John Oliver hat wirklich eine wahnsinnige Karriere hingelegt. Jon Stewart hat Late Night revolutioniert. Oliver hat bei ihm gelernt und den eingeschlagenen Weg weiterentwickelt - das hätte ich ihm nicht zugetraut, um ehrlich zu sein. Es hilft sicherlich, dass er mit Tim Carvell eines der Masterminds hinter der Daily Show zu HBO mitgenommen hat.
Oliver ist nicht "nur" Satririker, er leistet journalistische, aufklärerische Arbeit. Zum Teil durchaus klassisch und investigativ, in jedem Fall aber durch Curatorial journalism (wie ihn bspw.
Seth Abramson auf großartige Art und Weise praktiziert). Letztlich lockert er seinen meist deprimierenden Content durch Gags auf. Ich würde argumentieren, auch wenn Oliver öffentlich widersprechen würde, dass bei ihm die Aufklärungsarbeit im Fokus steht und die Gags um diesen herum Inhalt dann eingestreut werden.
Aber er macht das sehr gut. Er ist bspw. auch ein sehr guter Interviewer. Fast schade, dass er das so selten macht. Ein Interview-Coach hat in einem Vortrag mal erzählt, dass Oliver ein Großmeister in der Hinsicht sei und man von seiner Körpersprache und Gestik unheimlich viel lernen könne. Das war natürlich seine Spezialität in der Daily Show, die Erfahrung hat ihm da wahrscheinlich geholfen.
Wobei ich sagen muss, dass Oliver für mich persönlich unter dem Strich nicht an Bill Maher rankommt. Dessen Themen, die Live-Atmosphäre und der pechschwarze Humor in sehr direkter Sprache sind einfach genau mein Ding. Wobei Sprache mMn ein wichtiges und unterschätztes Thema ist. Da ist HBO schon ein Segen, denn auch Oliver verwendet letztlich eine Sprache in seiner Show, die du im normalen TV nicht zeigen könntest, die aber mMn sehr nah an dem dran ist, wie Menschen im Alltag miteinander reden. Das sorgt für eine hohe Authentizität. Zumindest mir geht es so, dass ich bei Maher und Oliver das Gefühl habe, ich würde sie in mein Wohnzimmer einladen und sie eine Präsentation halten lassen. Ich mag Seth Meyers und A Closer Look als Einordnung der News. Aber das Gefühl habe ich bei ihm nicht. Das Gefühl hatte ich selbst bei dem großartigen Jon Stewart nicht.
In einem sind Oliver und Maher sehr verschieden: während Oliver immer Wert darauf legt, auch konservativen Zuschauern zumindest grundsätzlich Respekt entgegen zu bringen und dabei fast schon eine wissenschaftliche Herangehensweise zeigt (lass mich dir die Fakten zeigen, bilde dir ein Urteil), argumentiert Maher sehr aus seiner politischen Sichtweise heraus. Wobei er sehr häufig auch konservative Gäste hat, mit denen er dann scharf diskutiert. Oliver arbeitet also "wissenschaftlich", Maher hat einen diskursiven Stil. Beides funktioniert für die Persönlichkeit der beiden herausragend gut, finde ich. Und dass HBO sie einfach ihr Ding durchziehen lässt muss man dem Sender mMn hoch anrechnen.