Das Evangelium nach GRigory - Teil I
Three And A Half Wise Men
I wish you'd known me when I was alive, I was a funny fellow
The crowd would hoot and holler for more
I wore a drunk's red nose for applause
Mein Name ist GRigory der 8.te von Sibirien, kurz Gr8. Ich weiß nicht viel über die aktuelle Welt. Was daran liegen könnte, dass ich schon seit sehr, sehr langer Zeit nicht mehr lebe. Wo ich bin? Und vor Allem wie ich bin, nun, das darf ich euch nicht erzählen, sonst würde ich eurem Leben die ganze Spannung nehmen.
Zurück zum Thema: Eigentlich möchte ich nur etwas richtig stellen, was mich sehr stört. Es geht um mich, meine zwei Gefährten und die größte Geschichte aller Zeiten. Deshalb schreibe ich dieses Buch, weil es Zeit wird, dass die wahre Geschichte endlich ans Tageslicht kommt. Viele haben bereits versucht sie niederzuschreiben. Alle sind gescheitert.
Wo soll ich anfangen? Beim offensichtlichsten. Die folgende Geschichte spielt vor 2000 Jahren. Ok, was noch? Unsere Namen! Meinen Namen kennt ihr ja bereits, aber auch die Namen meine Gefährten solltet ihr kennen - Kronos der 495.te (er würde aber "Kronos VD." sagen, diese Europäer und ihre komischen Zahlen) und Tuco Tico Taco. Klingt komisch? Tja, da kann ich auch nichts dafür, so ist es nun einmal! Grigory, Kronos und Tuco Tico Taco. Merkt euch das. Bitte! Denn jetzt werde ich euch verraten, was nicht unsere Namen sind: Kaspar, Melchior und Balthasar.
Ich weiß nicht, wer auf die bescheuerte Idee gekommen ist, dass wir Kaspar, Melchoir und Balthasar heißen, aber ich würde ihm gerne mit einer Backpfanne eins auf seinen Schädel schlagen.
Wir waren die heiligen drei Könige. Tut mir leid, aber nach diesem Satz muss ich immer lachen. "Heiligen drei Könige" - das ist so lächerlich. Oder um die aktuelle Ausdrucksweise zu gebrauchen: LOL. Ja, wir haben hier einen Breitbandinternetanschluss, den wir aber nur für Pornos benutzen dürfen. Manchmal, wenn ich ganz sicher bin, dass keiner guckt, surfe ich aber auch auf Nachrichtenseiten, ich weiß, ich bin ein Perversling. Oh, ich schweife erneut ab.
An uns war wirklich nichts heiliges. Und Könige waren wir auch nicht alle. Also, nicht wirklich. Ich war mal ein guter Boxer und habe mich selber immer "Der König" genannt, nachdem ich Kämpfe gewonnen hatte. Gut, ich habe die Gegner entweder bestochen oder am Abend vorher vergiftet, aber wenn man nicht be******t, will man auch nicht wirklich gewinnen, oder?
Kronos war, lange bevor ich ihn traf, der König einer Horde Zigeuner. Sagt man das so? Horde Zigeuner? Pack? Schule? Rudel? Ich weiß, ihr seid alle so politisch korrekt, ich komme allerdings aus einer anderen Zeit, vergebt mir daher, falls ich mich ab und an beleidigend äußere. Aber wie ich das verstanden habe, seid ihr "Christen", daher sollte euch das Vergeben nicht so schwer fallen.
Tuco war nie König und nannte sich auch nie so. Dafür traf ich in meinem gesamten Leben nie wieder jemanden, der so gut mit der Steinschleuder umgehen konnte. Ein großer Kämpfer, ein schlechter Redner.
Ach, fast hätte ich es vergessen. Auch wenn man immer nur von DREI sprach und immer Bilder von drei Männern mit drei Kamelen zeigt, so waren wir in Wirklichkeit doch vier. Aber das mit den drei Kamelen stimmte.
Mein Sklave Timur Aleksandr Lazarus hatte natürlich kein Kamel, dafür genug Neurosen um die gesamte Erdfläche zu belustigen. Außerdem neigte er dazu ohnmächtig zu werden. Einfach so. Von einer Sekunde auf die nächste. Ja, ich war mir darüber im klaren, dass das nicht die besten Eigenschaften für einen Sklaven waren, aber so groß war die Auswahl in meinem Dorf nun mal nicht. Im weiteren Verlauf der Geschichte werde ich meinen Sklaven nur noch mit seinen Initialien abkürzen und die natürlich klein schreiben. Er ist ja schließlich nur ein Sklave und verdient es nicht groß geschrieben zu werden. Aus diesem Grund ist er wohl auch nie irgendwo erwähnt worden. Wohingegen wir auf fast jeder Tür stehen. Auch wenn die Namen leider falsch sind.
Genug der Einleitung: Lasst uns beginnen. Wo? Wie wäre es am Anfang. Hingegen vieler Vermutungen hat Gott das Universum nicht in 6 Tagen erschaffen, was vermutlich daran lag, dass es damals noch keine Tage gab und das auch in keinsterweise erklärt, was er davor gemacht hat und wo er war. Aber das ist eine andere Geschichte, die andere Leute sicher besser erklären können. Ich beginne lieber am Anfang dieser, meiner, unserer und auch irgendwie eurer Geschichte:
Es war ein angenehmer Tag in der Taiga. Minus fünfzig Grad. Für eure Zeit sicher sehr kalt, aber bei uns gab es noch keine globale Erderwärmung. Es war der Tag der großen Wahl. Ich trat an gegen Madferitzki. Es ging um die Wahl des neuen Dorftrottels. Und ich hatte mir sehr gute Chancen auf die Stelle ausgerechnet. Meine Witze waren großartig, nicht unter die Gürtellinie, sondern intelligent, gesellschaftskritisch, ich will mich nicht selber loben, aber sie waren einfach fantastisch.
Meine Imitationen waren punktgenau, ich konnte alles nachmachen, die Stimmen, die Gesten. Und mein Kontrahent? Nichts. Nur uralte Witze über Gewalt an Frauen und Einparken. Ja, die Witze übers Einparken gab es bei uns schon Jahrhunderte bevor wir Autos hatten.
Die Wahl lief durch Applaus ab und er bekam sehr viel Applaus, ich keinen. Sehr schnell bemerkte ich daher, dass ich chancenlos war. Das Volk wollte kein Niveau, das Volk wollte Dummheit. Leichte Kost, nicht schwere. Sie wollten einen harmlosen Künstler, der sie zum Lachen brachte, nicht einen Mann, der sie dazu brachte ihr Leben zu hinterfragen und vielleicht über sich selber zu lachen, denn dazu waren sie nicht im Stande.
"Das kann doch nicht sein. Ich verliere gegen einen Vollidioten. Was soll ich tun?", fragte ich meinen Sklaven tal.
"Vielleicht sollten Sie versuchen netter zu sein, Meister."
Netter? Ich überlegte es mir. Ernsthaft. Ich wollte wirklich, aber dann machte Madferitzki zum 47593. Mal den selben Witz. "Meine Frau, kennste, kennste, meine Frau hebt ihre Keule und sagte, dass sie keine Lust hat mir Essen zumachen. Hehe! Also, nehm ich die Keule und schlag ihr voll auf den Kopf." Die Leute lachten schon wieder, obwohl er diesen Witz schon so häufig gemacht hatte, aber sie lachten einfach immer wieder. Als würden sie ihn zum ersten Mal hören, als hätten sie absolut kein Gedächtnis und dabei war der Witz gar nicht lustig. Wie konnten sie nur???
Ich flippte aus. Den ****** konnte ich mir nicht mehr anhören. Diese Gewalt an Frauen war ja ganz amüsant, da sind wir uns sicher alle einig, aber in jedem gottverdammten Witz???
Ich sprang auf Madferitzki zu und schmiss ihn von der Bühne. Seine Brüder leoN und maiL griffen mich an, doch tal warf sich auf sie und verprügelte beide, bevor sie mir etwas anhaben konnten. Ich schnappte mir den Stock, in den die Teilnehmer reden mussten und begann meine Hasstriade.
"Wie kann euch sowas gefallen? Ihr blöden Idioten! Seht ihr nicht, was ihr macht? Ihr lacht nur über chauvinistische und rassistische Sprüche. Und dabei habt ihr noch nie einen Ausländer gesehen. Ja, die meisten von euch haben ja noch nicht mal jemanden aus dem Nachbardorf getroffen. Noch nie! Ihr seid nur ein großer ******haufen, der aus Inzest entstanden ist."
Die ersten Werkzeuge flogen auf die Bühne. Wir hatten keine Tomaten. "Wir sind stolz auf unsere Herkunft!"
"Warum?", fragte ich und bekam als Antwort nur einen Hammer ans Knie geworfen. Eine bessere Antwort hatte ich auch nicht erwartet. "Blöder Sauhaufen, ihr seid noch blöder als ihr ausseht. Schaut euch doch nur mal an, ihr betet verdammte Blaubeeren an!" Das taten sie wirklich. Das war ihr Gott bzw. ihre Götter. Blaubeeren.
"Er hat die heiligen Blaubeeren beleidigt. Steinigt ihn!"
tal sprang vor mich und wehrte die Geschosse, die auf mich flogen mit seinem Körper ab. "Chef, wir sollten verschwinden."
Ich überlegte genau, was er da sagte und ging gedanklich ein paar Schritte weiter. Ich hatte eine Idee. Nein. Ich hatte eine Erleuchtung. "Du hast recht." Ich schob ihn zur Seite und baute mich vor dem Mob auf. "Klappe, ihr Arschlöcher. Ich habe eine Ankündigung zu machen. Ich werde dieses **********e Land verlassen. Ich werde mich auf den Weg machen, dorthin, wo noch kein Mann vor mir war. Ich werde Richtung Westen ziehen."
"Hä?", schallte es mir fragend entgegen.
"Das ist da lang." Ich zeigte in Richtung Westen.
"Oh, mein Gott. Er will da hingehen, wo sogar die Sonne verschwindet. Ins Reich der Finsternis!", riefen entsetzte Stimme aus dem Mob.
"Genau dahin will ich."
"Dann geh doch! Geh bis zur Klippe der Welt und spring dann hinunter, Grigory. Aber lass dich hier nie wieder blicken!"
"Weißt du was? Ihr könnt mich alle mal richtig am Ars-" Aus den Augenwinkel sah ich nur noch wie Madferitzki einen Stein auf mich warf.
Das Nächste, woran ich mich erinnern kann, ist wie Timur Aleksandr Lazarus mich durch eine fruchtlose Landschaft zog und sich bei mir bedankte, dass er mit mir Abenteuer erleben durfte. Ich wollte ihm antworten, doch ich wurde wieder ohnmächtig, bevor ich etwas rausbekam.
Doch ich war glücklich, denn auch ich fühlte, dass wir bald Teil eines großen Abenteuers werden würden.