@roberts
Mal schnell vorneweg, ich glaube ebenfalls das Ullrichs Rückkehr zu T-Mobil der falsche Weg war und das er dort nicht sein eigentliches Potential ausschöpfen kann und wird.
Roberts schrieb:
Seit seinem Toursieg gibt es immer mindestens einen Fahrer bei der Tour und mittlerweile auch bei weiteren Rundfahrten, für die Ullrich zwar ein harter Gegner darstellt, denen er am Ende aber unterliegt.
Ich denke man muß einfach bei Ullrich versuchen fair zu bleiben. Das fällt manchmal schwer, weil er über soviel Potential und Talent verfügt hat wie kaum ein Zweiter vor ihm und man einfach oft das Gefühl hatte das eigentlich mehr drin gewesen wäre.
Wenn man mal dieses "Gefühl" aussen vor lässt und sich Ullrichs Karriere anschaut, dann hat er über lange Jahre herrausragende Leistungen erbracht. Man sollte nicht vergessen das er lange Zeit nur von einem fast ausserirdischen und unmenschlichen anmutenden Fahrer bezwungen werden konnte. Ohne Armstrong würden wir Heute vielleicht über einen 4-5 fachen Toursieger Ullrich sprechen, über eine Radsportlegende.
Es ist zwar richtig das Ullrich immer von diesem Armstrong geschlagen wurde, nur darf man Ullrich das wirklich negativ auslegen? Armstrong war nicht zu schlagen, niemand war dazu in den letzten 7 Jahren in der Lage.
Immer wieder hört man Stimmen die sagen "Wäre Jan nur so in Form wie bei seinem Toursieg, ja dann würde er auch Armstong besiegen" Ich frage mich woher man diese Erkenntnis nimmt? Wie sicher ist es den das Ullrich 97 auch gewonnen hätte, wenn es dort schon einen Armstrong in der Form seiner Toursiege gegeben hätte? Vielleicht war Jan sogar vor 3 Jahren in der besten Form seines Lebens, noch besser als bei seinem Toursieg und trotzdem war Armstrong nicht zu schlagen.
Ich denke die Erwartungshaltung an Ullrich war immer viel zu Groß. Er selbst hat immer gesagt er will Armstrong schlagen und glaubt auch das er es schaffen kann. Daraus wurde in der Erwartung seiner Fans und in der Öffentlichkeit jedoch immer ein "muß". Eine faire Berurteilung ist das sicher nicht und es wird auch nicht seinen Leistungen gerecht.
Mittlerweile nimmt die Bewertung von Ullrichs Leistung schon kroteske Züge an. Während einem Hamilton zugejubelt wird, weil er sich mit angebrochenem Schlüsselbein durch die Tour quält, wird bei Ullrich gänzlich anders reagiert. Fährt er nach einem Sturz mit geprellten Rippen am Limit und quält sich um trotzdem noch das Mögliche an Leistung rauszuholen, dann liest man Dinge wie: "Wie blöd muß der sein zu stürzen, der macht sich doch immer alles selbst kaputt" oder die Verletzung wird komplett ignoriert und man liest Sachen wie "einfach nur entäuschend, der hat ja schon wieder keine Form".
Wir (ich schließe mich da ein) nehmen uns das Recht raus Ullrichs Vorbereitung und Form zu kritisieren ohne überhaupt ausreichende Einblicke zu haben. Wir legen die Meßlatte unerreichbar Hoch, indem wir Armstrong als Ziel ausrufen und vergessen dabei vielleicht einfach den Fakt, dass Armstrong unschlagbar war. Wir nehmen uns das Recht heraus den Lebensstil von Ullrich zu kritisieren und das nur aus einem einzigen Grund: Weil er nicht in der Lage war einen Mann zu schlagen der vielleicht einfach nicht zu schlagen war, ganz gleich welchen Lebenstil und welche Vorbereitung und welchen Fahrstil Ullrich gerade hätte.
Ja du hast Recht, es gab immer den einen der zu Stark für Ullrich war. Die Frage ist jetzt nur, hat diese Tatsache nicht einfach nur dazu geführt, dass wir nicht mehr in der Lage waren Jans aussergewöhnliche Leistungen richtig einzuschätzen? Kann man ihm wirklich vorwerfen das er Armstrong nicht geschlagen hat oder tut man ihm damit nicht vielleicht doch Unrecht und hat den Blick für seine Leistungen verloren?
Sein Anspruch ist es um den Sieg mitzufahren (den erfüllt er) und eigentlich zu gewinnen (den erfüllt er mittlerweile nicht mehr).
Leider müssen wir uns bei Ullrich ja fast ausschließlich auf die Tour beziehen. Nur hier gilt dann eben das was ich oben bereits geschrieben hat. Ist nicht vielleicht das um den Sieg mitfahren und dabei überwiegend die restliche Konkurrenz zu schlagen die eigentliche Top Leistung und war der Sieg über Armstrong überhaupt zu erfüllen? In 7 Jahren hat das niemand geschafft und wenn wir ehrlich sind, war eigentlich auch niemand wirklich nahe dran. Ist es wirklich Fair Jan nur am Sieg über Armstrong zu messen?
Er wird auch bei der nächsten Tour wieder unter den ersten 10 sein, vielleicht auf Platz 2, vielleicht auf Platz 3 bis 5, aber niemals auf Platz 1.
Da liegen wir mit unseren Meinungen eindeutig auseinander. Ich glaube das Jan auch im nächsten Jahr sehr gute Chancen hat die Tour zu gewinnnen. Lass uns sehen was nächsten Jahr passiert und dann unterhalten wir uns über dieses Thema noch mal.
Er wird wieder verletzt und übergewichtig in die Tour oder eine andere Rundfahrt gehen, irgendwann stürzen oder sich während des Rennens verletzen oder erkranken und immer wieder "nicht die Beine" haben.
Sollte er verletzt sein, dann kann man ihm das nunmal nicht vorwerfen, auch wenn man das bei Ullrich gerne mal macht.
Sollte er übergewichtig oder ausser Form in die Tour gehen, dann sieht das anders aus und dafür wird man ihn dann hoffentlich auch kritisieren.
Nur sollte mal die Frage erlaubt sein, wie oft er den ausser Form in die Tour gegangen ist? Nur weil er Armstrong nicht schlagen konnte, heißt das nicht automatisch das er nicht in ausgezeichneter Form war. Da haben wir dann nämlich wieder das Problem mit der zu hohen Meßlatte und der unfairen Beurteilung. Kommt er ohne Verletzung und ohne Erkrankung durch die Tour nächstes Jahr, dürfte er große Chancen auf den zweiten Toursieg haben.