Kobe kann 2/50 schiessen jedes Spiel, das schmälert nur bei den ganz wirren seine Leistung. Zahlen sind nicht alles liebe Statistikfanatiker.
Dann zitiere ich das auch mal. Nein, seine früher gebrachten Leistungen an sich bleiben davon unberührt. Er bleibt ein herausragender Spieler, der (mit dem richtigen Team) 5 Meisterschaften gewinnen konnte. Aber es bleibt etwas haften, das die Einschätzung ändern kann. Nämlich dass er bezüglich der Spielintelligenz weit überbewertet wurde, und das haben auch schon viel früher einige gesagt, "student of the game" - am Arsch! Was nützt es denn, wenn man das Spiel studiert, aber nicht kapiert, was Teams am ehesten gewinnen lässt oder wenn man das zwar versteht, aber über Phasen oft zu vergessen scheint?
Es ist kein Statistikfanatismus, wenn man Basketball als Teamsport begreift, in dem nicht immer eine Aktion des besten Spielers auch die beste Option für das Team sein muss. Kobe war da für mich schon immer ein zu extremer Spieler als dass er dies je verstanden und tatsächlich verinnerlicht hätte. Sein großes Selbstvertrauen hat ihm und seinem Team natürlich auch oft geholfen, aber es hat den Lakers auch einige Male geschadet. Es mögen alte Kamellen sein, wenn man Phil Jacksons Aussagen bezüglich der Saison 2003-2004 wieder herauskramt, aber es ist jetzt 12 Jahre später und Kobe macht immer noch das, was er damals und so oft in seiner Karriere gemacht hat: Störrisch seinen eigenen Weg gehen.
Und dass dieser nicht mal optimal ist, erkennt man dann eben doch auch anhand von Statistiken. Es ist keine höhere Mathematik, dass ein Spieler mit großem Wurfvolumen, aber nur durchschnittlicher Effizienz wohl seinem Team kaum mit seinem Scoring im Schnitt über den Berg hilft. Kobe war natürlich gut genug, dass er meistens in seiner Karriere überdurchschnittlich effizient war, aber es gab jede Menge Spiele, in denen er es eben auch nicht war und trotzdem ballerte als gäbe es kein Morgen.
Und genau dies fällt zumindest mir jetzt wieder besonders auf, wenn ich sehe, wie er trotz all seiner Erfahrung ständig Dinge macht, die einfach nicht gut funktionieren. Er war nie ein beständiger Dreierschütze und nahm trotzdem in seiner Karriere viel zu viele davon. Man mag das damit erklären, dass er die gegnerische Defense damit zwang, ihn auch schon weit vom Korb entfernt verteidigen zu müssen, wodurch er Platz für Mitspieler schaffte. Aber war das wirklich der Grund, wenn er von teilweise gleich mehreren Gegnern bedrängt den Wurf trotzdem nahm? Man sah über die Jahre hinweg immer wieder, wie seine Mitspieler in ihren Bewegungen stagnierten, weil sich sich darauf eingestellt hatten, dass sie bei Ballbesitz von Kobe diesen bei dem Spielzug nicht mehr bekommen würden. Ist sowas ideal für ein Team?
Und jetzt haben wir diesen körperlich fertigen Spieler (Spitzname "Vino"? Dass ich nicht lache. Der passt viel eher zu Duncan oder zu Dirk), der nicht mal mehr die Ausdauer für so viele Würfe hat und sie nur noch mit einfach grauenhafter Quote verwandelt. Und trotzdem nimmt er sie. Obwohl seine Mitspieler die nun wirklich nicht noch schlechter treffen können als er selbst und es somit keinerlei Rechtfertigung aus sportlicher Sicht mehr gibt.
Doch, insofern wirft es dann doch ein anderes Licht auf seine Karriere und seine Leistungen von früher. Nämlich dass er womöglich eben doch "nur" ein Riesentalent mit großartigen Skills war, der aber auf extrem viel Unterstützung durch seine Teams angewiesen war und das Glück hatte, diese auch über Jahre hinweg bekommen zu haben. Man kennt ja die Leier: Er hatte Shaq als dominanten Spieler von Anfang an an seiner Seite, der alleine schon ein Team stark verbesserte. Man erinnert sich daran, wie die Lakers damals in den Spielen abgeschnitten haben, wenn Kobe mal verletzt war und wenn Shaq fehlte. Ich kann da einfach nicht erkennen, wie man von einer 1A und 1B-Situation ausgehen kann. Bis inklusive 2002 war es definitiv eine Batman- und Robin-Situation. Dann einer der besten Coaches aller Zeiten, den er über lange Jahre hinweg hatte. Das Glück, für eine leistungsstarke Franchise zu spielen, die lange Zeit gut geführt war und ihm dann nochmal Mitspieler wie Gasol verschaffte (man erinnere sich dagegen daran, was Dallas in all den Jahren nur zustande gebracht hat: Dirk bekam nie einen Mitspieler dieser Güte in seiner Prime zur Seite gestellt). Und entsprechend kann man sich fragen, welcher Platz in der Geschichte Kobe aus sportlicher Sicht denn nun wirklich gerecht wird. Meiner Meinung nach ist er schlichtweg intelligenz- und impactmäßig einfach kein klarer Fall für die Top 10. Man kann darüber streiten, ob er durch seine lange Karriere zu Spielern wie Larry Bird aufgeschlossen hat, aber auch hier sollte man dann bedenken, dass Kobe eben nicht 15 Jahre lang ein Spitzenspieler war. Den Durchbruch schaffte er "erst" 2001, vorher war er maximal (bei allem Respekt vor auch dieser Leistung) in etwa auf dem Niveau von Ray Allen. Bemerkenswert, aber niemand kam je auf die Idee, Ray Allen abseits von seinen Wurfleistungen mit den besten Spielern aller Zeiten gleichzustellen. Und nach 2011 war es mit der großen Herrlichkeit bei Kobe auch wieder vorbei. Offensiv zwar teilweise noch großartig, aber dafür mit üblen Leistungen in der Defense, wo er seine Kräfte schonte. Was ist an seiner "Longevity", die so oft gelobt wird, also besser als bei Shaq, der mehr Impactsaisons aufzuweisen hat? Zumal er die Peakleistungen dieser Spieler nie erreichte, 35,4 Punkte pro Spiel, 81 Punkte in einem Spiel, 62 Punkte in drei Vierteln hin oder her.
Er wurde lange Zeit auf ein sehr hohes Podest gestellt. Meiner Meinung nach zeigt er gerade jetzt, wieso er da nicht unumstritten hingehört, denn er offenbart doch üble Schwächen in seinem Spiel, die man bei den besten Spielern aller Zeiten so nicht erwarten sollte. Dem Vergleich zu Jordan, Kareem, Russell, Magic und Duncan, Shaq und LeBron (natürlich haben alle diese Spieler auch irgendwelche Schwächen, aber sie haben diese nie in dem Maße forciert, sondern sich auf ihre Stärken zu konzentrieren versucht) und noch ein paar weiteren Leuten hält er so nur mit viel Mühe und Wohlwollen der Beobachter stand.