Benjamin
Zahlenfreund
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In den letzten Jahren habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Springer die Sommerwettkämpfe immer weniger Ernst nehmen: Die Spitzenspringer nehmen oft nur sporadisch an den Sommerwettkämpfen teil - und es gibt nur wenige Springer, die überall mitgesprungen sind. In diesem Sommer waren dies:
- Junshiro Kobayashi
- Reruhi Shimizu
- Vladislav Boyarintsev
- Mikhail Maksimotchkin
- Denis Kornilov
- Lukas Hlava
(und eventuell noch Springer, die nie gepunktet haben; die stehen dann nicht in der Liste)
In den letzten Jahren konnte man das immer auch darauf schieben, dass die Anzahl der SGP-Springen stets gewachsen ist; in diesem Sommer aber wurde die Anzahl der Wettkämpfe merklich zurückgeschraubt - dennoch glänzten viele Springer oft mit Abwesenheit. Die Krönung war natürlich, dass zwei Wettkämpfe vor Schluss der Gesamtführende Philip Sjoeen seine Sommersaison für beendet erklärt hatte, obwohl er nahezu sicher sein konnte, dass Jernej Damjan den geringen Rückstand noch aufholen wurde. Einen ähnlichen Fall hatte es nur 2010 gegeben; damals war es Daiki Ito, der als Gesamtführender zu den letzten beiden Springen nicht mehr angereist war. Dennoch war die Situation damals eine andere: Zum einen wäre seine Anreise wesentlich länger gewesen, zum anderen war sein Vorsprung deutlich größer, so dass er sich trotz seiner Nichtteilnahme realistische Chancen auf den Gesamtsieg ausrechnen konnte - und das hat dann ja auch geklappt, wenngleich er damals von einer Disqualifikation Adam Malyszs profitiert hatte, der ja einmal zu spät abgewunken worden war.
Nun ist natürlich klar, dass der Winter wichtiger ist als der Sommer und dass er das auch immer bleiben wird. Im Winter zieht das Skispringen mehr Zuschauer an, so dass höhere Preisgelder ausbezahlt werden können. Das liegt in der Natur der Sache und ist nicht zu ändern.
Dennoch gibt es aus meiner Sicht ein paar Probleme, die hausgemacht sind und die man möglicherweise lösen könnte, um wieder mehr Springer zu den Sommerwettbewerben anzulocken - diese will ich im Folgenden ansprechen:
Als erstes möchte ich eine Geschichte anführen, die Dirk Thiele heute während der Übertragung erzählt hat: Der polnische Cheftrainer Lukas Kruczek ist offenbar zum Teil von dem bürokratischen Aufwand abgeschreckt worden, den es gemacht hätte, für seine Springer Einreisevisa nach Kasachstan zu beantragen. So etwas sollte natürlich nicht sein - und wenn die betreffenden Länder wollen, dass Sportler dorthin zu Wettkämpfen anreisen, dann sollten sie ihnen keine unnötigen Steine in den Weg legen.
Außerdem ist der äußerst langgezogene Wettkampfkalender zu nennen: Der SGP der Skispringer geht von Juli bis Oktober und umfasst dabei 10 Wettkämpfe. Im Gegensatz zum Winter kommt es gar nicht so selten vor, dass an einem Wochenende nur ein Wettkampf stattfindet - in diesem Sommer war das in Courchevel, Einsiedeln, Hinzenbach und Klingenthal der Fall, während lediglich in Wisla, Hakuba und Almaty zwei Wettkämpfe auf dem Programm stehen. Dadurch müssen die Springer für wenige Wettkämpfe vergleichsweise viel reisen und ihr Training immer wieder unterbrechen. Zum Vergleich: Der SGP der Kombinierer umfasste zwar nur fünf Wettkämpfe, die wurden aber in einem Zeitraum von nur neun Tagen ausgetragen, so dass sehr viel Zeit fürs Training übrigblieb.
Fünf Wettkämpfe wären mir fürs Skispringen natürlich ein bisschen zu wenig; aber dennoch ließe sich der Kalender vielleicht etwas kompakter gestalten, zum Beispiel:
Sommer-Grand-Prix
2./3. August: 2 Wettkämpfe in Deutschland (Hinterzarten oder Klingenthal)
6. August: 1 Wettkampf in Einsiedeln
9./10. August: 2 Wettkämpfe in Courchevel
13. August: 1 Wettkampf in Hinzenbach
16./17. August: 2 Wettkämpfe in Polen
Herbst-Grand-Prix
13./14. September: 2 Wettkämpfe in Kasachstan (oder auch Korea)
18. September: 1 Wettkampf in Sapporo
20./21. September: 2 Wettkämpfe in Hakuba
Auf diese Weise wäre der SGP nicht so zerfasert, und es blieben insgesamt größere zusammenhängende Zeiträume fürs Training übrig. Eventuell könnte man auch zwei getrennte Wertungen vornehmen (eben Sommer-Grand-Prix und Herbst-Grand-Prix), weil dann innerhalb dieser Wertungen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass viele Springer an allen Wettkämpfen teilnehmen.
Ein weiteres Problem ist die Vergabe der Bonusstartplätze für den Winter. Insbesondere in der zweiten Sommerperiode fällt auf, dass einige Länder gute Springer in den COC schicken. Das hat zum einensicher mit dem Austragungsort Almaty zu tun, zum anderen liegt es aber auch daran, dass man sich dort über gute Leistungen zusätzliche Startplätze für die erste Winterperiode sichern kann.
An diesem Prinzip würde ich auch nicht rütteln - aber was spräche dagegen, ein ähnliches System für den SGP einzuführen? So könnte man zum Beispiel den besten drei Nationen der SGP-Nationenwertung für den gesamten Winter einen zusätzlichen Startplatz im Weltcup versprechen. Dadurch könnte man die Sommerwettkämpfe ohne echte Kosten etwas attraktiver machen.
Und schließlich gibt es noch das liebe Geld: Ich bin mir hier nicht ganz sicher, aber soweit ich weiß, gibt es für den SGP-Sieg kein zusätzliches Preisgeld. Nun ist es natürlich immer einfach, nach mehr Geld zu rufen, wenn man nicht derjenige ist, der es bezahlen soll - aber vielleicht wäre es auch schon möglich, etwas durch eine geringfügig andere Verteilung der Preisgelder zu erreichen. Würde man bei den einzelnen SGPs jeweils 1000 CHF - also ein Zwölftel der Preisgeldsumme - abknapsen und diese in einen Topf werfen, den sich dann am Ende die Top 3 der SGP-Wertung teilen, dann könnte man vielleicht zumindest einen neuen Fall Sjoeen verhindern.
So, ich hoffe, das war dann nicht zu viel Text auf einmal. Was haltet ihr denn von meinen Gedanken zum SGP? Wären das brauchbare Lösungen - oder was habt ihr gegebenenfalls für Vorschläge?
- Junshiro Kobayashi
- Reruhi Shimizu
- Vladislav Boyarintsev
- Mikhail Maksimotchkin
- Denis Kornilov
- Lukas Hlava
(und eventuell noch Springer, die nie gepunktet haben; die stehen dann nicht in der Liste)
In den letzten Jahren konnte man das immer auch darauf schieben, dass die Anzahl der SGP-Springen stets gewachsen ist; in diesem Sommer aber wurde die Anzahl der Wettkämpfe merklich zurückgeschraubt - dennoch glänzten viele Springer oft mit Abwesenheit. Die Krönung war natürlich, dass zwei Wettkämpfe vor Schluss der Gesamtführende Philip Sjoeen seine Sommersaison für beendet erklärt hatte, obwohl er nahezu sicher sein konnte, dass Jernej Damjan den geringen Rückstand noch aufholen wurde. Einen ähnlichen Fall hatte es nur 2010 gegeben; damals war es Daiki Ito, der als Gesamtführender zu den letzten beiden Springen nicht mehr angereist war. Dennoch war die Situation damals eine andere: Zum einen wäre seine Anreise wesentlich länger gewesen, zum anderen war sein Vorsprung deutlich größer, so dass er sich trotz seiner Nichtteilnahme realistische Chancen auf den Gesamtsieg ausrechnen konnte - und das hat dann ja auch geklappt, wenngleich er damals von einer Disqualifikation Adam Malyszs profitiert hatte, der ja einmal zu spät abgewunken worden war.
-o-
Nun ist natürlich klar, dass der Winter wichtiger ist als der Sommer und dass er das auch immer bleiben wird. Im Winter zieht das Skispringen mehr Zuschauer an, so dass höhere Preisgelder ausbezahlt werden können. Das liegt in der Natur der Sache und ist nicht zu ändern.
Dennoch gibt es aus meiner Sicht ein paar Probleme, die hausgemacht sind und die man möglicherweise lösen könnte, um wieder mehr Springer zu den Sommerwettbewerben anzulocken - diese will ich im Folgenden ansprechen:
Als erstes möchte ich eine Geschichte anführen, die Dirk Thiele heute während der Übertragung erzählt hat: Der polnische Cheftrainer Lukas Kruczek ist offenbar zum Teil von dem bürokratischen Aufwand abgeschreckt worden, den es gemacht hätte, für seine Springer Einreisevisa nach Kasachstan zu beantragen. So etwas sollte natürlich nicht sein - und wenn die betreffenden Länder wollen, dass Sportler dorthin zu Wettkämpfen anreisen, dann sollten sie ihnen keine unnötigen Steine in den Weg legen.
Außerdem ist der äußerst langgezogene Wettkampfkalender zu nennen: Der SGP der Skispringer geht von Juli bis Oktober und umfasst dabei 10 Wettkämpfe. Im Gegensatz zum Winter kommt es gar nicht so selten vor, dass an einem Wochenende nur ein Wettkampf stattfindet - in diesem Sommer war das in Courchevel, Einsiedeln, Hinzenbach und Klingenthal der Fall, während lediglich in Wisla, Hakuba und Almaty zwei Wettkämpfe auf dem Programm stehen. Dadurch müssen die Springer für wenige Wettkämpfe vergleichsweise viel reisen und ihr Training immer wieder unterbrechen. Zum Vergleich: Der SGP der Kombinierer umfasste zwar nur fünf Wettkämpfe, die wurden aber in einem Zeitraum von nur neun Tagen ausgetragen, so dass sehr viel Zeit fürs Training übrigblieb.
Fünf Wettkämpfe wären mir fürs Skispringen natürlich ein bisschen zu wenig; aber dennoch ließe sich der Kalender vielleicht etwas kompakter gestalten, zum Beispiel:
Sommer-Grand-Prix
2./3. August: 2 Wettkämpfe in Deutschland (Hinterzarten oder Klingenthal)
6. August: 1 Wettkampf in Einsiedeln
9./10. August: 2 Wettkämpfe in Courchevel
13. August: 1 Wettkampf in Hinzenbach
16./17. August: 2 Wettkämpfe in Polen
Herbst-Grand-Prix
13./14. September: 2 Wettkämpfe in Kasachstan (oder auch Korea)
18. September: 1 Wettkampf in Sapporo
20./21. September: 2 Wettkämpfe in Hakuba
Auf diese Weise wäre der SGP nicht so zerfasert, und es blieben insgesamt größere zusammenhängende Zeiträume fürs Training übrig. Eventuell könnte man auch zwei getrennte Wertungen vornehmen (eben Sommer-Grand-Prix und Herbst-Grand-Prix), weil dann innerhalb dieser Wertungen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass viele Springer an allen Wettkämpfen teilnehmen.
Ein weiteres Problem ist die Vergabe der Bonusstartplätze für den Winter. Insbesondere in der zweiten Sommerperiode fällt auf, dass einige Länder gute Springer in den COC schicken. Das hat zum einensicher mit dem Austragungsort Almaty zu tun, zum anderen liegt es aber auch daran, dass man sich dort über gute Leistungen zusätzliche Startplätze für die erste Winterperiode sichern kann.
An diesem Prinzip würde ich auch nicht rütteln - aber was spräche dagegen, ein ähnliches System für den SGP einzuführen? So könnte man zum Beispiel den besten drei Nationen der SGP-Nationenwertung für den gesamten Winter einen zusätzlichen Startplatz im Weltcup versprechen. Dadurch könnte man die Sommerwettkämpfe ohne echte Kosten etwas attraktiver machen.
Und schließlich gibt es noch das liebe Geld: Ich bin mir hier nicht ganz sicher, aber soweit ich weiß, gibt es für den SGP-Sieg kein zusätzliches Preisgeld. Nun ist es natürlich immer einfach, nach mehr Geld zu rufen, wenn man nicht derjenige ist, der es bezahlen soll - aber vielleicht wäre es auch schon möglich, etwas durch eine geringfügig andere Verteilung der Preisgelder zu erreichen. Würde man bei den einzelnen SGPs jeweils 1000 CHF - also ein Zwölftel der Preisgeldsumme - abknapsen und diese in einen Topf werfen, den sich dann am Ende die Top 3 der SGP-Wertung teilen, dann könnte man vielleicht zumindest einen neuen Fall Sjoeen verhindern.
-o-
So, ich hoffe, das war dann nicht zu viel Text auf einmal. Was haltet ihr denn von meinen Gedanken zum SGP? Wären das brauchbare Lösungen - oder was habt ihr gegebenenfalls für Vorschläge?