Part 1: Feuchtgebiete, oder wie bediene ich ein Bedürfnis, wen benutze ich wie und wodurch dafür und wollen die überhaupt eine Vorstellung davon haben, was ich da mache und wie es auf sie wirkt?
Die Rezeptionsgeschichte von "Feuchtgebiete", wie sie sich in der breiten Öffentlichkeit darstellte, empfand ich von Anfang an, als aufschlussreiches Gleichnis über den Unterschied zwischen Rezension und Kritik einerseits und der Möglichkeit einen nur allzu bereitwilligen Medienapparat zu nutzen um beide (Rezension und Kritik) gleichsam ad absurdum zu führen.
Was für ein Trubel, Monatelang in allen Feuilletons präsent, Verkaufszahlen die sich überschlugen, Reaktionen die nichts zu wünschen übrig ließen, konservative Feministinnen aufgepasst, die neuen Alphamädchen kommen, allen ging einer ab.
Die nur allzu offensichtliche Zielgruppe: Männer zwischen 40 und 60, man mußte sich nur mal zu Gemüte führen, wer da so begeistert sich äußerte, ja geradezu veräußerte. In den einschlägigen Internetforen reichten die Reaktionen vom Vorwurf der Pornographie über Verständnis für die arme irregeleitete kleine, bis zum sabbernden Voyeur. Der literarische Gehalt stellte bestenfalls einen Nebenkriegsschauplatz dar.
Und dazu Charlotte: "Zu 90% entspricht alles realistischen Erfahrungen!" Nun ja, dachte ich mir damals, Pornodarstellerinnen erzählen in Interviews auch immer, wie viel Spaß sie bei ihrer Arbeit haben und die Orgasmen währen unter Garantie echt. Um die Verkaufszahlen anzukurbeln sagt man so manches und die Gier nach Authentizität ist groß. Die Affektvampire brauchen halt ihre tägliche Dosis Blut. Irgendwann wandte ich mich gelangweilt ab.
Ein Jahr später trat meine Frau mit der Bitte an mich heran, das Buch bei einem meiner Kollegen (zur Zielgruppe passend wie die Faust aufs Auge) zu entleihen. Ich tat ihr den Gefallen (nicht zuletzt dank der interessanten Reaktion des Mannes auf das Buch, einer durchaus ambivalenten Mixtur aus Ekel und Faszination).
Sie las es und anschließend tat ichs auch. Ich war erstaunt. Perfekt umgesetzt: der Stil, mit dem Wortschatz eines Teenagers, die Einweisung in ein Krankenhaus resultierend aus Sexpraktiken die der zunehmenden Pornographisierung des Alltags und den Dispositionen der Protagonistin geschuldet waren.
Wer mal die Bücher deSades gelesen hat, den erstaunt nichts mehr. Und man muss sich fragen, was heutzutage noch dazu taugt einen solchen Skandal in die Welt zu tragen, wie Roche mit den Feuchtgebieten.
Part 2:Uups,she did it again.
Schoßgebete, so der Titel des zweiten Werks von Charlotte Roche. Das sie in den Interviews für die üblichen Verdächtigen, ihre Aussage bezüglich des Realitätsgehalts von Feuchtgebiete inzwischen gehörig relativiert, scheint niemandem aufzufallen. Das allgemein scheinbar vorhandene Bedürfnis, den Voyeurismus, die Gier nach den Affekten der anderen zu befriedigen ist so übermächtig, daß billige Psychologisierei und Sensationsgeilheit inzwischen Hand in Hand gehen. Und Roche spielt auf dieser Klaviatur zugegebenerweise äußerst brillant. Etwas von sich preisgeben, gibt es ein besseres Mittel um einen Vorteil zu erreichen, und die eigene nicht Angreifbarkeit herzustellen?
Das Wechselspiel zwischen scheinbarem Exhibitionismus und Voyeurismus tut sein übriges. Dies ist kein Angriff auf die Person Charlotte Roche. Sie nutzt die Mechanismen der Wunschproduktion die uns allen inhärent sind. Und die sogenannten Meinungsbildner machen das Spiel vergnügt mit.
Roche erhält dafür Geld und Aufmerksamkeit, der Verlag macht seinen Schnitt. Solange junge oder auch ältere Newcommer daran partizipieren solls mir egal sein.
Das aber geradezu exemplarische Wechselspiel von Verlagen und Medien, daß sich in dieser Groteske offenbart, sollte einem zu denken geben.
Good night good luck
infight
Die Rezeptionsgeschichte von "Feuchtgebiete", wie sie sich in der breiten Öffentlichkeit darstellte, empfand ich von Anfang an, als aufschlussreiches Gleichnis über den Unterschied zwischen Rezension und Kritik einerseits und der Möglichkeit einen nur allzu bereitwilligen Medienapparat zu nutzen um beide (Rezension und Kritik) gleichsam ad absurdum zu führen.
Was für ein Trubel, Monatelang in allen Feuilletons präsent, Verkaufszahlen die sich überschlugen, Reaktionen die nichts zu wünschen übrig ließen, konservative Feministinnen aufgepasst, die neuen Alphamädchen kommen, allen ging einer ab.
Die nur allzu offensichtliche Zielgruppe: Männer zwischen 40 und 60, man mußte sich nur mal zu Gemüte führen, wer da so begeistert sich äußerte, ja geradezu veräußerte. In den einschlägigen Internetforen reichten die Reaktionen vom Vorwurf der Pornographie über Verständnis für die arme irregeleitete kleine, bis zum sabbernden Voyeur. Der literarische Gehalt stellte bestenfalls einen Nebenkriegsschauplatz dar.
Und dazu Charlotte: "Zu 90% entspricht alles realistischen Erfahrungen!" Nun ja, dachte ich mir damals, Pornodarstellerinnen erzählen in Interviews auch immer, wie viel Spaß sie bei ihrer Arbeit haben und die Orgasmen währen unter Garantie echt. Um die Verkaufszahlen anzukurbeln sagt man so manches und die Gier nach Authentizität ist groß. Die Affektvampire brauchen halt ihre tägliche Dosis Blut. Irgendwann wandte ich mich gelangweilt ab.
Ein Jahr später trat meine Frau mit der Bitte an mich heran, das Buch bei einem meiner Kollegen (zur Zielgruppe passend wie die Faust aufs Auge) zu entleihen. Ich tat ihr den Gefallen (nicht zuletzt dank der interessanten Reaktion des Mannes auf das Buch, einer durchaus ambivalenten Mixtur aus Ekel und Faszination).
Sie las es und anschließend tat ichs auch. Ich war erstaunt. Perfekt umgesetzt: der Stil, mit dem Wortschatz eines Teenagers, die Einweisung in ein Krankenhaus resultierend aus Sexpraktiken die der zunehmenden Pornographisierung des Alltags und den Dispositionen der Protagonistin geschuldet waren.
Wer mal die Bücher deSades gelesen hat, den erstaunt nichts mehr. Und man muss sich fragen, was heutzutage noch dazu taugt einen solchen Skandal in die Welt zu tragen, wie Roche mit den Feuchtgebieten.
Part 2:Uups,she did it again.
Schoßgebete, so der Titel des zweiten Werks von Charlotte Roche. Das sie in den Interviews für die üblichen Verdächtigen, ihre Aussage bezüglich des Realitätsgehalts von Feuchtgebiete inzwischen gehörig relativiert, scheint niemandem aufzufallen. Das allgemein scheinbar vorhandene Bedürfnis, den Voyeurismus, die Gier nach den Affekten der anderen zu befriedigen ist so übermächtig, daß billige Psychologisierei und Sensationsgeilheit inzwischen Hand in Hand gehen. Und Roche spielt auf dieser Klaviatur zugegebenerweise äußerst brillant. Etwas von sich preisgeben, gibt es ein besseres Mittel um einen Vorteil zu erreichen, und die eigene nicht Angreifbarkeit herzustellen?
Das Wechselspiel zwischen scheinbarem Exhibitionismus und Voyeurismus tut sein übriges. Dies ist kein Angriff auf die Person Charlotte Roche. Sie nutzt die Mechanismen der Wunschproduktion die uns allen inhärent sind. Und die sogenannten Meinungsbildner machen das Spiel vergnügt mit.
Roche erhält dafür Geld und Aufmerksamkeit, der Verlag macht seinen Schnitt. Solange junge oder auch ältere Newcommer daran partizipieren solls mir egal sein.
Das aber geradezu exemplarische Wechselspiel von Verlagen und Medien, daß sich in dieser Groteske offenbart, sollte einem zu denken geben.
Good night good luck
infight