Ein "Babyface" zwischen Studium und WM-Titel
22 Jahre, zwei Meter, 112 Kilo - Alexander Dimitrenko gilt als großes Boxtalent und will Anwalt werden. sport.ARD.de über einen jungen Mann mit großen Plänen.
Porträt: Das ukrainische Boxtalent Alexander Dimitrenko
Er ist 22 Jahre jung, zwei Meter groß und 112 Kilogramm schwer. Er gilt als der Nachfolger der Klitschko-Brüder, liest die Bibel und will später Anwalt werden. Alexander Dimitrenko, genannt "Babyface", ist das vielleicht größte Schwergewichts-Talent der internationalen Boxszene. sport.ARD.de traf den Boxer und entdeckte einen jungen Mann mit großen Plänen.
Eine hünenhafte Gestalt betritt das "Gym" des Universum-Boxstalls in Hamburg und geht direkt an seinem Gesprächspartner vorbei. Schüchtern wendet sich die imposante Erscheinung in der schwarzen Bomberjacke dann doch noch kurz zur Seite und gibt den Blick auf ein bubenhaftes Gesicht frei - es lächelt ganz vorsichtig.
Es ist die zurückhaltende Art des Alexander Dimitrenko, die so gar nicht zu den großspurigen Auftritten von anderen Boxern und auch nicht zu seinem mächtigen Erscheinungsbild passen will. "Baby-Face" nennen sie den 22-jährigen Hoffnungsträger des Universum Boxstalls, der am 2. Juli gegen den Deutschen Andreas Sidon um den WBO-Interconti-Titel kämpft. Dimitrenko wehrt sich nicht gegen diesen Spitznamen: "Wenn sie wollen, sollen sie mich so nennen", erklärt der Mann mit den kindlichen Gesichtszügen, dem sein Trainer Fritz Sdunek eine "große Schüchternheit" bescheinigt.
Bibelzitate statt großer Sprüche
Dass Sascha, so die Kurzform von Alexander in der Ukraine, tatsächlich alles andere als ein boxender Maulheld ist, wird schnell deutlich: "Ich mag es nicht, etwas über mich zu erzählen, egal ob gut oder schlecht", erklärt der gläubige junge Mann, der auf seinen Shorts stets das christliche Symbol des Fisches trägt und gerne auch mal die Bibel zitiert. Lieber spricht der Linksausleger mit der Reichweite von 2,10 Meter darüber, was für ihn im Leben wirklich wichtig ist.
Sanfmütiger Sascha mit Sorgen
Schon früh ohne Vater aufgewachsen, spielte die in der Ukraine lebende Familie stets die wichtigste Rolle im Leben des Alexander Dimitrenko. Obwohl er seine Mutter und die vier Geschwister finanziell unterstützt, belastet es den sanftmütigen Sascha sehr, ihr in schwierigen Zeiten nicht persönlich zur Seite stehen zu können. "Als mein Bruder Probleme machte, war es für mich sehr schlimm, nicht dort zu sein", beschreibt er seine Sorgen. Sorgen, die der alte Trainer-Fuchs Fritz Sdunek im Training schnell aufspürt: "Sascha ist dann im Kopf nicht bei der Sache."
Nach der Boxkarriere Anwalt werden
Auch wenn das sportliche Lebensziel, Box-Weltmeister zu werden, auf der Hand liegt: Die Gedanken des 22-Jährigen, dessen größte Stärke seine Beweglichkeit ist und der gerne die "schnellen Hände" von Muhammad Ali und den Punch von Wladimir Klitschko hätte, ranken sich nicht ausschließlich um das Boxen. Für Dimitrenko steht fest, dass er sein Jura-Studium in Kiew abschließen wird, um später als Anwalt zu arbeiten. Schließlich "sollte jeder Boxer etwas im Rücken haben, wenn er mit dem Boxen fertig ist", findet Sascha.
Von der Straße zum Universum-Stall
Derartig hehre Ziele hatte der Junge von der Krim nicht immer. Am Schwarzen Meer war er früher in Straßenbanden unterwegs und geriet des öfteren mit dem Gesetz in Konflikt. "Es gab dort nur entweder - oder", erläutert Dimitrenko seine Vergangenheit, die ihn schließlich ins Boxstudio trieb und ihm heute ein anderes Leben ermöglicht. "Ich wollte auf der Straße zeigen, dass ich besser bin, darum bin ich zum Boxen gegangen. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich damit viel erreichen kann", so der Schwergewichtler der bereits mit 18 Jahren Russischer Meister bei den Senioren war.
Spektakulärer Boxstil und schnelle Beine
Dass Dimitrenko bereits jetzt besser ist, als fast die gesamte Alters-Konkurrenz, kann Coach Sdunek nur bestätigen. Er bedauert, dass es fast unmöglich sei, noch Gegner für den Junioren-Weltmeister mit dem spektakulären Boxstil zu finden. Beim letzten Titelkampf beherrschte der Blondschopf seinen Gegner Chris Koval am Ende derart, dass ...
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