Chassis werden sicherlich nicht allzu viele Updates eintreffen. Renault wird seine Kapazitäten eher auf 2017 konzentrieren.

Dennoch, man darf erwähnen, dass man bei Renault selbst überrascht war, dass der neue Wagen bei den Testfahrten einen garnicht mal allzu schlechten Eindruck machte.
Mit regelmäßigen Punkten würde ich jedoch nicht rechnen.


Platz 10: Sauber

Am Ende des Feldes könnte es knapp werden. Nein ... ich glaube nicht, dass Sauber nach vorne groß aufgeholt hat. Sicher, man sah vor einem Jahr in Melbourne gut aus (zumindest im Rennen ... nicht bei der van der Garde Posse) ... aber das war fast schon ein Ausrutscher nach oben, weil die Konkurrenz noch in Kinderkrankheiten steckte.

Letztlich steckt Sauber in finanziellen Schwierigkeiten und wird es nicht leicht haben mit den eingeschränkten Ressourcen während der Saison Fortschritte zu machen. Der neue Bolide sieht auch nicht gerade beeindruckend aus, könnte man sagen. Ohne Motorabdeckung erkennt man auch, dass man bei Sauber nicht das gleiche Level beim Packaging erreicht hat, wie die Konkurrenz.

Weitere wichtige Personen haben das Team verlassen und zuletzt erweckte der Rennstall nicht gerade den Eindruck, dass man kreative Köpfe mit ausgefallenen Ideen (wie z.B. der Coanda-Auspuff) habe. So ein bisserl steckt man in einer Abwärtsspirale.

Ich sehe für Sauber nur das Abstauben von Punkten ... und dass man eher nach hinten als nach vorne schauen muss.
Ein 11ter Platz in der Konstrukteurswertung würde für Sauber womöglich das finanzielle Ende bedeuten.


Platz 11: Manor

Manor hat einen großen Sprung nach vorne gemacht. Die besten Zeiten von Wehrlein in Barcelona waren mehrere Sekunden schneller als die Qualifying-Zeiten seiner Manor-Vorgänger beim Spanien-Rennwochenende letztes Jahr.
Immerhin, im Gegensatz zum Vorjahr hat man auch ein neues Fahrzeug und einen aktuellen Antrieb.
Kleine Details, wie die Vortext-Generatoren auf den Seitenkästen oder die Finnen beim Cockpitzschutz lassen vermuten, dass man bei Manor durchaus auf die ein oder andere Idee kommen kann.

Dennoch ... der Bolide "sieht" nicht schnell aus. Mit seiner langen Nase ist er der insgesamt längste Bolide im Feld. Die Motorabdeckung ist deutlich voluminöser als bei der Konkurrenz. Die Seitenkästen haben die mit Abstand größten Einlässe im Feld.

Nungut ... eine neue Nase soll kommen ... aber Wunder verbringt man damit allein nicht.

Manor hat einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht, ja. Aber ob das reicht, um Sauber usw. einzuholen? Wenn ja, könnten Punkte dabei rausspringen.
 
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