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sabatai
Guest
Wladimir Klitschko: Fragezeichen bleiben
Dortmund - Es sollte eine wichtige Standortbestimmung für den zuletzt angeschlagenen Wladimir Klitschko werden. Doch nach dem Sieg gegen einen grausam hilflosen Eliseo Castillo ist der ukrainische Schwergewichtsboxer so schlau wie zuvor.
Es muss etwas großes passiert sein am Samstag in der Westfalenhalle. Zumindest lassen die äußeren Umstände keinen anderen Schluß zu. 6,44 Millionen vor dem Fernseher, 9000 waren vor Ort, der amerikanische Boxsender HBO kam zur Übertragung in voller Besetzung, Ringsprecher-Legende Michael Buffer wurde eingeflogen - und bevor es losging, kam eine zehnminütige, gigantische Laser-Show über das verdutzte Publikum. Kurzum: Man hatte den Eindruck Muhammad Ali gebe ein Comeback.
Aber dann gab es Klitschko gegen Castillo, und mit großem Boxen hatte das nun wirklich nichts zu tun.Es ging nicht einmal um einen Titel. Aber für die Klitschkos gelten eigene Gesetze- In einer Szene, in der das graue Mittelmaß regiert, ragt das Brüderpaar hinaus. Und dann war da noch diese Vorgeschichte von Wladimir Klitschko. Zuletzt hatte der Ukrainer eine Menge Prügel kassiert, und eine Niederlage hätte wohl das Karriereende bedeutet. Deshalb fragten sich alle: Wie steht es um seine mentale Verfassung? Was passiert wenn er einen Schlag abbekommt?
Die antworten kennt man leider immer noch nicht. Dabei hatte Klitschko Trainer Emanuel Stewart vor dem Kampf angekündigt: "Castillo ist der gefährlichste Gegner der auf dem Markt ist." Wenn das tatsächlich stimmt, steht es um die Schwergewichtsszene noch schlechter, als man gedacht hat.
Castillos Auftreten war eine nachhaltige Bewerbung um den Friedensnobelpreis. Der Kubaner versuchte als erster Mensch einen Boxkampf zu gewinnen ohne zu schlagen.
"Ich habe nur ein paar Fliegenfänger von einem unkontrollierten Boxer gesehen", brummt Ex-Champion Herny Maske. Und der ehemalige Weltmeister Sven Ottke befand: "Der hat sich abschießen lassen".
In der vierten Runde war Castillos pazifistische Mission beendet. Es war ein Niederschlag, der nicht zwingend das Kampfende hätte bedeuten müssen, vielleicht hätte Castillo weiterkämpfen können. Aber er wusste: Das hätte nix gebracht.
Wie dieses Duell auch Klitschko nichts gebracht hat. Noch immer weiß niemand, was passiert, wenn er wieder einmal in Bedrängins kommen sollte. Doch Klitschko behauptet steif und fest: "Castillo war kein Fallobst. Man darf natürlich auch nicht euphorisch werden - aber ich habe es sehr genossen, dass alles nach Plan lief."
Die Zuschauer auch. Sie feierten Klitschko als seien sie Zeuge eines Jahrhundertereignisses gewesen. Und wer später Steward hörte, fühlte sich in dieser Meinung bestärkt. Der Trainer hat sowieso einen Hang zu Dampfplauderei - aber so weltfremd war noch keiner seiner Analysen. Er sprach von einem perfekten Kampf, sah Material für einen Lehrfilm und betonte, dass Klitschko an diesem Abend jeden umgehauen hätte. Das ganze gipfelte in der völlig abstrusen Aussage: "Das war eine der besten Vorstellungen, die ich je im Schwergewicht gesehen habe." Man hätte meinen können, der Gen-Forschung sei eine Mischung aus Ali und Joe Louis gelungen. :laugh2:
Klitschko wäre gut beraten, die Worte als das zunehmen, was sie sind: eine maßlose Übertreibung. Doch der Ukrainer wähnt sich auf dem Weg zu Großem: "Ich will so schnell wie möglich um die WM boxen." Er sollte aufpassen. Es könnte sein, dass der nächste Gegner auch mal zurückschlägt.
Quelle: Rems-Zeitung Schwäbisch Gmünd
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Wirklich schön, dass nicht jeder in diesen kollektiven Jubel ausbricht. Der Artikel spiegelt die Tatsachen IMO sehr gut wieder.
:thumb:
Dortmund - Es sollte eine wichtige Standortbestimmung für den zuletzt angeschlagenen Wladimir Klitschko werden. Doch nach dem Sieg gegen einen grausam hilflosen Eliseo Castillo ist der ukrainische Schwergewichtsboxer so schlau wie zuvor.
Es muss etwas großes passiert sein am Samstag in der Westfalenhalle. Zumindest lassen die äußeren Umstände keinen anderen Schluß zu. 6,44 Millionen vor dem Fernseher, 9000 waren vor Ort, der amerikanische Boxsender HBO kam zur Übertragung in voller Besetzung, Ringsprecher-Legende Michael Buffer wurde eingeflogen - und bevor es losging, kam eine zehnminütige, gigantische Laser-Show über das verdutzte Publikum. Kurzum: Man hatte den Eindruck Muhammad Ali gebe ein Comeback.
Aber dann gab es Klitschko gegen Castillo, und mit großem Boxen hatte das nun wirklich nichts zu tun.Es ging nicht einmal um einen Titel. Aber für die Klitschkos gelten eigene Gesetze- In einer Szene, in der das graue Mittelmaß regiert, ragt das Brüderpaar hinaus. Und dann war da noch diese Vorgeschichte von Wladimir Klitschko. Zuletzt hatte der Ukrainer eine Menge Prügel kassiert, und eine Niederlage hätte wohl das Karriereende bedeutet. Deshalb fragten sich alle: Wie steht es um seine mentale Verfassung? Was passiert wenn er einen Schlag abbekommt?
Die antworten kennt man leider immer noch nicht. Dabei hatte Klitschko Trainer Emanuel Stewart vor dem Kampf angekündigt: "Castillo ist der gefährlichste Gegner der auf dem Markt ist." Wenn das tatsächlich stimmt, steht es um die Schwergewichtsszene noch schlechter, als man gedacht hat.
Castillos Auftreten war eine nachhaltige Bewerbung um den Friedensnobelpreis. Der Kubaner versuchte als erster Mensch einen Boxkampf zu gewinnen ohne zu schlagen.
"Ich habe nur ein paar Fliegenfänger von einem unkontrollierten Boxer gesehen", brummt Ex-Champion Herny Maske. Und der ehemalige Weltmeister Sven Ottke befand: "Der hat sich abschießen lassen".
In der vierten Runde war Castillos pazifistische Mission beendet. Es war ein Niederschlag, der nicht zwingend das Kampfende hätte bedeuten müssen, vielleicht hätte Castillo weiterkämpfen können. Aber er wusste: Das hätte nix gebracht.
Wie dieses Duell auch Klitschko nichts gebracht hat. Noch immer weiß niemand, was passiert, wenn er wieder einmal in Bedrängins kommen sollte. Doch Klitschko behauptet steif und fest: "Castillo war kein Fallobst. Man darf natürlich auch nicht euphorisch werden - aber ich habe es sehr genossen, dass alles nach Plan lief."
Die Zuschauer auch. Sie feierten Klitschko als seien sie Zeuge eines Jahrhundertereignisses gewesen. Und wer später Steward hörte, fühlte sich in dieser Meinung bestärkt. Der Trainer hat sowieso einen Hang zu Dampfplauderei - aber so weltfremd war noch keiner seiner Analysen. Er sprach von einem perfekten Kampf, sah Material für einen Lehrfilm und betonte, dass Klitschko an diesem Abend jeden umgehauen hätte. Das ganze gipfelte in der völlig abstrusen Aussage: "Das war eine der besten Vorstellungen, die ich je im Schwergewicht gesehen habe." Man hätte meinen können, der Gen-Forschung sei eine Mischung aus Ali und Joe Louis gelungen. :laugh2:
Klitschko wäre gut beraten, die Worte als das zunehmen, was sie sind: eine maßlose Übertreibung. Doch der Ukrainer wähnt sich auf dem Weg zu Großem: "Ich will so schnell wie möglich um die WM boxen." Er sollte aufpassen. Es könnte sein, dass der nächste Gegner auch mal zurückschlägt.
Quelle: Rems-Zeitung Schwäbisch Gmünd
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Wirklich schön, dass nicht jeder in diesen kollektiven Jubel ausbricht. Der Artikel spiegelt die Tatsachen IMO sehr gut wieder.
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