DACH Herren-Tennis


Epsilon

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Sie haben mit fünf Jahren das erste Mal Tennis gespielt und zeigten schnell Talent. Wie wurde dieses gefördert, als Sie mit elf Jahren in die Berge Jamaikas zogen?
Gar nicht. Ich habe erst mal aufgehört mit Tennis. Aber es war für uns schon in Deutschland schwierig, gerade in den kalten Monaten. Es wäre auf Dauer nicht drin gewesen, dass wir einen Trainer plus Platz und Licht in der Halle bezahlen konnten. Ich war gut und in Jugendranglisten, aber
erhielt keine Förderung von außen, von einem Verband. Der Einzige, der auch immer an mich glaubte und mich sehr formte, war der amerikanische Trainer Kim Wittenberg, der in Barsinghausen arbeitete. Wir waren in Deutschland nicht reich, aber in Jamaika habe ich die harte Seite des Lebens erfahren. Wobei es trotz des bescheidenen Lebens ein neues Gefühl gab: In Deutschland hatte ich Rassismus erlebt, auch in der Schule. In Jamaika gehörte ich vom Aussehen her dazu.

Wie sind Sie mit dem Wechsel der Kulturen klargekommen?
Das hat einerseits gedauert. Andererseits ist es faszinierend, wie schnell man sich an Lebensumstände anpassen kann. Patois, das jamaikanische Kreolisch, habe ich auf dem Schulhof gelernt. Ich erinnere mich: Als ich anfangs bei meinem Dad in den Bergen war, wurde es früh dunkel. Ich habe gesagt, ich muss auf die Toilette – da habe ich von meinem Vater eine Taschenlampe, Toilettenpapier und eine Machete bekommen.

Wie schafften Sie bei diesen Hürden den Sprung zum Profitum?
Ich wurde in Jamaika immer besser, war die Nummer eins in der U14, U16, U18. Förderung gab es da auch nicht. Im Gegenteil, ich habe mit 14, 15 in Luxushotels selbst Training gegeben, manchmal gab es zum Lohn 50 US-Dollar Trinkgeld dazu. Ich hatte das Glück, als ich 18 wurde, dass der Vater eines anderen Jungen viele Futures in Jamaika aufzog: 10 000-Dollar-Turniere. Ich spielte drei Futures, zwei Wochen Pause, drei Futures, zwei Wochen Pause, alle vor der Haustür. So holte ich 2002 meinen ersten Weltranglistenpunkt.

2004 erwarben Sie das legendäre Wohnmobil und klapperten in Europa kleine Profiturniere ab. Wie kam es dazu?
Die Campingbus-Idee ist meiner Mutter am Strand beim Sonnenuntergang gekommen. Ich habe dann in Deutschland geschaut. Ich hatte im Grunde keinen festen Wohnsitz. Ich war da, wo der Tennisball war. Ich fand ein gebrauchtes Wohnmobil. Meine Mutter hat es durchgerechnet und
gesagt: Okay, kriegen wir irgendwie hin! Sie machte eine Sechsjahresfinanzierung. Eswar ein VW Missouri LT 64. Das Kennzeichen: CE für Celle, DI für Dustin und Inge mit einer 100. Zu dem Zeitpunkt, als die Finanzierung endete, stand ich erstmals in den Top 100, das war verrückt … hier auf
meinem Unterarm ist das Wohnmobil tätowiert. Ich habe ein großes Tattoo meines Vaters und meiner Mutter an der Flanke und am Rücken zwischen 2014 und 2017 stechen lassen, den ganzen Arm 2022 und 2023. Hier ist mein Leben drauf.
 
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