Satire, die im Buche steht


emkaes

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Ephraim Kishon wahrscheinlich einer der einflussreichsten und meistgelesenen Satiriker des 20. Jh.

Als Satiriker hat er ein extrem weites Spektrum von Themen abgearbeitet. Vom alltäglichen Wahnsinn des Familienlebens, über das anstrengende Leben in Kaffeehäusern, bis zu sehr politischen Satiren mit großem Biss.

Kishon stand bei meinen Eltern im Bücherregal und dort habe ich ihn wohl noch als Grundschüler in die Finger bekommen. Zuerst die Familiengeschichten, um Amir, Renana und die beste Ehefrau von Allen, dann die Geschichten um Jossele und den Blaumilchkanal. Als frischgebackener Gymnasiast hat mir Kishon dann den ersten Einstieg in die Geschichte des Nahost - Konfliktes ermöglicht ("Wie unfair David"). Kishon war da zwar pro - israelisch, aber nicht chauvinistisch - nationalistisch - trotzdem brauchte ich ein wenig bis ich auch die andere Seite des Konflikts wieder wahrnehmen konnte.

Kishons persönliche Geschichte als Überlebender des Holocausts, die er in einer Autobiographie schildert, zeigen auch seine Verbindung zu Deutschland an, wo er eine große Fangemeinde hatte, mit der er sich auch auf deutsch verständigen konnte (auch wenn der großartige Friedrich Torberg seine Werke lange übersetzte). Seine Abrechnung mit der Irrwitzigkeit des nationalsozialistischen Antisemitismus ("Mein Kamm") ist nicht nur eine großartige Satire/Parabel - sondern auch großartige Literatur.

Auch heute nehme ich Kishon gerne zur Hand und lasse mich von einer schwarz - humorigen Kurzgeschichte schnell wieder aufheitern. Seine Charaktere (Neben seiner Familie fallen mir spontan Jarden Podmanitzki, Jossele, Dulnikker und Flinta ein) sind so liebevoll gezeichnet, dass man weder ihnen noch Kishon für ihre Taten böse sein kann.
 

theGegen

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........Kishon stand bei meinen Eltern im Bücherregal und dort habe ich ihn wohl noch als Grundschüler in die Finger bekommen. Zuerst die Familiengeschichten, um Amir, Renana und die beste Ehefrau von Allen, dann die Geschichten um Jossele und den Blaumilchkanal......

Auf diese Weise habe ich ihn auch kennengelernt, aber so im Nachhinein gesehen finde ich ihn doch eher fad.
Ein ganz großer Satiriker (und Zyniker) mit (amerikanisch) jüdischem Hintergrund ist Joseph Heller. Liest man seine Bücher, so kommt einem Kishon erst recht hausbacken und langweilig vor.
 

Tuco

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Ein ganz großer Satiriker (und Zyniker) mit (amerikanisch) jüdischem Hintergrund ist Joseph Heller. Liest man seine Bücher, so kommt einem Kishon erst recht hausbacken und langweilig vor.
Ich hab's auch gerne noch ein wenig böser. Deshalb mag ich etwa Thomas Bernhard oder Michel Houellebecq auch sehr gerne, vor allem ersteren. Haben eigentlich auch beide einen eigenen Thread verdient... ;)
 

emkaes

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Dann wandeln wir den Thread doch in einen allgemeinen Satire Thread um :)

@Gegen: Fad? Woran liegts? Angenehm finde ich bei Kishon gerade, dass er den Grad zur Bösartigkeit eigentlich nicht überschreitet, daher oft vielleicht ein wenig konventionell erscheint. Ich mag aber diesen liebevollen Umgang mit Charakteren (das hat er z. B. mit einem Heinz Erhardt gemein). Gerade bei seinen Familiengeschichte ist die Grenze zwischem "bloßen" Humorist und Satiriker sicher fließend.

Muss aber auch gestehen, dass ich Heller gar nicht - Houellebecq nur vom hörensagen - und Bernhard noch viel zu wenig kenne.
 

theGegen

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Gut, dass Du selbst Heinz Erhardt erwähntest. Ich hatte mir den Vergleich mit dem biederen Wirtschaftswunderhumor gerade noch verkneifen können.
Aber ist schon passend. Und deshalb finde ich es fad.

Heller ist großartig. Ganze Romane sind das, keine satirischen Sammlungen oder Kurzgeschichten. Jedoch gespickt mit böser Zunge, satirischem Ton, zwischen Tiefe und lauthalsem Lachen während des Lesens.
 

emkaes

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Romane gibts bei Kishon auch;), aber klar, er ist nicht derjenige der unheimlich in die Tiefe geht. 80 - 90 Prozent ist halt "harmlose" Unterhaltung und nur zu zehn Prozent gibts bei ihm eben auch Gesellschaftskritik oder andere Denkanstöße.

Genau das ist aber aktuell die Literatur, die ich gerade noch vertragen kann - wenn ich sonst die Nase immer in die Fachliteratur stecken muss, habe ich auf mehr vielfach keine Lust mehr.

Und Zynismus erlebe ich im Büro und Seminarraum schon genug, da ist mein Bedarf aktuell gedeckt.

Den Heller werde ich mir dann mal auf meine Liste für die Zeit nach dem Studium schreiben (Bernhard steht da eh schon drauf).
 

theGegen

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- Catch-22, 1961 (dt. auch „Der IKS-Haken“)
- Something Happened, 1974 (dt. „Was geschah mit Slocum?“)
- Good as Gold, 1976 (dt. „Gut wie Gold“)
- God Knows, 1984 (dt. „Weiß Gott“)
- No Laughing Matter, 1986 (dt. „Überhaupt nicht komisch“)
- Picture This, 1988 (dt. „Rembrandt war 47 und sah dem Ruin ins Gesicht“)
- Closing Time, 1994 (dt. „Endzeit“)

Die habe ich und alle mit größtem Vergnügen gelesen. Das bekannteste ist wohl "Catch 22", das beste mMn ist "Gut wie Gold".
 

Tuco

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Dann wandeln wir den Thread doch in einen allgemeinen Satire Thread um :)

[...]

Muss aber auch gestehen, dass ich Heller gar nicht - Houellebecq nur vom hörensagen - und Bernhard noch viel zu wenig kenne.
Zyniker mit starkem Hang zur Provokation passt auf letztere jeweils eigentlich besser. Das muss man insofern sicherlich mögen, es ist schon sehr "böse"... ;)

Mal als Beispiel: Thomas Bernhard "Heldenplatz". Dieses Stück schrieb er für das 100jährige Jubliläum des Wiener Burgtheaters. Dass es kein "Jubelstück" werden würde, konnte man sich bei seinem Ruf schon denken. Aber dass es dann um eine jüdische Familie gehen würde, die nach Jahrzehnten aus dem Exil nach Österreich heimkehrt und feststellt, dass alles noch genauso schlimm ist wie früher (was dazu führt, dass das Familienoberhaupt sich umbringt und seine Frau wahnsinnig wird, weil sie sich einbildet, immer noch das Heldenplatz-Jubelgeschrei vom "Anschluss" zu hören) - das hat dann doch die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen und einen riesigen Skandal ausgelöst.

"Heldenplatz" kann ich jedem zum Einstieg auch empfehlen, ein Drama, welches sich sehr gut lesen lässt. "Der Untergeher" eignet sich sicherlich auch gut. Hardcore-Werke wie "Auslöschung" wohl weniger... :crazy:
 

tal

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Den Untergeher kann ich auch empfehlen. Musiklehrer hassen dieses Buch allerdings (aus nachvollziehbaren Gründen) und weisen auch gerne darauf hin, dass Gould hier angeblich völlig falsch dargestellt wird.

Von Houellebecq kenne ich nur den Gwen Stefani Song. Dieser Film mit Gedeck und Bleibtreu hat mich wohl abgeschreckt. Zu Unrecht?
 

Tuco

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Der "Elementarteilchen"-Film ist sicher nicht besser als durchschnittlich. Dem Buch wird er aber absolut nicht gerecht, wenn ich das ausnahmesweise mal sagen darf (ich mag solche Vergleiche eigentlich gar nicht). Das liegt in erster Linie daran, dass das Buch auch kaum verfilmbar ist. Sowohl der Anfang als auch das Ende, die ganz wesentlich sind, wurden komplett weggelassen. Ich wüsste aber auch jeweils gar nicht, wie man das sinnvoll verfilmen könnte (wer das Buch kennt, wird wissen, wie das gemeint ist... :crazy:). Dadurch kann man das aber eigentlich auch kaum verfilmung nennen, sondern höchstens "Versuch eine Verfilmung des Mittelteils". Und auch die Kommentare des Erzählers, die das Buch für mich besonders lesenswert machen, kommen im Film natürlich nicht vor. Ulmen fand ich allerdings in seiner Rolle ziemlich gut, fast die einzige Stärke des Films.

Aber zur Ausgangsfrage, kurz gesagt: Ja, zu Unrecht... ;)
 

emkaes

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Bei Thomas Bernhard muss ich immer an meine Wiener Connection denken, die ich aus Londoner Tagen kenne, die sind mit dem da scheinbar auf einer Wellenlänge, wenn sie sich über ihre Landsleute und deren Wahlverhalten beklagen.
 

Cânhamo

Von uns geschieden im Jahr 2015
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Die Vorbilder in sachen Satire sind für mich ringelnatz und morgenstern (obwohl sich deren Kunst selbstredend nicht nur auf die Abteilung"Satire" beschränkt).

Dieses Gedicht von Ringelnatz ist auf jeden Fall wunderbar.


Reisebriefe eines Artisten

Antwort an einen Kollegen

Ob du Artist, ob du Franz Liszt,
Ein Christ, ein Mist, ein sonst was bist, –
Bezweifle es. Und dir zum Heil
Bezweifle auch das Gegenteil.
Was dir die Ideale nimmt,
Der Satz: daß nichts, was zutrifft, trifft,
(Ein Satz, der darum selbst nicht stimmt)
Ist nur für Überlegne Gift.


Doch hüte dich, an diesen Satz
Zu glauben, gar ihn zu betonen.
Freu dich an Hatz und Schmatz und Spatz.
An Unzucht oder Kaffeebohnen.

Doch sollte etwas in dir wohnen,
Bewirkend, daß du mich verstehst
Und lachst und dankbar weitergehst
Und dennoch etwas Beßres weißt,
Dann glaub’ ich, daß du richtig reist.
 

Jumpingjack

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Welches Buch von ihm sollte man gelesen haben ? Any Hinweise ? Oder welche Satirebücher gibt es sonst noch ?
 
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