2015 tauchte FAA noch nicht auf, aber es ist ganz interessant, wie die Prognosen für jüngere Spieler so ausfielen. Ich weiß noch zu Sport1-Zeiten, wie der werte User testzugang öfter schrieb, dass Zverev unter den jüngeren Spielern allein auf weiter Flur sei und damals sah es zunächst auch so aus. Kyrgios wurde schnell fraglich und der erste wirkliche Konkurrent war eigentlich Shapovalov, der Mitte/Ende 2017 schon sehr jung groß aufspielte (seinen Sieg gegen Rafa in Kanada werden viele noch in Erinnerung haben, danach hat er auch gute USO gespielt). Ich finde es ganz interessant, dass z.B. Tsitsipas Ende 2017/Anfang 2018 noch kaum ein Thema war, ab Ende 2018/Anfang 2019 waren es dann Zverev und Tsitsipas, die sehr hoch gehandelt wurden, es kam dann schnell FAA hinzu, hier gab es viele die ihm deutlich mehr als Zverev/Tsitsipas zugetraut haben, selbst im Frühjahr 2019 hatte wiederum noch niemand Medvedev für die ganz großen Erfolge auf der Rechnung, der war ein totaler Spätzünder. Ein Spieler wie Ruud war noch völlig unter dem Radar. Das waren auch noch die Zeiten, in denen Molleker und Kuhn einiges zugetraut wurde.
Man sieht es ganz deutlich: Wenn man etwa ab dem Jahrgang 1990 beginnt – wie viele Spieler blieben letztlich hinter den Erwartungen zurück, die man zu Beginn ihrer Karrieren hatte?
Raonic: Bei ihm ist es schwer zu sagen, ob man wirklich mehr erwarten konnte. Zwischen 2014 und 2017 spielte er stark, danach verhinderten zahlreiche Verletzungen eine konstantere Karriere.
Janowicz: Wer hätte nach seinem Paris-Finale und dem Wimbledon-Halbfinale 2013 – das er in vier engen Sätzen gegen Murray verlor – gedacht, dass er danach kein einziges Masters-Viertelfinale mehr erreichen würde?
Dimitrov: Auch bei ihm lagen die Hoffnungen höher. Als 18-Jähriger wurde er als großes Talent gefeiert – am Ende gewann er nur ein Masters-Turnier und schloss nur eine Saison in den Top 8 ab. Trotz der Konkurrenz durch die Big 3 hätte man deutlich mehr erwartet.
Tomic: Nach seinem starken Auftritt gegen Djokovic im Wimbledon-Viertelfinale traute man dem 18-jährigen Tomic eine große Karriere zu. Diese Erwartungen erfüllte er nicht.
Sock: Er galt zwar nicht unbedingt als kommender Top-8-Spieler, konnte aber immerhin ein Masters gewinnen. Insgesamt blieb er dennoch klar hinter den Erwartungen zurück.
Thiem: Zu Beginn seiner Karriere sah man ihn eher als Sandplatzspezialisten – ironischerweise blieb er ohne großen Sandtitel. Zwar gewann er ein Grand Slam und ein Masters, doch viele träumten von mehreren French-Open-Titeln.
Pouille: Kam früh nach oben, erreichte 2016 zwei Grand-Slam-Viertelfinals in Folge. Nach dem Halbfinale bei den Australian Open 2019 kam jedoch kaum noch etwas. Beste Jahresendplatzierungen: 15 und 18.
Kyrgios: Nach seinem Sieg über Nadal 2014 wurde viel von ihm erwartet. Diese Hoffnungen konnte er nie wirklich erfüllen.
Edmund: Zwar nicht als größtes Talent gestartet, doch nach dem Halbfinale bei den Australian Open 2018 blieb am Ende nur eine Top-40-Platzierung am Jahresende.
Coric / Chung: Von beiden erwartete man deutlich mehr. Coric gewann zwar ein Masters, erreichte aber nur ein Grand-Slam-Viertelfinale (US Open 2020).
Khachanov: Nach seinem Paris-Bercy-Titel 2018 traute man ihm deutlich mehr zu. Diese Erwartungen konnte er nicht einlösen.
Medvedev: Hat die Erwartungen klar übertroffen.
Berrettini: Angesichts seiner Verletzungshistorie kann man sagen, dass er die Erwartungen zumindest erfüllt hat.
Zverev: Nach dem Rom-Titel rechnete man mit Grand-Slam-Titeln. Auf GS-Ebene blieb er unter den Erwartungen, bei anderen Turnieren erfüllte er sie.
Rublev: Viele hatten auf mehr gehofft – kein GS-Halbfinale, stagnierende Entwicklung. Dennoch ist seine Karriere insgesamt nicht enttäuschend.
Ruud: Hat die Erwartungen übertroffen.
Tsitsipas: Kein Grand-Slam-Titel und eine kurze Prime – die Erwartungen waren höher, auch wenn er insgesamt eine starke Karriere hatte.
Tiafoe: Man träumte von mehr, aber vielleicht kommt da noch etwas.
de Minaur: Hat die Erwartungen erfüllt.
Shapovalov: Letztes großes Halbfinale 2020 in Rom – nach dem Durchbruch 2017/18 und dem Sieg über Nadal in Montreal ist das klar zu wenig.
Auger-Aliassime: Galt als künftige Nummer 1 – diesen Erwartungen blieb er deutlich fern.
Korda: Bis heute unter den Erwartungen geblieben.
Fazit:
Von den Spielern, die zwischen 1990 und 2000 geboren wurden, haben Ruud, de Minaur und Medvedev die Erwartungen erfüllt oder übertroffen. Thiem und Zverev kann man mit Abstrichen ebenfalls nennen, auch wenn man bei beiden von mehreren Grand-Slam-Titeln ausging. Viele andere blieben jedoch sehr deutlich hinter den Hoffnungen zurück, die man ihnen als 17- bis 20-Jährige zugeschrieben hatte.
Bei den meisten spricht man auch nicht nur von den GS Titeln, sondern von viel mehr, einzig bei Zverev, Thiem und Tsitsipas sind die Anzahl der GS Titel das "Problem".