6.
Sin City 529 P. [22 / 1]
........"Things go dark. I don't mind much. It's okay. She'll be safe. An old man dies. A little girl lives. Fair trade"
USA, 2005
Regie: Frank Miller, Robert Rodriguez, Quentin Tarantino / Drehbuch: Frank Miller (based on Miller's graphic novel series of the same name)
Stars: Bruce Willis, Elijah Wood, Mickey Rourke, Clive Owen, Rosario Dawson, Jessica Alba
Trailer
Mit Hilfe digitaler Tricktechnik überträgt Regisseur Robert Rodriguez die düstere Stimmung aus Millers schwarz-weißer Hardboiled-Comic-Reihe in seine Filmbilder. Das am Rechner erzeugte Spiel mit Licht und Schatten lässt ‚Sin City‘ wie einen hyperrealen Mix aus Film noir und deutschem Expressionismus à la ‚Das Kabinett des Dr. Caligari‘ wirken. Und die fast im Sekundentakt vollzogenen, oft extremen Perspektive-Wechsel vermitteln das Gefühl, beim Durchblättern eines leinwandgroßen Comicstrips zuzuschauen. Kunstgriffe wie diese machen die Kinoversion von Millers ultrabrutaler Studie über archaische Gefühle wie Hass, Ehre und Leidenschaft zu einem faszinierenden Meisterwerk digitalen Filmschaffens. Fazit: Atemberaubender Konzeptfilm, dessen überstilisierter CGI-Look die Vorlage kongenial umsetzt.
(cinema)
5.
The Prestige 604 P. [25 / 1]
........"The sacrifice... that's the price of a good trick"
USA, 2006
Regie: Christopher Nolan / Drehbuch: Jonathan Nolan, Christopher Nolan (Based on "The Prestige" by Christopher Priest)
Stars: Hugh Jackman, Christian Bale, Michael Caine, Scarlett Johansson
Trailer
The Prestige macht von Beginn an deutlich, dass er sich selbst als eine Art Zauberkunststück sieht. Und, ohne besserwisserisch-bemüht darauf herumzureiten, lässt er durchscheinen, wie eng verwandt Kino und Bühnenmagie, die zwei Medien aus der Ära des Umbruchs zur Moderne, sind: Einer Zeit, als die Grundsteine gelegt wurden für die heutige Massenunterhaltung. Als Wissenschaft und Industrie die Lebenswirklichkeit radikal umkrempelten und dabei ein Unbehagen, einen neuen Glauben an das Übernatürliche hervorriefen. Als das Verhältnis zwischen den Geschlechtern langsam neu definiert, die menschliche Psyche mit ihren Triebkräften neu erkundet wurde. Alles Dinge, die sich – teils bewusst, teils unbewusst – damals in der Bühnenmagie wie im Kino niederschlugen und sie bis heute prägen.
Allein diese Verbindung macht The Prestige zu viel mehr als nur einem eindimensionalen Trick. Und sie ist, zusammen mit der ebenso freien und tiefgreifenden wie geschickten Umbauarbeit, die die Brüder Jonathan und Christopher Nolan bei ihrer Drehbuchadaption geleistet haben, der Grund, warum sich der Film so weit über seine lediglich clevere Romanvorlage von Christopher Priest erheben kann.
Er ist auch weit mehr als ein gewöhnlicher Historienstreifen. Die Ära, von der er erzählt, verkommt ihm nie zum bloßen Dekor, und keinen Augenblick hat er auch nur einen Hauch von der bildungsbürgerlichen Steifheit eines Kostümfilms. Die Atmosphäre ist ungemein dicht, die emotionale Temparatur hoch, die Kamera meist lebendig und fließend ganz nah an den Charakteren.
Schöne Ironie: Ausgerechnet die einzige tatsächlich historische Figur des Films, der genialische, verschrobene Erfinder und Edison-Erzfeind Nicola Tesla (David Bowie!), dient The Prestige zugleich auch für einen Ausflug in die Randbereiche zum Science Fiction.
Was The Prestige aber vor allem zu einem großartigen Ausnahmefall in seinem »Genre« werden lässt ist, dass er durch die Enthüllung an seinem Ende keinesfalls kleiner wird.
Ohne zuviel zu verraten: The Prestige ist ein Film über den Preis, der für die perfekte Illusion zu bezahlen ist. Dass ihre Obsession Tribut von Borden und Angiers zollt, das ist freilich die ganze Zeit offensichtlich, und das bekommt niemand deutlicher zu spüren als die Frauen in ihren Leben.
Aber erst wenn das letzte Geheimnis gelüftet ist, erst dann weiß man auch, was der eine von beiden zu tun und zu opfern bereit war, um etwas sehr Banales zu verbergen, und was der andere, um etwas sehr Außergewöhnliches plausibel erscheinen zu lassen. Erst dann rauschen der volle Schmerz und der volle Wahnsinn herein und beleuchten alles noch einmal neu und geben dem Film die wahre Größe und Wucht: Als Film über Leben, die ganz hingegeben wurden, um es so scheinen zu lassen, als gäbe es etwas Magie in dieser Welt. (Thomas Willmann)