Der Samstag hat enorm viel zu bieten, hier mein intensiver Blick darauf.
Oleksandr Usyk (23–0) #1 vs. Daniel Dubois (22–2) #2, Schwergewicht:
Noch einmal erhält Usyk mit 38 Jahren die Chance, sämtliche Titel zu vereinen – im Rematch gegen Dubois. Im ersten Kampf vor rund zwei Jahren war Usyk der klar bessere Mann; der Low Blow sollte an diesem Gesamteindruck nichts Wesentliches ändern.
Allerdings hat sich seither einiges getan: Dubois befindet sich in der Form seines Lebens, wurde IBF-Weltmeister und kommt aus drei exzellenten, unterhaltsamen vorzeitigen Siegen. Er schwebt aktuell auf einer Erfolgswelle und dürfte tatsächlich an seine Chance glauben. Hinzu kommt: Usyk altert tendenziell ungünstiger – gerade wegen seines beweglichen, reaktiven Boxstils, der im Schwergewicht besonders körperlich fordernd ist. Es könnte also sein, dass er seine Prime, die er im ersten Kampf hatte, bereits leicht überschritten hat.
Dennoch würde ich davon ausgehen, dass Usyk auch im Rematch die Oberhand behält – aber so klar wie 2023 sehen das mittlerweile die wenigsten.
Lawrence Okolie (21–1) #8 vs. Kevin Lerena (31–3) #22, Schwergewicht:
Das Highlight der Undercard dürfte dieser Kampf werden. Sowohl Okolie als auch Lerena haben den Sprung aus dem Cruisergewicht über das Bridgergewicht ins Schwergewicht vollzogen. Okolie war mehrere Jahre WBO-Weltmeister im Cruisergewicht, Lerena hingegen IBO-Titelträger und stoppte unter anderem Firat Arslan in Deutschland durch den umstrittenen Handtuchwurf. Beide hielten zudem den WBC-Titel im Bridgergewicht: Okolie nach seinem Erfolg über Lukasz Rozanski im vergangenen Jahr in Polen, Lerena als dessen Nachfolger im Mai in Südafrika.
Nun treffen beide um den WBC-Silver-Titel aufeinander. Okolie gilt als wenig fanfreundlich mit einem sehr eigenwilligen Stil, der stark auf Clinch und Infight-Momente ausgelegt ist. Lerena hingegen wirkt kompakt und explosiv, muss als kleinerer Mann aber den Weg in die Distanz finden – was gegen Okolie schwierig werden dürfte. Entscheidend wird sein, wie gut Lerena mit den Clinch-Situationen umgeht und ob er im Nahkampf effektiv arbeiten kann. Andernfalls droht ihm ein langer Abend. Die Buchmacher sehen den Kampf relativ ausgeglichen, mit leichten Vorteilen für Okolie.
Daniel Lapin (11–0) #33 vs. Lewis Edmondson (11–0) #46, Halbschwergewicht:
Hier treffen zwei ungeschlagene Boxer aufeinander. Lapin ist Ukrainer und gehört zum Team Usyk. Es geht um einen WBA-Titel sowie um den prestigeträchtigen IBF-Intercontinental-Titel. Beide Athleten sind im IBF-Ranking gelistet – ein Sieg dürfte also einen deutlichen Sprung nach vorne bedeuten. Lapin gilt mit 1,98 m als außergewöhnlich groß für die Gewichtsklasse und ist als Rechtsausleger zudem schwer zu händeln.
Edmondson kommt aus England und bringt zwei starke Siege mit – unter anderem über den hoch eingeschätzten Dan Azeez um die englische Meisterschaft sowie den Commonwealth-Titel. Ein durchaus spannender Kampf zweier aufstrebender Boxer, die sich in Richtung Weltspitze vorkämpfen wollen. Für einen der beiden wird dieser Schritt am Samstag wohl gelingen.
Vladyslav Sirenko (22–0) #36 vs. Solomon Dacres (9–1) #129, Schwergewicht:
Ursprünglich sollte Sirenko gegen seinen Landsmann Andrii Novytskyi antreten, nun springt Dacres als Ersatz ein. Sirenko ist dem deutschen Publikum teilweise durch seine Auftritte bei Fächer-Sports-Veranstaltungen bekannt und boxte zuletzt regelmäßig auf kleineren Events in den USA – etwa bei CountryBox in Nashville. Nun steigt er von wenigen hundert Zuschauern auf eine Bühne vor fast 100.000 – ein beachtlicher Sprung.
Dacres ist ein Engländer mit guter Amateurvergangenheit. Bei den Profis wurde er zwar Englischer Meister, blieb aber bislang weitgehend blass. Vor allem der fehlende Punch ist auffällig, ebenso wie die Abwesenheit besonderer Fähigkeiten für die Weltspitze. Zuletzt wurde er auch prompt von David Adeleye gestoppt. Entsprechend geht Sirenko als Favorit in diesen Kampf, der eher die dritte Reihe des Schwergewichts repräsentiert.
Jesse Rodriguez (21–0) #1 vs. Phumelela Cafu (11–0–3) #6, Superfliegengewicht:
Ein Titelvereinigungskampf in einer der sogenannten „Königsklassen“ des Boxsports: „Bam“ Rodriguez ist P4P-relevant und gilt als potenzielle Nummer 1 der Gewichtsklasse. Mit einem Sieg über WBO-Champion Cafu würde er diesen Status untermauern. Pikant: Schon der nächste Kampf für Rodriguez – gegen Puma Martinez in Riad – steht bereit. Ein Ausrutscher wäre daher fatal, denn eine Niederlage würde das große November-Duell gefährden.
Cafu gilt zwar als klarer Außenseiter, aber sein letzter Auftritt in Japan gegen Tanaka war herausragend. Eine „Laufkundschaft“ ist er also keineswegs – vorausgesetzt, er kann diese Leistung bestätigen. Ein sehr interessanter Kampf, der an einem gewöhnlichen Wochenende vermutlich das absolute Highlight darstellen würde.
Leider ist der Oliha vs. Williams-Kampf off. Nun ist der Undercard schon nicht mehr so dolle.
Manny Pacquiao (62–8–2) vs. Mario Barrios (29–2–1) #16, Weltergewicht:
Die Legende kehrt nach fast vier Jahren zurück: Mit 46 Jahren will Manny Pacquiao noch einmal WBC-Weltmeister im Weltergewicht werden – gegen einen 16 Jahre jüngeren und 17 cm größeren Gegner. Eine wahrhaftige Himmelfahrtsmission. Aber wenn es jemand schaffen kann, diesen Widrigkeiten zu trotzen – dann wohl Manny!
Seinen letzten Sieg feierte er 2019. Eigentlich dürfte er also gar nicht mehr um einen Weltmeistertitel kämpfen. Die WBC allerdings vergibt für besonders verdiente Boxer den „Champion-Emeritus“-Status, der ihn für diesen Titelkampf legitimiert.
Zugute kommt ihm, dass Barrios bislang kein besonders überragender Weltmeister ist. Das zeigte sich zuletzt beim umstrittenen Unentschieden gegen Abel Ramos. Dennoch: Barrios ist jünger, größer – ein Sieg Pacquiaos wäre angesichts der Umstände eine kleine Sensation.
Dieser Coup soll übrigens mit seinem legendären Coach Freddie Roach gelingen. Das einstige Traum-Duo hat sich für diesen Kampf erneut zusammengeschlossen. Für viele Fans sicherlich ein nostalgischer Moment – gleichzeitig aber auch ein Anlass zur Sorge. Denn ebenso groß ist das mulmige Gefühl, dass dies ein bitterer Abend für Manny werden könnte – einen Mann, der vielleicht besser nicht mehr im Ring stehen sollte.
Sebastian Fundora (22–1–1) #8 vs. Tim Tszyu (25–2) #10, Superweltergewicht:
Hierbei handelt es sich um ein Rematch, in dem Fundora seinen WBC-Titel verteidigt. Bereits im März des vergangenen Jahres standen sich beide Boxer gegenüber. In einer regelrechten Blutschlacht behielt Fundora nach Punkten die Oberhand. Kurz darauf verlor Tszyu zudem gegen Bakhram Murtazaliev, den Bezwinger von Jack Culcay – ein Rückschlag, der seinen Status in der Gewichtsklasse erheblich schwächte.
Nun startet Tszyu den nächsten Versuch, sich in die Weltspitze zurückzukämpfen – unter besseren Bedingungen, wie er hofft. Im ersten Duell erlitt er früh einen schweren Cut, der seine Sicht massiv beeinträchtigte. Viele forderten damals einen Abbruch. Ob er im Rematch gegen den 1,97 Meter großen Fundora tatsächlich besser abschneidet, bleibt abzuwarten. Die Buchmacher sehen ihn überraschend als Favoriten. Doch Fundora ist nicht nur lang, sondern auch brandgefährlich. Stilistisch verspricht der Kampf erneut viel Action.
Isaac Cruz (27–3–1) #29 vs. Angel Fierro (28–3–2) #87, Superleichtgewicht:
Auch dieser Kampf ist ein Rematch. Bereits im Februar trafen Cruz und Fierro aufeinander – mit einem knappen, aber einstimmigen Punktsieg für Cruz. Obwohl Cruz als Favorit galt, hatte er mehr Mühe als erwartet. Der Fight war intensiv und zählt zu den bisher besten Kämpfen des Jahres 2025. Das direkte Rückmatch ist daher logisch – es verspricht erneut Spannung und Spektakel. Kann Cruz diesmal souveräner gewinnen, oder gelingt Fierro im zweiten Anlauf das Upset?
Brandon Figueroa (25–2–1) #5 vs. Joet Gonzalez (27–4) #31, Federgewicht:
Auch der Opener der Maincard im Federgewicht verspricht einiges. Figueroa, einst im Superbantamgewicht als Weltklasse-Actionfighter gefeiert, tut sich seit dem Aufstieg ins Federgewicht schwer. Im Rückkampf gegen Stephen Fulton enttäuschte er und verlor klar.
Nun sucht Figueroa Wiedergutmachung gegen den grundsoliden Gonzalez – einen Mann, der dreimal um die Weltmeisterschaft kämpfte, aber jeweils nach Punkten unterlag. Ein Sieg über den renommierten Figueroa würde Gonzalez wieder ein großes Stück näher an einen weiteren WM-Kampf bringen – und ist alles andere als ausgeschlossen.
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Gary Allen Russell Jr. (31–2) vs. Hugo Castaneda (15–2–1) #222, Superfedergewicht:
Der ehemalige WBC-Weltmeister Gary Russell Jr. kehrt nach dreieinhalb Jahren Pause in den Ring zurück und bestreitet sein Comeback gegen den Mexikaner Hugo Castaneda. Castaneda war einst WBO-Juniorenweltmeister, verlor jedoch seinen letzten Kampf im April vorzeitig. Insgesamt eine lösbare Aufgabe für Russell Jr. – dennoch bleibt nach so langer Abstinenz eine gewisse Ungewissheit.
David Picasso (31–0–1) #5 vs. Kyonosuke Kameda (15–4–2) #30, Superbantamgewicht:
Die Nummer 1 im WBC-Ranking, der ungeschlagene Mexikaner David Picasso, bekommt hier ebenfalls einen Platz auf der Bühne. Bisher absolvierte er fast seine gesamte Karriere in Mexiko, nun darf er sich auf einem größeren Event präsentieren. Er trifft auf den physisch starken Kyonosuke Kameda, der wiederum sein US-Debüt gibt. Picasso gilt als Favorit, doch das Aufeinandertreffen verspricht ein rassiges, unterhaltsames Duell zu werden.
Mark Magsayo (27–2) vs. Jorge Mata (21–2–2) #52, Superfedergewicht:
Auch der philippinische Ex-Weltmeister Mark Magsayo kehrt nach 1,5 Jahren Pause zurück. Zuletzt glänzte er bei einer kleineren Veranstaltung mit einem brachialen Knockout und demonstrierte eindrucksvoll seine Schlagkraft. Nun wartet ein bedeutender Gegner: der bislang ausschließlich in Mexiko aktive Jorge Mata, die Nummer 9 der WBO, der hier sein US-Debüt gibt. Magsayo ist derzeit auf Platz 3 der WBO gerankt – der Sieger dieser Begegnung könnte sich in direkte Nähe zu einem Weltmeisterschaftskampf bringen.