Ich verstehe auch nicht, wie man das zitierte nicht so sehen kann. Ich verstehe zwar, dass man einfache Lösungen sucht, aber irgendwann muss der Kopf einem doch sagen, dass Statistiken nur das Ergebnis eines Ereignisses sind und keine Aussagekraft über das originäre Zustandekommen treffen Können. Im Basketball mag eine Mannschaft die meisten Körbe kassiert haben und gilt dann als Defensivschwach. Dass sie vielleicht die "percentages" spielt und schnell in der Umschalt Bewegung nach einem gegnerischen Korberfolg sind und deswegen gar nicht "so heiss" verteidigen, wie sie könnten, kann keine Statistik der Welt erfassen.
Ich verstehe dein Basketball Beispiel nicht. Gerade die US Sportarten zeigen doch, dass viele altmodische Annahmen über den Haufen geworfen werden müssen. Statt Feldwurfquote die True Shooting Percentage, neue Metrics zur Teamstärke statt die Anzahl der Regular Season Wins. Per Possession Stats und nicht nur der Punkteschnitt wenn über die Stärke der Offense/Defense gesprochen wird. Man ist da (auch aufgrund der Struktur der Sportart) viel weiter als beim Fussball und trotzdem ist natürlich selbst beim Basketball alles nur ein Hilfsmittel und ohne Kontext ziemlich nutzlos.
Sinn und Zweck der Stats ist es aber doch in erster Linie die Leistung besser bewerten zu können. Und dabei sind solche Modelle wie Expected Goals. (Und da gibt es ja auch Abstufungen im Bezug auf die Komplexität) nunmal besser als das reine Ergebnis weil man damit eine sehr zufallsabhängige Komponente (Chancenverwertung) eliminiert.
Andere Sportart: Wenn ein Poker Profi sein eigenes Spiel vom Vortag bewertet. Schaut er sich dann das Ergebnis einer Hand an oder die Siegwahrscheinlichkeit bevor die Karten geteilt werden?
Logischerweise Zweiteres. Du kannst mit der schwächeren Hand kurzfristig gewinnen aber langfristig klappt das eben nicht.
Und genau das Gleiche macht man beim Fussball wenn man statt dem Ergebnis die Expected Goals Zahlen nimmt. Die sind zwar nichtmal annähernd so genau wie die präzise verfügbaren Daten beim Poker aber eben nachweislich deutlich besser als das tatsächliche Ergebnis. Und genau darum werden diese Daten verwendet.
Kommt Dir dieser Satz nicht wenigstens ein bisschen merkwürdig, um nicht zu sagen unlogisch vor?
Expected Goals bevorzugt Offensivmannschaften bzw. Favoriten und vernachlässigt bestimmte Teamtaktiken. Es wird z.B. nicht ins Verhältnis gesetzt, sondern es werden die absoluten Stats gegenübergestellt. Ja, es ist nur ein Versuch, der aber von Dir so sinnvoll eingeschätzt wird, dass er besser als das Ergebnis sein soll, was ich Wahnsinn finde. Andere Kritikpunkte wurden schon genannt.
Es ist natürlich gut, um sich etwas Kontext zu verschaffen, aber mehr ist es mMn nicht. Ist auch nicht mit den Advanced Stats im Basketball zu vergleichen, die mMn eine ganz andere Aussagekraft liefern.
Nein, der Satz ist nicht unlogisch. Siehe Poker Beispiel oben. Es macht durchaus Sinn nicht auf das tatsächliche Ergebnis zu schauen.
Du nimmst eine Bundesliga Tabelle zur Winterpause. Du machst daneben eine Tabelle anhand der Expected Goals Zahlen statt den wirklichen Ergebnissen. Am Ende der Saison ist die zweite Variante näher an der Wahrheit bzw der Abschlusstabelle. Weil die Ergebnisse im Fussball nunmal so stark von Zufall geprägt sind. Das Herausspielen und Verhindern von Chancen sagt mehr über die Qualität einer Mannschaft als das recht zufällige Verwerten.
@heiko2183
Danke erst einmal für deine ausführlichen Erklärungen
Ich habe echt Probleme zu glauben dass Ronaldo und ich z.B. ne ähnliche Abschlusswährscheinlichkeit hätten bei z.B. folgendem Szenario (habe ich mal prompt aus Wikipedia kopiert):
Spielen wir diese beiden Szenarios (also einmal mit mir und einmal mit Ronaldo am Elfmeterpunkt) dann noch 2 mal mit 2 verschiedenen Torhütern durch (einmal mit Buffon im Tor und einmal mit dir im Tor) hat man doch in meinen Augen 4 komplett verschiedene Wahrscheinlichkeiten aufgrund 4 komplett verschiedenen Spielerskills. Und bei z.B. mehreren exakt solchen Kontersituationen erst recht....
Kann natürlich auch sein dass ich noch irgendwo auf dem Schlauch stehe...
Ob Neuer oder sein Ersatzmann zwischen den Pfosten steht, wird nicht berücksichtigt obwohl das natürlich in der Praxis einige Prozentpunkte ausmacht. Da unterscheidet das Modell nicht. Der Unterschied zwischen einem Weltklassemann und einem Backup ist aber natürlich klein im Vergleich zur Vorstellung, dass da ein Amateurkeeper oder Ich als Torwart drin stehen.
In der gesamten Datenmenge haben wir ja nur Profis aus den europäischen Topligen und den entsprechenden europäischen Wettbewerben. Ganz einfach weil für andere Spielklassen die Technik für die Daten ja auch nicht zur Verfügung steht.
Ich versuche nochmal auszuholen:
Man nimmt 100 Abschlüsse von Sandro Wagner. Jeder einzelne dieser Abschlüsse wird untersucht.
Der erste Abschluss ist ein unbedrängter Kopfball nach einer Flanke aus zentraler Position 6 Meter vor dem Tor.
Man vergleicht also diesen Abschluss mit allen identischen Abschlüssen der letzten Jahre und sieht dann , dass bei 1200 solchen Kopfbällen in den europäischen Ligen 360 Tore erzielt worden sind. Also hat Wagners Aktion einen Erwartungswert von 30% also 0.3 Toren
Der nächste Abschluss ist ein Weitschuss aus spitzem Winkel. Von 500 solchen Schüssen gab es nur 20 Tore. Also ist der Erwartungswert 4% also 0.04 Tore
Am Ende kannst die Zahlen der 100 Abschlüsse aufaddieren und stellst fest, dass der durchschnittliche Spieler anhand dieser 100 Chancen 17,5 Tore erzielt hätte.
Hat Wagner 20 Buden gemacht, hat er in dem Zeitraum super geknipst. Hat er nur 12 gemacht, war es eher eine schwache Phase.
Der Knackpunkt ist aber: Trotz der logischen kurzfristigen Schwankungen liegen alle Spieler langfristig sehr nahe an diesen Durchschnittswerten. Egal ob Wagner, Kruse, Ronaldo oder Messi.
Wenn du bei 50 Schüssen ein Tor mehr erzielst als der Erwartungswert ist das unfassbar gut.
Wenn du bei 50 Schüssen ein Tor weniger erzielst als der Erwartungswert bist du erbärmlich schlecht.
Alles spielt sich in diesem Bereich ab.
Ich kann @Alice nur zustimmen...
Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren die das alles verzerren können und diese Modelle sind natürlich nicht perfekt und ohne Schwächen. Die Profiteams arbeiten auch schon mit komplexeren Formeln wo zum Beispiel die Sweet Spots jedes einzelnen Spielers beim Abschluss mitberücksichtigt werden. Es gibt weiterhin dutzende Schwachpunkte und Aspekte die überhaupt nicht berücksichtigt werden. Trotzdem sind sie besser als die tatsächlichen Ergebnisse wenn man die Leistung bewerten oder eine Vorhersage für die Zukunft treffen will. Das ist Fakt.
@heiko2183
@Alice
Wofür sollen die expected goals ein besserer Indikator sein? Ich kenne nur Auswertungen, die besagen, dass sie ein besserer Indikator für die Vorhersage für den zukünftigen Liga-Erfolg sind als die Anzahl der geschossenen Gesamttore. Was ja nun wahrlich kein Hexenwerk ist, wenn man bedenkt, wie viel mehr Information die Statistik in sich trägt.
Das sagt aber überhaupt nicht aus, dass sie ein besserer Indikator in einem KO-Duell sind als die tatsächlich geschossenen Tore, schlicht und ergreifend, weil kein Team auf die Idee kommen würde die Anzahl der exp. goals zu maximieren.
Unter der Annahme, dass Wettquoten erwartungstreue Schätzer sind (was man jetzt auch hinterfragen kann, aber im Mittel und adjustiert wird es ungefähr stimmen), würde dies bedeuten, dass die expected goals die Quoten besser erklären müssten als die tatsächlich geschossenen Tore. Daran habe ich erhebliche Zweifel, und grundsätzlich ist mir auch keine Untersuchung bekannt, die das nahelegen würde.
Wie Alice gerade im letzten Absatz erklärt und ich oben geschrieben habe: Expected Goals sind ein besserer Indikator für zukünftige Leistungen als die tatsächlich geholten Punkte oder die tatsächliche Tordifferenz.
Das ist logischerweise in einer Liga leichter zu überprüfen als in einem Championsleague Modus. Für KO Duelle ist eine Vorhersage ja sowieso immer schwerer. Du hast Teams aus verschiedenen Ligen und die kleine Sample Size. Das ist mit Expected Goals schwer darzustellen und genauso mit den tatsächlichen Stats der Teams.
Und natürlich werden für die Wettquoten eher die Expected Goals Zahlen verwendet als die tatsächliche Tordifferenz. Die nehmen doch nicht die nachweislich als Prognosetool weniger geeigneten Daten. Ist aber natürlich auch klar, dass bei den Quoten dann noch viele andere Dinge (Form, Verletzungen, Sperren, Taktik) miteinfließen.
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