@Demoledor
Sampras hatte kein Top-Grundlinienspiel, Becker war bezüglich Laufarbeit Unterdurchschnitt (wie auch, bei dem Gewicht), ... Agassi hingegen war ein kompletter Spieler wie es heute einige von gibt. Ich bin überzeugt, dass heute die Dichte deutlich höher ist. Wie immer sind die Namen von früher aber grösser, das sagt aber nichts über deren Leistung aus. Je schlechter das allgemeine Niveau, desto einfacher kann ein einzelner Spieler dominieren.
Sampras ohne Top-Grundlinienspiel?
Bis weit in die 90er war er da absolut top - mit nachlassender Physis und steigender Verletzungsanfälligkeit hat er dann komplett auf S&V gebaut. Dennoch war die Vorhand eine der besten der Geschichte, und er hat Agassi (den wohl besten Baseliner der 90er) oftmals auch von hinten dominiert.
Boris Becker schien zwar manchmal etwas tapsig, aber nach seinem ersten Peak Mitte und Ende der 80er war er auch Mitte der 90er wieder ein gefährlicher Gegner auf schnellen Belägen.
Agassi war auf Vor- und Rückhand top und imho der beste Returnspieler der Geschichte. Ob er kompletter war als Sampras? Eher nein, dafür war er zu selten am Netz.
Vergleich vor und nach der Anpassung der Beläge:
Das leidige Thema. Wer ist ATG? Wer hatte die bessere Konkurrenz? Was zählt mehr: GS-Titel oder H2H?
Als Tennisfan war es für mich eine Freude, in den 90ern die Duelle Sampras vs. Agassi zu sehen: Unterschiedliche Charaktere, völlig verschiedene Spielansätze, Bälle wie Giftpfeile. Das Spiel damals war viel aggressiver und entschlossener.
Danach wurde das Spiel langsamer gemacht, die Beläge angeglichen. Die besten Allrounder und Verteidiger halten das Zepter in der Hand und können auf allen Belägen gewinnen. Daher kommen auch öfter Siegesserien zustande, die Gefahr von überraschenden Niederlagen ist minimiert.
Erst kam Federer, dann Nadal, dann Djokovic. Federer ist für mich neben McEnroe, Sampras und Stich der mit dem besten Touch ever und potentiell der beste S&V-Spieler der heutigen Spieler, was er aber zu selten gemacht hat. Nadal mit Linkshänder-Vorteil und Wahnsinns-Topspin. Djokovic mit ultimativer Physis und perfekter Platzkontrolle.
Die Konkurrenz war imho in den 90ern vielleicht etwas stärker als heute, aber was es wirklich kompliziert gemacht hat waren die Spezialisten auf verschiedenen Belägen. Auf Sand vs. Bruguera, Muster, Kuerten, auf Rasen gegen Ivanisevic, Krajicek, Becker...
Ab 2000 wurde die Konkurrenz dann schwächer, was Sampras (der seit seiner Verletzung bei den AO 2000 geschwächt und spätestens ab 2001 nur noch ein Schatten früherer Tage war) und Agassi erlaubte, trotz nachlassender Klasse immer noch um GS-Titel mitzuspielen und diese auch zu gewinnen. Die Generation Hewitt, Roddick, Safin dauerhaft nicht stark oder motiviert genug, Federer bis dato nur ein Talent.
Federer war dann ab 2003 voll da und 2004-2007 sehr dominant und musste sich später langsam Nadal beugen, und dann kam ab 2007 Djokovic, der 2011 absolut dominant war und jetzt die nächsten Jahre bestimmen kann soweit kein Wunderkind hochkommt.
Wichtig ist finde ich, dass man - auch wenn man Fan eines bestimmten Spielers ist - die Leistungen der Konkurrenz würdigt und respektiert.
Bei dem momentanen Nachwuchs(problem) möchte ich Federer, Nadal und Djokovic nicht missen und hoffe auch, dass sich Wawrinka, Berdych und Tsonga noch ne Weile halten, auch wenn es für die beiden letztgenannten wohl nicht für den ganz großen Wurf reicht.