Wort zum Sport: Sehnsucht nach Mike
Kleine Zwischenfrage: Wie viele Freunde des Sports haben mitgekriegt, dass ein der einstigen Sowjetunion entstammendes Ungetüm, Nikolai Walujew mit Namen, am Samstag amerikanische Hoffnungen auf die Rückeroberung des amerikanischsten aller Weltmeistertitel - jenen eines Boxweltmeisters im Schwergewicht - vorerst zunichte gemacht hat? Und: Wie viele dieser Fans wären, so wie zur guten alten Zeit des Preisboxens, mitten in der Nacht aufgestanden für eine Direktübertragung aus Rosemont bei Chicago? Dem bedauernswerten Herausforderer Monte Barrett schlug das Beast from the East die Birne weich und darf nun seinen nächsten Titelkampf planen. Ob aber Walujews Taten überhaupt von Interesse sind, bleibe dahingestellt. Jedenfalls lassen Fernseh-Einschaltquoten in Nordamerika, dem Eldorado der Faustfechter, anderes vermuten. So scheint eine als «Ultimate Fighting Championship» (UFC) vermarktete Kampfsport-Disziplin, in der die Kontrahenten in einem achteckigen Käfig aufeinander losgelassen werden, den Blutdurst zahlungswilliger Zuschauer besser zu befriedigen als die lahmen Tänze der Schwergewichtler. Die haben umso mehr Probleme mit der Akzeptanz, als ihre derzeitigen Weltmeister allesamt in jenem Reiche geboren wurden, das Ronald Reagan das Böse nannte.
* In das Vakuum des ausgebluteten Boxsports springt nun jedoch, hurra, ein bestens bekannter Ehemaliger, der frühere Champion Mike Tyson. Dessen bevorstehende Welttournee, eine Serie von Schaukämpfen mit Premiere am übernächsten Freitag in Youngstown (Ohio), fällt mit dem 20. Jahrestag des ersten Titelgewinns von Iron Mike zusammen. Just 20 Jahre und 144 Tage alt, hatte Tyson am 22. November 1986 in Las Vegas dem damaligen Titelhalter, einem Kanadier namens Trevor Berbick, in eineinhalb Runden den Garaus gemacht und sich als jüngster Weltmeister der Geschichte feiern lassen. Dieser brutalen Ouverture liess Tyson während dreieinhalb Jahren neun Titelverteidigungen folgen, die er zumeist durch K. o. gewann. Was tat's, dass die Auswahl seiner Gegner höchst dubios war? Dem finsteren Schläger jubelte das Publikum wie besessen zu, boxte da doch endlich wieder einer ganz nach seinem Gusto, sec und gerade. Wie im Film. Bis im Januar 1990 ein gewisser Buster Douglas der Herrlichkeit ein Ende machte, indem er den «Eisernen Mike» ungerührt niederschlug. Die Medien redeten von der Überraschung des Jahrhunderts.
* Ziehen wir über die nächsten eineinhalb Jahrzehnte von Tysons Leben den Vorhang der Barmherzigkeit. Vergessen wir den Vergewaltigungsprozess, die dreijährige Zuchthausstrafe, die Comebackversuche, das Zubeissen in die Ohren eines Gegners, die Eskapaden ausserhalb des Rings, die Vaterschaftsklagen, die Millionenschulden. Halten wir stattdessen fest, dass die mehr oder weniger offene Freude der ungezählten Tyson- Fans am hemmungslosen Machismo des Idols offenbar ungebrochen blieb. Dies meint nicht zuletzt Sterling McPherson, Chef der Promotionsfirma, die Tysons World Tour inszeniert. In der Volksrepublik China, in Irland und in Australien, überall, wo der Ex-Champion zwecks Promotion seiner Schaukämpfe auftauchte, sei die Begeisterung riesig gewesen, berichtet McPherson, weshalb er «Fans auf der ganzen Welt die Chance gebe, Mike wieder boxen zu sehen».
* Nichts gegen Schaukämpfe - Box-Weltmeister, nicht selten knapp bei Kasse, haben sie selten verschmäht, und in feineren Sportarten wie Golf oder Tennis gehören sogenannte «Exhibitions» von Senioren zum guten Ton. Und gar nichts dagegen, Tyson die Gelegenheit zu geben, seine Schulden abzutragen. Im Vergleich mit deren Höhe nimmt sich der Preis für die Pay-per-View- Übertragung (29 Dollar 95) allerdings ebenso bescheiden aus wie der Eintritt im Chevy-Center von Youngstown (zwischen 25 und 200 Dollar). Zu denken gäbe dafür das Konsumverhalten des Publikums, das bloss darauf wartet, den Eisernen Mike wieder zum Zuschlagen anzufeuern. Aber: Wer kommt denn in der Welt des bezahlten Sports schon zum Denken?
Rod AckermannWort zum Sport: Sehnsucht nach Mike
Kleine Zwischenfrage: Wie viele Freunde des Sports haben mitgekriegt, dass ein der einstigen Sowjetunion entstammendes Ungetüm, Nikolai Walujew mit Namen, am Samstag amerikanische Hoffnungen auf die Rückeroberung des amerikanischsten aller Weltmeistertitel - jenen eines Boxweltmeisters im Schwergewicht - vorerst zunichte gemacht hat? Und: Wie viele dieser Fans wären, so wie zur guten alten Zeit des Preisboxens, mitten in der Nacht aufgestanden für eine Direktübertragung aus Rosemont bei Chicago? Dem bedauernswerten Herausforderer Monte Barrett schlug das Beast from the East die Birne weich und darf nun seinen nächsten Titelkampf planen. Ob aber Walujews Taten überhaupt von Interesse sind, bleibe dahingestellt. Jedenfalls lassen Fernseh-Einschaltquoten in Nordamerika, dem Eldorado der Faustfechter, anderes vermuten. So scheint eine als «Ultimate Fighting Championship» (UFC) vermarktete Kampfsport-Disziplin, in der die Kontrahenten in einem achteckigen Käfig aufeinander losgelassen werden, den Blutdurst zahlungswilliger Zuschauer besser zu befriedigen als die lahmen Tänze der Schwergewichtler. Die haben umso mehr Probleme mit der Akzeptanz, als ihre derzeitigen Weltmeister allesamt in jenem Reiche geboren wurden, das Ronald Reagan das Böse nannte.
* In das Vakuum des ausgebluteten Boxsports springt nun jedoch, hurra, ein bestens bekannter Ehemaliger, der frühere Champion Mike Tyson. Dessen bevorstehende Welttournee, eine Serie von Schaukämpfen mit Premiere am übernächsten Freitag in Youngstown (Ohio), fällt mit dem 20. Jahrestag des ersten Titelgewinns von Iron Mike zusammen. Just 20 Jahre und 144 Tage alt, hatte Tyson am 22. November 1986 in Las Vegas dem damaligen Titelhalter, einem Kanadier namens Trevor Berbick, in eineinhalb Runden den Garaus gemacht und sich als jüngster Weltmeister der Geschichte feiern lassen. Dieser brutalen Ouverture liess Tyson während dreieinhalb Jahren neun Titelverteidigungen folgen, die er zumeist durch K. o. gewann. Was tat's, dass die Auswahl seiner Gegner höchst dubios war? Dem finsteren Schläger jubelte das Publikum wie besessen zu, boxte da doch endlich wieder einer ganz nach seinem Gusto, sec und gerade. Wie im Film. Bis im Januar 1990 ein gewisser Buster Douglas der Herrlichkeit ein Ende machte, indem er den «Eisernen Mike» ungerührt niederschlug. Die Medien redeten von der Überraschung des Jahrhunderts.
* Ziehen wir über die nächsten eineinhalb Jahrzehnte von Tysons Leben den Vorhang der Barmherzigkeit. Vergessen wir den Vergewaltigungsprozess, die dreijährige Zuchthausstrafe, die Comebackversuche, das Zubeissen in die Ohren eines Gegners, die Eskapaden ausserhalb des Rings, die Vaterschaftsklagen, die Millionenschulden. Halten wir stattdessen fest, dass die mehr oder weniger offene Freude der ungezählten Tyson- Fans am hemmungslosen Machismo des Idols offenbar ungebrochen blieb. Dies meint nicht zuletzt Sterling McPherson, Chef der Promotionsfirma, die Tysons World Tour inszeniert. In der Volksrepublik China, in Irland und in Australien, überall, wo der Ex-Champion zwecks Promotion seiner Schaukämpfe auftauchte, sei die Begeisterung riesig gewesen, berichtet McPherson, weshalb er «Fans auf der ganzen Welt die Chance gebe, Mike wieder boxen zu sehen».
* Nichts gegen Schaukämpfe - Box-Weltmeister, nicht selten knapp bei Kasse, haben sie selten verschmäht, und in feineren Sportarten wie Golf oder Tennis gehören sogenannte «Exhibitions» von Senioren zum guten Ton. Und gar nichts dagegen, Tyson die Gelegenheit zu geben, seine Schulden abzutragen. Im Vergleich mit deren Höhe nimmt sich der Preis für die Pay-per-View- Übertragung (29 Dollar 95) allerdings ebenso bescheiden aus wie der Eintritt im Chevy-Center von Youngstown (zwischen 25 und 200 Dollar). Zu denken gäbe dafür das Konsumverhalten des Publikums, das bloss darauf wartet, den Eisernen Mike wieder zum Zuschlagen anzufeuern. Aber: Wer kommt denn in der Welt des bezahlten Sports schon zum Denken?
Rod AckermannWort zum Sport: Sehnsucht nach Mike
Kleine Zwischenfrage: Wie viele Freunde des Sports haben mitgekriegt, dass ein der einstigen Sowjetunion entstammendes Ungetüm, Nikolai Walujew mit Namen, am Samstag amerikanische Hoffnungen auf die Rückeroberung des amerikanischsten aller Weltmeistertitel - jenen eines Boxweltmeisters im Schwergewicht - vorerst zunichte gemacht hat? Und: Wie viele dieser Fans wären, so wie zur guten alten Zeit des Preisboxens, mitten in der Nacht aufgestanden für eine Direktübertragung aus Rosemont bei Chicago? Dem bedauernswerten Herausforderer Monte Barrett schlug das Beast from the East die Birne weich und darf nun seinen nächsten Titelkampf planen. Ob aber Walujews Taten überhaupt von Interesse sind, bleibe dahingestellt. Jedenfalls lassen Fernseh-Einschaltquoten in Nordamerika, dem Eldorado der Faustfechter, anderes vermuten. So scheint eine als «Ultimate Fighting Championship» (UFC) vermarktete Kampfsport-Disziplin, in der die Kontrahenten in einem achteckigen Käfig aufeinander losgelassen werden, den Blutdurst zahlungswilliger Zuschauer besser zu befriedigen als die lahmen Tänze der Schwergewichtler. Die haben umso mehr Probleme mit der Akzeptanz, als ihre derzeitigen Weltmeister allesamt in jenem Reiche geboren wurden, das Ronald Reagan das Böse nannte.
* In das Vakuum des ausgebluteten Boxsports springt nun jedoch, hurra, ein bestens bekannter Ehemaliger, der frühere Champion Mike Tyson. Dessen bevorstehende Welttournee, eine Serie von Schaukämpfen mit Premiere am übernächsten Freitag in Youngstown (Ohio), fällt mit dem 20. Jahrestag des ersten Titelgewinns von Iron Mike zusammen. Just 20 Jahre und 144 Tage alt, hatte Tyson am 22. November 1986 in Las Vegas dem damaligen Titelhalter, einem Kanadier namens Trevor Berbick, in eineinhalb Runden den Garaus gemacht und sich als jüngster Weltmeister der Geschichte feiern lassen. Dieser brutalen Ouverture liess Tyson während dreieinhalb Jahren neun Titelverteidigungen folgen, die er zumeist durch K. o. gewann. Was tat's, dass die Auswahl seiner Gegner höchst dubios war? Dem finsteren Schläger jubelte das Publikum wie besessen zu, boxte da doch endlich wieder einer ganz nach seinem Gusto, sec und gerade. Wie im Film. Bis im Januar 1990 ein gewisser Buster Douglas der Herrlichkeit ein Ende machte, indem er den «Eisernen Mike» ungerührt niederschlug. Die Medien redeten von der Überraschung des Jahrhunderts.
* Ziehen wir über die nächsten eineinhalb Jahrzehnte von Tysons Leben den Vorhang der Barmherzigkeit. Vergessen wir den Vergewaltigungsprozess, die dreijährige Zuchthausstrafe, die Comebackversuche, das Zubeissen in die Ohren eines Gegners, die Eskapaden ausserhalb des Rings, die Vaterschaftsklagen, die Millionenschulden. Halten wir stattdessen fest, dass die mehr oder weniger offene Freude der ungezählten Tyson- Fans am hemmungslosen Machismo des Idols offenbar ungebrochen blieb. Dies meint nicht zuletzt Sterling McPherson, Chef der Promotionsfirma, die Tysons World Tour inszeniert. In der Volksrepublik China, in Irland und in Australien, überall, wo der Ex-Champion zwecks Promotion seiner Schaukämpfe auftauchte, sei die Begeisterung riesig gewesen, berichtet McPherson, weshalb er «Fans auf der ganzen Welt die Chance gebe, Mike wieder boxen zu sehen».
* Nichts gegen Schaukämpfe - Box-Weltmeister, nicht selten knapp bei Kasse, haben sie selten verschmäht, und in feineren Sportarten wie Golf oder Tennis gehören sogenannte «Exhibitions» von Senioren zum guten Ton. Und gar nichts dagegen, Tyson die Gelegenheit zu geben, seine Schulden abzutragen. Im Vergleich mit deren Höhe nimmt sich der Preis für die Pay-per-View- Übertragung (29 Dollar 95) allerdings ebenso bescheiden aus wie der Eintritt im Chevy-Center von Youngstown (zwischen 25 und 200 Dollar). Zu denken gäbe dafür das Konsumverhalten des Publikums, das bloss darauf wartet, den Eisernen Mike wieder zum Zuschlagen anzufeuern. Aber: Wer kommt denn in der Welt des bezahlten Sports schon zum Denken?
Rod Ackermann
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was meint dieser vollidiot mit dubioser gegnerwahl tysons? :idiot: