Den Packers wird es niemals passieren!
Dazu habe ich nochmals folgendes "ausgegraben"
Ich Liebe es!
Vom Stolz, immer wieder aufzustehen
Green Bay und seine Football-Mannschaft, die Green Bay Packers, sind eine Einheit. Für die Packers tun die Bürger alles. Die Packers geben der Stadt in Wisconsin als Gegenleistung Sinn und immer neue Chancen.
----- Am Ufer des Fox River steht eine Fabrik, deren Schornsteine wie monströse Tentakel in den düsteren Himmel ragen. Das ist Fort James, einer der größten Klopapierhersteller der Welt. Früher, als Fuzzy auf der gegenüberliegenden Seite eine Kneipe namens „Shenanigan’s“ betrieb, blickte er vom Tresen direkt auf den Klotz am Fluss. „An Green Bay wischt sich die Welt den Hintern ab“, krächzte er dann augenzwinkernd, und die Stammgäste lachten. Lachten immer über Fuzzy, ihren Helden, bestellten noch eine Runde Dosenbier und Chicken Wings und grummelten vor sich hin in der rauchgeschwängerten, muffigen Bar. Voll gestopft war sie mit vergilbten Fotografien, ausrangierten Footballhelmen und Autokennzeichen mit Aufschriften wie GO PACK, GB PKRS oder PACKER 1.
Fuzzy sagt: „Man nennt uns Käseköpfe.“ Er ist kaum zu verstehen. Hat ein Leben lang geraucht wie ein Kamin, Krebs, Stimmbänder weg. „Man hat uns nie ernst genommen“, haucht Fuzzy mit feuchten Augen hinter dicken Brillengläsern, „bei Auswärtsspielen kamen zu meiner Zeit schon mehr Zuschauer als Green Bay Einwohner hat.“ Es ist bis heute so geblieben. „Das“, sagt Fuzzy, „muss man wissen, um zu verstehen, was die Packers für die Stadt bedeuten.“
Green Bay hat von einigem viel: viel Kälte, viel Käse, Amerikas größte Spedition, eine monumentale Klopapierfabrik. Und Football.
Fred „Fuzzy“ Thurston war Footballspieler, Offensive Lineman, Rückennummer 63. Typ harter Knochen, immer dort zu finden, wo es weh tut. Acht Jahre hat er für die Packers gespielt. Übrig geblieben sind ein goldener Siegelring mit drei Brillanten, den der Klub spendierte für drei Meistertitel in Folge in den sechziger Jahren. Und Erinnerungen. Wenn der schlohweiße Fuzzy traurig wird, steht er vor den Bildern in seiner Kneipe und sieht einen jungen, dynamischen, bärenstarken Mann. „Es war die beste Zeit meines Lebens“, sagt er, „als Kind war es mein Traum, nur einmal ein Match in Lambeau Field zu sehen, dort aufzulaufen war unvorstellbar.“ Beides wurde wahr, und Fuzzy ist nie wieder losgekommen von Green Bay. „Ich mag die Stadt, ich mag die Leute, ich liebe die Packers, ach was, ich hatte nie genug Geld, um abzuhauen.“
Green Bay hat 102726 Einwohner und liegt zwischen Wausau und Manitowoc an einer schmalen Bucht des Lake Michigan. Das ist nahe der kanadischen Provinz Ontario, Temperaturen um den Gefrierpunkt werden hier im Winter als veritable Hitzewelle angesehen. Dann gibt es in Brown County außer Eisfischen wieder wenig zu unternehmen. „Nun, man kann nicht sagen, dass im Sommer viel mehr los wäre“, meint Lee Remmel, der 1946 als Sportreporter bei der örtlichen Tageszeitung anfing und nun die Presseabteilung der Packers leitet. „Football ist das Einzige, was hier Bedeutung hat.“ Und wenn man die »Green Bay Press-Gazette« studiert, weiß man, was Remmel meint: Zwei Teenager haben eine Rotbuche gepflanzt; das Opfer eines Autounfalls starb nach zehn Jahren Koma; der Lokalteil besteht überwiegend aus Werbung, Todesanzeigen und Wetterbericht.
„Es ist nicht direkt Hooterville oder so was ähnlich Jenseitiges“, hat die »Philadelphia Daily News« mal geschrieben, „sie haben Kabelfernsehen, USA Today und das Yuppie-Mineralwasser in der blauen Flasche, so wie wir auch.“ Mehr noch, sie haben L. D. Schreiber Foods, einen der größten Käseproduzenten des Landes, Schneider National Inc., Amerikas größte Spedition mit 14000 Truckern, sieben große Papierfabriken und eine Arbeitslosenquote von nur drei Prozent. Beim Anflug auf den Austin Straubel Airport fühlt man sich trotzdem an eine Spielzeugeisenbahn erinnert. Zu wenig Stadt für zu große Fabriken. Im Telefonbuch seitenweise deutsche Namen: Blindauer, Ebert, Schroeder, Stein, Zoll.
14. Oktober 2001. Heimspiel gegen die Baltimore Ravens. Bart Boyden hat seinen Cadillac Fleetwood vor Lambeau Field geparkt. Die Karosse ist Baujahr 1972, grün und gold lackiert, also in den Vereinsfarben, an der drei Meter hohen Antenne flattert die Packers-Fahne mit dem weißen G. Barts Mutter, die seit 1957 kommt und „Ma Packer“ genannt wird, ist da, und so stimmen sie sich ein mit Bratwürsten, Apfelkuchen und Beerenlikör. Und erzählen von früher, von der „Ice Bowl“, dem legendären Meisterschaftsfinale 1967, von Bart Starr, ihrem damaligen Quarterback und seinem Touchdown in letzter Sekunde gegen die verhassten Cowboys aus Dallas. Nebenan feuert ein Fan, der 31 Jahre auf eine Saisonkarte wartete, den Grill an; er trägt Football-Montur, sein Gesicht ist bemalt. Der ganze Parkplatz vor dem Stadion ist Partygelände, und weil die Spiele der Packers ständig ausverkauft sind, haben manche Fernsehapparate mitgebracht. Bart Boyden sagt: „Hier können wir wenigstens den Jubel hören.“ Er wurde nach Quarterback Starr benannt.
Green Bay und die Green Bay Packers sind eins. Der Football erfüllt die Hoffnung der Bewohner, dass alles einen Sinn hat.
Angefangen hat alles 1919. Die Indian Packing Company spendierte die Trikots und die Ausrüstung. Daher der Name. Als Vereinsfarben wählte man Grün und Gold. Grün für die Wälder Wisconsins, Gold in der Hoffnung auf Erfolg. Der stellte sich durchaus ein mit sechs Meistertiteln bis 1944 und Seriensiegen in den sechziger Jahren. Doch wirtschaftlich waren die Packers ein konstant hoffnungsloser Fall. 1923 und 1950 standen sie vor dem Bankrott. Man gab Anteilsscheine aus, ganz Green Bay legte zusammen und kreierte ein Unikum: Amerikas kleinste Stadt mit einem professionellen Footballteam, das darüber hinaus als einziges nicht in Privatbesitz ist. Die Sportgenossenschaft Packers schüttet keine Gewinne aus, und beim Verkauf einer Aktie muss der Gewinn an die Sullivan-Wallen Legion Post überwiesen werden, die irgendwann ein Kriegerdenkmal bauen wird. Vorausgesetzt, es kommt genug zusammen.
Die Packers gehören Green Bay, und Green Bay gehört den Packers. Wenn ihre Mannschaft auswärts spielt, lassen sie nachts die Hoflaternen brennen, die Feuerhydranten sind grün und gold lackiert, im Bay Motel trifft sich seit 1947 jeden Werktag um neun Uhr eine Gruppe rüstiger Herren, von denen manche seit Pearl Harbour kein Heimspiel verpasst haben. Sie nennen sich Martha’s Coffee Club und folgen einem strikten Reglement: Untersagt sind Gespräche über Familie, Beruf, Politik, Religion und Kultur – bleiben die Packers. „Brett Favre muss ein geniales Spiel machen“, meinte einer aus der Runde am Freitag vor dem Besuch der Ravens, „sonst wird es ein Debakel, und das wäre bitter.“
Die Ravens sind der amtierende Champion. Den will jeder schlagen. Erst recht in Green Bay. Denn die Truppe aus Baltimore ist wie eine Ohrfeige für Packertown. Genau genommen handelt es sich beim Gegner um die Browns, die mal in Cleveland zu Hause waren. Bis ihr Besitzer sie 1996 kurzerhand verpflanzte und den Namen änderte. Cleveland hatte sich geweigert, ein neues Stadion zu bauen, und Baltimores Stadtväter lockten mit einem kulanten Mietvertrag für ihre moderne Arena. Die National Football League (NFL) gleicht längst einem Umzugsunternehmen. Die legendären Los Angeles Raiders spielen inzwischen in Oakland, die Los Angeles Rams in St. Louis, die Tennessee Titans hießen früher mal Houston Oilers. „Alles spricht von neuen Stadien, Skyboxes, VIP-Lounges, mit denen sich der Profit maximieren und der Erfolg kaufen lässt“, sagt der Präsident der Packers, Bob Harlan. „Treue gegenüber den Fans ist ein Fremdwort geworden.“
Im Stadion marschiert die Blaskapelle der University of Wisconsin. 220 Mann, Stechschritt, schmissige Fanfaren. Herbstsonne fällt auf den tiefen Rasen mit dem aufgemalten „Gridiron“. Bratenrost – so nennt man im Jargon die Markierungen des Spielfeldes. Das passt, denn im Prinzip ist Football ein brutales, gnadenloses Gebalge um Geländegewinn. Kriegsführung nach sportlichen Regeln. Eine in Touchdowns und Punkten registrierte Schlacht. Das passt in die Zeit. Stars & Stripes auf den Tribünen, Krieg in Afghanistan. Nennt man den langen, gelungenen Wurf des Quarterbacks in der Fachsprache nicht „The Bomb“? Amerika verehrt Football als sportive Metapher für Mut, Wehrhaftigkeit und Heldentum ihrer Nation. Und von der luftigen Pressebox aus sehen die Athleten tatsächlich erhaben aus. Man sieht nicht den Schmerz in ihren Gesichtern, hört nicht das dumpfe Geräusch, wenn sich ihre Körper ineinander verkeilen, Bänder reißen, Knochen brechen.
Von Green Bay aus wurde Amerika zum Football-Land. Und die Spieler aus der kleinen Stadt waren „America’s Team“.
Vor allem die Packers haben nach dem Zweiten Weltkrieg die Popularität des Football in den USA maßgeblich geprägt. Fünf Meistertitel errangen sie in den sechziger Jahren, dirigiert von einem kleinen Mann mit kurzem Regenmantel, Hut und Hornbrille: Vince Lombardi. Der war zuvor als Coach bei der US Army tätig und wird noch heute zitiert mit seinem beliebtesten Spruch: „Gewinnen ist nicht die wichtigste Sache, es ist die einzige.“ Green Bay erwarb sich das Prädikat „Titletown“, und Lombardis Mannen wurden zu „America’s Team“. „Wir sind nicht stolz, weil wir gewinnen“, hat Lombardi mal gesagt, „wir sind stolz, weil wir immer wieder aufstehen.“ Als vor dem Spiel gegen Baltimore die Nationalhymne intoniert wird, sieht man auf der Multivisionswand Schwarzweißbilder. Sie zeigen Lombardi von hinten, wie er durch einen dunklen Tunnel dem gleißenden Licht des Spielfeldes entgegenschreitet. Zwei Jahre, nachdem er Green Bay verlassen hatte, war er tot.
Lambeau Field ist das älteste Stadion der NFL und das Wimbledon des Football. Wie ein gestrandeter Riesentanker liegt es zwischen Einfamilienhäusern, Lattenzäunen und Tankstellen. „Eigentlich müsste man es abreißen“, sagt Harlan. Schließlich ist es etwa so gemütlich wie die Winter in Wisconsin. Doch Lambeau Field hat bundesweit den Status eines Schreins. Nicht zuletzt wegen der Ice Bowl, dem berühmtesten Footballspiel aller Zeiten. Das Thermometer zeigte 25 Grad minus, der Boden war ein frostiges Brett, und die Zuschauer steckten sich Hotdogs in die Handschuhe, damit ihnen nicht die Finger abfroren. Vor kurzem kam wieder ein Kleinbus aus Kansas, parkte, die Insassen stiegen aus, gingen auf die Knie und machten Verbeugungen. Dann fuhren sie wieder ab. „Nach allem, was ich weiß“, so Harlan, „zurück nach Kansas.“ Das sind 16 Stunden Fahrt. Es kann schon vorkommen, dass der Platzwart morgens Schubkarre und Schaufel nicht findet und den Rasen inspiziert, weil er fürchten muss, dass sich ein Fan am Spielfeldrand seine letzte Ruhestätte gegraben hat.
Das Spiel gegen die Ravens ist unterhaltsam. Rauf und runter, die Packers in Rückstand, die Packers in Führung, ständige Ballwechsel, Dramatik. 60790 begeisterte Fans, viele davon mit Styroporhüten, die aussehen wie Emmentaler. Brett Favre ist der Quarterback der Packers, und er macht ein sensationelles Spiel; das beste seines Lebens, wie später alle sagen werden. Das ist auch nötig, denn die Baltimore Ravens verfügen über die ruppigste Defensive der Liga, angeführt von einem Kraftbolzen namens Ray Lewis. Im Sommer 2000 stand er noch vor Gericht, angeklagt des zweifachen Mordes. Der Prozess kreierte einen Medienzirkus ohnegleichen und Lewis’ Freispruch kritische Kommentare, denn der Sittenverfall im US-Profisport grassiert vor allem im Football. Von Urinieren in der Öffentlichkeit bis zu Vergewaltigung ist mittlerweile jedes Delikt aktenkundig, ein Athlet hatte sogar Killer auf seine schwangere Freundin angesetzt. Als Baltimore den Super Bowl 2001 gewann, wie das Football-Finale genannt wird, wurde Lewis zum besten Spieler gewählt und von den Medien kurzerhand rehabilitiert.
„Das wäre hier nicht denkbar“, sagt Pete Dougherty, Sportreporter bei der »Green Bay Press-Gazette«. Dougherty schreibt zusammen mit seinem Kollegen Rob Demovsky etwa 500 Texte jährlich über die Packers. Sie handeln von taktischen Analysen und Blutergüssen, mitunter geht es auch um das Gerücht, ein Spieler sei homosexuell und habe ein Verhältnis mit dem Lieferboy vom Pizzaservice. Die Entlassung jenes Packers, der sich betrunken mit seinem Babysitter im Badezimmer einschloss und das Mädchen zum Sex aufforderte, nahmen sie wirklich ernst. Demovsky: „Als Packer hast du eine viel größere Verantwortung als anderswo, du bist ein großer Fisch in einem kleinen Teich.“ Als der Klub nach dem Triumph im Super Bowl 1997, einer kurzen Renaissance alter Glorie („Titletown again“, schwelgte die »Green Bay Press-Gazette«), vergaß, seinen inzwischen zu einem anderen Team gewechselten Kicker zur Siegesfeier einzuladen, fielen in der Redaktion fast die Telefone vom Hörer. Pete Dougherty: „Bei allem, worüber man sich aufregen kann, muss einen das schon wundern.“ Der mit verchlortem Phenylbenzol aus den Papierfabriken verseuchte Fox River ist bestenfalls einen Zweispalter wert. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die Packers verkörpern bis heute, was Football einmal war. Was aus Football geworden ist, werden sie nie sein. Eine überdachte, klimatisierte Mehrzweckhalle mit Kunstrasen, Cheerleader in Flittertrikots und Millionären in privaten Logen? Nicht in Green Bay. Dass die Strategien des Sports mittlerweile mehr auf Computerprogrammen als auf Tugenden basieren und Sportteams seelenlose Unterhaltungsware geworden sind, wird jemand wie Ma Packer nicht mehr kapieren. „Wir mögen sie auch, wenn sie verlieren“, sagt sie. Und sie haben oft verloren, seit die NFL ihren Athleten die Möglichkeit einräumt, den Klub nach eigenem Gutdünken zu wechseln.
70 Prozent aller Footballer sind schwarz und meiden Titletown aus gutem Grund. In Green Bay gehören nur drei Prozent der Bevölkerung Minoritäten an, es gibt kein Restaurant, das Soul Food auf der Karte hat, noch nicht mal einen auf Kraushaar spezialisierten Friseur. „Wir ziehen Palmenstrände Gegenden wie Wisconsin vor“, sagt Santana Dotson, der aus Texas kommt und seit sechs Jahren bei den Packers ist: „Ich rate neuen Spielern immer: Besorgt euch Flugtickets.“
Es ist ein Wunder, dass es sie überhaupt noch gibt. „Wir müssen mit dem leben, was wir mit Football verdienen“, sagt Harlan, der erste von den Aktionären gewählte Präsident des Klubs, der nicht aus Green Bay kommt, „unsere Besitzer haben keine tiefen Taschen.“ So wie Wayne Huizenga (Miami Dolphins), Lamar Hunt (Kansas City Chiefs), Paul Allen (Seattle Seahawks) oder Robert Wood Johnson IV (New York Jets). Bei diesen Herren handelt es sich um den Inhaber von Blockbuster Video, einen Öltycoon, den Mitbegründer von Microsoft und den Großaktionär des Pharmakonzerns Johnson & Johnson. Nur einige der vielen Superreichen, die sich Sportteams als Hobby leisten. Zweistellige Millionenverträge für Superstars? Bei denen kein Problem. Der Etat der Packers hingegen besteht zu 68 Prozent aus Fernseheinnahmen, die unter allen Klubs der NFL paritätisch aufgeteilt werden, und Merchandising. Alles andere muss Lambeau Field einspielen. 1997 waren die Packers umsatzmäßig noch Nummer 9 der Liga, vier Jahre später Nummer 18; der Reingewinn schrumpfte in dieser Zeit von sieben auf zwei Millionen, das Geschäftsjahr 2000 bilanzierten sie mit einem Barvermögen von 9928 Dollar. Harlan: „So ging es nicht weiter.“
Mit Anteilsscheinen war das Problem diesmal nicht mehr zu meistern. Die Packers beantragten daher Um-, Ausbau und Renovierung von Lambeau Field. Die Finanzierung des Projekts machte unter anderem eine Steuererhöhung nötig, weil Wisconsins Politiker Zuschüsse verweigerten; sie hatten kurz zuvor 400 Millionen für die Baseball-Arena der Milwaukee Brewers bewilligt. Green Bays Bürgermeister Paul Jaden stellte die Frage: „Wie soll ich Arbeiter davon überzeugen, dass sie die Jobs von Football-Millionären finanzieren müssen?“ Die Stadt, der Lambeau Field gehört, wollte die Packers aber nicht verlieren. „Sie sind für die Psyche der Region unverzichtbar“, meint Jaden. Darüber hinaus sorgen sie für 1620 Arbeitsplätze, produzieren 144 Millionen Dollar Umsatz und 9,6 Millionen Steuereinnahmen; das Bay Motel etwa ist bereits im März für die Heimspiele im Herbst und Winter ausgebucht. 14 Jahre lang bezahlen die Einwohner von Brown County nun ein halbes Prozent mehr Verbrauchssteuer; die Abstimmung darüber fand immerhin noch 53 Prozent Zustimmung. Aber, sagt Jaden, „vor zehn Jahren wären es mindestens 70 Prozent gewesen“.
Der Bürgermeister war nicht dabei, als sie die Ravens besiegten an diesem Sonntag im Oktober und die gefürchtete Defensive um Lewis überrannten. Jaden hat sein Saisonticket zurückgegeben. „Die Packers und ich haben uns heftig gestritten, der Kampf hat mich zehn Jahre meines Lebens gekostet.“ In der letzten halben Stunde des Spiels wechselten Regen, Hagel und Sonnenschein, nach dem Schlusspfiff strahlte ein Regenbogen über Lambeau Field.
Als Letztes stirbt die Hoffnung. Immer wieder aufstehen. Martha’s Coffee Club sprach tagelang vom nächsten Super Bowl, und Fuzzy, der einer von Lombardis Lieblingsschülern war, tanzte am Abend in seinem Lokal zu HipHop aus der Karaokemaschine. Lachte, krächzte und vergaß seine künstlichen Hüftgelenke. Harlan glaubt, die Zukunft des Vereins sei mit der Erweiterung auf 71000 Sitzplätze, einem Restaurant und Museum gesichert bis 2030. Jaden: „Da sehe ich schwarz.“
Als der Präsident der Packers am Montag nach dem Triumph gegen Baltimore auf dem Weg zu seinem Büro war, sprach ihn ein Mann aus Kalifornien an. Er sei, sagte der, bei einer Hochzeit in Milwaukee gewesen und zwei Stunden gefahren, um seinem Enkel Lambeau Field zu zeigen. Harlan ließ ihn aufs Spielfeld. Und dann lief der alte Mann, zickzack, auf und ab und imitierte Würfe. „Schau Jimmy, wie bei der Ice Bowl!“, rief er, „schau nur, hier stand Lombardi!“ Harlan beobachtete ihn und sagte gerührt: „Dieser Klub wird niemals umziehen, dieser Klub wird hier sterben.“ Die Frage ist nur wann. -----|