Benjamin
Zahlenfreund
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Bevor endgültig die neue Saison beginnt, möchte ich mit euch noch ein wenig in Erinnerungen schwelgen: Und zwar geht es mir um folgende zwei Fragen: Welches waren die fünf Wettkämpfe, die euch am meisten begeistert haben - und welches waren die fünf Wettkämpfe, die euch besonders enttäuscht haben? Die Gründe können natürlich ganz unterschiedlich sein.
Schön wäre es, wenn ihr eine kleine Rangliste aufstellt - ich würde dann nach Kuusamo eine kleine Auswertung machen, welche Wettkämpfe insgesamt am schönsten bzw. enttäuschendsten waren.
Schön wäre aber auch, wenn ihr eine kleine Begründung schreibt, warum gerade diese Wettkämpfe für euch besonders erfreulich oder enttäuschend waren - daher auch die Begrenzung auf jeweils fünf Wettkämpfe, sonst neigt man vielleicht doch eher dazu, einfach eine längere Liste zu schreiben.
Die für mich erfreulichsten Wettkämpfe sind:
1. Weltcupfinale in Planica 2015
Im allgemeinen hatte ich lange Zeit das Gefühl, dass ich mich früher als Kind oder Jugendlicher sowohl mehr über gute Resultate gefreut als auch mehr über schlechte Resultate geärgert habe. Aber bei diesem Wettkampf war es einfach ganz anders. Alle werden sich noch an dieses Springen erinnern: Severin Freund war mit großem Vorsprung nach Planica gereist, aber er kam an jenem Wochenende nicht wirklich mit der Schanze zurecht. Peter Prevc hingegen zeigte Flüge wie von einem anderen Stern. Und dieses Wechselbad der Gefühle, durch die man bei diesem Wettkampf ging... diese Enttäuschung als Severin auf einmal nur Achter zu werden drohte, weil ihm zwei Zehntel auf Hayböck fehlten... das kleine Glück, als Gregor Schlierenzauer dann hinter ihn fiel... die Hoffnung, die aufkeimte, als Juri Tepes noch einmal die Spitze angriff... und die Befreiung, als hinter Prevcs Namen dann doch die 2 aufleuchtete... das machte diesen Wettkampf letztlich zu meiner persönlichen Nummer 1.
2. Olympisches Teamspringen 1994 in Lillehammer
Die Japaner waren damals die Topfavoriten auf den Sieg... für Deutschland war eigentlich eine Medaille das Ziel. Um so größer war meine Überraschung damals, als ich nach der Schule nach Hause kam und sah, dass Deutschland nach dem ersten Durchgang führte. Doch die Freude währte nicht lange - denn nach einem schwachen Sprung von Christoph Duffner fiel das deutsche Team eigentlich aussichtslos zurück. Aber was dann kam, ist legendär: Jens Weißflog gab noch einmal alles, stellte mit 135,5 m den Schanzenrekord ein - Masahiko Harada patzte... und dadurch gelang es Deutschland, den riesigen Rückstand doch noch wettzumachen und Gold zu holen. In diesem Wettkampf wurde in gewisser Weise auch die deutsche Einheit im Skispringen vollzogen!
3. Olympisches Teamspringen 2002 in Salt Lake City
Hier waren die Voraussetzungen andere als 8 Jahre zuvor in Lillehammer: Die deutsche Mannschaft ging gemeinsam mit den Finnen als favorisiertes Team an den Start. Und tatsächlich lagen beide Teams während des ganzen Wettkampfs nie mehr als ein paar Punkte auseinander. Besonders im Kopf habe ich drei Szenen: Da wäre einmal die letzte Gruppe des ersten Durchgangs. Simon Ammann und Adam Malysz, deren Teams chancenlos waren, hatten Weiten vorgelegt. Janne Ahonen, der keine so gute Saison gesprungen war, gelang es, die beiden zu übertreffen, woran man sah, wie gut sein Sprung war. Und auch Martin Schmitt, der danach kam, war zu diesem Zeitpunkt nicht in Bestform. Für den Mannschaftswettkampf hatte er nochmals neue Ski bekommen - die sogenannten Tigerski! Und mit denen gelang es ihm, Ahonen im ersten Sprung nochmals zu übertrumpfen! Alle Chancen waren wieder da! Dann kam die ärgerlichste Szene des Wettkampfs: Matti Hautamaeki stürzte - aber die Punktrichter sahen es nicht! Eigentlich wären die Finnen nun aussichtslos hinten gewesen - aber durch den Fehler der Punktrichter blieb es knapp. Aber am Schluss reichte es dann doch - mit einem Vorsprung von 0,1 Punkten!
4. WM-Teamspringen 1999 in Bischofshofen
Es war vielleicht das beste deutsche Team aller Zeiten, das bei diesem Wettkampf am Start war: Sven Hannawald, Dieter Thoma und Martin Schmitt - ergänzt durch Christoph Duffner - waren eigentlich trotz der starken Japaner die Favoriten auf den Titel. Aber bei diesem Wettkampf sollten sie Höhen und Tiefen erleben wie kaum jemals zuvor. Einen Dämpfer verpasste uns gleich Sven Hannawald, der als Startspringer stürzte. Christoph Duffner sprang passabel - doch dann kam Dieter Thoma, der Deutschland mit einem Schanzenrekord wieder in Schlagdistanz brachte. Und Martin Schmitt als Schlussspringer schließlich brachte das deutsche Team wieder in Führung. Auch Sven Hannawald machte seinen Fehler aus dem ersten Durchgang wieder gut, indem er Thomas Schanzenrekord sogar noch übertraf.
Doch dann entgleisten allen wieder sämtliche Gesichtszüge, als Christoph Duffner der deutschen Mannschaft den zweiten Sturz bescherte! Wieder war das Team im Rückstand - doch Dieter Thoma und Martin Schmitt gaben nicht auf... wieder gelang es ihnen, den Rückstand aufzuholen und die deutsche Mannschaft trotz zweier Stürze auf den ersten Platz zu bringen.
5. WM-Einzel von der Großschanze 2009 in Liberec
Manche werden sich vielleicht wundern, warum ich ausgerechnet diesen Wettkampf in meine Liste aufgenommen habe, gab es doch durchaus noch ein paar größere Triumphe für das deutsche Team. Aber viele davon fielen eben in eine Zeit, in der man erfolgsverwöhnt war und deshalb hervorragende Leistungen gar nicht so sehr gewürdigt hat. Anders war es bei diesem Wettkampf: Die besten Tage der deutschen Mannschaft waren lang vorbei - und insbesondere Martin Schmitt hatte einige Jahre zum Vergessen gehabt. Doch in dem Jahr, in dem Werner Schuster die deutschen Adler übernommen hatte, war es insbesondere mit ihm wieder bergauf gegangen. Tourneevierter wurde er, zweimal landete er im Weltcup auf dem Podest, in Innsbruck hatte er sogar nach dem ersten Durchgang geführt. Doch irgendwie fehlte noch dieser eine Höhepunkt, dieses eine i-Tüpfelchen auf einer erfolgreichen Saison. Und genau dieses wurde dann in Liberec gesetzt in einem Wettkampf, der alles andere als einfach war. Rund dreieinhalb Stunden zog er sich hin, zweimal wurde der zweite Durchgang gestartet und wieder abgebrochen, bis dann schließlich nach nur einem Wertungsdurchgang Andreas Küttel als Sieger und Martin Schmitt nach einer so langen Durststrecke als Silbermedaillengewinner feststand.
Die für mich enttäuschendsten Wettkämpfe sind:
1. Weltcup Innsbruck 1999
Es war die Saison des Martin Schmitt! Nahezu unschlagbar schien er während der Zeit vor der Tournee - und spätestens nach Garmisch, als er die ersten beiden Tourneespringen gewonnen hatte, schien er als Tourneesieger quasi festzustehen. Doch die Tournee hatte - wie so oft - ihre eigenen Gesetze. Entsetzt starrte ich auf den Bildschirm, als Martin auf einmal nach einem schwachen ersten Sprung sogar um die Finalteilnahme zittern musste. Alles war noch nicht verloren, weil auch Janne Ahonen nicht übermäßig gut gesprungen war - doch als Martin dann auch noch den zweiten Sprung versemmelte, kannte die Enttäuschung keine Grenzen mehr. Um so mehr, da ja der fehlende Tourneesieg in seiner Karriere der wunde Punkt schlechthin blieb. In keinem anderen Jahr war er so nah dran wie in diesem.
2. Weltcup Bischofshofen 1994
Jens Weißflog war wieder da! Die Durststrecke, die der Weltklassespringer nach der Einführung des V-Stils zu überstehen hatte, war zu Ende. Unter dem neuen Trainer Reinhard Hess hatte er wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Die Vierschanzentournee war ohnehin seine Domäne, dreimal hatte er sie bereits gewonnen - ein vierter Sieg wäre einzigartig. Tatsächlich sah es sehr gut für ihn aus, denn er ging als Führender nach Bischofshofen. Doch dort trieben die Norweger ein böses Spiel: Lasse Ottesen, der im Finale vor ihm an der Reihe war, wartete besonders lang auf dem Balken. Die Ampelregelung in der heutigen Form gab es damals noch nicht, daher war das möglich. Ottesen wartete aber nicht etwa auf besseren Wind, sondern auf schlechteren. Denn die Norweger wussten, dass Weißflog nur noch durch schlechtere Bedingungen gestoppt werden konnte. Und ihre Rechnung ging auf: Durch die Wartezeit erwischte Weißflog schlechtere Verhältnisse, Bredesen hatte es wieder besser und konnte so seinen Rückstand noch wettmachen. Es war eine der unfairsten Aktionen in der Geschichte des Skispringes - und dass Ottesen dafür disqualifiziert wurde, half Weißflog nichts mehr.
3. WM-Teamspringen von der Großschanze 2011 in Oslo
Ja, natürlich war die deutsche Mannschaft auch durch Glück auf den ersten Platz nach 3 von 4 Gruppen gekommen. Im Gegensatz vor allem zu den favorisierten Österreichern hatten sie bis dahin keine wirklich schlechten Bedingungen erwischt - doch was danach geschah, war einfach nur bitter. Nicht dass sie die Goldmedaille verpassten... damit musste man rechnen, denn Österreich war das mit Abstand stärkste Team. Aber Michael Uhrmann hatte in der vierten Gruppe so schlechte Verhältnisse, dass das deutsche Team sogar auf den vierten Rang zurückfiel. Der Rückstand auf Platz 2 war nicht groß, und so bestand durchaus weiterhin die Chance auf eine Medaille. Doch da die bis dahin etwa zehnminütige Verzögerung den Zeitplan für die Siegerehrungen völlig durcheinander geworfen hätte, sagte man den zweiten Durchgang kurzerhand ab und nahm der deutschen Mannschaft diese Chance. Und dass Michael Uhrmann kurz darauf erklärte, dass dieser Sprung der letzte in seiner Karriere gewesen war... dieser Sprung, der das deutsche Team vom Goldrang auf den Blechrang brachte, war einfach nur bitter!
4. Olympisches Einzelspringen von der Großschanze 2002 in Salt-Lake-City
Bereits auf der Normalschanze hatten sich Simon Ammann und Sven Hannawald ein packendes Duell geliefert, das der Schweizer für sich entscheiden konnte. Für den Flieger Hannawald war die Silbermedaille aber auf jeden Fall ein großer Erfolg. Auf der Großschanze aber sollte Gold her - und der Wettkampf hätte zunächst nicht spannender verlaufen können. Wieder kam es zum Duell zwischen Ammann und Hannawald, doch diesmal waren die beiden sogar punktgleich nach dem ersten Sprung. Aber dann kam es zur sportlichen Katastrophe: Hannawald stürzte - und fiel sogar auf Platz 4 zurück, knapp hinter Matti Hautamaeki. Gold wäre es wohl auch ohne Sturz nicht geworden - aber dieses Ergebnis war dann doch sehr traurig.
5. Olympisches Einzelspringen von der Normalschanze 2006 in Turin
Es gibt Springer, die erhalten in ihrer Karriere mehrfach die Chance auf einen großen Sieg - und es gibt solche, die haben diese Chance eigentlich nur einmal. Nein, erwarten konnte man sie nicht, die Einzelmedaille von Michael Uhrmann und erst recht nicht von Michael Neumayer. Doch auf einmal war die Chance da: Ohne Berücksichtigung der Haltungsnoten wäre Michael Neumayer damals Olympiasieger geworden - und zwar vor Michael Uhrmann. Doch unter Berücksichtigung der Haltungsnoten lag Neumayer knapp in den Top Ten, während Uhrmann mit einem halben Punkt Rückstand auf den Bronzerang Vierter wurde. Gerade in dieser Zeit, in der das deutsche Team eine Durststrecke durchlief, hätte ein solcher Erfolg sehr gut getan.
Schön wäre es, wenn ihr eine kleine Rangliste aufstellt - ich würde dann nach Kuusamo eine kleine Auswertung machen, welche Wettkämpfe insgesamt am schönsten bzw. enttäuschendsten waren.
Schön wäre aber auch, wenn ihr eine kleine Begründung schreibt, warum gerade diese Wettkämpfe für euch besonders erfreulich oder enttäuschend waren - daher auch die Begrenzung auf jeweils fünf Wettkämpfe, sonst neigt man vielleicht doch eher dazu, einfach eine längere Liste zu schreiben.
Die für mich erfreulichsten Wettkämpfe sind:
1. Weltcupfinale in Planica 2015
Im allgemeinen hatte ich lange Zeit das Gefühl, dass ich mich früher als Kind oder Jugendlicher sowohl mehr über gute Resultate gefreut als auch mehr über schlechte Resultate geärgert habe. Aber bei diesem Wettkampf war es einfach ganz anders. Alle werden sich noch an dieses Springen erinnern: Severin Freund war mit großem Vorsprung nach Planica gereist, aber er kam an jenem Wochenende nicht wirklich mit der Schanze zurecht. Peter Prevc hingegen zeigte Flüge wie von einem anderen Stern. Und dieses Wechselbad der Gefühle, durch die man bei diesem Wettkampf ging... diese Enttäuschung als Severin auf einmal nur Achter zu werden drohte, weil ihm zwei Zehntel auf Hayböck fehlten... das kleine Glück, als Gregor Schlierenzauer dann hinter ihn fiel... die Hoffnung, die aufkeimte, als Juri Tepes noch einmal die Spitze angriff... und die Befreiung, als hinter Prevcs Namen dann doch die 2 aufleuchtete... das machte diesen Wettkampf letztlich zu meiner persönlichen Nummer 1.
2. Olympisches Teamspringen 1994 in Lillehammer
Die Japaner waren damals die Topfavoriten auf den Sieg... für Deutschland war eigentlich eine Medaille das Ziel. Um so größer war meine Überraschung damals, als ich nach der Schule nach Hause kam und sah, dass Deutschland nach dem ersten Durchgang führte. Doch die Freude währte nicht lange - denn nach einem schwachen Sprung von Christoph Duffner fiel das deutsche Team eigentlich aussichtslos zurück. Aber was dann kam, ist legendär: Jens Weißflog gab noch einmal alles, stellte mit 135,5 m den Schanzenrekord ein - Masahiko Harada patzte... und dadurch gelang es Deutschland, den riesigen Rückstand doch noch wettzumachen und Gold zu holen. In diesem Wettkampf wurde in gewisser Weise auch die deutsche Einheit im Skispringen vollzogen!
3. Olympisches Teamspringen 2002 in Salt Lake City
Hier waren die Voraussetzungen andere als 8 Jahre zuvor in Lillehammer: Die deutsche Mannschaft ging gemeinsam mit den Finnen als favorisiertes Team an den Start. Und tatsächlich lagen beide Teams während des ganzen Wettkampfs nie mehr als ein paar Punkte auseinander. Besonders im Kopf habe ich drei Szenen: Da wäre einmal die letzte Gruppe des ersten Durchgangs. Simon Ammann und Adam Malysz, deren Teams chancenlos waren, hatten Weiten vorgelegt. Janne Ahonen, der keine so gute Saison gesprungen war, gelang es, die beiden zu übertreffen, woran man sah, wie gut sein Sprung war. Und auch Martin Schmitt, der danach kam, war zu diesem Zeitpunkt nicht in Bestform. Für den Mannschaftswettkampf hatte er nochmals neue Ski bekommen - die sogenannten Tigerski! Und mit denen gelang es ihm, Ahonen im ersten Sprung nochmals zu übertrumpfen! Alle Chancen waren wieder da! Dann kam die ärgerlichste Szene des Wettkampfs: Matti Hautamaeki stürzte - aber die Punktrichter sahen es nicht! Eigentlich wären die Finnen nun aussichtslos hinten gewesen - aber durch den Fehler der Punktrichter blieb es knapp. Aber am Schluss reichte es dann doch - mit einem Vorsprung von 0,1 Punkten!
4. WM-Teamspringen 1999 in Bischofshofen
Es war vielleicht das beste deutsche Team aller Zeiten, das bei diesem Wettkampf am Start war: Sven Hannawald, Dieter Thoma und Martin Schmitt - ergänzt durch Christoph Duffner - waren eigentlich trotz der starken Japaner die Favoriten auf den Titel. Aber bei diesem Wettkampf sollten sie Höhen und Tiefen erleben wie kaum jemals zuvor. Einen Dämpfer verpasste uns gleich Sven Hannawald, der als Startspringer stürzte. Christoph Duffner sprang passabel - doch dann kam Dieter Thoma, der Deutschland mit einem Schanzenrekord wieder in Schlagdistanz brachte. Und Martin Schmitt als Schlussspringer schließlich brachte das deutsche Team wieder in Führung. Auch Sven Hannawald machte seinen Fehler aus dem ersten Durchgang wieder gut, indem er Thomas Schanzenrekord sogar noch übertraf.
Doch dann entgleisten allen wieder sämtliche Gesichtszüge, als Christoph Duffner der deutschen Mannschaft den zweiten Sturz bescherte! Wieder war das Team im Rückstand - doch Dieter Thoma und Martin Schmitt gaben nicht auf... wieder gelang es ihnen, den Rückstand aufzuholen und die deutsche Mannschaft trotz zweier Stürze auf den ersten Platz zu bringen.
5. WM-Einzel von der Großschanze 2009 in Liberec
Manche werden sich vielleicht wundern, warum ich ausgerechnet diesen Wettkampf in meine Liste aufgenommen habe, gab es doch durchaus noch ein paar größere Triumphe für das deutsche Team. Aber viele davon fielen eben in eine Zeit, in der man erfolgsverwöhnt war und deshalb hervorragende Leistungen gar nicht so sehr gewürdigt hat. Anders war es bei diesem Wettkampf: Die besten Tage der deutschen Mannschaft waren lang vorbei - und insbesondere Martin Schmitt hatte einige Jahre zum Vergessen gehabt. Doch in dem Jahr, in dem Werner Schuster die deutschen Adler übernommen hatte, war es insbesondere mit ihm wieder bergauf gegangen. Tourneevierter wurde er, zweimal landete er im Weltcup auf dem Podest, in Innsbruck hatte er sogar nach dem ersten Durchgang geführt. Doch irgendwie fehlte noch dieser eine Höhepunkt, dieses eine i-Tüpfelchen auf einer erfolgreichen Saison. Und genau dieses wurde dann in Liberec gesetzt in einem Wettkampf, der alles andere als einfach war. Rund dreieinhalb Stunden zog er sich hin, zweimal wurde der zweite Durchgang gestartet und wieder abgebrochen, bis dann schließlich nach nur einem Wertungsdurchgang Andreas Küttel als Sieger und Martin Schmitt nach einer so langen Durststrecke als Silbermedaillengewinner feststand.
Die für mich enttäuschendsten Wettkämpfe sind:
1. Weltcup Innsbruck 1999
Es war die Saison des Martin Schmitt! Nahezu unschlagbar schien er während der Zeit vor der Tournee - und spätestens nach Garmisch, als er die ersten beiden Tourneespringen gewonnen hatte, schien er als Tourneesieger quasi festzustehen. Doch die Tournee hatte - wie so oft - ihre eigenen Gesetze. Entsetzt starrte ich auf den Bildschirm, als Martin auf einmal nach einem schwachen ersten Sprung sogar um die Finalteilnahme zittern musste. Alles war noch nicht verloren, weil auch Janne Ahonen nicht übermäßig gut gesprungen war - doch als Martin dann auch noch den zweiten Sprung versemmelte, kannte die Enttäuschung keine Grenzen mehr. Um so mehr, da ja der fehlende Tourneesieg in seiner Karriere der wunde Punkt schlechthin blieb. In keinem anderen Jahr war er so nah dran wie in diesem.
2. Weltcup Bischofshofen 1994
Jens Weißflog war wieder da! Die Durststrecke, die der Weltklassespringer nach der Einführung des V-Stils zu überstehen hatte, war zu Ende. Unter dem neuen Trainer Reinhard Hess hatte er wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Die Vierschanzentournee war ohnehin seine Domäne, dreimal hatte er sie bereits gewonnen - ein vierter Sieg wäre einzigartig. Tatsächlich sah es sehr gut für ihn aus, denn er ging als Führender nach Bischofshofen. Doch dort trieben die Norweger ein böses Spiel: Lasse Ottesen, der im Finale vor ihm an der Reihe war, wartete besonders lang auf dem Balken. Die Ampelregelung in der heutigen Form gab es damals noch nicht, daher war das möglich. Ottesen wartete aber nicht etwa auf besseren Wind, sondern auf schlechteren. Denn die Norweger wussten, dass Weißflog nur noch durch schlechtere Bedingungen gestoppt werden konnte. Und ihre Rechnung ging auf: Durch die Wartezeit erwischte Weißflog schlechtere Verhältnisse, Bredesen hatte es wieder besser und konnte so seinen Rückstand noch wettmachen. Es war eine der unfairsten Aktionen in der Geschichte des Skispringes - und dass Ottesen dafür disqualifiziert wurde, half Weißflog nichts mehr.
3. WM-Teamspringen von der Großschanze 2011 in Oslo
Ja, natürlich war die deutsche Mannschaft auch durch Glück auf den ersten Platz nach 3 von 4 Gruppen gekommen. Im Gegensatz vor allem zu den favorisierten Österreichern hatten sie bis dahin keine wirklich schlechten Bedingungen erwischt - doch was danach geschah, war einfach nur bitter. Nicht dass sie die Goldmedaille verpassten... damit musste man rechnen, denn Österreich war das mit Abstand stärkste Team. Aber Michael Uhrmann hatte in der vierten Gruppe so schlechte Verhältnisse, dass das deutsche Team sogar auf den vierten Rang zurückfiel. Der Rückstand auf Platz 2 war nicht groß, und so bestand durchaus weiterhin die Chance auf eine Medaille. Doch da die bis dahin etwa zehnminütige Verzögerung den Zeitplan für die Siegerehrungen völlig durcheinander geworfen hätte, sagte man den zweiten Durchgang kurzerhand ab und nahm der deutschen Mannschaft diese Chance. Und dass Michael Uhrmann kurz darauf erklärte, dass dieser Sprung der letzte in seiner Karriere gewesen war... dieser Sprung, der das deutsche Team vom Goldrang auf den Blechrang brachte, war einfach nur bitter!
4. Olympisches Einzelspringen von der Großschanze 2002 in Salt-Lake-City
Bereits auf der Normalschanze hatten sich Simon Ammann und Sven Hannawald ein packendes Duell geliefert, das der Schweizer für sich entscheiden konnte. Für den Flieger Hannawald war die Silbermedaille aber auf jeden Fall ein großer Erfolg. Auf der Großschanze aber sollte Gold her - und der Wettkampf hätte zunächst nicht spannender verlaufen können. Wieder kam es zum Duell zwischen Ammann und Hannawald, doch diesmal waren die beiden sogar punktgleich nach dem ersten Sprung. Aber dann kam es zur sportlichen Katastrophe: Hannawald stürzte - und fiel sogar auf Platz 4 zurück, knapp hinter Matti Hautamaeki. Gold wäre es wohl auch ohne Sturz nicht geworden - aber dieses Ergebnis war dann doch sehr traurig.
5. Olympisches Einzelspringen von der Normalschanze 2006 in Turin
Es gibt Springer, die erhalten in ihrer Karriere mehrfach die Chance auf einen großen Sieg - und es gibt solche, die haben diese Chance eigentlich nur einmal. Nein, erwarten konnte man sie nicht, die Einzelmedaille von Michael Uhrmann und erst recht nicht von Michael Neumayer. Doch auf einmal war die Chance da: Ohne Berücksichtigung der Haltungsnoten wäre Michael Neumayer damals Olympiasieger geworden - und zwar vor Michael Uhrmann. Doch unter Berücksichtigung der Haltungsnoten lag Neumayer knapp in den Top Ten, während Uhrmann mit einem halben Punkt Rückstand auf den Bronzerang Vierter wurde. Gerade in dieser Zeit, in der das deutsche Team eine Durststrecke durchlief, hätte ein solcher Erfolg sehr gut getan.