Bringt defensives Korsett wirklich Vorteile?


Allen

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der Schweiz
Ich konnte ziemlich viel Spiele verfolgen, paar Gedanken die mir bei vielen Spielen durch den Kopf gegeangen sind (Taktik).

Was mir sehr negativ aufgefallen ist, dass fast alle Mannschaften keinen Zug aufs Tor entwickeln. Der Ball wird einmal in die Spitze gespielt und vom Stürmer sofort wieder zurück an den Mittelfeldspieler gespielt. Kaum einmal dreht sich ein Stürmer und versucht das 1 vs 1.

Mit dem Rückspiel ist dann auch kurze Zeit später die Verteidigung des Gegners wieder organisiert und man kann nur noch quer spielen. Ich frag mich was die ganze Ballkontrolle bewirken soll? Mit dieser ewigen Zurückspielerei erreicht man doch nur eins, dass der Gegner mehr Spieler hinter den Ball bringt und dann ein Durchkommen fast unmöglich ist.

Und dass der Gegner so viel mehr laufen muss, seh ich auch nicht. Viele Teams spielen mit den zwei 4er Reihen wo man in der Verteidigung vergleichsweise wenig laufen muss.

Wenn die Mannschaften wirklich ein Tor erzielen müssen, sich dann erstaunlicherweise im Minutentakt hochkarätige Chancen herausspielen können (z.B. Italien). Ich frag mich wirklich, ob so viel defensives Denken sich im Endeffekt positiv auswirkt. Ich glaub man ist an einem Punkt angelangt, wo man sich mit diesem Angsthasen-Fussball mehr verbaut als es Nutzen einbringt.

Die Trainer orientieren sich ja immer an den besten Teams. Ich denke das Vorbild ist Barcelona welches mit der totalen Ballkontrolle auftrumpfen kann/konnte. Aber das funktioniert doch nur mit den besten Spielern. Wenn das nicht gegeben ist, bleibt das unproduktive Quergeschiebe / brotlose Kunst. Man organisert den Gegner in der Defensive, gibt ihm genügend Zeit alle Lücken zu schliessen und nimmt jegliches Überraschungselement aus dem Spiel.

Deutschland würd ich mal ausklammern (viele gefährliche Steilzuspiele in die Spitze), die sind mit Argentinien eher die Ausnahme. Aber was da den Afrikaner an taktischen Fesseln angelegt wird, ist doch kaum zielführend. Die waren doch früher kreativ, mit vielen Ideen und überraschenden Dribblings. Auch unsere Schweiz, absolut unfähig ein Spiel nach vorne zu kreieren, weil man auch sonst in der Quali primär defensiv gespielt hat und Tore nur aus Standards erzielt hat.

Unter dem Strich seh ich die Trainer als Hauptproblem, die kriegen es nicht auf die Reihe offensive Kreativität und defensive Stabilität in Einklang zu bringen. Viele Teams verspielen geradezu jämmerlich ihr Potenzial. Damit mein ich selbstverständlich nicht die Schweiz, aber auch dort wäre mehr drin gewesen.
 

Big d

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sehe ich auch so. eine starke defense ist heutzutage entscheidend und die kleinen mannschafften haben recht wenn sie nicht ins offene messer rennen wollen. so haben sie immerhin noch ne chance mit nem zufallstor zu gewinnen (schweiz gegen spanien).


Allerdings ist der fehlende zug zum tor bei vielen teams(gerade afrika) schon auffällig. da gibt es 100 kurzpässe oder es wird gebribbelt bis der ball weg ist.
So erzielt man kein tor gerade gegen spitzenabwehren.

Die sollen nat. keine halbfeldflanken schlagen, aber ein bisschen mehr tempo richtung tor täte schon gut auch wenn das nat. risiko für ballverluste bringt.
Es fehlt allerdings auch teilweise das technische können bei den stürmern um vernünftig zum abschluss zu kommen(bei den kleinen teams).
 

JamiLLX

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Aber was da den Afrikaner an taktischen Fesseln angelegt wird, ist doch kaum zielführend. Die waren doch früher kreativ, mit vielen Ideen und überraschenden Dribblings.

...und damit äusserst erfolglos. ob dus glaubst oder nicht, aber die wollen auch mal was gewinnen und spielen nicht für deine unterhaltung :wavey:
 

L-james

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Dass Paradebeispiel ist momentan Brasilien, die spielen genau dass was hier beschrieben wurde. :wall: Dass spiel gestern gegen Portugal war ja sowas von langweilig, war dass erste mal dass ich bei dieser WM eingeschlafen bin.

Dass kleinere teams dass so handhaben ist ja klar aber wenn man sieht was die sogenannten großen teilweise da fabrizieren bisher ist es einfach nur grauenhaft. Wie gesagt Brasilien ist dass paradebeispiel, die spielen einen kack fußball, stehen hinten gut und vorne gibts halt 1-2 geniale momente von spielern wie Kaka, Elano, Robinho oder Fabiano und dass reicht bisher.

Wenn ich so ne mannschaft wie Brasilien, Frankreich oder auch Italien zur verfügung habe dann versuche ich zumindest gegen die kleineren voll vorne in die spitze zu spielen, die aussenverteidiger müssen ebenfalls aufrücken und mit druck erzeugen.

Diese teams wissen doch schiesst man mal dass 1. tor gegen kleinere mauernde teams, ist dass spiel deutlich einfacher. Aber nein man schiebt gerne 10 mal den ball in der eigenen hälfte hin und her.



ps: um die frage zu beantworten. Ich denke dass es die mischung macht, du musst hinten gut stehen aber musst auch vorne in die spitze spielen und versuchen druck auszuüben.

Es heiß zwar Offensive gewinnt spiele die defensive gewinnt Meisterschaften, heiß aber nicht dass man sich ausschließlich auf die defensive konzentrieren sollte, beim Fußball gehts immer noch dass man versucht tore zu erzielen.
 

Hans A. Jan

zu gut für die 3. Liga
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Der "moderne" Fußball spielt sich momentan nur noch im Mittelfeld ab. Mindestens 5 Spieler beider Teams treten sich auf die Füße. Fast alle spielen jetzt mit der Doppel 6 (selbst Rennie Hitzfeld wenn er ein Spiel 2-0 gewinnen muß :wall: ). Entsetzlich. Bin sehr froh, dass gerade Deutschland momentan ein Team aufbaut, was sich diesen Gesetzmäßigkeiten mit fußballerischen Mitteln etwas entgegensetzt, ohne natürlich die übliche doppelte und dreifache Absicherung ausfallen zu lassen. Es sei denn, Mertesacker spielt mit.
 

rÖsHti

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...und damit äusserst erfolglos. ob dus glaubst oder nicht, aber die wollen auch mal was gewinnen und spielen nicht für deine unterhaltung :wavey:

Also sie hatten damals mehr Erfolg als heute würde ich sagen....

Für mich haben sich die afrikanische Team zu sehr "europäisiert", also versuchen den selben Fussball zu spielen wie andere Nationen aber entweder haben sie nicht die richtigen Spieler dafür oder nicht den richtigen Trainer (alleine wenn ich schon Le Guen bei Kamerun sehen...der hat in Frankreich fast einen schlechteren Ruf als Domenech...).
 
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JamiLLX

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Also sie hatten damals mehr Erfolg als heute würde ich sagen....

Für mich haben sich die afrikanische Team zu sehr "europäisiert", also versuchen den selben Fussball zu spielen wie andere Nationen aber entweder haben sie nicht die richtigen Spieler dafür oder nicht den richtigen Trainer (alleine wenn ich schon Le Guen bei Kamerun sehen...der hat in Frankreich fast einen schlechteren Ruf als Domenech...).

die kameruner (zumindest die, die in deutschland leben) hassen ihren verband für dessen korruption und vetternwirtschaft und sagen dass aus dem grund auch fr. trainer bevorzugt werden, die würden die kleinen geschäftchen mitmachen. mit sport hat das wenig zu tun
 

Obmann

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Für mich haben sich die afrikanische Team zu sehr "europäisiert", also versuchen den selben Fussball zu spielen wie andere Nationen aber entweder haben sie nicht die richtigen Spieler dafür oder nicht den richtigen Trainer (alleine wenn ich schon Le Guen bei Kamerun sehen...der hat in Frankreich fast einen schlechteren Ruf als Domenech...).

Das sehe ich übrigens als Hauptproblem. Es gehen doch fast nur Trainer nach Afrika, die in Europa als schwer vermittelbar gelten. Da kennen wir doch auch Berti Vogts, der jetzt in Aserbaidschan arbeitet. Winni Schäfer war auch recht durch als er nach Kamerun ging. Jetzt ist er in Baku. Da kann er sich dann zwar öfter mit Vogts treffen, aber zeigt doch wie sehr diese Trainer gefragt werden. Bei der Elfenbeinküste ist Eriksson, dessen Ruf doch auch sehr sehr gelitten hat in letzter Zeit.

Die afrikanischen Teams haben da schon einen gravierenden Nachteil auf der Trainerposition. Ich sehe es im übrigen auch so, dass das defensive Korsett den Afrikanern eher schadet. Natürlich benötigt es taktische Diszpiplin. Dazu gehört bei gegnerischen Ballbesitz hinter dem Ball usw. Das müssen sie natürlich machen. Aber wenn ich schon die Grundphilosophie sehe, dann spielen die meisten afrikanischen Teams doch eher defensiv. Von Spielfreude sehe ich da überhaupt nicht mehr viel. Miteinander Fussball spielen sehe ich überhaupt nicht. Bestes Beispiel Ghana-Australien, als Ghana bei 11-10 aufeinmal begonnen hat statt das Spiel breit zu machen aus 40 Metern Tore zu erzielen.
 

Allen

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@james
Diese teams wissen doch schiesst man mal dass 1. tor gegen kleinere mauernde teams, ist dass spiel deutlich einfacher. Aber nein man schiebt gerne 10 mal den ball in der eigenen hälfte hin und her.
Die meisten Teams sind doch gar nicht erfolgreich mit dem dummen Ballgeschiebe. Ich frag mich einfach, wieso Trainer diese Philosophie predigen. Auch aus Sicht der Punkte macht es doch für die besseren Teams keinen Sinn dass man das Spiel so verschleppt. Ein Uneentschieden ist fast ne Niederlage was die Punkte betrifft.

Es heiß zwar Offensive gewinnt spiele die defensive gewinnt Meisterschaften, heiß aber nicht dass man sich ausschließlich auf die defensive konzentrieren sollte, beim Fußball gehts immer noch dass man versucht tore zu erzielen.
Stimmt. Mir gehts aber nicht primär um defensiv oder offensiv. Ich frag mich generell ob dieses Ballmonoplisieren was bringt? Ich hab den Eindruck, dass sich die Teams damit selber schwächen. Die Trainer meinen sie machen jetzt einen auf Barcelona, produzieren mit ihren Spielern aber nur unproduktiven Müll.

@rösthi
Der Gress predigt das Ballgeschiebe auch dauernd. Kontrolliere den Ball, dann kontrollierst du den Gegner. Ich glaub aber, dass das auf dem Niveau nicht mehr aufgeht. Das was z.B. Barcelona ausübt, hat gegen Inter eben auch nicht mehr funktioniert. Inter hatte zwar viel weniger Ballbesitz, aber die klar besseren Chancen. Und so seh ich es auch an der WM. Der Ballbesitz als Selbstzweck bringt an dieser WM überhaupt nix. Viele Teams wollen den Ball monopolisieren, spielen dann aber nur noch Alibipässe, wo null Gefahr kreiert wird (@L-James sehs genau gleich).

@Obmann
Stimmt! :thumb:
 

theGegen

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Ein defensives Korsett birgt Vorteile für "kleine" bzw. technisch und offensiv limitierte Teams.

Durch allseits verbesserte Video-Analytik lassen sich selbst höchst eingeschränkte Spieler so stellen, dass sie es besser bestückten oder favorisierten Teams gehörig schwer machen können, ein Tor zu schießen - mithin zu gewinnen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Ball zumindest in südafrikanischer Umgebung problematisch ist, um jeden Ball exakt so zu platzieren, wie es nötig wäre, um Hintendrinsteher auszuspielen.

Allerdings haben gerade die südamerikanischen Teams eine gute (und dort auch schon seit einigen Jahren erprobte) Antwort auf ein mauerndes 4-5-1 parat: und zwar ein flexibles 3-4-3.
Ein vierter (Außen-) Verteidiger ist oft auf dem Weg nach vorne, zwei Sechser auch da zur Absicherung einer Vielfalt von offensiven Optionen.

Mit derartig generiertem Chancenplus lassen sich dann auch die Maurer knacken.
Deren Ende sowieso gekommen ist, wenn es in die KO-Runde geht.
 

Allen

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Sehr interessantes Interview mit dem Chefscout der deutschen Nationalelf! Wirklich lesenswert.
http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,704925,00.html

Frage: In welches Muster fällt der Deutsche unter Druck zurück?

Siegenthaler: Das zu verhindern, ist die ganz große Aufgabe des Bundestrainers.

Frage: Was genau muss er verhindern?

Siegenthaler: Dass wieder quer gespielt wird und mit weiten Bällen nach vorn. Aber die Mannschaft hat bewiesen, dass sie das nicht macht.
...
Frage: Woher kommt das?

Siegenthaler: Jahrelang hat sich jeder Trainer mit der Defensive beschäftigt, "aufrücken", "verschieben", "kompakt stehen", das sind ja Schlagworte, die mittlerweile jeder kennt. Aber wir haben uns zu wenige Gedanken gemacht über die Offensive. Das ist auch ungemein schwer zu unterrichten. Andere Sportarten sind uns da maßgeblich voraus, Handball, Basketball, Eishockey, dort sind Spielzüge einstudiert. Es ist mir völlig klar, dass das im Fußball nicht so einfach ist, aber wir haben und hatten nicht die Trainer, die darauf spezialisiert waren.
Den Eindruck hatte ich ja auch von den Deutschen, dass doch einiges an Angriffsvarianten einstudiert wurden.
 

TheFreshPrince

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Hab auch den Eindruck das diese WM eine Art Kampf der Systeme ist. Auf der einen Seite die Teams die Barca kopieren wollen: Niederlande, Brasilien, Portugal, Spanien (die ham ja auch wenigstens einige Originalteile) und hauptsächlich Wert auf Ballbesitz legen. Auf der anderen Seite Teams wie Argentinien und Deutschland die versuchen durch schnelle Pässe in die Spitze zum Erfolg zu kommen, ein System wie es Inter oder wenn man es offensiver auslegen möchte Real diese Saison gespielt haben.
Das ist mMn auch der Grund warum Leute wie Messi auf der einen und Xabi Alonso auf der anderen Seite eher unter ihren Möglichkeiten agiert haben, weil sie im "falschen" System gespielt haben. Ein Higuain wiederum wäre völlig unpassend für die Passorgien der spanischen Nationalelf, bei Argentinien hat er 4 Tore gemacht, weil die wie er auch selbst in einem Interview zugegeben hat 1 zu 1 mit dem Real-System der vergangenen Saison spielten.
 

Big d

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der unterschied bei den deutschen ist, das man die schnellen außenstürmer(özil,müller) hat um effektiv kontern zu können.

eig. stehen die deutschen ja auch recht defensiv und machen selten selber das spiel.
Aber inzwischen hat man mit leute die man mit nem steilpass über außen schicken kann. so entstehen viele chancen gegen offensivere teams, die wir auch gut reingemacht haben.

früher haben uns dafür die technischen fähigkeiten gefehlt.
das die deutschen jetzt zauberfußball spielen sehe ich nicht. aber man hat sich halt technisch verbessert und kann aus ballgewinnen im mittelfeld was machen. früher ging das umschalten immer viel zu langsam, heute bringen özil und müller die bälle blitzschnell über die flügel nach vorne.

gegen spanien sehe ich uns auch vorne. spanien wird das spiel machen, ohne wirklich gefährlich zu werden(wie ARG) und wir mit kontern über die flügel tore erzielen.

Dieses schnellere, flache spiel über die flügel was von klinsmann angefangen und jetzt von löw verfeinert worden ist, ist im prinzip ne gute entwicklung. das alte spiel mit vielen querpässen, langsamem umschalten und halbfeldflanken war einfach veraltet.
 
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