Zur Errichtung einer Demokratie brauchte es in der Geschichte in der Tat immer eine Evolution, und die Annahme der Amis, man könnte zum Beispiel im Irak einen Diktator stürzen und das Land für ein paar Jahre besetzen, Wahlen ansetzen und prompt würde man eine funktionierende Demokratie (wie es die Entwicklung in Deutschland zwischen 1945 und 1949 war) haben, war völlig naiv.
Deutschland war im Gegensatz zum Irak bereits vorher einmal eine Demokratie gewesen (selbst wenn die Weimarer Republik durch Wirtschaftschaos und einige andere Umstände alles andere als stabil war) und selbst davor hatte schon lange die Aufweichung des Feudalstaates und der Monarchie begonnen, denn der deutsche Kaiser hatte mitnichten am Ende des 19. Jahrhunderts die Alleinherrschaft. Zudem schweißte die Angst vor der Sowjetunion die westlichen Staaten schnell zu einem festen Verbund zusammen, in dem man die besseren Eigenschaften der jeweiligen Systeme oft voneinander adaptierte - der ständige Austausch bewirkte dies schnell von alleine.
Wie verhält sich dies aber in Staaten wie dem Irak, der erstens eh ein Kunstprodukt ist, dessen Grenzen nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches ohne große Rücksicht auf Volksgruppen gezogen wurden, und zweitens - wenn er nicht gerade von einem Diktator zusammengehalten wird - aus zahlreichen kleinen Feudalstaaten mit lokalen Herrschern besteht, die an einer Zusammenarbeit nicht großartig interessiert sind?
Oder China, wo es über Jahrhunderte/-tausende einen absoluten Alleinherrscher gab oder wo dieser zumindest symbolisch diesen verkörperte, die Entscheidungen aber von einer kleinen Kaste getroffen wurde, und bei deren Auflösung das ganze in einem Bürgerkrieg und der jetzigen sozialistischen Diktatur endete?
Diese Völker kennen das System einer echten Demokratie gar nicht, und so ist es noch sehr lange Zeit für Einzelne möglich, das System für sich zu nutzen, Gesetze auszuhebeln und unter dem Schein einer Demokratie eine Quasi-Diktatur zu führen (wie man Russland heute sehen könnte, wenn man so will).
Wenn überhaupt ein Feudalstaat oder eine Diktatur zu Fall kam, handelte es sich meistens um Staaten, in denen durch die Diktatoren selbst die Notwendigkeit zu Reformen erkannt haben und schon selbst die Weichen gestellt haben. Wie beispielsweise in Spanien (wo Franco zwar bestimmt nicht das Land vor Augen hatte, wie es Juan Carlos dann umgesetzt hatte, den er als seinen Nachfolger auserkoren hatte, wo es aber abgesehen von einem Putschversuch einen erstaunlich schnellen und reibungslosen Übergang in eine Demokratie gab) oder Portugal, die weitgehend abgeschottet waren und den Anschluss an andere Länder zu verlieren drohten.
In China ist eine solche Entwicklung aber nicht schnell abzusehen: Solange das Land wirtschaftlich derart wächst und die Bevölkerung glaubt, dass die meisten Geschehnisse zu ihrem Vorteil sind, herrscht nur wenig Druck für die KP, richtig weitgehende Reformen einzuleiten. Und da frage ich mich, wie aufgeklärt das chinesische Volk wirklich ist, um zu erkennen, was alles noch möglich wäre.