Ein Stück weit war der Johnson-Ansatz nicht falsch. Es ist eine alte Weisheit des Boxens das eine gute Verteidigung die halbe Miete für einen Sieg ist. Allerdings gewinnt man damit keinen Kampf. Nur auf Angriff zu setzen, geht gegen Vitali bisher ebenfalls fast immer schief (Ausnahme Lennox Lewis). Dem entsprechend sollte ein konkurrenzfähiger Gegner aus einer sicheren Defensive seine kontrollierten Angriffe starten. Da kam von Johnson fast nichts, auch wenn sich noch mal zeigte, dass ein guter Jab Vitali nicht schmeckt.
Ein beweglicher, schneller Boxer mit einer gewissen Mindestgröße und einer mindestens so großen Reichweite der sich auf das Distanz und Halbdistanz-Boxen versteht, wäre wohl der aussichtsreichste Kandidat gegen Vitali. Schaut man in die Boxrec-Weltrangliste (es darf auch die IBO-Rangliste oder die Verbandsrangliste des WBC sein), dann fällt auf, dass da kaum ein Boxer ist, auf den diese Beschreibung passt. Wladimir wäre an erster Stelle zu nennen, den Kampf wird es nicht geben. Dann gibt es viele Leute, die ohne Jab und gerne am Mann arbeiten, maximal aus der Halbdistanz angreifen, für diese Leute ist Vitali ein Albtraum und nicht umgekehrt. Zu dem "System Arreola" rechne ich auch Leute wie Povetkin, Boytsov, Chagaev, Tua, Ruiz, Thompson, Adamek etc. und die bereits besiegten Gomez, Peter und eben Arreola. Eddie Chambers und Alexander Dimitrenko sehe ich beide als chancenlos an. Chambers könnte wie Byrd Vitali ärgern, es fehlt aber an Größe und Punch. Für ein Auspunkten reicht es nicht. Dimitrenko hat die Größe und die Reichweite, es fehlen ihm aber die boxerischen Mittel, die Härte und das taktische Vermögen - das würde eine recht flotte TKO-Niederlage geben.
Bleiben eigentlich nur Haye und Solis. Beide sind schnell und beweglich.
Solis ist allerdings sehr viel kleiner und hat eine geringere Reichweite, die um so schwerer wiegt, weil er deutlich von unten schlägt. Zudem ist Solis weit weg von einer guten körperlichen Verfassung und verschenkt freiwillig Möglichkeiten, die er gegen Vitali brauchen würde. Ob er über 12 Runden Vitalis Tempo mitgehen kann, wage ich zu bezweifeln. Es heisst zwar immer, dass Vitali eher langsam ist, wer aber die Schlagstatistiken sieht, wird um die extrem hohe Workrate nicht herum kommen.
Haye ist eigentlich unter den Kandidaten der Idealtypus des gefährlichen Gegners. Sehr schnell, sehr beweglich, gute Ringintelligenz, taktisch gut, guter Handspeed und einen sehr guten Punch. Allerdings auch da ein Aber: Er ist deutlich kleiner als Vitali und hat zudem eine geringere Reichweite, der Jab gehört nicht zu seinem Repertoire, seine Nehmerqualitäten gelten als ungetestet bis durchschnittlich (das Glaskinn-Gerücht ist Unfug). In allen seinen Kämpfen boxt er gerne mit einer hängenden Linken und vernachlässigt seine Deckung zugunsten seiner Beweglichkeit. Dass Vitali das über zwölf Runden nicht zu einem seiner gefürchteten Konter ausnutzen kann, halte ich für ausgeschlossen, insbesondere weil Haye den Kampf nicht wie Johnson gestalten kann, um zu gewinnen muss er Vitali angreifen und wenn er da so offen wie bisher boxt, wird er auch vom langsameren Vitali ein um das andere Mal abgefangen werden, wahrscheinlich ein um das andere Mal zuviel. Sollte Haye von Vitali mehrere Wirkungstreffer einstecken, ist die Messe gelesen.
Roberts