Denn im Schlepptau brachte Bernstein auch andere ehemalige Ultras in den Klub, die nun offenbar danach streben, die Geschicke des Vereins nach ihren Wünschen zu lenken. Die zentrale Figur ist dabei ein Mann, der statt Hertha-Trainingsjacke manchmal Bomberjacke trägt. Neben ihm fand ein weiterer Extrem-Fan den Weg in die Führungsebene.
Bei der 1998 gegründeten Ultra-Gruppierung „Harlekins Berlin `98“, in der Bernstein und der Funktionär aktiv waren, versammelt sich der harte Kern der Fans, die in der Ostkurve stehen. Sie sind das Stimmungszentrum im Stadion, fallen aber auch mitunter durch das Abbrennen von verbotener Pyrotechnik auf.
Man kann einen Ultra aus der Kurve holen, aber bekommt man das Kurvendenken aus dem Ultra? In Teilen der Belegschaft von Hertha BSC herrschen da mittlerweile Zweifel – zumindest, was den Funktionär angeht. Das berichten Insider gegenüber der Morgenpost. Dieser Funktionär soll sein Faible für Bomberjacke und Springerstiefel in der Geschäftsstelle mit modischen Vorlieben begründet haben. Von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hört man jedoch, dass sie Angst haben, dass ihnen ein schwarzgekleideter Mob auflauert, sobald man sich ihm in den Weg stelle. Mit seiner Nähe zur Fankurve spiele der Funktionär ganz bewusst, glauben Mitarbeiter.
„Ihr macht das so, sonst passiert was“, sagte der Ultra-Funktionär immer wieder. Oder auch: „Es gibt nur eine Meinung, die zählt und das ist meine.“ Oder mit einem nicht eindeutig identifizierbaren Lächeln: „Wir wissen, wo du wohnst“. Das kann ein übergriffiger Scherz sein, klingt aber noch einmal anders, wenn man seine Vergangenheit im Kopf hat. Die Stimmung in der Geschäftsstelle ist auf dem Tiefpunkt, versichern Mitarbeiter. Das zeigt sich auch daran, dass eine Kanzlei beauftragt wurde, in einem Compliance-Verfahren innerbetrieblichen Regel- und Verhaltensverstößen nachzugehen. Die Mitarbeiter der Kanzlei führten Gespräche mit Mitarbeitenden und fertigten Protokolle darüber an. Es erfolgten auch Aussagen vor dem Belegschaftsausschuss und diverse Meldungen an die Geschäftsführung. Spürbare Folgen hatte das nach Aussagen der Mitarbeitenden im Umgang aber nicht.
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Einzig die Liste der Namen jener, die sich in dieser letzten Befragung in der Gegenwart eines Präsidiumsmitglieds massiv belastend geäußert haben sollen, scheint mittlerweile an Teile der Ultras durchgestochen worden sein. Es gibt Mitarbeiter, die sich fürchten.
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Ein Teil der Belegschaft fühlte sich in den vergangenen Monaten immer stärker im Stich gelassen von der Geschäftsführung. Einige Mitarbeitende haben das Unternehmen auch schon verlassen, zum Teil ohne eine neue Anstellung zu haben. „Die Gesichter der Beschäftigten, die das Büro des Funktionärs nach einer Unterredung verlassen, sprechen Bände“, so ein Hertha-Insider gegenüber der Morgenpost. Es herrsche ein Klima der Angst und Einschüchterung. Die Compliance-Untersuchung und die diversen Befragungen und zahlreichen Rückmeldungen an die Geschäftsführung haben bisher kaum etwas an der Situation verändert.
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Die Morgenpost hat Hertha BSC mit sämtlichen Vorwürfen konfrontiert. Die erste schnelle Antwort war das Angebot eines Hintergrundgesprächs mit dem neuen Co-Geschäftsführer Peter Görlich. Allerdings dienen Hintergrundgespräche nur dem Informationsaustausch. Als die Redaktion dieses ablehnte, kam ein Schreiben von Herthas Rechtsanwaltskanzlei mit juristischen Warnungen, dem Abraten vom Verfassen von „rechtswidrigen“ Berichten, aber auch Antworten.
* Der Autor ist seit mehreren Jahren Redakteur bei der Berliner Morgenpost, schreibt sonst nicht über Sportthemen und möchte diesem Text aus Sicherheitsgründen nicht unter seinem richtigen Namen publizieren.