Professor Moriarty
Bankspieler
In den letzten Tagen habe ich mir Sanders’ Kämpfe gegen die Klitschko-Brüder noch einmal zu Gemüte geführt. Wenn man in den 90er Jahren von den großen Drei (Tyson, Holyfield, Lewis) spricht, dann behaupte ich, dass Sanders neben Bowe auch ein Anwärter auf das Podest hätte sein können. Nach der Betrachtung der Kämpfe verstärkt sich mein Eindruck, dass der Südafrikaner ungeheuer viel Potenzial in Form von Talent verschenkt hat. Ich habe selten einen derart schnellen, präzisen und reaktionsstarken Schwergewichtsboxer gesehen. Reichweitenachteile waren für Sanders gegen die Klitschkos kein großes Hindernis. Alleine der Umstand zeigt mir, dass er sich von der breiten Maße abhebt. Vielleicht übertreibe ich, aber weder gegen Lewis, Tyson oder Holyfield sehe ich ihn als krassen Außenseiter. Wladimir Klitschko wäre gegen ihn meiner Meinung nach nicht nur einmal baden gegangen. Der jüngere Klitschko hätte ein paar Volltreffer gar nicht vermeiden können, weil Sanders synchron kontert und derart schnell ist, dass Raum und Zeit keine Rolle spielen. Vitali war damals einfach nur so gepusht, ansonsten wäre er wohl schon in der ersten Runde kalt erwischt worden. Sanders’ großes Problem liegt meiner Meinung an seiner Einstellung zum Sport. Er hatte zweifelsohne eine physische Upside. Wenn jemand bei einem Trainings-Pensum, wie es im Boxsport vor einem Kampf notwendig ist, trotzdem mit Hüftspeck in den Ring steigt, hat das meiner Meinung nach viel mit mangelnder Professionalität zu tun. Bei "richtigem" Training kann eigentlich niemand so viel fressen, dass er derart schwabbelig in den Ring steigen müsste. Man sieht eigentlich nur so aus, wenn man entweder zu wenig macht oder mit Nebenwirkungen von Dopingmittel zu kämpfen hat. Wie auch immer, meiner Meinung nach hätte sich Sanders vor keiner Schwergewichts-Größe der 90er verstecken müssen. Für Tyson hätte der Südafrikaner ein zweiter Holyfield sein können. Bei Lewis bestand ohnehin immer die Gefahr des Leichtsinns, aber auch unabhängig davon, hätte der Londoner ähnlich wie Wladimir erst einmal mit den linken Konterschlägen umgehen müssen. Gegen Holyfield hätte Sanders meiner Meinung nach die besten Siegchancen gehabt. Ich halte den Südafrikaner sogar für den besseren Konterboxer. Wo ein Lewis vielleicht taktisch noch etwas bewegen hätte können, wäre Holyfield vermutlich voll auf die Schlacht eingegangen – in diesem Fall wäre es ein völlig offenes Duell gewesen. Ferner spricht für Sanders die Rechtsauslage, mit der Holyfield eher schlecht als recht klarkam.
Wie seht ihr das?
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