Für einen neuen Ullrich halte ich Ciolek nicht. Einfach aus dem Grund, dass ich der Meinung bin, dass ein Sprinter nicht so polarisierend sein kann wie ein Fahrer, der jedes Jahr bei der Tour de France vorne im Gesamtklassement. Mit einem Ullrich konnte man auf jeder Bergetappe die letzten 50km mitfiebern, jedes Duell mit Armstrong war spannend, jeder Antritt wurde gefeiert. Selbst Zeitfahren wurden durch den Kampf gegen Uhr (und Armstrong) attraktiv. Als Beispiel sei hier mal an das regennasse, letzte Zeitfahren der Tour de France 2003 gedacht, bei dem Ullrich auf der glatten Fahrbahn zum Sturz kam und den möglich Toursieg entgültig verlor. Bei einem Sprinter wie Ciolek hingegen kann ich den Fernseher auf den letzten 5km anmachen, sehen wie jmd. für ihn anfährt, er beschleunigt, an anderen vorbeisprintet und die Arme als Zeichen des Triumph hochreißt. Das Potential, das sich hinter einem guten Rundfahrer birgt, ist wesentlich größer als das eines Sprinters.
Ciolek kann dennoch getrost als dt. Hoffnungsträger im Radsport bezeichnet werden. Dass er als Anfahrer für Cavendish eine Verschwendung ist, hat er ja dieses Jahr bewiesen. In einem Team, dass ihm alle Freiheiten gibt, bei dem er Anfahrer hat und nicht selbst Anfahrer ist, sehe ich ihn als zukünftig als einen der drei besten Sprinter weltweit, der darüber hinaus auch auf hügeligen Etappen mit dem Peloton ins Ziel kommen kann (wie Freire oder Zabel) und der die Ausdauer für eine 3-Wochen-Rundfahrt hat.