Hier mal was Philosophisches und Grunsätzliches:
Nachdem ich das gelesen habe, ist mir klar geworden warum die Klitschkos so populär sind.Das System Klitschko
Ich-Sätze benutzt Klitschko nur dann, wenn es um sein aktuelles Befinden geht. Zwar werde er bald 31, sagt er, doch er fühle sich wie 20. „Ich bin nicht langsamer geworden, sondern schneller, erfahrener, besser. Ich genieße meine Primetime im Sport.“ Die bitteren K.-o.-Niederlagen gegen Corrie Sanders und Lamon Brewster im März 2003 und April 2004 gehörten genauso zu ihm wie seine Erfolge, „erst das Negative und das Positive machen die komplette Person aus“. Wenn es darüber hinausgeht, kommt das „wir“ ins Spiel, dann wird der ältere Bruder Vitali automatisch mit einbezogen. Auf Mallorca war er nicht dabei, aber in diesen letzten Tagen vor dem Kampf weicht er nicht mehr von der Seite des Jüngeren. „Wir sind froh, dass wir alles in den eigenen Händen haben“, sagt Wladimir Klitschko über die eigene Vermarktungsagentur K 2, mit der die beiden Doktoren der Sportwissenschaft ihre Karrieren an zwielichtigen Promotoren wie Don King vorbeisteuern. Als Duo begeistern sich die Klitschkos für die von ihnen unterstützten Kinderhilfsprojekte der Unesco, als Duo werben sie für einen süßen Snack.
Mit den typischen Box-Klischees von rauer Brutalität, Kriminalität und Rotlichtmilieu soll die Marke Klitschko nicht verbunden werden. „In diese Klischees passen Wladimir und Vitali nicht hinein, das zeigt ihr Auftreten“, sagt Bernd Bönte, der persönliche Berater der boxenden Brüder aus der Ukraine. Er wacht darüber, dass nur an die Öffentlichkeit dringt, was zu dieser Marke passt. Und er betont, dass die öffentlichen und die privaten Klitschkos identisch seien: „Du kannst nur das mit jemandem machen, was er wirklich ist, die Klitschkos sind authentisch.“ Dass bei dieser Vermarktungsstrategie die Individualität der Brüder teilweise auf der Strecke bleibt, ist kein Fehler im System, sondern entweder gewollt - oder zumindest günstige Fügung. „Oft können die Leute die beiden nicht unterscheiden“, sagt Bönte, „sie wissen nur, dass der eine Single ist und gut aussieht und dass der andere verheiratet ist und Kinder hat.“ Ihm kann nur recht sein, wenn die jeweiligen Vorzüge der Brüder das Gesamtunternehmen Klitschko anschieben. Umso eher geraten die eine oder andere Niederlage (drei bei Wladimir / zwei bei Vitali), die (vergangenen?) Party-Eskapaden von Wladimir oder die (ausgestandene?) Verletzungsmisere von Vitali in den Hintergrund.
Und Wladimir Klitschko nimmt die öffentliche Ausweitung seines Ichs auf ein Wir mit Humor. „Das ist doch schon Gewohnheit“, sagt er, „und manchmal ist das ganz praktisch.“ Zum Beispiel am Flughafen, wenn es ein bisschen hektisch wird und die Gefahr besteht, den Flieger zu verpassen. „Dann kommen Fans und fragen: »Hey, Sie sind doch der Klitschko, oder?«“, erzählt Wladimir Klitschko. Er antworte dann: „Nein, ich bin der Bruder.“ Und den Moment der Verwirrung nutze er, um es zum Flugzeug zu schaffen.
Diese Geschichte gibt der Weltmeister ganz am Ende seiner Plauderstunde auf Mallorca preis, als er all die freundlichen, nichtssagenden Standardsätze schon angebracht hat. Sein Manager sitzt milde lächelnd daneben. Anekdoten wie diese schaden dem Image der weltmännischen, intelligenten, topfitten Klitschkos nicht. Eine Niederlage gegen Ray Austin könnte das schon, ist aber unwahrscheinlich. Der Straßenschläger aus dem Ghetto von Cleveland soll nur eine harmlose Zwischenstation sein auf dem Weg zur Titelvereinigung und - da Vitali sein Comeback angekündigt hat - zur lang ersehnten gemeinsamen Herrschaft der Klitschko-Brüder auf dem WM-Thron.
http://www.ksta.de/html/artikel/1173175213706.shtml