Die richtige Rolle
Rechtsextremist Karl Richter durfte Bundeswehrsoldaten
zum Thema »Rechtsextremismus« schulen und als Komparse
im "Untergang"-Film Wehrmachtsuniform tragen
»Nation & Europa« (NE) gilt als Leitorgan des Rechtsextremismus. In der Oktoberausgabe berichtet NE-Redakteur Karl Richter, Jahrgang 1962, Erstaunliches. Unter dem Titel »Mit dem ›Führer‹ in Halle 12« schildert er seinen Auftritt als Komparse in Bernd Eichingers Film über die letzten Tage Hitlers »Der Untergang«. Auf dem Bavaria-Filmgelände war in Halle 12 der »Führerbunker« nachgebaut, und Richter wurde von der Casting-Agentur für die Rolle des Adjutanten von Generalfeldmarschall Keitel ausgewählt. Seine Fotos habe dort »ein Bekannter mit Kontakten zur Filmszene plaziert«, berichtet Richter. Wenn man ihm glauben kann, war sein Auftritt kein rechter Einzelfall, sondern Treffen rechter Kameraden: Er berichtet von ein »paar Skin-Komparsen vom Wachkommando«, die »für Unmut sorgten, weil sie die Kulissen-Toiletten für echt hielten«, von »aktiven Offiziersanwärtern« der Bundeswehrhochschule München, die nach Wehrmachtsuniformen gierten, und an »den darauffolgenden Tagen stellten sich auch aus der ›Szene‹ nach und nach bekannte Gesichter ein«. Regisseur Hirschbiegel habe als »blitzgescheiter Zyniker« zu einem optisch unpassenden SS-Komparsen gefragt: »Dürfen jetzt auch schon Türken bei der SS sein?« Ein Ahnungsloser von der Casting-Agentur habe sich zwar über seinen Haarschnitt gewundert, denn Rechte wolle man in dem »richtigen Nazifilm« nicht, aber die Auskunft »Ich bin Reservist beim Bund, da ist der Haarschnitt so«, habe ihn zufriedengestellt.
Obwohl Richter mit richtigem Namen auftrat, fiel der Rechtsextremist im Set des 13,5-Millionen-Euro-Films nicht auf. So durfte einer, der in seinem NE-Bericht über »irgendwelche KZ-Befreiungsvideos« höhnt, seinen Höhepunkt erleben: »Ich bin auf Wehrübung. Am Sonntag komme ich spätabends zurück und ziehe die Bundeswehruniform aus, Montag früh, auf dem Filmgelände, bin ich wieder Oberst der Wehrmacht.«
Der Verfasser dieses Berichts bekam eine Disziplinarstrafe, als er zu einem Antikriegstag auf dem Friedhof für sowjetische Soldaten in Stukenbrock in Bundeswehruniform einen Kranz für dort umgekommene 65000 Kriegsgefangene niederlegte (was dann Jahre später die First Ladies Hannelore Kohl und Raissa Gorbatschowa im Staatsakt tun durften). Aber Reservist Richter, ein 1982 aus dem Bundeswehrdienst ausgeschiedener Apologet des Naziregimes, das den Krieg in die Sowjetunion brachte, der 1995 für ein »Asylbetrügergedicht« in NE wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, konnte unbehelligt als Stabsunteroffizier an Wehrübungen im Verteidigungsbezirkskommando 65 in München teilnehmen – und in Seminaren Soldaten ausgerechnet zum Thema »Rechtsextremismus« schulen.
Erst seit Februar 2004 läd die Bundeswehr ihn nicht mehr ein – vermutlich ist der Militärische Abschirmdienst über seinen Aufsatz zur »um-struck-turierten« Bundeswehr im NE-Januarheft gestolpert, in dem Reinhard Günzel gelobt wird, der als Kommandeur des »Kommando Spezialkräfte« entlassen wurde, nachdem er den wegen einer Antisemitismusaffäre aus der CDU ausgeschlossenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann unterstützt hatte. In dem Beitrag plaudert Richter aus, daß Günzel 1995 in einer Gefechtsübung »Disziplin wie bei den Spartanern, den Römern oder bei der Waffen-SS« forderte.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2004/10-12/012.php