Klitschko-Boxkampf
Der Nächste, bitte
Von Wolfgang Hettfleisch
Boxer (Bild: getty)
Die jüngste Wendung traf das Lager von Wladimir Klitschko nicht unvorbereitet. "Wir haben den Kampfvertrag ja nie zurückbekommen", sagt dessen Manager Bernd Bönte. Deshalb ahnten der 34-jährige IBF- und WBO-Weltmeister im Schwergewicht und seine Entourage, dass der zum Gegner für den Frankfurter Titelkampf am 11. September erkorene Alexander Powetkin nicht antreten würde. Aus der Ahnung wurde fast schon Gewissheit, als der 30-jährige Russe am Montag nicht zur vereinbarten Pressekonferenz am Main erschien.
Bönte war erst spät am vorangegangenen Abend per E-Mail informiert worden, dass der in New Jersey trainierende Powetkin den Flug über den Atlantik sausenließ. Begründung: Der "Weiße Tiger" laboriere an einer Nebenhöhlenentzündung. Die Sinusitis hatte den als Profi ungeschlagenen Olympiasieger von Athen freilich nicht davon abgehalten, am vorigen Wochenende Kampfabende in Newark und Atlantic City zu besuchen. Kneift der Russe, weil er Klitschkos Schlaghärte fürchtet? Bönte zumindest muss nicht lang überlegen: "Vermutlich ja."
Bei Sauerland Event, wo Powetkin unter Vertrag steht, sieht man das naturgemäß anders. "Wir fänden es schade, falls der Kampf nicht zustande kommt", sagt Sprecher Frank Bleydorn. Was klingt, als sei noch ein Hintertürchen offen, ist eine Sprachregelung, die verhindern soll, für das Platzen des Kampfs verantwortlich gemacht zu werden. Formal hat nicht Powetkin abgesagt, die International Boxing Federation strich den Herausforderer. Weil der den Pflichttermin am Montag in Frankfurt geschwänzt hat, greift beim zuständigen der drei großen Weltverbände das Prinzip: Der Nächste, bitte! Dieser "next available contender", der verfügbare Gegner, der am höchsten in der IBF-Rangliste steht, ist Samuel Peter.
Das Management des im US-Spielerparadies Las Vegas lebenden Nigerianers hat bereits Zustimmung signalisiert. Man sei bereits in Gesprächen und erwarte eine rasche Einigung, sagte der Präsident von Peters Boxstall Top Rank, Todd duBoef, dem US-Sportsender ESPN. Peter hat gemischte Gefühle, wenn er an seine letzte Begegnung mit Wladimir Klitschko im Ring zurückdenkt.
Im September 2005 schickte er den jüngeren der Klitschko-Brüder in einem WM-Ausscheidungskampf in Atlantic City dreimal zu Boden, verlor den Kampf jedoch einstimmig nach Punkten. Ivaylo Gotzev, der Manager des 29-jährigen Schwergewichtsboxers mit dem klingenden Kampfnamen "Der nigerianische Albtraum", verkündet schon mal, Peter werde nach Frankfurt kommen, um den Job von vor fünf Jahren endlich zu vollenden.
Harter Kampf zu erwarten
Bernd Bönte schmeckt das Ballyhoo natürlich. "Klasse, dass jemand von Peters Format bereitsteht", sagt er und verspricht den deutschen Boxfans: "Dieser Rückkampf wird ein Wahnsinnsding." Allerdings hat der beim ersten Aufeinandertreffen ungeschlagene Peter nun zwei weitere Niederlagen im Kampfrekord - eine im Oktober 2008 gegen Wladimirs Bruder Vitali in Berlin. Da kam er nach acht Runden, in denen er hoffnungslos unterlegen gewesen war, nicht mehr aus der Ecke.
Dennoch: Wladimir Klitschko muss den hart schlagenden Nigerianer ernst nehmen. Dass Powetkin dem Titel-Fight gewachsen gewesen wäre, bezweifelt sogar dessen Coach Teddy Atlas. "Ich war nie für diesen Kampf zum jetzigen Zeitpunkt", sagte die Trainerlegende ESPN. Selbst die Aussicht auf eine Kampfbörse von mehr als zwei Millionen Dollar konnte Atlas, dem zehn Prozent zugestanden hätten, nicht überzeugen. Mehr Anerkennung für Klitschkos K.o.-Künste geht wohl nicht.
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