Wir haben hier mittlerweile viele Threads, die sich mit Dopingfällen oder -vermutungen einzelner Radfahrer oder gar ganzen Teams befassen - und das ist auch gut so. Trotzdem möchte ich diesen Thread eröffnen, in dem das Thema Doping eher allgemein diskutiert werden soll - ich meine damit Fragen wie z.B.
- Wie kann man den Radsport retten ?
- Was bewirkt Doping überhaupt ?
- Was bringen die derzeitigen Kontrollen ?
- Die Rolle der Presse / Frensehen ?
Und viele Themen mehr, die sich dann aus den Diskussionen ergeben werden.
Ich möchte den Thread bewusst freihalten von den Scharmützteln bspw. zwischen Armstrong- und Ullrich-Fans oder anderen Kontroversen, in denen die persönlichen Vorlieben eine große Rolle spielen (letztere sind gut und wichtig, aber ich glaube in den anderen Threads gibt es ausreichend Gelegenheit, seine Meinung zu äussern).
ich fang mal an mit einer sehr interessanten Historie des Dopings im Radsport (die vielleicht schon mal an anderer Stelle verlinkt wurde). Es ist ein ziemlich langer Report, aber wenn jemand mal ein wenig Zeit übrig hat, so halte ich das durchaus für einen empfehlenswerten Artikel:
http://www.cycling4fans.de/index.php?id=346#c906
Ungeachtet der Frage, ob alle in diesem Bericht aufgestellten Behauptungen wahr oder seriös recherchiert sind (was ich beim besten Willen nicht beurteilen kann!), so ergibt sich dennoch ein Bild, das die Situation im Radsport vermutlich treffend beschreibt. Ich glaube nicht, dass seit Erfindung des Fahrrads auch nur irgendein Rennen auf diesem Planeten "sauber" war (wie auch immer man "sauber" definiert). Und dabei ist es gleichgültig, ob man Rennen im Jahre 1912 bewertet, oder in den 80ern, oder 1998/99 oder 2006.
Ich vermute, dass das die momentane Ausgangslage darstellt: ALLE haben gedopt, und zwar schon IMMER (bevor rechtliche Schritte gegen mich erhoben werden füge ich ein "fast" hinzu).
Mit diesem Hintergrund sind übrigens Aussagen wie
Jan Ullrich: "Ich habe nie jemanden betrogen."
oder Lance Armstrong: "Ich bin nie positiv getestet worden."
durchaus als "wahr" zu werten, denn sie entsprechen wohl dem aktuellen Weltbild eines Radprofis (so entrückt das auch sein mag) mit dem damit verbundenen Verlust des Unrechtsbewusstseins "in medizinischen Belangen".
Womit wir beim Hauptproblem angelangt sind: Doping wird von vielen der momentan Verantwortlichen gar nicht als "Unrecht" gewertet. Die aktuelle Meinung einiger spanischer Rennställe "EPO/Blutdoping gehört zur medizinischen Versorgung" (oder so ähnlich) lasse ich mal (mit einem Kopfschütteln) einfach so stehen.
Auf der anderen Seite gibt es Bemühungen einiger Teams, die zumindest glaubwürdig klingen (ob sie es wirklich sind, wieß ich natürlich nicht). CSC behauptet, die Blutbilder all ihrer Fahrer regelmässig durch ein unabhängiges Institut untersuchen zu lassen und die Ergebnisse direkt an die WADA weiterzuleiten. Auch Geroldsteiner und t-mobile sowie einige französische Teams scheinen ernsthafte Interessen an "brutalst möglicher Aufklärung" zu zeigen. Wenn das tatsächlich stimmen sollte, dann wäre das der erste Schritt in die richtige Richtung.
Wenn diese Bemühungen wirklich ernst gemeint sind, und man alle anderen Teams ebenfalls dafür gewinnen könnte (das wird allerdings noch etwas dauern), dann wäre das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. In diesem Fall wäre ich auch bereit zu sagen "vergessen wir die Vergangenheit, da waren zwar alle geladen, aber jetzt ist es anders".
Nun, soweit sind wir leider noch nicht. Deshalb gibt es nun die seltsame Situation, dass einige Fahrer zur Tour zugelassen werden, und andere nicht, obwohl der Unterschied zwischen beiden Gruppen nicht scharf definiert ist. Diese Willkür ist für mich das eigentliche Problem bei der diesjährigen Tour de France. Man hätte auch für jeden Fahrer eine Münze werfen können "du darfst - du nicht" - von der Gerechtigkeit gesehen wäre es auf dasselbe hinausgelaufen. Andererseits kann man nicht erwarten, dass das tief im Radsport verwurzelte Dopingproblem mit all seinen mafiösen Strukturen innerhalb von einem Jahr gelöst wird. Vielleicht erleben wir ja gerade das "Zeitalter der Aufklärung". Schön wär's.
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Wie wirkt Doping?
Ein Journalist der ZEIT hat einen Selbstversuch gemacht, und EPO getestet. Sehr interessanter Artikel, obwohl mir seine sportlichen Tests etwas zu kurz kommen und deshalb leider nur wenig Einsicht liefern.
http://www.zeit.de/2007/28/M-Epo
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So, genug gelabert. Viel mehr als ich eigentlich wollte. Ich hoffe, es wird eine interessante Diskussion.
- Wie kann man den Radsport retten ?
- Was bewirkt Doping überhaupt ?
- Was bringen die derzeitigen Kontrollen ?
- Die Rolle der Presse / Frensehen ?
Und viele Themen mehr, die sich dann aus den Diskussionen ergeben werden.
Ich möchte den Thread bewusst freihalten von den Scharmützteln bspw. zwischen Armstrong- und Ullrich-Fans oder anderen Kontroversen, in denen die persönlichen Vorlieben eine große Rolle spielen (letztere sind gut und wichtig, aber ich glaube in den anderen Threads gibt es ausreichend Gelegenheit, seine Meinung zu äussern).
ich fang mal an mit einer sehr interessanten Historie des Dopings im Radsport (die vielleicht schon mal an anderer Stelle verlinkt wurde). Es ist ein ziemlich langer Report, aber wenn jemand mal ein wenig Zeit übrig hat, so halte ich das durchaus für einen empfehlenswerten Artikel:
http://www.cycling4fans.de/index.php?id=346#c906
Ungeachtet der Frage, ob alle in diesem Bericht aufgestellten Behauptungen wahr oder seriös recherchiert sind (was ich beim besten Willen nicht beurteilen kann!), so ergibt sich dennoch ein Bild, das die Situation im Radsport vermutlich treffend beschreibt. Ich glaube nicht, dass seit Erfindung des Fahrrads auch nur irgendein Rennen auf diesem Planeten "sauber" war (wie auch immer man "sauber" definiert). Und dabei ist es gleichgültig, ob man Rennen im Jahre 1912 bewertet, oder in den 80ern, oder 1998/99 oder 2006.
Ich vermute, dass das die momentane Ausgangslage darstellt: ALLE haben gedopt, und zwar schon IMMER (bevor rechtliche Schritte gegen mich erhoben werden füge ich ein "fast" hinzu).
Mit diesem Hintergrund sind übrigens Aussagen wie
Jan Ullrich: "Ich habe nie jemanden betrogen."
oder Lance Armstrong: "Ich bin nie positiv getestet worden."
durchaus als "wahr" zu werten, denn sie entsprechen wohl dem aktuellen Weltbild eines Radprofis (so entrückt das auch sein mag) mit dem damit verbundenen Verlust des Unrechtsbewusstseins "in medizinischen Belangen".
Womit wir beim Hauptproblem angelangt sind: Doping wird von vielen der momentan Verantwortlichen gar nicht als "Unrecht" gewertet. Die aktuelle Meinung einiger spanischer Rennställe "EPO/Blutdoping gehört zur medizinischen Versorgung" (oder so ähnlich) lasse ich mal (mit einem Kopfschütteln) einfach so stehen.
Auf der anderen Seite gibt es Bemühungen einiger Teams, die zumindest glaubwürdig klingen (ob sie es wirklich sind, wieß ich natürlich nicht). CSC behauptet, die Blutbilder all ihrer Fahrer regelmässig durch ein unabhängiges Institut untersuchen zu lassen und die Ergebnisse direkt an die WADA weiterzuleiten. Auch Geroldsteiner und t-mobile sowie einige französische Teams scheinen ernsthafte Interessen an "brutalst möglicher Aufklärung" zu zeigen. Wenn das tatsächlich stimmen sollte, dann wäre das der erste Schritt in die richtige Richtung.
Wenn diese Bemühungen wirklich ernst gemeint sind, und man alle anderen Teams ebenfalls dafür gewinnen könnte (das wird allerdings noch etwas dauern), dann wäre das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. In diesem Fall wäre ich auch bereit zu sagen "vergessen wir die Vergangenheit, da waren zwar alle geladen, aber jetzt ist es anders".
Nun, soweit sind wir leider noch nicht. Deshalb gibt es nun die seltsame Situation, dass einige Fahrer zur Tour zugelassen werden, und andere nicht, obwohl der Unterschied zwischen beiden Gruppen nicht scharf definiert ist. Diese Willkür ist für mich das eigentliche Problem bei der diesjährigen Tour de France. Man hätte auch für jeden Fahrer eine Münze werfen können "du darfst - du nicht" - von der Gerechtigkeit gesehen wäre es auf dasselbe hinausgelaufen. Andererseits kann man nicht erwarten, dass das tief im Radsport verwurzelte Dopingproblem mit all seinen mafiösen Strukturen innerhalb von einem Jahr gelöst wird. Vielleicht erleben wir ja gerade das "Zeitalter der Aufklärung". Schön wär's.
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Wie wirkt Doping?
Ein Journalist der ZEIT hat einen Selbstversuch gemacht, und EPO getestet. Sehr interessanter Artikel, obwohl mir seine sportlichen Tests etwas zu kurz kommen und deshalb leider nur wenig Einsicht liefern.
http://www.zeit.de/2007/28/M-Epo
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So, genug gelabert. Viel mehr als ich eigentlich wollte. Ich hoffe, es wird eine interessante Diskussion.