sooo ... mit ein bisschen Abstand bin ich jetzt soweit, um das, was da gestern passiert ist, mithilfe von Zitaten anderer User aufzuarbeiten. Das wird mit Sicherheit recht ausführlich, also diejenigen, die die Situation bei United nicht interessiert, können hier aufhören zu lesen
Ich kenne mich jetzt in der PL so gar nicht aus und weiß auch nicht, vor welchem Hintergrund Moyes den Job bekommen hat...aber 6 Jahre Vertrag?! Das klingt schon ziemlich heftig.
ich denke, dieser Post ist ein guter Startpunkt. Kurz gesagt, Moyes hat den Job bekommen, weil er bei Everton gute Arbeit gemacht hat. Er hat den Verein in elf Saisonen ganze neunmal in die Top 8 geführt, was bei einem Verein wie Everton nun wirklich keine Selbstverständlichkeit war. Er hat aus beschränktem Etat sehr viel gemacht und den Verein dreimal in die Top 5 geführt. Ein weiterer entscheidender Punkt pro Moyes waren, dass er bewiesen hatte, dass er sehr langfristig arbeiten kann, was bei Manchester United wichtig ist und was zB gegen Leute wie Mourinho sprach. Und zu guter letzt hat sich Moyes nie gescheut, den Weg mit jungen Spielern zu gehen - auch das passte gut in das Anforderungsprofil. Mit Alex Ferguson hatte er auch einen prominenten Fürsprecher ... mit seiner Unterstützung war die Entscheidung im Prinzip klar. Dass er zudem noch Brite ist, mag vielleicht auch noch eine untergeordnete Rolle gespielt haben ... bislang wurde der Verein, mit Ausnahme des Iren Frank O'Farrell in den 70ern, ausschließlich von Briten trainiert. Gegen ihn sprach, dass er noch keinen "großen" Verein betreut hatte, und somit gab es durchaus Stimmen, die befürchteten, dass er der Herausforderung eines so großen Vereins nicht gewachsen sein könnte. Mit Everton hatte er trotz allem auch nie einen Pokal gewonnen, auch das wurde ihm vereinzelt negativ ausgelegt.
Der Vertrag über 6 Jahre war dann eine logische Folge. Auch vor Alex Ferguson hat der Verein extrem langfristig gearbeitet - Extrem-Beispiel natürlich Busby, aber auch Fergusons drei unmittelbare Vorgänger durften allesamt 4 bis 5 Jahre lang werkeln. Was mich zum nächsten Punkt bringt:
Aber bei United habe ich das Gefühl (ich kann da auch falsch liegen!), dass man Geduld beim Trainer per se als Vereinspolitik sieht, dass man sich dafür rühmt, geduldig zu sein. Und das ist einfach Schwachsinn.
und da liegst du nicht falsch, Kurtl
das ist tatsächlich etwas, womit man sich beim Verein und auch den Fans immer gerühmt hat. Da konnte man als Fan über so Statistiken lachen, dass zB Bayern München während der Ära Ferguson mehr Trainerwechsel vorgenommen hat als United in den letzten 100 Jahren. Hier ein Zitat von Gary Neville nach Fergusons Rücktritt:
"I would welcome the appointment of David Moyes. Somebody who is there for the long term. This is not a club that will go for quick fixes. The next Manchester United manager will be a result for putting sanity back in football. You see some of the appointments recently and it’s short-term fixes and scouting systems ripped up. United don’t operate that way, they have an element of sense."
Und das trifft es einfach ziemlich genau. Ich würde das auch nicht als "Schwachsinn" bezeichnen ... aber hey, mir ist klar, dass du als Stuttgart- und Mourinho-Fan da etwas andere Erfahrungen hast
langfristige Arbeit und Stabilität sind sehr wichtig im Fußball. Es gibt genügend Top-Vereine, die in den letzten Jahren ihre Trainer gewechselt haben wie die Unterhosen (Real Madrid, Bayern München und der FC Chelsea seien hier genannt). Bei Manchester United kennt man so etwas einfach nicht. Von daher ist es nicht überraschend und schon gar kein Schwachsinn, dass man auch nach dem Abtritt von Ferguson gerne weiterhin langfristig arbeiten möchte. Schwierig wirds aber hier:
Man sollte mit einem Trainer, der nachgewiesen hat, eine Spielidee zu haben und bei dem es nachvollziehbare Gründe für die Probleme gibt, Geduld haben und auch mal eine schwache Phase gemeinsam durchstehen. Aber das hat sich Moyes mit dieser Saison nicht verdient.
hier beginnt die "wir arbeiten langfristig"-Fassade meiner Meinung nach zu bröckeln. United hat jetzt 41 Pflichtspiele unter der Leitung von Moyes absolviert, und als Fan muss man sich die Frage stellen: "Traue ich diesem Trainer zu, dass er den Verein wieder dahin führt, wo er hingehört?" Und meine Antwort darauf lautet aktuell "nein". Man muss einem Trainer natürlich eine gewisse Eingewöhnungszeit zugestehen, aber nach über einem halben Jahr ist die Kennenlern-Phase eigentlich längst abgeschlossen. Viele Fans vermissen aktuell einfach einen klaren Plan. Wohin geht die Reise in taktischer Hinsicht? Welches System will Moyes praktizieren, und wie sehen seine Vorstellungen konkret aus? Kurz gesagt: wie möchte er eigentlich spielen lassen? Und da bleibt man als Fan momentan einfach ratlos zurück. Moyes wechselt munter zwischen flachem 4-4-2 und 4-2-3-1 herum, ohne wirklich eine Handschrift zu hinterlassen. Man hat als Fan eher das Gefühl, er hat seine 4-5 Fixpunkte (De Gea, Rooney, Evra und Carrick, wenn er fit ist auch noch van Persie), und der Rest wird einfach ausgewürfelt. Ferguson war ein Meister der Rotation, da gab es auf dieser Fußball-Welt kaum einen zweiten Trainer, der diese Kunst so perfekt beherrscht hat wie er. Moyes kann das nicht. Bei Everton musste er das auch nicht machen, dafür war der Kader nicht breit genug. Bei United ist er mit dieser Aufgabe noch überfordert, da sieht man als Fan keinen Sinn hinter seinen Personalentscheidungen. Apropos Personalentscheidungen, hier platz einem als United-Fan aktuell fast der Schädel:
und Kagawa spielte heute NICHT in der Mata-Rolle. Smalling als RV
Der Typ bringt dir nach vorne gar nichts! Nimm doch Valencia als RV und bring Janu oder Danny von Anfang an auf dem Flügel, wenn der Trainer schon unbedingt Young starten lassen will.
[...]
Q: Kannst du das Team so spielen lassen wie Liverpool oder Arsenal(Tagesformabhängig)?
A: Vielleicht. Will aber Young aufstellen und jede Woche ein anderes Mittelfeld und einen neuen Flügel. Den Japaner mag ich nicht und den Mexikaner als Joker will ich auch nicht mehr.
ah ja, die üblichen Themen. Hier herrscht unter United-Fans auch große Einigkeit ... Moyes trifft sehr seltsame Entscheidungen, was den Kader angeht.
ABWEHR: Chris Smalling ist Innenverteidiger, kann aber auch mal als Rechtsverteidiger spielen, wenn das nötig ist. Und Moyes findet wohl, dass es nötig ist ... ganze 18 mal hat Smalling in dieser Saison als RV gespielt. Kann natürlich sein, dass er wegen Verletzungen da mal einspringen muss, und es mag gegen manche Vereine gar keine schlechte Taktik sein, aber im Spiel nach vorne kastriert man sich da unnötig selbst und kreiiert ein Ungleichgewicht, weil Evra über links natürlich entsprechend offensivfreudiger agiert als der gelernte IV Smalling auf der anderen Seite. Mir ist unerklärlich, wie man so oft auf Smalling setzen kann, wo man mit Rafael doch einen RV hat, der letztes Jahr einen Durchbruch feiern konnte. Zudem kann ja auch Valencia diese Position spielen. Weitere Probleme ergeben sich im Zentrum und auch links, denn die alten Vidic und Evra sind völlig überspielt und Ferdinand hat enorm abgebaut. Jones und Evans haben leider immer wieder Wehwehchen, Fabio hat man verkauft und Smalling muss ja unbedingt rechts spielen, also müssen die Alten immer ran. Kein Wunder, wenn man dann im Konter überrannt wird ... ist dieses Jahr schon zigmal passiert.
MITTELFELD: auch Carrick ist überspielt, weil man kaum Alternativen hat. Das hat man im Sommer einfach verbockt. Fellaini war viel verletzt, und so darf man weiterhin mit Cleverley Vorlieb nehmen ... toll. Ich denke, über unser ZM wurde ja schon alles gesagt, das werde ich hier also nicht mehr breittreten. Im Sommer muss mindestens ein starkes ZM her. Über Young und Valencia hab ich auch schon viel geschrieben. Es fehlt im Spiel immer wieder an Kreativität ... und trotzdem leistet sich Moyes den Luxus, Kagawa fast gänzlich zu ignorieren und auch Januzaj in letzter Zeit immer häufiger draußen zu lassen. Und dann wundert man sich, wenn das Spiel nach vorne wie gestern zu statisch ist ... das war ja klar, wenn man Cleverley aufstellt und zudem Young und Valencia bringt, die beide an der Linie kleben. Wo ist da die Bewegung, wo sind die Ideen? Liberalmente hat recht mit dieser Aussage:
Und die Aufstellung für dieses enorm wichtige Spiel (um was geht es für United ansonsten noch ernsthaft?) ist doch echt eine Zumutung. Konnte man ja auch schön bei Max in diesem Thread nachlesen (vor dem Spiel, wohlbemerkt).
und das war ja nicht nur ich. Auf Twitter gabs einen Shitstorm der Fans und in diversen Foren wurde vor Anpfiff ebenfalls nur gemeckert. Jeder Fan weiß, dass Cleverley+Young+Valencia zum Scheitern verurteilt ist.
ANGRIFF: wenn die Aufstellung so aussieht wie gestern, wirds schwer. Rooney muss sich dann noch tiefer fallen lassen, als er das ohnehin schon macht, und sich die Bälle von weit hinten holen. Van Persie kommt da dann auch nicht so gut zur Geltung ... apropos van Persie, der hat sich gestern nach dem Spiel interessant geäußert. Ich lese da schon deutliche Kritik am System und an Moyes heraus.
"Our fellow players are sometimes occupying the spaces I want to play in. And when I see that it makes it difficult for me to come to those spaces as well. So that forces me to adjust my runs, based on the position of my fellow players. And unfortunately, they're often playing in my zones. I think that's a shame."
Die Partnerschaft Rooney-van Persie klappt in der Tat unter Moyes noch nicht so gut wie unter Ferguson. Zudem ist van Persie wohl generell ordentlich bedient - er kam in erster Linie wegen Ferguson zu United, und dann geht der nach einem Jahr schon in Pension. Zum Drüberstreuen tauscht Moyes ohne jeglichen Grund gleich den ganzen Trainerstab aus und setzt somit auch Rene Meulensteen vor die Tür ... jenen Mann, dem van Persie immer Rosen gestreut hat und mit dem er phantastisch zusammengearbeitet hat. Ich glaube, dass das auch damit zusammenhängt, dass RvP dieses Jahr mehr verletzt ist als letztes Jahr. Ich halte es für realistisch, dass van Persie nach der Saison wegen Moyes die Sachen packt. Das könnte man zwar relativ gut kompensieren, weil dann Rooney wieder seine Lieblingsposition spielen könnte und man Mata jemanden hat, der dann als 10er noch effektiver spielen könnte. Schade wärs aber natürlich trotzdem, und weil Moyes auch mit Chicharito offenbar nicht viel anfangen kann, ist es durchaus möglich, dass man auch im Sturm nachrüsten kann. Nicht ideal, bei all den Baustellen, die man sowieso schon hat.
Bleibt die Frage, wie es jetzt weitergeht. Ich kanns ganz schwer einschätzen, wie viel Spielraum Moyes noch hat. Wenn man gegen Piräus wirklich ausscheidet und auch gegen City wieder verhauen wird, wirds für den Verein schwer werden, da wegzuschauen.
Daher sagt mein Bauchgefühl, daß der Bubblegum-Schotte bald als Hitzfeld 2.0 oder Lattek 3.0 auf der United Bank auftaucht und die Saison irgtendwie zu Ende schlingert...
das kann ich mir allerdings nicht vorstellen.
Man hat halt mit Moyes einen guten aber keinen wirklich modernen Trainer verpflichtet, da gab es mit Martinez oder Rodgers bessere Kandidaten. Selbst Laudrup wäre eine Alternative gewesen.
ach, da ist jetzt mit Hindsight natürlich einfach zu sagen. Tatsache ist, dass Rodgers als Liverpool-Trainer sowieso keine Option war und dass Martinez doch noch viel weniger vorzuweisen hatte als Moyes.
die wirklich guten Spieler wollen nicht kommen
das wird sich noch zeigen. Und das wird auch von Uniteds Bereitschaft abhängen, die Geldbörse zu öffnen. Mata hat man ja schon holen können.
Warum man mit Rooney zu noch höheren Konditionen verlängert hat, bleibt mir ein Rätsel, er ist in meinen Augen eindeutig überbewertet und ist schon lange nicht mehr so stark wie noch vor 2-3 Jahren.
also sorry, aber in der aktuellen Krise auch noch einen absoluten Topspieler wie Rooney zu verlieren, wäre eine Katastrophe gewesen. United hatte gar keine andere Wahl, als ihm das zu zahlen. Und das "überbewertet" kann ich bei Rooney langsam nicht mehr hören. Rooney hat in der laufenden Saison wettbewerbsübergreifend 12 Tore und 19 Assists erzielt.