Gedichte

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Murphy

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Die rote Gefahr?

Zerbrechlich wie eine Vase.
Und doch stabil wie eine Mauer.
Droht sie zu zerplatzen diese Blase,
Ist die Gießkanne des Wachstums nicht von Dauer.

Die Kopie einst des Originals größtes Lob,
Das fremde Wissen reich gehortet.
Schon bald sich die neue Macht erhob,
Wo einst nur Armut und Bauern verortet.

Der Platz des himmlischen Friedens mahnt,
Genau wie das Dach der Welt,
Wer seine Gegner nicht rechtzeitig erahnt,
Dem nützt auch nicht all sein Geld.

Der Staatszirkus zwischen Hongkong und Taiwan jongliert.
In Gefahr, wer sich zu weit aus dem Fenster lehnt.
Die Wüste Gobi droht ganz ungeniert.
Für den, der sich in Meinungsfreiheit wähnt.

So fließt noch viel Wasser im gelben Fluss.
Das Reich der Mitte freundlich grüßt.
Die alte Welt steht vorm Verdruss,
Ganz offen für die Vergangenheit büßt.

Die neue Seidenstraße rasch verbindet,
Was einst nur Marco Polo gelang.
Wer weiß, wo er sich wieder findet,
Zwischen Prosperität und Zwang?
 
G

Gelöschtes Mitglied 16

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William Ernest Henley 1849 - 1903 Invictus


Out of the night that covers me, Black as the pit from pole to pole, I thank whatever gods may be For my unconquerable soul. In the fell clutch of circumstance I have not winced nor cried aloud. Under the bludgeonings of chance My head is bloody, but unbowed. Beyond this place of wrath and tears Looms but the horror of the shade, And yet the menace of the years Finds and shall find me unafraid. It matters not how strait the gate, How charged with punishments the scroll, I am the master of my fate: I am the captain of my soul.



Aus finstrer Nacht, die mich umragt, durch Dunkelheit mein’ Geist ich quäl. Ich dank, welch Gott es geben mag, dass unbezwung’n ist meine Seel. Trotz Pein, die mir das Leben war, man sah kein Zucken, sah kein Toben. Des Schicksals Schläg in großer Schar. Mein Haupt voll Blut, doch stets erhob'n. Jenseits dies Orts voll Zorn und Tränen, ragt auf der Alp der Schattenwelt. Stets finden mich der Welt Hyänen. Die Furcht an meinem Ich zerschellt. Egal, wie schmal das Tor, wie groß, wieviel Bestrafung ich auch zähl. Ich bin der Meister meines Los’. Ich bin der Käpt’n meiner Seel.
 

ocelot

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The autumn leaves start falling by my feet.
Blown over is the summer heat.
Somehow I can hear your heart still beat.
Since you went away the sun is gone.
There's heavy rain from dusk till dawn.
The rain keeps pouring on and on.
Adversity cloaked in red and gold.
Not a single leaf the trees can hold.
Soon it comes, the winters cold.
Autumn leaves are drifting by.
But I don't miss the clear blue sky,
just the brightness in your eyes
and the beauty in your soul,
how you looked up to me and this whole
sacred bond that bad luck stole,
callous, like a careless thief
not concerned by endless grief:
Falling like a golden leaf.
 

Murphy

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Alte weiße Männer, Stein der Weisen
oder Klotz am Bein?
Emanzipierte Menschen auf Entdeckungsreisen,
Bevorzugen klares Wasser statt trübem Wein.

Die Arroganz der Macht steht überm Schwarm,
Dem die Demokratie so gerne Mitsprache suggeriert.
Meinung allein nicht heizt die Hütte warm,
Gemeinsame Verantwortung, dass niemand friert.

Ein direkter Weg wird all zu gerne verbaut,
versteckt hinter eigenen Regeln und Hierarchie.
Einzig malochen bis das Haar ergraut,
ist nicht des Jedermann Lebensphilosophie.

Die Angst vor dem Statusverlust,
mangelnder Mut, die Veränderung als Risiko.
So denn es Ideale gab, Nahrung für Frust.
Schwimmt man mit, auf der Titanic gen nirgendwo.

Nicht allein der Steuermann den Kurs vorgibt,
Es sei denn, alle anderen getarnt als blinder Passagier.
Wenn jeder nur in das eigene Ziel verliebt,
treibt ihn nichts anderes als seine Gier.
 

ocelot

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William Ernest Henley 1849 - 1903 Invictus


Out of the night that covers me, Black as the pit from pole to pole, I thank whatever gods may be For my unconquerable soul. In the fell clutch of circumstance I have not winced nor cried aloud. Under the bludgeonings of chance My head is bloody, but unbowed. Beyond this place of wrath and tears Looms but the horror of the shade, And yet the menace of the years Finds and shall find me unafraid. It matters not how strait the gate, How charged with punishments the scroll, I am the master of my fate: I am the captain of my soul.



Aus finstrer Nacht, die mich umragt, durch Dunkelheit mein’ Geist ich quäl. Ich dank, welch Gott es geben mag, dass unbezwung’n ist meine Seel. Trotz Pein, die mir das Leben war, man sah kein Zucken, sah kein Toben. Des Schicksals Schläg in großer Schar. Mein Haupt voll Blut, doch stets erhob'n. Jenseits dies Orts voll Zorn und Tränen, ragt auf der Alp der Schattenwelt. Stets finden mich der Welt Hyänen. Die Furcht an meinem Ich zerschellt. Egal, wie schmal das Tor, wie groß, wieviel Bestrafung ich auch zähl. Ich bin der Meister meines Los’. Ich bin der Käpt’n meiner Seel.

Was mir entfallen ist, als ich den Beitrag das erste Mal sah: Wenn ich irgendwo auf Invictus stoße, muss ich unweigerlich immer an das sehr ähnliche If denken von Kipling. Beide Gedichte sind typisch britisch-gelassen-trotzig-resilient und sehr inspirierend. Nicht umsonst haben die Werke zahlreiche "Gastauftritte" in allen möglichen Filmen, Serien usw.. "If" wird zB zT von Dennis Hopper runtergerasselt in Apocalypse Now, wenn ich es nicht verwechsle. Es macht irgendwie immer wieder Spaß, diese Dinger zu lesen.

Rudyard Kipling 1865 - 1936

If

If you can keep your head when all about you
Are losing theirs and blaming it on you;
If you can trust yourself when all men doubt you,
But make allowance for their doubting too;
If you can wait and not be tired by waiting,
Or, being lied about, don't deal in lies,
Or, being hated, don't give way to hating,
And yet don't look too good, nor talk too wise;

If you can dream—and not make dreams your master;
If you can think—and not make thoughts your aim;
If you can meet with triumph and disaster
And treat those two impostors just the same;
If you can bear to hear the truth you've spoken
Twisted by knaves to make a trap for fools,
Or watch the things you gave your life to broken,
And stoop and build 'em up with wornout tools;

If you can make one heap of all your winnings
And risk it on one turn of pitch-and-toss,
And lose, and start again at your beginnings
And never breathe a word about your loss;
If you can force your heart and nerve and sinew
To serve your turn long after they are gone,
And so hold on when there is nothing in you
Except the Will which says to them: "Hold on";

If you can talk with crowds and keep your virtue,
Or walk with kings—nor lose the common touch;
If neither foes nor loving friends can hurt you;
If all men count with you, but none too much;
If you can fill the unforgiving minute
With sixty seconds' worth of distance run—
Yours is the Earth and everything that's in it,
And—which is more—you'll be a Man, my son!

Wenn du den Kopf bewahrst, ob rings die Massen
ihn auch verlieren und nach Opfern schrein;
Dir treu sein kannst, wenn alle dich verlassen,
Und dennoch ihren Wankelmut verzeih'n;

Kannst warten du und langes Warten tragen,
Läßt dich mit Lügnern nie auf Lügen ein;
Kannst du dem Hasser deinen Haß versagen
Und doch dem Unrecht unversöhnlich sein:

Wenn du kannst träumen, doch kein Träumer werden;
Nachdenken -- und trotzdem kein Grübler sein;
Wenn dich Triumph und Sturz nicht mehr gefährden,
Weil beide du als Schwindler kennst, als Schein;

Kannst du die Wahrheit sehn, die du gesprochen,
Verdreht als Köder für den Pöbelhauf;
Siehst du als Greis dein Lebenswerk zerbrochen
Und baust mit letzter Kraft es wieder auf:

Wenn du auf eines Loses Wurf kannst wagen
Die Summe dessen, was du je gewannst,
Es ganz verlieren, und nicht darum klagen,
Nur wortlos ganz von vorn beginnen kannst;

Wenn du, ob Herz und Sehne längst erkaltet,
Sie noch zu deinem Dienst zu zwingen weißt
Und durchhältst, auch wenn nichts mehr in dir waltet
Als nur dein Wille, der "Durchhalten" heißt:

Kannst du zum Volke ohne Plumpheit sprechen,
Und im Verkehr mit Großen bleibst du schlicht;
Läßt du dich nicht von Freund noch Feind bestechen,
Schätzt du den Menschen, überschätzt ihn nicht;

Füllst jede unerbittliche Minute
Mit sechzig sinnvollen Sekunden an:
Dein ist die Erde dann mit allem Gute,
Und was noch mehr mein Sohn: Du bist ein Mann!
 

ocelot

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Die Tulpen

Erst auf dem Pflege- und nun auf dem Nachttisch.
Oder standen sie schon immer dort?
Hast du die etwa dort hingestellt?
Bleiben sie diesmal an diesem Ort?

Was ich nicht verstehen kann,
Ist, weshalb die Leute Gedichte über Blumen schreiben.
Sind sie doch von solch geringem Belang.
Gibt es doch so viel mehr wundervolle Dinge, über die es sich zu dichten lohnt.

Wie etwa das Glück, welches nun gar in mir wohnt.
Die Erkenntnis, dass Leben für mich noch möglich ist,
Für den verhältnismäßig schmalen Preis der hoffnungslosen Liebe,
Welche, wenn sie eine Krankheit wäre, schon Zeichen der Remission beschriebe.

Und doch schmerzt es mich noch ein wenig:
Dich mit ihm zu sehen -
Obwohl die ehrliche, aufrichtige Freude für Dich eindeutig überwiegt und echt ist!
Wirklich!
Und? Ist dieser Schmerz nun etwas schlechtes?

Kann ich denn solche Gedanken mit Hilfe von Tulpen wohl bekunden?

Auf dem Tisch, vor mir, in rosé und gelb: Die Garantie, vollkommen zu gesunden?
Obgleich sie für mich noch weit entfernt ist,
Spüre ich einen Hauch der Heilung durch den herben Duft der Tulpen
Und das betrübliche Gefühl, dass dieser Prozess, durch die gelben Glöckchen eingeläutet,
Letztlich den Pfad hinab zur erneuten Gleichgültigkeit mir deutet.
 
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