Die schlimmste Niederlage war keine. Es handelt sich um das 1:1 des SV Meppen bei Holstein Kiel im Mai 2008, wodurch der Abstieg in die fünftklassige Oberliga besiegelt war. Aufgrund der Einführung der 3. Liga im gleichen Sommer, stand bereits vor Saisonbeginn fest, dass lediglich die ersten fünf Mannschaften viertklassig bleiben, der sechste in die Relegation kommt und alle anderen Teams in die fünfte Liga müssen. Wir spielten damals eine katastrophale Hinrunde und waren zur Winterpause abgeschlagen auf dem 14. Platz, die Qualifikation zur neuen vierten Liga, die dann die Regionalliga wurde, schien vollkommen utopisch. Durch einen Trainerwechsel und einen Haufen guten Transfers im Winter (Vergleiche mit Gladbach 2011, natürlich auf anderer Ebene, bieten sich hier an) spielten wir aber eine richtig gute Rückserie und kamen Spieltag für Spieltag näher ran zumindest an den Relegationsplatz. Dieser war nicht mehr der sechste Platz, sondern der siebte, da sich bereits frühzeitig abzeichnete, dass der TuS Heeslingen keine Lizenz für die neue Regionalliga kriegen wird. Es entwickelte sich in den letzten Wochen dann ein Duell ausgerechnet mit dem VfB Oldenburg, unserem Erzrivalen (neben Osnabrück), die quasi einen komplett gegenteiligen Saisonverlauf hatten und nach bockstarker Hinserie in der Rückrunde brutal abstürzten. Am vorletzten Spieltag übernahmen wir schließlich durch ein 3:2-Erfolg gegen Eintracht Nordhorn (vor 7500 Zuschauern!) zum ersten Mal in dieser Saison den zur Relegation berechtigenden siebten Platz, während Oldenburg zwei Punkte hinter uns zurückfiel. Am letzten Spieltag jedoch mussten wir zum bereits feststehenden Meister nach Kiel reisen, während der VfB mit dem abgeschlagenen Schlusslicht Henstedt-Rhen nicht mehr als einen Sparringspartner zu Gast hatte.
Die Partie in Kiel war an einem brüllend heißen Freitag, die Euphorie war naturgemäß durch die wahnsinnige Aufholjagd in den Wochen zuvor bei uns im Ort riesengroß geworden und so machten sich weit über 1000 Meppener nach Kiel, was für so eine kleine Stadt und in so einer Liga schon verdammt beeindruckend war. Ich schwänze die letzten Schulstunden und machte mich ebenfalls per Bus auf den Weg. Wenig überraschend hatte Oldenburg im Parallelspiel keine Probleme und führte bereits nach neun Minuten mit 2:0. Da die Oldenburger die bessere Tordifferenz hatten musste zwingend ein Sieg von uns her, was jedoch - auch wenn für Kiel die Saison eigentlich gelaufen war - ne verdammt schwierige Aufgabe war.
Unsere Mannschaft machte jedoch ein richtig gutes Spiel, das Selbstvertrauen war spürbar merkbar. Als wir in der 31. Minute durch Eray Bayraktar in Führung gingen, war der Jubel grenzenlos, die Relegation (und somit für uns eigentlich der sichere Klassenerhalt) schien in greifbarer Nähe. Bis, ja bis zur 52. Minute. Im Sommer zuvor wechselte unser Stürmer Michael Holt, der aus der eigenen Jugend kam und hier auch aufwuchs und auch weiterhin sehr gute Kontakte nach Meppen hatte, nach Kiel, nachdem er in den Jahren zuvor mit einer Vielzahl an Toren aufgefallen war. Kiel bekam in der 52. Minute einen Freistoß zugesprochen, bei dem sich Holt das Leder schnappte - direkt vor unserer Gästekurve. Der Ball war schlecht getreten, vollkommen harmlos. Doch da sich unsere Mauer aus bis heute unerfindlichen Gründen von selbst auflöste, ging der Ball durch ein kleines Loch in der Mauer hindurch und trudelte über die Torlinie an unserem verdutzten Keeper vorbei zum 1:1.
Besagter Holt wollte nicht treffen. Niemals vergesse ich seinen Gesichtsausdruck unmittelbar nach dem Treffer. Vollkommen konsterniert, die Hände über den Kopf zusammenschlagend, nach dem Motto: "Was zur Hölle habe ich getan?" Der Schuss war wirklich grottenschlecht, im Nachhinein sagt es sich natürlich leichter, dass er den Ball einfach übers Tor hätte dreschen sollen. Wir konnten uns von dem Gegentor nicht mehr erholen, spielten 1:1 und da Oldenburg 6:0 gewann war der Abstieg in die fünfte Liga besiegelt. Ausgerechnet durch den Ur-Meppener durch und durch, der wirklich immer am Verein hing. Logischerweise haben viele Leute aus dem Auswärtsmob das zu Beginn nicht erkennen wollen (oder können) und Holt wurde in den Folgetagen zur absoluten Persona non grata, bis hin zu Drohungen, die ihn oder seine Familie (bin mir nicht mehr sicher) erreichten. Das war sehr unschön und wurde ihm nicht ansatzweise gerecht, hat sich aber glücklicherweise mit der Zeit absolut gelegt und Holt kehrte 2011 zu einem zweiten Gastspiel zurück (wurde jedoch immer wieder besonders kritisch beäugt, zugegebenermaßen).
Nach dem Spiel und der Gewissheit des Abstiegs weiß ich nur noch, wie ich gedankenverloren eine gefühlte Ewigkeit auf den Stufen des Auswärtsblockes saß, ehe der Bus nach Hause irgendwann rollte. Habe wohl noch nie eine solch mucksmäuschenstille Busfahrt erlebt. Ich war damals, mit meinen gerade 16 Jahren, einfach völlig fertig, nachdem ich auch in der Saison damit begonnen habe, regelmäßig zu Auswärtsspielen zu fahren. Das Einzige, was die Wunden etwas heilte: Oldenburg verbockte damals sensationell die Relegation und musste ebenfalls runter.
Ich kann nicht von verlorenen CL-Finals erzählen, aber glaubt mir: Ein Abstieg in die fünfte Liga fühlt sich ******** nochmal richtig ******e an
Aus Werdersicht kann ich natürlich immerhin von einem EL-Finale erzählen, was auch echt brutal war. Diego war damals aufgrund einer totalen Witzkarte im Halbfinale gegen Schachtjor im Finale gesperrt und fehlte an allen Ecken und Enden. So eine Chance, einen Europapokalsieg zu erleben, werde ich vermutlich so schnell nicht haben, eher nie mehr. Außerdem fällt da natürlich noch das bereits erwähnte Bielefeld-Spiel in der Saison 2006/2007 ein. In dem Frühling hat man die Schale wirklich selbst weggeworfen, man hatte ohne Zweifel die beste Mannschaft der Liga, hat es aber selbst verbockt. Stattdessen wurde man sogar nur Dritter und am Ende jubelte Stuttgart aufgrund der beeindruckenden Serie hinten raus.