al
Bankspieler
Vorausschickend: Ich teile jede Kritik an Ploog (jenen Vergleich mit dem Propagandaminister des 12 Jahre dauernden 1000jährigen Reiches ausgenommen), er ist inkompetent, lobhudlerisch, wirklich unerträglich. Dennoch beleuchtet der Fall Ploog eine Schwierigkeit des Journalismus' im allgemeinen, der so nicht nur im Sport, sondern auch in Kultur und Politik auftritt.
Gemeint ist die fast zwangsläufig sich ergebende enge Verbindung zwischen Berichterstatter und den Protagonisten, über die geschrieben wird. Ploog erzählte etwa davon, dass er Sturm im Trainingslager besuchte, Interviews führte etc. Daraus ergibt sich eine persönliche Beziehung, die es fast unmöglich macht, objektiv - vor allem - kritisch zu berichten. (Ich kenne Ähnliches aus dem Bereich der Kultur: Man kann sich nicht mit einem Schriftsteller nachmittags zum Kaffee setzen und am Abend eine Kritik verfassen, die dessen letztes Elaborat der Papiermülltonne überantwortet.) Die Konsequenz aus dieser Schwierigkeit bestünde darin, bei allen Kontakten auf größtmögliche Distanz zu achten.
Das aber gleicht der Quadratur des Kreises: Der Journalist ist auf den Sportler, Politiker, Künstler angewiesen, auf mögliche "Exklusivinterviews" etc. Darauf zu verzichten können sich eventuell ganz große Blätter leisten: Der "Spiegel" wurde etwa von Helmut Kohl jahrelang ignoriert, hat kein einziges Interview erhalten (weil sich der Altkanzler "schlecht" behandelt fühlte). Durch die vertragliche Bindung von Boxpromotern und Fernsehsendern wird dieses Problem zusätzlich verstärkt: Sodass schon der Auftraggeber (in unserem Fall der ZDF) Interesse daran haben wird, das Gezeigte als großen Erfolg zu verkaufen. (Das scheint auch der Grund für die mittlerweile indiskutablen Kommentare des Herrn Preuss zu sein: Sam gegen Vidoz auf die Weise zu kommentieren, wie er das getan hat, ist nur als eine Art Auftragsjournalismus erklärbar; der Mann versteht zu viel vom Boxen, als dass ich ihm abnehmen würde, dass er sein Gestammel tatsächlich ernst gemeint haben könnte. Und das ist - wobei der gute Mann einfach eine "Type" ist, der sich vielleicht auch durchzusetzen versteht - der große Vorteil Werner Castors: Er braucht auf irgendwelche Befindlichkeiten seines Auftraggebers Eurosport so gut wie nie Rücksicht zu nehmen.)
Hier im Forum passierte beim Bericht von C. Hoffmann über Halmichs letzten Kampf etwas ganz Ähnliches: Waren sonst seine Berichte ausgewogen, kritisch (zumindest um Objektivität bemüht, die zu erreichen ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit ist - und, so nebenher, ist das gar nicht erstrebenswert: Man wäre dadurch wohl mit ziemlich langweiligen Ergüssen konfrontiert); schrieb er also ansonsten sehr gute, interessante Beiträge, geriet ihm der Abschiedskampf zu einer subjektiven Lobhudelei, die in mir beim Lesen den Gedanken aufkeimen ließ: Die kennen sich persönlich und haben so manch netten Kaffeeplausch miteinander. In der weiteren Diskussion hat sich dann genau das als richtig herausgestellt.
Beim Boxen kommt den VIP-Parties nach dem Kampf (wie etwa Vernissagen bei Künstlern) besondere Bedeutung zu: Man lernt einander kennen, scherzt, pflegt Kontakt, trinkt an der Bar. Und so kennt man sich untereinander, tauscht Nettigkeiten aus und Gefälligkeiten (was sich durchaus auch auf dort erscheinende Punkterichter erstrecken dürfte: Ich glaube, dass so manch sonderbares Urteil weniger durch bewusste Manipulation als eben durch diese Kontaktpflege zustande kommt) und hält zusammen: Kohl (diesmal der Klaus Peter und nicht der Helmut) plaudert ein wenig aus der Schule, verrät die einen oder anderen Interna hinter vorgehaltener Hand und der Journalist bedankt sich auf seine Weise: Indem er auf kritische Untertöne bezüglich Gegnerwahl etc. verzichtet.
Eine wirkliche Lösung sehe ich nicht. Allerdings wäre beim Boxen die vorher erwähnte größere Distanz zwischen Reporter und Sportler durchaus möglich: "Hintergrundberichte" über ach so wunderbar neue Trainingsmethoden oder die neueste blonde Begleiterin des großen Champions gehören ohnehin in den Boulevard. (Dergleichen ist auch in der Literatur möglich: Das Buch als solches bedarf keiner Ergänzung. Ob der Schreiberling seiner sitzenden Tätigkeit wegen von Hämorrhoiden geplagt wird oder ihm schon als Kind die gesammelte Werke Goethes auf den Kopf fielen, wodurch er seine tief innere Beziehung zur Literatur schicksalhaft zu entdecken meinte, sind entbehrlicher Balast.)
Ich poste das in einen Extra-Thread, sollte dies nicht gewünscht sein, bitte in Richtung Ploog verschieben.
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Gemeint ist die fast zwangsläufig sich ergebende enge Verbindung zwischen Berichterstatter und den Protagonisten, über die geschrieben wird. Ploog erzählte etwa davon, dass er Sturm im Trainingslager besuchte, Interviews führte etc. Daraus ergibt sich eine persönliche Beziehung, die es fast unmöglich macht, objektiv - vor allem - kritisch zu berichten. (Ich kenne Ähnliches aus dem Bereich der Kultur: Man kann sich nicht mit einem Schriftsteller nachmittags zum Kaffee setzen und am Abend eine Kritik verfassen, die dessen letztes Elaborat der Papiermülltonne überantwortet.) Die Konsequenz aus dieser Schwierigkeit bestünde darin, bei allen Kontakten auf größtmögliche Distanz zu achten.
Das aber gleicht der Quadratur des Kreises: Der Journalist ist auf den Sportler, Politiker, Künstler angewiesen, auf mögliche "Exklusivinterviews" etc. Darauf zu verzichten können sich eventuell ganz große Blätter leisten: Der "Spiegel" wurde etwa von Helmut Kohl jahrelang ignoriert, hat kein einziges Interview erhalten (weil sich der Altkanzler "schlecht" behandelt fühlte). Durch die vertragliche Bindung von Boxpromotern und Fernsehsendern wird dieses Problem zusätzlich verstärkt: Sodass schon der Auftraggeber (in unserem Fall der ZDF) Interesse daran haben wird, das Gezeigte als großen Erfolg zu verkaufen. (Das scheint auch der Grund für die mittlerweile indiskutablen Kommentare des Herrn Preuss zu sein: Sam gegen Vidoz auf die Weise zu kommentieren, wie er das getan hat, ist nur als eine Art Auftragsjournalismus erklärbar; der Mann versteht zu viel vom Boxen, als dass ich ihm abnehmen würde, dass er sein Gestammel tatsächlich ernst gemeint haben könnte. Und das ist - wobei der gute Mann einfach eine "Type" ist, der sich vielleicht auch durchzusetzen versteht - der große Vorteil Werner Castors: Er braucht auf irgendwelche Befindlichkeiten seines Auftraggebers Eurosport so gut wie nie Rücksicht zu nehmen.)
Hier im Forum passierte beim Bericht von C. Hoffmann über Halmichs letzten Kampf etwas ganz Ähnliches: Waren sonst seine Berichte ausgewogen, kritisch (zumindest um Objektivität bemüht, die zu erreichen ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit ist - und, so nebenher, ist das gar nicht erstrebenswert: Man wäre dadurch wohl mit ziemlich langweiligen Ergüssen konfrontiert); schrieb er also ansonsten sehr gute, interessante Beiträge, geriet ihm der Abschiedskampf zu einer subjektiven Lobhudelei, die in mir beim Lesen den Gedanken aufkeimen ließ: Die kennen sich persönlich und haben so manch netten Kaffeeplausch miteinander. In der weiteren Diskussion hat sich dann genau das als richtig herausgestellt.
Beim Boxen kommt den VIP-Parties nach dem Kampf (wie etwa Vernissagen bei Künstlern) besondere Bedeutung zu: Man lernt einander kennen, scherzt, pflegt Kontakt, trinkt an der Bar. Und so kennt man sich untereinander, tauscht Nettigkeiten aus und Gefälligkeiten (was sich durchaus auch auf dort erscheinende Punkterichter erstrecken dürfte: Ich glaube, dass so manch sonderbares Urteil weniger durch bewusste Manipulation als eben durch diese Kontaktpflege zustande kommt) und hält zusammen: Kohl (diesmal der Klaus Peter und nicht der Helmut) plaudert ein wenig aus der Schule, verrät die einen oder anderen Interna hinter vorgehaltener Hand und der Journalist bedankt sich auf seine Weise: Indem er auf kritische Untertöne bezüglich Gegnerwahl etc. verzichtet.
Eine wirkliche Lösung sehe ich nicht. Allerdings wäre beim Boxen die vorher erwähnte größere Distanz zwischen Reporter und Sportler durchaus möglich: "Hintergrundberichte" über ach so wunderbar neue Trainingsmethoden oder die neueste blonde Begleiterin des großen Champions gehören ohnehin in den Boulevard. (Dergleichen ist auch in der Literatur möglich: Das Buch als solches bedarf keiner Ergänzung. Ob der Schreiberling seiner sitzenden Tätigkeit wegen von Hämorrhoiden geplagt wird oder ihm schon als Kind die gesammelte Werke Goethes auf den Kopf fielen, wodurch er seine tief innere Beziehung zur Literatur schicksalhaft zu entdecken meinte, sind entbehrlicher Balast.)
Ich poste das in einen Extra-Thread, sollte dies nicht gewünscht sein, bitte in Richtung Ploog verschieben.
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