Erst jetzt gelesen, sorry. Bei den sparsameren Sachen finde ich die Produktion auch in Ordnung (All the young people must fall in love oder Spent the day in bed, auch Tel Aviv). Aber sobald es etwas in die vollen geht (die ersten Stücke des Albums ebenso wie die letzten - stark ist die Platte mMn vor allem in der Mitte), verfällt er (bzw Produzent Chicarelli) für mich eben doch viel zu sehr in diesen Breitwandkompressionswahn, der besonders die Drums über Kopfhörer nervig macht. Die Becken zischen dann in den Ohren, die Snare knallt für solche Musik viel zu sehr und die Dynamik geht bei diesen Smartphoneoptimierten Kompressionsgeschichten eh immer verloren. Ich mag sowas generell nicht und auch die "modernen 80er Keyboards" passen für mich nicht zu Morrisseys Musik, obwohl beides natürlich absolut zeitgemäß ist.
Es gibt etliche Alben, die ich musikalisch ok finde, die aber durch die "überall kübelweise Compressor und Loudness drauf" Produktions"standards" (sind es ja fast schon), die nur auf Optimierung für mobile Endgeräte mit miesen Soundkarten/-chips ausgelegt sind, über vernünftige Kopfhörer und gute Soundkarten oder echte Stereoanlagen fast unhörbar sind. Das kann man manchmal durch Equalizergefummel irgendwie ausgleichen, aber das ist ja nicht Sinn der Sache. Morrissey hat sowas in der Vergangenheit fast gar nicht gemacht, jetzt ist er auch dabei und das gefällt mir eben nicht. Es gibt ja auch Musikstile, wo sowas passt, aber seiner gehört - für mich - nicht wirklich dazu. Natürlich muss Morrissey 2017 nicht mehr wie die Smiths klingen, aber "You are the quarry" oder "Ringleader..." klangen auch allemal modern und voll genug und kamen trotzdem ohne die breite Wand aus (hatten allerdings für mich auch klar bessere Kompositionen). MIr gefiel aber auch schon der Vorgänger (World peace is none of your business) nicht so und ich habe so ein bisschen den EIndruck, dass der Abgang von Alain Whyte als Gitarrist Moz nicht wirklich gut getan hat. Jetzt ist da nur noch Jesse Tobias, der mit seinem Einstieg bei "Ringleader" den Sound ja deutlich modernisiert hat, was auch gut war - der aber jetzt eben einziger Gitarrist ist, was vielleicht dann dem Sound zu viel "original Morrissey" nimmt. Whyte war ja fast 20 Jahre dabei.
Nochmal zur Produktion: Es kommt natürlich auch immer darauf an, wie das Album eigentlich aufgenommen wurde: wurden die Instrumentensounds und das Band-Instrumentengefüge bereits darauf ausgerichtet, dann kann das klappen. Ist es reines Mastering, klingt es fast immer kacke. Hast du kompakte Songs in einem Tempo und einer Stimmung geht es besser, als wenn du Stücke hast, die von Dynamik und Stimmungswechseln leben. Naja, muss ich dir ja nicht erzählen.
Ich würde es generell sehr begrüßen, wenn Bands und Solokünstler von ihren Alben verschiedene Masterversionen anbieten würden, die die unterschiedlichen Abhörmöglichkeiten berücksichtigen: wenn man ein Album für mobile Geräte, normal auf Cd, für audiophile Hörer mit eher hochwertigen Anlagen (ist ja auch kein kleiner Markt) und Vinyl bedienen will, muss man mittlerweile eigentlich dasselbe Album 4 x ganz unterschiedliche Endmixe produzieren, damit das Endprodukt auch überall wirklich angemessen klingt (und wirkt). Aber wer macht das schon?