Größer hätte der Gegensatz nicht sein können. Da stand er, der Präsident, wohl der letzte Repräsentant jener Zeiten, in denen Fußballklubs noch konservativ geführt wurden, mit starren Hierarchien, aber auch mit traditionellen Werten. Der Unternehmer und Präsident Michael A. Roth glaubt an Recht und Ordnung und Vernunft. Nun stand er, wie immer in feinem Anzug, dieser amorphen Masse von Fans gegenüber, einer Wand aus schwarzen Kapuzen, aufgerissenen Mündern und gereckten Fäusten, und appellierte an Ehre und Vernunft. "Eine "Schande ist das für den 1. FC Nürnberg und den Fußball, was Sie hier machen", sagte Roth, und dann: "Wenn noch einmal was passiert, stimme ich der Räumung des Blockes zu."
Im betreffenden Block standen die Fans des 1. FC Nürnberg, und sie hätten es am Samstag fast geschafft, ein Bundesligaspiel zum Abbruch zu bringen. Gelungen war es letztlich nicht, sie verwandelten die Frankfurter Arena nur für 21 Minuten in ein absurdes Theater. Drei Kracher waren auf der Tribüne geplatzt, offenbar derart laut, dass manchen Spielern auf dem Rasen der Schrecken in die Glieder fuhr, dann war noch ein Feuerwerkskörper in den Raum zwischen Torauslinie und Absperrung geflogen.
Schiedsrichter Gagelmann schickte die Mannschaften in die Kabinen, in den Gängen beschlossen die Referees eine Null-Toleranz-Haltung, draußen versuchte Frankfurts Stadionsprecher, die Eintracht-Fans vom Pfeifen abzubringen, damit der Nürnberger Präsident sich verständlich machen konnte und das Spiel doch noch weiterginge. Weil laut Hinweis Gagelmanns aber tatsächlich nichts mehr passieren durfte und Roth sich nicht sicher war, ob das alle kapierten, blieb er vorsichtshalber für den Rest des Spiels dort stehen - zwischen Fans und Fußball. Manche überhöhten Roths Rolle später als "lebendes Schutzschild", jedenfalls war es das Symbol für eine Fußballwelt, die aus den Fugen geraten war: Der Präsident als Wachmann.