Vor (knapp über) 20 Jahren - Corrie Sanders stoppt den Wladimir Klitschko Zug


Drago

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Hab den Thread jetzt erst gesehen. 20 Jahre schon her. Irre.

Ich würde mal sagen wollen, den Kampf hat Klitschko damals nicht verloren, sondern Sanders gewonnen und das durch offensive Überlegenheit. Ansonsten würde man Sanders´ Leistung schmälern.

Warum?

Der Kampf wurde mines Erachtens in den Sekunden 1:03 bis 1:00 in der ersten Runde (bei Rücklaufender Uhr) entschieden. Eigentlich schon drei Monate vorher im Mandalay Bay in LV.

Vorgeschichte: Klitschko gewann gegen Mercer sehr überzeugend und im nächsten Kampf gegen McCline boxte er komplett zögerlich gegen einen auch zögerlichen Gegner und schleppte McCline zehn Runden mit. Danach hat HBO dann Druck gemacht und die Klitschkos sahen sich gezwungen, vor allem um den anstehenden Lennoxkampf gut zu vermarkten, einen knackigen kurzrundigen Kampf gegen den nächsten Gegner zu liefern.

Dementsprechend ging Klitschko in den Kampf. Ziemlich offensiv, aber letztlich nicht reif genug dafür.

Zu den Sekunden 1:03-1:00 (im Video oben ab 2:50-2:53):

Klitschko geht mit gutem linken Haken-Gerade rein und schickt noch eine zweite Rechte hinterher, die wohl auch getroffen hat. Anstatt dann aber entweder noch weiter rein zu gehen oder alternativ rauszugehen, macht er letztlich einen unverständlichen Brainfart, bleibt in der knappen langen Distanz stehen, verlagert das Gewicht voll auf den linken Fuß und stellt das rechte Bein nutzlos hinter das belastete Linke. Damit bleibt er gut eine Sekunde statisch in derselben Distanz und dreht allenfalls seinen Kopf/Körper um vielleicht 20-30 Grad nach rechts.

Sanders sieht das mit Weltklasseauge und mit Weltklassebeinarbeit, die der auch konnte wenn es sein musste, und überbrückt in einem abartig schnellen Move (20-30cm) die Distanz und zwiebelt Klitschko die linke Gerade voll rein. Der Move ist ein bißchen schwer zu sehen, weil der Bildschnitt da gerade ist.

Danach war der Kampf durch und die Sache ging linear nur noch nach unten für Klitschko. Alle Aktionen von Klitschko waren nach diesem Wirkungstreffer komplett anders. Panik, komisches Klammern und je näher Sanders kam, noch mehr Panik. Nur noch die Frage ob Ende nach 30 oder 60 Sekunden.

Sanders hat den Kampf daher durch schlichte Überlegenheit gewonnen und wenn Klitschko in der Rückschau meint, er wäre einfach überheblich gewesen.....nein, er war damals boxerisch nicht reif genug. Der Sdunek-Klitschko hatte weder die nervliche Ruhe, noch die Beinarbeit, noch die Abgezocktheit des Steward-Klitschko für einen gut eingestellten Sanders. An diesem Abend hätte er 9 von 10x gegen Sanders verloren, weil er irgendwann frühzeitig immer eine solche Lücke geboten hätte, die Sanders im Stande war eiskalt auszunutzen.

Sdunek sagte übrigens vor dem Kampf: "Alles was wir im Training gemacht haben machste jetzt. Nech...,am nächsten mit weggehen." Also im Zweifel gehste weg.
Alles gut erkannt.

Es war auch der eine Schlag den Du beschreibst. Der war der Anfang vom Ende. Da flog Wladis Kopf ganz derb zurück.

HIer sieht man den Schlag aus ner anderen Einstellung, startet an richtiger Stelle:


Der Sdunek-Klitschko hatte weder die nervliche Ruhe, noch die Beinarbeit, noch die Abgezocktheit des Steward-Klitschko für einen gut eingestellten Sanders
Genau das.

Ich weiss @Roberts und diverse andere sehen das anders. Klar war dieser Steward-Stil als Wladi vom Stahlhammer zum Octopus mutierte einfach nur eklig und auch großenteils regelwidrig, aber er war damit deutlich schwerer auszuknocken und defensiv gefestigter.

Der Usyk-Drückeberger Feary/Fatty geht mir zwar nur noch auf den Sack mit seinem Gehabe, aber er hatte mMn 100% Recht, als er Wladi genau das in s Gesicht sagte:

"Haye hat den Fehler gemacht, sich Deine alten Fights gegen Sanders und Brewster von 2003/04 anzuschauen, und natürlich daraus Hoffnung geschöft. Er dachte da er schneller ist als Corrie und Lamon, könnte er Dich auch so wegnieten. Aber da er keine Ahung von Boxen hat, ist es ihm [und seinem Team um Trainer A. Booth] gar nichta aufgefallen, dass Du Dich seither sehr verändert hast.

Damals warst Du ein offensiver Slugger der Kombos schlug, aber auch anfällig bist für selbst getroffen zu werden. Das willst Du seither vermeiden. Damals [unter Sdunek] hattest Du Dein Gewicht auf dem Vorderfuß. Heute [unter Steward] auf dem Hinteren. Du legst erst mal WErt auf Defensive, damals auf Offensive..."



Startet an der richtigen Stelle. Kannst in Wladis Gesicht ablesen, wie baff er da war, dass ihm das einer so direkt in s Gesicht sagte. Da war Wladi klar, dass Feary und sein Team (mMn Onkel Peter, der der immer noch der Normalste dieser Familie ist) das gemerkt hatten, im Gegensatz zu Haye und seinen restlichen Gegnern, die immer noch nicht in der Lage waren zu sehen, dass Sdunek Steelhammer zu Steward Octopus mutiert war, und sie letzteren treffen.

Der Sdunek Wladi von 2000-2004 wäre schon größe Gefahr gelaufen, 2005 im September gegen S. Peter schwer KO zu gehen. Nur die von Steward gebrachte Defensive mit mehr weg gehen etc. rettet ihn da.

ANders hätte der Sdunek Wladi deutlich bessere Chancen gegen Fatty gehabt, da hätt ich ihm alle Daumen gedrückt den Feary aus den Socken zu hauen!

Trotzdem:

WEnn Du Dir die Meinungen so anschaust, siehst es weltweit so aus, zumindest überwiegend:

Die Amis und Briten sagen Wladis Bestzeit war ca. 2008-2012, der Haye Fight absoluter Zenit, Trainer Steward.
Die Deutschen (oder viele) sagen seine Bestzeit war 2000-2002, Trainer Sdunek.

Das ist halt ne Auslegungssache.

Meiner Meinung nach war es so:

Sdunek-Version:
Offensive: 10
Defensive: 5-6

Steward Version:
Offensive: 8-9
Defensive: 8-9 (im K2 Modus hier in D-Land aka K2-Land, Klammern erlaubt, Infight verboten, 10)

Und damit wäre die Stewad-Version gegen eine Vielzahl möglicher Gegner wohl alles in allem besser raus gekommen.

Auch wenn Wladi unter Sdunek mehr spektakuläre KOs erzielt hätte und die Amis ihn geliebt hätten, er wäre mMn gegen Sam Peter KO gegangen, und vlt auch gegen Haye und Povetkin. Nicht sicher aber vlt.
 
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