Formel 1 Saison 2015 - Prognosen zum WM-Titel


desl

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Es ist wieder soweit, diese Woche startet die sogenannte "Königsklasse" wieder ihren Rennbetrieb.

Cockpits sind vergeben (mehr oder weniger), Rennställe bankrott oder vor der Insolvenz gerettet, neue Boliden werden in Melbourne zusammen geschustert ... usw.

Gerne schreibe ich mal wieder eine Einschätzung, von wem ich glaube, wer am Ende der Saison in der Konstrukteurs-Wertung die Nase vorne haben wird.

Wenn Mercedes WM werden will müssen sie anfangs siegen, hintenraus wird red bull unschlagbar sein! (der red bull an sich scheint das beste auto zu sein!)
Red Bull und Seb werden ihren 5. Titel in Folge feiern. Newey ist so ein Fuchs, die werden den Rückstand auf Mercedes schnell aufholen und mit einem Kracher die Konkurrenz schocken. Vielleicht schon in Europa.


Naja ... man kann ja auch mal daneben liegen.

Letzte Saison hab ich einigermaßen getroffen ... aber nur einigermaßen (Ferrari und Sauber zu stark eingeschätzt).

Die Threads der vergangenen Jahre:
2014: http://sportforen.de/showthread.php?58604-Formel-1-Saison-2014-Prognosen-zum-WM-Titel
2012: http://sportforen.de/showthread.php?55129-Formel-1-Saison-2012-Prognosen-zum-WM-Titel
2011: http://sportforen.de/showthread.php?52673-Formel-1-Saison-2011-Prognosen-zum-WM-Titel
2010: http://sportforen.de/showthread.php?50020-Formel-1-Saison-2010-Prognosen-zum-WM-Titel



Platz 1: Mercedes

Ich denke der WM-Titel geht nur über Mercedes.
Der neue Renner W06 ist eine konsequente Weiterentwicklung des letztjährigen Fahrzeugs und sieht bereits im Stand irgendwie einfach schnell aus.
In Sachen Top-Speed überzeugt der Mercedes nicht ... wozu auch? Man geht auf den Abtrieb und fährt die Rennen vorne Weg. Mit der Taktik hat RedBull auch reihenweise Siege eingefahren.

Bei den Testfahrten hat man einmal die Hosen runtergelassen und kaum hatte Rosberg bei seiner schnellen Runde die Linie gekreuzt, da sackten die Schultern bei den anderen Teams ein gutes Stück runter.

Der Abstand auf die Verfolger schein signifikant zu sein und die starke Fahrerpaarung wird sich wohl gegenseitig wieder anstacheln.

Wenn man das große Ziel, die Zuverlässigkeit zu verbessern (Rosberg und Hamilton hatten letzte Saison jeweils vier Technik-Pannen), gut verfolgen kann, dann könnte es für die Konkurrenz diese Saison noch schwerer sein.


Platz 2: RedBull

Wirklich viel zeigte RedBull bei den Testfahrten nicht. Aus den Zeitenjagden hielt man sich raus, so einige Stints wurden von technischen Defekten gestoppt.
Ging man doch mal auf eine Rennsimulation, so war der RB11 bei den Zeiten gut dabei und brauchte sich vor dem Ferrari und dem Williams nicht verstecken. Im Gegensatz zum Ferrari waren die Rundenzeiten konstanter.
Der RedBull soll wieder einmal mit am besten auf der Strecke liegen und im Team spricht man davon, dass man ein letztjähriges Aerodynamikproblem gelöst habe, womit man in schnellen Kurven wieder am schnellsten wäre.

Kann schon alles sein, aber völlige Gewissheit besteht vor der Saison natürlich nicht.

Nichtsdestotrotz, RedBull wird wieder mit den längsten Atem haben. RedBull hat die Infrastruktur um mit am meisten Updates zu entwickeln und an die Strecke zu bringen.

Wenn auch noch die Bestrebungen (z.B. mit Ilmor-Hilfe) fruchten, aus der Antriebseinheit mehr rauszuholen, dann muss man die RedBull-Renner definitiv im Auge haben.

Fraglich ist sicherlich auch, wie Daniil Kwjat sich schlägt. Letzte Saison zeigte er zu Beginn eine sehr starke Konstanz, bevor Vergne ihm später in der Saison mit größerem Speed davon zog.

Sei es drum. Als Vettel seinen Abschied ankündigte, da legte man sich früh auf seine Nachfolge fest ... Vergnes aufsteigende Form kam zu spät. Er war da schon bei Toro Rosso quasi rausgeflogen.
Kwjat hingegen konnte sein Glück zunächst kaum fassen.


Platz 3: Williams

Williams macht, wie schon letztes Jahr, bei den Testfahrten einen grundsoliden Eindruck. Letztes Jahr ließ man jedoch zu Beginn der Saison so manch Punkte liegen.
Mal fand man das richtige Setup nicht, mal verbockte man die Boxenstops ... und so weiter.

Entgegen meiner Erwartung konnte Williams erst später in der Saison seine Stärken ausspielen.

Der Williams hat nen fetten Top-Speed und ist beim Bremsen sehr stabil.
Freilich hat man nicht nur Stärken. In Sachen Abtrieb sind Mercedes, RedBull aber auch Ferrari und diese Saison wohl auch McLaren stärker ... obgleich man hier bei Williams an Boden gut gemacht haben will.

Der Reifenverschleiß war letzte Saison gerade zu Beginn ein Manko bei Williams. Auch hier will man ordentlich nachgebessert haben. Wenn dem so ist, dürfte der neue FW37 schon zu Beginn der Saison gut dabei sein.
Dennoch, ich glaube RedBull wird den längeren Atem haben und gerade auf langsameren/kurvigeren Strecken besser aufgestellt sein.

Übrigens, wie schon 2014 war Williams auch 2015 wieder das Team mit der größten Zuverlässigkeit bei den Testfahrten.


Platz 4: Ferrari

Von einem großen Aufschwung wurde oft im Zusammenhang mit Ferrari gesprochen. Diverses Personal an Schlüsselpositionen ist ausgetauscht, der Ferrari-Motor unterscheidet sich optisch durchaus signifikant vom Vorjahresmodell (schon allein was den Verlauf der Auspuffkrümmer angeht).

Mercedes spricht davon, dass Ferrari 1,1 Sekunden aufgeholt habe ... von 2 Sekunden Rückstand, den die Roten vorher gehabt hätten.

Gewiss, Ferrari hat einen achtbaren Eindruck bei den Testfahrten hinterlassen ... aber Tagesbestzeiten hat man schon früher geholt. Im Renntrim lag man meist eher hinter Mercedes, Williams und RedBull.

Der SF15-T (wegen seines Kürzels gerne auch "Superfist" genannt) sieht nicht schlecht aus. die Seitenkästen sind insgesamt wieder recht schlank (dank der schweineteuren Kühler von Mezzotech), die neue Vorderachsgemotrie erweckt den Eindruck einen Fortschritt gegenüber der letzten Saison zu bringen ... Potential ist vielleicht noch da, wenn man noch die Surfbrett-Nase loswerden kann.

Fragezeichen stehen für mich jedoch hinter den Fahrern. Klar, Räikkönen und Vettel ist einer der mit am renommiertesten und hochkalibrigsten Fahrerpaarungen, die es im Feld gibt ... auf dem Papier. Letztlich sind dies allerdings auch die beiden Fahrer, welche bei den sogenannten "Top-Fahrern" in der letzten Saison am meisten das Nachsehen gegen ihre Teamkollegen hatten ... und das aus verschiedenen Gründen.

Räikkönen ist ein ziemlich feinfühliger Fahrer, wenn es um die Vorderachse geht. Wenn der Wagen nicht so einlenkt, wie er es gerne hätte, dann tut er sich vormöglich schwer. Bei Lotus schraubte man viel an der Lenkung, bis Räikkönen mit dem Fahrverhalten glücklich war.
Mit der pull-rod-Aufhängung des F-14T fand Räikkönen eher selten ein passendes Setup. Die angesprochene veränderte Geometrie könnte ihm entgegen kommen.
Hinzu kommt jedoch, dass Räikkönen das Bremsverhalten des brake-by-wire-Systems nicht so recht schmeckt. Alles in allem tat er sich somit letzte Saison deutlich schwerer als Alonso und fuhr diesem in manchen Rennen deutlich hinterher.
Letztlich muss Räikkönen auch liefern, denn sein Vertrag geht nurnoch bis Ende dieser Saison. Sind seine Leistungen nicht besser als letztes Jahr, dann schaut man sich vielleicht nach einem Fahrer um, dessen Gehalt nicht so immens ist.

Vettel hingegen ist ein Fahrer, der seine Stärken am Kurveneinang ausspielt. Bei RedBull hat er hier seine Zeit rausgeholt, während Webber am Kurvenausgang besser war.
Insbesondere in den Jahren 2011 und 2013, als blown diffusor bzw. Coanda-Auspuff ihren jeweiligen Höhepunkt hatten, vermochte es Vettel wie kaum ein anderer den Speed mit in den Kurveneingang zu nehmen.
Dafür braucht er jedoch einen Boliden mit gutem Abtrieb auf der Hinterachse. 2010 (kein Doppeldiffusor mehr) und 2012 (kein blown diffusor mehr) konnte Webber daher besser gegen Vettel aussehen, als in den anderen beiden genannten Jahren.

2014 war für Vettel dann ernüchternd. Der beam wing fällt weg und die Auspuffgase können nicht mehr auf den Diffusor geleitet werden. An der Heckachse ging deutlich Abtrieb verloren und Vettel war dementsprechend weitaus weniger glücklich mit seinem Dienstfahrzeug als in den Vorjahren.
Für seinen neuen Kollegen, Ricciardo, brachte selbst der Abtriebsmäßig beschnittene RedBull eine deutliche Weiterentwicklung in der Straßenlage, als der Toro Rosso, den er vorher gefahren war.

Wie groß das Potential des Ferrari auch sein mag, ich bin mir nicht sicher, ob Vettel und Räikkönen die Piloten sind, die es am besten abrufen können. Vielleicht könnte sogar ein Vergne den Ferrari schneller pilotieren ... wer weiß.

Vergne hatte mal die mündliche Zusage, dass er ein Cockpit bei RedBull bekommt, wenn dort ein Platz frei wird ... z.B. wenn Vettel geht.
Als sich aber alle Teams in der F1-Welt nach Max Verstappen die Finger leckten, da durfte Vergne schonmal die Koffer bei Toro Rosso packen. Verstappen verlangte ein Cockpit für 2015, was ihm McLaren und Ferrari nicht bieten konnten ... RedBull/ToroRosso jedoch schon.
Vergne galt für Toro Rosso als "zu alt" ... was kurios ist, nachdem Ricciardo den Platz bei RedBull (nach Webbers Abschied) bekam, weil er ein Jahr mehr Erfahrung vorweisen kann (die Nachwuchs-Stationen ein Jahr früher absolviert, eine Saison vorher in die F1 eingestiegen). Dementsprechend flog er ... und nicht Kwjat.

Als dann Vettel tatsächlich bei RedBull ging um sich seinen Kindheitstraum von einem Ferrari-Cockpit zu erfüllen, da rückte Kwjat auf ... denn man wollte keinen Fahrer (also Vergne) zum RedBull-Team holen, nachdem man ihn vorher bei Toro Rosso rausgeworfen hatte.

Nun hat Vergne bei Ferrari als Testfahrer angedockt und hofft erneut darauf, dass er vielleicht eines Tages nachrücken kann. Wieder schielt er auf das Cockpit von Vettel ... oder das neben diesem.


Platz 5: Lotus

Der letztjährige Bolide bei Lotus war ziemlich extrem. Das ungewöhnliche Nasen-Konzept, die Asymmetrie ... der Lotus stach heraus ... und enttäuschte auf ganzer Linie.
Klar, von den Renault-Teams hatte Lotus letzte Saison die meisten Probleme, aber selbst mit Mercedes-Motor wäre der E22 eine Gurke gewesen. Der Abtrieb fehlte vorne wie hinten, die Piloten klagten über unvorherrsehbares Fahrverhalten, der Wagen war beim Anbremsen instabil ... und so weiter.
Lotus hat den eigenen Wagen eigentlich nie richtig verstanden.
Dass ausgerechnet der instabile E22 vom FRIC-Verbot am stärksten betroffen gewesen sein soll, kommt noch hinzu.

Mit dem E23 versucht Lotus nach Williams-Vorbild mit Wechsel von Renault zu Mercedes den Aufstieg wie Phönix aus der Asche. Während Williams von 2013 auf 2014 jedoch auch davon protitiere, dass die eigenen Schachpunkte weniger ins Gewicht fielen (Williams kriegte das mit dem Coanda-Auspuff nie gut hin), musste man sich bei Lotus schon ein gutes Auto überlegen, anstatt dass einem da neue Regeln entgegen kommen.

Der neue Wagen ist verglichen mit dem Vorgänger recht konservativ ausgefallen. Letztlich ist er ein durch und durch grundsolider Wagen ... welcher den Piloten ein Lächeln auf die Lippen zaubert.
Die Fahrbarkeit ist besser, er lässt sich leichter abstimmen, er lässt sich besser "verstehen".
Grosjean brachte es einfach auf den Punkt "Der Wagen tut wieder, was ich will."

Im übrigen ist es bemerkenswert, dass Lotus neben Mercedes die knappste Nase angebracht hat. RedBull und Williams müssen noch einen Stummel dranlassen, um die CrashTests zu schaffen. RedBull scheitert mit stummel-losen Nasen noch im internen Crash-Test, auch weil die Mindestlänge der Nase nun ab der Vorderachse gemessen wird und nicht mehr ab der Chassis-Vorderseite. Hier bestehen Unterschiede bspw. zu Mercedes.

Während aber Williams z.B. den Erfahrungen der Vorsaison aufbauen kann und die Evolution eines guten Boliden auf die Strecke bringt, fängt Lotus quasi bei Null an. Vom Wagen der Vorsaison nimmt man nicht gerade viel mit ... auch von der eher ungewöhnlichen Anordnung der Kühler vom Vorjahr hat man abgeschworen.
Apropos, freilich fällt der Lotus mit seiner ungewöhnlichen Airbox etwas auf ... aber das muss ja nichts schlechtes heißen.

Wie stark Lotus am Anfang sein wird, das steht ein wenig in den Sternen.
Ärgerlich aus Lotus-Sicht ist sicherlich auch, dass die Updates - die man in Barcelona noch brachte - nicht den gewünschten Effekt hatten.
Auf jedenfall sind die Piloten hinsichtlich des Mercedes-Motores auch voll des Lobes. Mehr Leistung, bessere Fahrbarkeit.
Abgesehen davon, ist man bei Lotus auch begeistert, dass man die kompletten Testfahrten nur eine Antriebseinheit brauchte.

Bei den Fahrern stellt sich keine große Frage.
Grosjean ist schnell und gereift und hofft, dass sich seine Loyalität zum Team auszahlt ... wobei er auch nicht groß über Alternativen verfügte.

Maldonado bringt Geld ... aber zuweilen auch mal gute Leistungen, besonders auf Stadtkursen ... es sei denn, er fährt wieder irgendwo gegen.
Maldonado wird vermutlich geflucht haben, nachdem er letztes Jahr gesehen hat, wie der Williams läuft und wie der Lotus abschneidet. Schließlich wollte er seine Paydriver-Millionen besser investieren, nachdem der Williams 2013 hinterher fuhr.
Räikkönen ist vermutlich froh, dass er 2014 bei Ferrari unterkam ... und Hülkenberg? Der war 2014 mit Force India auch zufriedener als Maldonado bei Lotus. Diese Saison könnte sich das drehen ... wer weiß.


Platz 6: McLaren

Der neue McLaren ist ziemlich extrem, könnte man sagen. Mit "extremen" Boliden ist schon mancher auf die Nase gefallen. Nicht nur Lotus in der letzten Saison, auch der MP4-18 von McLaren kam damals nicht über Testeinsätze hinaus. Unerklärliche Unfälle bei Testfahrten und massive Probleme bei der Kühlung führten dazu, dass der #18 nie im Rennen eingesetzt wurde. Der auf ihm basierende MP4-19 schnitt enttäuschend ab.

Ist der MP4-30 nun der große Wurf oder eine lahme Ente?
Schwer zu sagen ... über das wahre Potential des Wagens kann man nur orakeln, solange man es noch nicht abrufen kann.
Der MP4-29 stellte sich eher als Enttäuschung heraus. Verglichen mit den anderen Mercedes-Kundenteams war der McLaren im Heck klobig, auf der Geraden langsam und in Sachen Abtrieb konnte er auch nicht begeistern ... das war kein großer Wurf.

Der MP4-30 unterscheidet sich von allen F1-Boliden vermutlich am deutlichsten von seinem Vorgänger.
Das "Kleid" hinter dem Fahrer schmiegt sich eng an alles unterhalb der Motorabdeckung an. McLaren ging hier keine Kompromisse ein und verkleidete so eng wie möglich. Probleme bei der Kühlung? Vielleicht gibt es die ... McLaren geht das Risiko ein.

Die Seitenkästen fallen vorne recht breit aus - verglichen mit anderen Teams - ziehen dann aber stärker ein als bei allen anderen. Der McLaren hat eine Wespentaille.

Das Problemkind ist momentan noch die Honda-Antriebseinheit. Obgleich man bei Mercedes "abgucken" konnte, geht Honda bei der Platzierung der Komponenten wie Turbolader, Kompressor, MGU-H und MGU-K einen eigenen Weg. Ob man damit das bessere Konzept hat? Abwarten...

Jedenfalls konnte man den Honda-Motor noch nicht voll ausfahren ... und wenn doch, dann nur für kurze Zeit. Danach gab es wieder Probleme mit Leckagen oder mit der Elektronik.

Klar, man denkt irgendwo an die letzte Saison und erinnert sich, wie laut die Alarmglocken bei RedBull läuteten ... und in Melbourne kam Ricciardo (bis zur Disqualifikation) dann als zweiter über die Ziellinie.
Von sowas kann McLaren aber auch nur träumen.

Die Piloten loben die Fahrbarkeit des Motors (gutes Drehmomentangebot über einen weiten Drehzahlbereich) und das Fahrverhalten des Boliden ... das klingt alles schön und gut, so als könne der McLaren ordentlich mithalten, wenn man denn mal den Motor an seine Grenzen treiben kann.

Momentan ist es aber noch fraglich, ob man in Melbourne die Renndistanz schafft. Button und Magnussen werden es versuchen. Alonso wird nach seinem Testunfall nur zugucken dürfen.
Die Erklärungen zum Unfall klingen logisch ... lassen aber dennoch Platz für Verschwörungstheorien.

Ich will dem McLaren ein eventuelles Potential nicht absprechen. Er sieht im Grunde genommen toll aus. Man hat eine starke Mannschafft an Top-Ingenieuren. Man hat zwei sehr gute Piloten.

Aber letztlich kann es auch sein, dass man bei McLaren die Kinderkrankheiten erst dann beseitigt hat, während die anderen Teams schon durch Weiterentwicklungen dazu gewinnen.


Platz 7: Toro Rosso

Der neue Toro Rosso ist ein schöner Wagen ... wieder einmal.
Irgendwie sprühen die "STR" immer eine gewisse Eleganz aus ... oder so. Selbst der letztjährige Bolide mit seinem angebauten Riesendildo an der Front.

Bei den ersten Testfahrten brachte man ein Fahrschulauto. Verstappen und Sainz sollten erstmal Kilometer sammeln. Das hat alles schön und gut geklappt.

Danach gab es einen runderneuerten STR10, mit neuer Nase, neuer Kühlung ... usw.

Mit das größte Problem war bei Toro Rosso letzte Saison, dass man bei der Zuverlässigkeit hinterherhinkte. Auch dieses Mal stand der neue Bolide oftmals bei den Testfahrten.
Ob man hier Fortschritte machen konnte?

James Key war schon von manchen guten Boliden Chefdesigner, aber man darf nicht erwarten, dass das ehemalige Minardi-Team Luftsprünge macht und das Mutter-Team in Schach halten kann.

Leichter wird es für Toro Rosso sicher in dem Punkte, dass man diese Saison mehr Vorgaben seitens Renault hat, wie diese und jene Komponenten anzuordnen sind (mehr Ähnlichkeiten zum RedBull-Boliden). Die ausgebaute Infrastruktur mag dem Team auch helfen.
Nachteilig ist sicherlich weiterhin, dass die Aerodynamik-Abteilung in Großbritannien sitzt ... das übrige Team jedoch in Italien.

Am Ende darf man natürlich auch gespannt sein, wie Sainz und Verstappen abschneiden. Vielleicht sind sie jung und ungestüm ... vielleicht sind sie dem Druck nicht gewachsen ... vielleicht schlagen sie ein wie Granaten.


Platz 8: Force India

Allen beteuerungen zum trotz ... ich glaube das Force-India-Team ist für diese Saison nicht besonders gut aufgestellt.
Der neue Bolide wurde aus verschiedenen Gründen spät fertig und konnte kaum getestet werden. Er unterscheidet sich abgesehen von der Front nur geringfügig vom Vorgänger ... und war in Barcelona auch nicht schneller.

Für den Anfang ist man bei Force India erstmal pessimistisch und erwartet, dass man im Q1 ausscheiden könnte.

In China will man eine überarbeite Aerodynamik an der Front (Frontflügel, Leitbleche, Bremsbelüftung, Unterbodenkufe) bringen. In Spanien soll die hydromechanische Aufhängung am Heck folgen.
Bis zum Grand Prix in Großbritannien durch eine B-Version des Boliden folgen ... mit kurzer Nase und einigen anderen Verbesserungen.
Angeblich hätte man einen "Guru" genannten Aerodynamiker, der mal bei RedBull die Nummer 2 (hinter Dan Fallows also?) war und dessen Arbeit dem Force-India-Team nun im angemieteten Toyota-Windkanal die Augen öffnen würde.

Nungut ... es ist aber auch nicht so, als würden die anderen Teams schlafen.

Bis dahin schwebt auch noch der Schatten einer drohenden Pleite über dem Team. Die Kassen sind knapp und man ist ähnlich wie Sauber mit Mühen durch den Winter gekommen ... angeblich wohlgemerkt. Wer legt schon seine Bilanzen frei aus?
Nichtsdestotrotz war seitens Force India der Ruf mit am lautesten, dass Manor nicht mit einem 2014-Fahrzeug antreten dürfen soll ... man schielte doch ein wenig darauf, dass das Preisgeld für Manor unter den anderen Teams aufgeteilt wird ... also auch an Force India.

Man darf rätseln, ob Force India im Laufe der Saison zu den anderen Teams aufholen wird. Über den Winter hat man nicht so große Fortschritte erzielen können, wie die Konkurrenz.
Bestenfalls Platz 6 ... mehr erwarte ich von Force India für diese Saison nicht.


Platz 9: Sauber

Der neue Wagen ... nunja ... besonders toll sieht er nicht aus.
Die Lackierung ist ok, sie hat was. Sie fällt auf und durchbricht den silber-grauen Einheitsbrei, den wie die letzten Jahre von sovielen Teams kennen.

Aber abgesehen davon sieht der C34 geradezu schrecklich konservativ aus. Hinzu kommt diese voluminöse Rammbock-Nase, an der Sauber wohl auch erstmal festhalten wird. Hauptsache den Crashtest schaffen ... für mehr fehlt das Geld.

Achja ... das liebe Geld.
Nach dem Rückzug von BMW war Sauber ja (besonders 2012) gut dabei. Die Lücke die James Key hinterlassen hatte, konnte man nicht so recht füllen. 2014 fielen einem dann aber die Turbomotoren auf den Kopf.
Der C33 war bis zuletzt übergewichtig und schwächelte besonders auf der Bremse. Punkte waren selten in Reichweite ... wobei Gutierrez in Monaco da eine große Chance hatte.

Der neue C34 macht bislang einen deutlich besseren Eindruck. Die Zuverlässigkeit stimmt und mit dem neuen Ferrari-Aggregat ist man wohl auch besser bestellt, wenn es um das Fahrzeuggewicht geht.

Die Rundenzeiten sahen bei den Testfahrten zwar zuweilen ganz nett aus ... im direkten Vergleich, wenn andere Teams ähnliche Programme fuhren, war der Sauber aber erkennbar langsamer.

Für Sauber wird es in erster Linie darum gehen, die Finanzen in geregelte Bahnen zu lenken.
Welchen Zweck die internen Umstrukturierungen verfolgen, darüber hüllte man sich z.B. in Stillschweigen. So wurde der wertvolle Windkanal (2004 eingeweiht, angeblich einer der besten im F1-Zirkus) aus der Sauber Holding ausgegliedert.

In Punkto Finanzen spielen die Fahrer Ericsson und Nasr eine große Rolle. Da kommt es Sauber natürlich garnicht recht, dass van der Garde und Sutil weitaus weniger Geld mitbringen, aber dennoch auf gültige Verträge für 2015 pochen. Im Falle von van der Garde mit medialem Aufruhr.
Hier heißt es Abwarten, wie es weitergeht. Bei Sauber kann man sich die Millionen von Ericsson und Nasr kaum durch die Lappen gehen lassen.


Platz 10: Manor

Ein Teil des Equipments wurde schon versteigert ... darunter auch das Windkanal-Modell für den 2015-Boliden.
Die Fabrik in Banbury wurde verkauft ... dort kommt nun der Haas-Rennstall unter.

Kurz vor knapp ist Manor jedoch aus der Insolvenz entkommen. die Geschäftsmänner Stephen Fitzpatrick und Justin King haben in den Rennstall investiert. Gut 50 Millionen Euro gesellen sich zu den gut 40 Millionen Euro Preisgeld dazu. Manor will die Saison mit einem Budget von gut 90 Millionen bestreiten.
Ohne das in Aussicht gestellte FOM-Preisgeld wäre daraus wohl nichts geworden ... siehe Caterham.

Die Mitarbeiter wurden zurück zur Arbeit berufen und sind nun wieder in Dinnington aktiv ... wie schon vor 2011 (vor dem Umzug nach Banbury also). Hier hat das F3-Team von Manor seine Heimat.

Hastig wurde der 2014-Bolide umgebaut, um die 2015-Regularien zu erfüllen. Der Crashtest bestand er auf Anhieb und ab ging es nach Australien. Erstaunlich, wie schnell man die Änderungen am Chassis hinbekam, während Force India lange auf die Chassis-Röhre warten musste.

Mit Will Stevens und Robertho Merhi bringen sicherlich noch zwei Fahrer etwas Geld mit und Jordan King darf dank Papa sich als "F1-Entwicklungsfahrer" bezeichnen lassen. So wie die belächelte (weil in der GP3 hoffnungslos hinterherfahrende) Carmen Jorda bei Lotus.

Robertho Merhi ist übrigens erstmal nur für Melbourne verpflichtet. Weite Einsätze? Das bleibt offen.

Im Heck des Manor werkelt übrigens der Ferrari-Motor von 2014. Der 2015-Motor ist zu unterschiedlich, um ohne weiteres reinzupassen. Vielleicht gibt es das später in der Saison, wenn Manor sich über Wasser halten kann.

Wenn Merhi und Stevens es schaffen, an die Zeiten von Bianchi und Chilton von letzter Saison ranzukommen, dann sollte die 107%-Regel kein Problem sein.

Die anderen Boliden sind wohl allesamt schneller als letzte Saison ... aber das liegt zu großen Teilen auch an den neuen Reifen.

Letzte Saison war Marussia weit entfernt von der 107%-Grenze.

Merhi und Stevens saßen beide schon in F1-Wagen. Merhi absolvierte letzte Saisons Freitagstrainings bei Caterham, Stevens fuhr ein Rennen.
Erfahrung sieht aber anders aus.

Übrigens, ich hab ein Foto gesehen, bei dem Stevens in der Manor-Box in Melbourne seinen Rennoverall aus der Formel Renault 3.5 trägt.
Und da haben manche Sauber belächelt, weil die Fahrer dort die grauen Overalls vom Vorjahr tragen...

Vielleicht war das Bild aber auch garnicht aktuell...


Wie auch immer. Vielleicht gelingt es Manor tatsächlich über die Runden zu kommen oder womöglich sogar die komplette Saison zu bestreiten. Mehr als ziemlich hoffnungslos hinterherfahren ist aber wahrscheinlich nicht drin.
Dabei sein ist vielleicht alles.

Die Manor-Mannschaft ist aber ne nette Truppe ... sei es ihnen gegönnt.
Hauptsache sie fahren nicht mit überalterten Teilen wie damals HRT (als bei Karthikeyan die Lenksäule brach und er in Rosberg rauschte).
 
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