Auch wenn die Damen hier nicht so gern gesehen sind, dennoch mal ein kleiner Rückblick auf die deutschen Spielerinnen.
Tamara Korpatsch, 20 Jahre, WTA 301
Die season end-Position ist bei ihr gleichzeitig auch career high. Die ganze Saison hat die junge Hoffnung auf der ITF-Tour verbracht, sich allerdings auf die grösseren Turniere (ITF $25'000 aufwärts) konzentriert. Korpatsch zeigte dabei konstante Leistungen, die sich meist zwischen Runde zwei und Halbfinale befanden, allerdings blieb sie teilweise auch schon in der Qualifikation hängen. Das Highlight ihrer Saison war der Turniersieg in Brünn. Alles in allem war es für Korpatsch eine gute Saison, die sie von Position 794 bis knapp in die ersten 300 gebracht hat.
Prognose: Für 2016 gilt es für sie nun, die Position unter den ersten 300 zu festigen, bei einem guten Saisonverlauf kann sie eventuell auch auf eine Rangierung in den Top 200 schielen. Das Potential dafür hat sie definitiv.
Antonia Lottner, 19 Jahre, WTA 280
Die Düsseldorferin gilt momentan als eines der grössten Talente im deutschen Damentennis, das zeigten auch einige Matches in der vergangenen Saison. Im Gegensatz zu Korpatsch konnte Lottner bereits erste Erfahrungen auf der WTA-Tour sammeln, so erhielt sie wie im Vorjahr in Nürnberg eine Wildcard fürs Hauptfeld (Zwei-Satz-Niederlage gegen Karin Knapp), durfte in Stuttgart in der Qualifikation starten. Lottner feierte einige nette Siege, unter anderem auch gegen Spielerinnen aus den ersten 200 (bspw. Crawford, Glatch, Krejcivova oder Maria, ehemals Malek). Auch sonst sah sie gegen diese Spielerinnen oftmals gut aus, brachte mit Larsson auch eine Top 100-Spielerinnen an den Rand einer Niederlage.
Prognose: Lottner wird ihren Weg weiterhin gehen. Kann sie ihre Leistungen wieder so abrufen und evt. einen weiteren Schritt machen, ist sie eine, welcher ich den Sprung unter die ersten 200 zutraue, doch die Konkurrenz ist gross, viele junge Spielerinnen preschen nach vorne.
Dinah Pfizenmaier, 23 Jahre, WTA 267
Die Saison von Pfizenmaier ging wohl weniger lange als geplant: Nach überstandener Qualifikation und einer Erst-Runden-Niederlage gegen Zarina Diyas an den French Open bestritt die Bielefelderin aufgrund einer Schulterverletzung kein Spiel mehr. Folglich rutsche Pfizenmaier aus den ersten 200. Doch auch bis zur ihrer Verletzung verlief ihre Saison eher durchzogen, viele Niederlagen gegen teilweise klar schlechter rangierte Spielerinnen, nur ein Sieg gegen eine Gegnerin mit einer zweistelligen Ranglisten-Position - Konstanz? Fehlanzeige.
Prognose: Pfizenmaier dürfte mit einem protected ranking auf die Tour zurückkehren, wann dies der Fall sein wird, ist noch nicht abzusehen. Für sie heißt es dann erstmal zu ihrer Form zurückzukehren und sich wieder in den ersten 200 zu etablieren. Dies ist wohl auch die Gegend, wo sie am ehesten hingehört.
Anne Schäfer, 28 Jahre, WTA 218
Schäfer hat sich vor allem mit Siegen an kleineren ITF-Turnieren in der Weltrangliste von 420 wieder nahe an die ersten 200 hochgearbeitet. Fünf Turniere hat sie im vergangenen Jahr gewonnen, drei davon sind mit ITF $10'000-Turnieren die tiefst mögliche Kategorie (wovon zwei in Antalya gewonnen wurden; mit Sharm El-Sheik die jeweils am schlechtesten besetzten Turniere). Auf dieser Stufe (bis und mit den ITF $25'000) kann sie überzeugen. Sobald die Spieler etwas stärker einzuschätzen sind, hat sie selten eine Chance. Siege wie jene gegen Shahar Peer oder Beatriz Haddad Maia sind überraschende Ausreisser nach oben.
Prognose: Kann Schäfer wieder derart konstant bei den kleinen Turnieren abliefern, ist es gut möglich, dass sie ihre Position halten kann. Vermutlich wird sie eine Stufe höher angreifen wollen (ITF 25'000 und grösser), hätte sie dort allerdings Erfolg, würde mich dies überraschen.
Laura Siegemund, 27 Jahre, WTA 98
Siegemund pendelte immer zwischen den kleineren Turnieren der WTA-Tour und den grösseren Turnieren der ITF-Tour. Die Ergebnisse, welche sie an diesen Turnieren erbracht hat, waren größtenteils konstant auf ansprechendem Niveau: Viertelfinale in Florianopolis und Luxembourg, zweimal die Qualifikation für Grand Slam-Turniere geschafft, viele Semis bei wie gesagt grösseren Turnieren auf der ITF-Tour. Das Saison-Highlight dürfte bestimmt der Turniersieg beim stark besetzten ITF $100'000-Turnier in Biarritz gewesen sein. Ihr starker Endspurt bringt ihr die erstmalige direkte Qualifikation für das Hauptfeld eines Grand Slam-Turnieres ein.
Auch im Doppel feiert sie viele Erfolge: Mit immer wechselnden Partnerinnen gewann sie 2015 drei WTA-Turniere, stand dazu bei zwei weiteren im Finale. Dies bringt sie im Doppel momentan auf den ordentlichen Rang 44 in der Weltrangliste.
Prognose: Ihr Ziel muss es sein, sich auf den kleineren Turnieren der WTA-Tour zu etablieren, um nicht immer wieder auf die ITF-Tour ausweichen zu müssen. Ebenso muss sie ihre Position in den ersten Hundert festigen, sodass sie primär bei den Grand Slams direkt im Hauptfeld steht und auf Losglück hoffen kann. Eine Endrangierung in den ersten Hundert liegt für sie definitiv wieder im Bereich des Möglichen. Auch im Doppel könnte ihr Weg mit weiteren Turniersiegen erfolgreich weiter gehen.
Anna-Lena Friedsam, 21 Jahre, WTA 95
Wie im Vorjahr sicherte sich Friedsam mit einem starken Saison-Endspurt einen Platz im MD der Australian Open. Friedsam hatte oftmals ziemliches Losglück, konnte dies allerdings nicht wirklich ausschöpfen, häufig auch bei ITF-Turnieren nicht. Ausreisser nach oben war der Sieg beim ITF $50'000-Turnier in Ilkley und wie gesagt der Saison-Endspurt mit u.a. dem Finale in Linz und dem Viertelfinale in Tashkent. Oftmals blieb sie allerdings in der Qualifikation (7x), in der ersten Runde (8x) oder spätestens in der zweiten Runde hängen. Sie muss ihr Repertoire erweitern bzw. verbessern, nur ihr Aufschlag reicht auf diesem Niveau nicht.
Prognose: Friedsam müsste endlich Konstanz in ihr Spiel bringen, dann würde es auch mit einer besseren Rangierung klappen. Ansonsten müsste sie sich wieder auf ihren starken Endspurt verlassen, sodass sie an den AO immerhin wieder im Hauptfeld steht.
Tatjana Maria, 28 Jahre, WTA 74
Maria, die am Besten rangierte Mutter auf der WTA-Tour, spielte 31 Turniere im vergangenen Kalenderjahr - einzig Timea Babos spielte aus den ersten Hundert mehr Turniere als sie. Maria begann sehr gut, zu Beginn um Position 160 rangiert spielte sie sich bis April in die ersten Hundert zurück. Sie konnte das ITF $100'000-Turnier in Midland gewinnen, im zweiten dieser Art in Cagnes-sur-Mer erreichte sie das Finale, danach schien der Wurm drin zu sein. Ab Mitte Mai bis Oktober klappte kaum noch etwas, konnte auch spielerisch nicht mehr derart überzeugen. Der Lichtblick in dieser Zeit war die dritte Runde in Wimbledon, die zweite Runde hat sie ansonsten nie mehr überstanden. Immerhin konnte sie die Saison mit einem Lichtblick beenden, Sieg in Toronto (ITF $50'000) und Viertelfinale in Carlsbad (WTA 125k Series), allerdings auch eine Niederlage in der ersten Runde in Scottsdale (wieder ITF $50'000).¨
Prognose: Sie hat das Potential weiter vorne mitzuspielen, dass hat sie uns als Malek schon gezeigt. Ihr career high steht momentan bei 62, allerdings traue ich ihr 2016 zu, dieses zu knacken. In der ersten Hälfte hat sie einige Punkte zu verteidigen, in der zweiten kann sie dann allerdings voll angreifen. Für sie könnten die Top 50 ein realistisches Ziel sein.
Carina Witthöft, 20 Jahre, WTA 64
Meiner Meinung nach ist Witthöft auf kurze Sicht die deutsche Spielerin, welcher man am meisten zutrauen darf. Und auch wenn sie 2015 einen Sprung von außerhalb der Top 100 bis nahe an die ersten 50 machte (im August war sie kurz darin), war dabei noch viel Luft nach oben. Obwohl sie in Altenkirchen, Cagnes-sur-Mer und Versmold jeweils ein grösseres ITF-Turnier gewinnen konnte, waren da einige unnötige Niederlagen dabei. Da ging sie oftmals gegen Gegnerinnen, die definitiv in ihrer Kragenweite liegen, als Verliererin vom Platz, viel zu oft auch zu klar. Ganz bitter war natürlich die Brille in Wimbledon gegen Kerber.
Doch auch einige Lichtblicke waren in ihrer Saison dabei: dritte Runde an den Australian Open, Achtelfinale nach überstandener Qualifikation in Toronto, Viertelfinale in Kuala Lumpur und Nürnberg - das macht Hoffnung auf mehr.
Prognose: Witthöft wird mit ihrem Power-Tennis ihren Weg weiterhin gehen. Wie schnell, dass wissen nur die Götter. Das Potential, nächste Saison in die ersten 50 einzudringen und sich dort zu halten, hat sie ohne Frage.
Annika Beck, 21 Jahre, WTA 58
Die Entwicklung der zweiten Damen-Hoffnung nebst Witthöft stagniert zurzeit: 58, 56 und jetzt wieder 58 sind ihre letzten year-end-Rangierungen. Obwohl sie auch in diesem Jahr wieder einen WTA-Titel (Québec, im Vorjahr Luxembourg) gewinnen konnte und dazu in einem Finale stand (im ziemlich schwach besetzten Turnier von Florianopolis), kann sie wieder keinen Schritt nach vorne machen. Ob wohl ihre Ergebnisse nicht so schlecht aussehen (dritte Runde French Open, Viertelfinale Tashkent, Bad Gastein und 's-Hertogenbusch und die bereits erwähnten), hat auch sie zu viele dämliche Niederlagen in ihrer Saison gehabt. Das sie zu besserem fähig ist, hat sie auch in dieser Saison mit einem Sieg gegen Radwanska und sehr knappen Niederlagen gegen Halep und Pliskova (2x) gezeigt.
Prognose: Beck müsste die Zahl der unnötigen Niederlagen vermindern, dass sie einen weiteren Sprung nach vorne machen kann. Grundsätzlich hat sie das Potential, doch ich denke, dass sie auch 2016 wieder in dieser Gegend beenden wird.
Julia Görges, 27 Jahre, WTA 50
Ja gut, was will man zu Görges sagen? Es ist halt Görges. Ihre Saison begann vielversprechend, Viertelfinale in Auckland und Kuala Lumpur, dazu das Achtelfinale an den Aussie Open. Danach ging, abgesehen vom zweiten Grand Slam-Achtelfinale in Paris, eigentlich kaum mehr etwas, ab Mitte März ist sie nicht mehr über die zweite Runde hinausgekommen. Ein klassischer Görges also. Immerhin konnte sie die zweite Runde meist bei den grösseren Turnieren (Premier 5 und aufwärts). Allerdings konnte sie an der Seite von Lucie Hradecka auch einen Doppeltitel (New Heaven) gewinnen.
Prognose: Ich lasse es. Bei Görges kann man vorhersagen, was man will - es kommt nicht so wie gedacht.
Mona Barthel, 25 Jahre, WTA 45
Meines Erachtens etwas ein Sorgenkind im deutschen Damentennis. Im Vergleich zum Vorjahr hat sie ihre Position zwar halten können, allerdings mehr schlecht als recht. Barthel hat ein unglaublich verkorkstes Jahr hinter sich, 13x ist sie bereits in Runde 1 gescheitert (zwischen Stuttgart und Wimbledon acht mal davon in Folge), danach konnte sie zum Glück wieder etwas einen Zacken zulegen. In Bastad und Luxembourg stand sie im Finale, in Stanford und Seoul immerhin im Viertelfinale und an den US Open konnte sie doch die dritte Runde erreichen. Diese verbesserten Ergebnisse brachten sie immerhin wieder zurück in die Top 50. Auch sie konnte einen Doppeltitel ergattern: an der Seite von Siegemund gewann sie beim letzten Turnier in Luxembourg.
Prognose: Da sie vor allem im Frühsommer nicht viele bzw. keine Punkte zu verteidigen hat, kann sie dadurch eventuell wieder einen Sprung nach vorne machen. Auf die ganze Saison gesehen wird das für sie, denke ich, schwer. An ihr career high von 23 kommt sie meiner Meinung nach nicht mehr heran, mehr als Überraschungssiege gegen bessere Gegnerinnen liegen kaum drin.
Sabine Lisicki, 26 Jahre, WTA 32
Die Bum-Bum-Biene - an keiner deutschen Spielerin spalten sich die Gemüter derart wie an ihr. Einige mögen sie, andere hassen sie. Aber man muss sagen, dass sie ein ordentliches Jahr hatte und hätte sie aufgrund einer Knieverletzung nicht nach den US Open die Saison beenden müssen, würde sie auch weiter vorne stehen. Zwar konnte sie kein Finale erreichen, aber konnte sich in die Semis von Indian Wells und Birmingham spielen. Dazu Viertelfinale in Miami und Achtelfinale in Toronto und an den US Open. Dass sie will, zeigte sie in der dritten Runde am Big Apple, als sie im dritten einen 1:5-Rückstand gegen Strycova drehen konnte und in der Folgerunde nur knapp an Halep scheiterte (trotz Knieverletzung!). Ich will sie nicht nur mit Komplimenten überhäufen, man muss auch sagen, dass 2015 einige dumme Niederlagen dabei waren (Date-Krumm fällt mir da spontan ein).
Prognose: Die vergangene Saison stimmt mich positiv für 2016. Da waren einige starke Matches von ihr dabei (bspw. Serena in Miami oder wie gesagt Halep an den UO), kann sie diese Form mit ins neue Jahr nehmen und macht auch ihr Knie mit, dann dürfte sie auch wieder die Top 20 anpeilen.
Andrea Petkovic, 28 Jahre, WTA 24
N-TV betitelte Petko als Häufchen Elend, dass die Fortsetzung ihrer Tennis-Karriere in Frage stellte. Sie selbst beschrieb es als depressive Verstimmung, sie habe ihre Lebensfreude verloren und die Erkrankung ihrer Mutter machte das Ganze nicht unbedingt besser. Für sie war die Tour eine Folter, eine Pflicht, doch nach eigenen Aussagen konnte sie das ganze hinter sich lassen.
Ihren Ergebnissen hatte man das lange nicht angemerkt, konstant lieferte sie diese zwischen Runde 2 und Viertelfinale, auch wenn sie das Jahr mit drei Erstrunden-Niederlagen denkbar ungünstig startete. Den Höhepunkt erreichte sie wohl mit dem Turniersieg in Antwerp und den Semis in Miami und Charleston, den Tiefpunkt definitiv am Saisonende mit vier Erstrunden-Niederlagen in den letzten fünf Turnieren und den zwei Niederlagen (davon eine Brille gegen Svitolina) an der WTA Elite Trophy.
Prognose: Eine Prognose bei Petkovic ist besonders schwer. Vieles hängt davon ab, ob sie tatsächlich physisch wieder derart stabil ist wie sie es zu glauben vermag. Ich denke, für sie ist die Rangierung nicht mehr das Entscheidende, sie will einfach wieder Bock auf Tennis haben. Kann sie sich wieder in die Top 20 vorarbeiten, darf sie aber bestimmt zufrieden sein.
Angelique Kerber, 27 Jahre, WTA 10
Die meisten gewonnenen Matches in dieser Saison (53, ex aequo mit Serena und Pliskova), die meisten Finals in dieser Saison (5, ex aequo mit Serena und Halep) und die meisten Titel hinter Serena (4, davon alles auf Premier-Stufe) und was geschieht? An ihr wird herumgemotzt. Es ist aber auch das, was ich an ihr mag, dass sie sagt, was sie denkt. Und ganz Unrecht hatte sie damals mit ihrer Kritik am Turniermodus an den Finals nicht.
Alles in allem hat Kerber in diesem Jahr abgeliefert, was man von ihr erwarten kann. Titel in Charleston, Stuttgart, Birmingham und Stanford, Finale in Hongkong und Semis in Sydney, Nürnberg und Wuhan. Abgesehen von Hongkong und Nürnberg sind das alles Premier-Turniere. Was man bemängeln könnte oder gar muss, dass die Bremerin diese Leistungen nicht an den grossen Turnieren abliefern konnte, sprich bei den Premier 5, Premier Mandatory und den Grand Slams grundsätzlich auf ganzer Linie enttäuschte.
Prognose: Kerbers Ziel wird es sein, ihren Platz in den Top 10 zu verteidigen. Ein schweres Unterfangen, wie ich empfinde. Von hinten drängen einige junge Spielerinnen nach vorne (Pliskova, Bencic, Keys, etc.), ihr Platz sehe ich mitunter am ehesten gefährdet. Ihr Glück könnte sein, dass sie trotz einem guten Jahr bei den Turnieren, wo viele Punkte vergeben werden, noch Luft nach oben hat.
Meine Endpositions-Tipps: 13. Kerber, 22. Lisicki, 27. Petkovic, 39. Witthöft, 47. Beck, 53. Barthel, 58. Maria, 61. Görges, 87. Siegemund, 122. Friedsam, 176. Pfizenmaier, 208. Lottner, 256. Korpatsch, 288. Schäfer - mal sehen, wie daneben ich liege.