L-X
Human Intelligence (pre-Alpha)
- Beiträge
- 4.222
- Punkte
- 113
Eine sehr interessante Diskussion bislang, zumindest was die letzten ca. 100 Posts betrifft (vom Vorhergehenden habe ich nicht genug gelesen, um mir darüber ein Urteil erlauben zu können).
Ich habe insbesondere mystics Posts mit Interesse verfolgt, weil sich vieles darin wiederfindet, was sich mit meiner grundsätzlichen Einschätzung deckt. Auch ich halte die Leistungen Michael Jordans Mitte der Achtziger bis Anfang der Neunziger für unterbewertet, wenn ich die "herrschende" (und diesen Terminus wähle ich bewusst, durchaus aber mit einem respektvollen Augenzwinkern) Meinung in diesem Forum betrachte. Das Gesamtpaket Michael Jordan war, wenn man allein die individuellen spielerischen Fähigkeiten betrachtet, von 1988 - 1993 dem Rest der Liga voraus. Was man an Michael Jordan durchaus kritisieren kann, war seine vordergründig mangelhafte Fähigkeit, seine Mitspieler wirkungsvoll in das Spiel einzubeziehen oder, wie man es häufiger formuliert, besser zu machen. Ein Kritikpunkt, der den Vorzug Johnsons oder Birds gegenüber Jordan als grundsätzlich bessere Spieler absolut plausibel macht.
Dabei kommt aber ein wesentlicher Aspekt zu kurz. Michael Jordan hatte, bis sich Pippen und Grant in der Liga als gute bis sehr gute Spieler etablieren konnten, einen grauenhaften Supporting Cast. Bis Ende der Achtziger hatte Jordan bei den Bulls wohl mit Orlando Woolridge und anschließend einem jungen Charles Oakley nur jeweils einen Spieler neben sich, den man zu jener Zeit guten Gewissens zu den besten 100 (!) Spielern der Liga zählen konnte.
Kein Vergleich also zu Magics und Birds Voraussetzungen!
(Ähnlich ungünstige oder schlechtere Szenarien findet man in dieser Zeit bei den 85/86er Knicks, den 86/87er Clippers und den 88-90er Nets. Die jeweiligen Saisonbilanzen sind bezeichnend. Eine Ausnahme bilden vielleicht die 87/88er Hawks, die eine sehr gute Saison spielten. Allerdings hatte Dominique Wilkins in seiner einzigen 25+ FGa-Saison mit Doc Rivers in seiner Prime einen legitimen Allstar neben sich.)
Daraus ergibt sich ein Rechenexempel, dessen Ergebnis wir zwar niemals herausfinden werden, über das es sich meiner Meinung nach dennoch nachzudenken lohnt. Hätte es den Bulls tatsächlich etwas gebracht, wenn Jordan sich ein wenig zurückgenommen hätte? Hätte weniger Output Michael Jordans durch einen Leistungsschub seiner Mitspieler überkompensiert werden können? Möglicherweise war Michael Jordans sogenannte "Egozockerei" nichts anderes als das folgerichtige Resultat einer ökonomischen Situationsanalyse.
Noch eine kurzer Einwurf zu benders Kritik an mystics Stats-Vergleich. Dass eine geänderte Spielweise bzw. ein anderes Defensivverständins einen nennenswerten Einfluss auf das PER hat, ist falsch. Möglicherweise liegt hier aber auch von benders Seite eine Verwechslung der NBA Player Efficiency (die tatsächlich an Aussagekraft sehr zu wünschen übrig lässt) mit John Hollingers PER (auf das sich mystic bezieht) vor. John berücksichtigt in seinem
Rating sowohl ein verändertes Spiel- bzw. Scoringtempo der gesamten Liga (league pace) als auch die offensive bzw. defensive Ausrichtung des Teams des jeweils betrachteten Spielers (team pace). Zusätzlich wird der ermittelte Wert eines Spielers immer in Relation zu einem fiktiven Durchschnittsspieler gesetzt, dessen Ausgangswert immer auf ein Fixum normiert wird, das über jede Saison gleich bleibt. Ein Vergleich zweier 20 Jahre zeitlich auseinander
liegender Werte ist also durchaus zulässig. Dies aber nur am Rande.
Zur Jordan vs. James-Diskussion habe ich, was den Leistungsvergleich und die jeweiligen Stärken und Schwächen anbelangt, nichts weltbewegendes hinzuzufügen. Zumindest nichts, was nicht schon ausführlich besprochen wurde. Ich halte einen Vergleich auch für schwierig, da Jordan in dem Alter, in dem James gerade ist, noch keine NBA-Sekunde gesehen hatte. Jordan hatte eine bessere Rookie-Saison als James, war natürlich auch wesentlich älter.
James war der mit Abstand beste 18-jährige Basketballer, den ich je gesehen habe. Der 21-jährige James hat gegenüber dem 21-jährigen Jordan einen Erfahrungsvorsprung von 2 1/2 Jahren professionellem Basketball auf höchstem Niveau. Die Liste der unterschiedlichen Voraussetzungen, die einem Vergleich zugrunde lägen, ließe sich noch verlängern. Ein fairer Vergleich käme
schwerlich zustande. (Alle Vergleiche, die sich auf einen 6-Titel-Jordan beziehen, halte ich sowieso für groben Unfug, sehe auch keinen Sinn, mich dazu detailliert zu äußern)
Ließe man nur die Statistiken für sich sprechen, wäre der verhinderte College-Junior James dem NBA-Rookie Jordan überlegen, allerdings nicht erdrutschartig.
Ich möchte aber einen weiteren Punkt hinzufügen, der die Leistung James' für mich noch beeindruckender macht. Ich glaube nicht, dass in der Geschichte der NBA die Erwartungshaltung bzgl. eines Rookies jemals so hoch war wie bei LeBron James. Man stattet einen 18-jährigen mit einem Multi-Million-Dollar-Vertrag aus, proklamiert ihn zum neuen Messias des Basketballs, zum Retter einer Franchise, zum Playoff- und Titel-Garanten. Bewundernswert, mit welcher Souveränität James dieser Situation begegnet ist und sie gemeistert hat. Unter diesem Gesichtspunkt davon zu sprechen, dass James noch nie einen Gameday hatte, an dem es wirklich um etwas ging, grenzt fast schon an eine Unverschämtheit. James hatte in seiner Rookie-Saison 79 Spiele, in denen er der Basketballwelt beweisen musste, dass die Vorschusslorbeeren
nicht zu Unrecht verteilt wurden. Für mich spielt James, obwohl er erst seit kurzer Zeit selbst Alkohol kaufen darf, bereits wie ein langjähriger Gewohnheitstrinker. (Ich hoffe, diese zugegebenermaßen reichlich geschmacklose Analogie wird hier nicht fehlinterpretiert.)
Ach ja, zum eigentlichen Thema des Threads: Kobe ist ein toller Basketballspieler.
Ich habe insbesondere mystics Posts mit Interesse verfolgt, weil sich vieles darin wiederfindet, was sich mit meiner grundsätzlichen Einschätzung deckt. Auch ich halte die Leistungen Michael Jordans Mitte der Achtziger bis Anfang der Neunziger für unterbewertet, wenn ich die "herrschende" (und diesen Terminus wähle ich bewusst, durchaus aber mit einem respektvollen Augenzwinkern) Meinung in diesem Forum betrachte. Das Gesamtpaket Michael Jordan war, wenn man allein die individuellen spielerischen Fähigkeiten betrachtet, von 1988 - 1993 dem Rest der Liga voraus. Was man an Michael Jordan durchaus kritisieren kann, war seine vordergründig mangelhafte Fähigkeit, seine Mitspieler wirkungsvoll in das Spiel einzubeziehen oder, wie man es häufiger formuliert, besser zu machen. Ein Kritikpunkt, der den Vorzug Johnsons oder Birds gegenüber Jordan als grundsätzlich bessere Spieler absolut plausibel macht.
Dabei kommt aber ein wesentlicher Aspekt zu kurz. Michael Jordan hatte, bis sich Pippen und Grant in der Liga als gute bis sehr gute Spieler etablieren konnten, einen grauenhaften Supporting Cast. Bis Ende der Achtziger hatte Jordan bei den Bulls wohl mit Orlando Woolridge und anschließend einem jungen Charles Oakley nur jeweils einen Spieler neben sich, den man zu jener Zeit guten Gewissens zu den besten 100 (!) Spielern der Liga zählen konnte.
Kein Vergleich also zu Magics und Birds Voraussetzungen!
(Ähnlich ungünstige oder schlechtere Szenarien findet man in dieser Zeit bei den 85/86er Knicks, den 86/87er Clippers und den 88-90er Nets. Die jeweiligen Saisonbilanzen sind bezeichnend. Eine Ausnahme bilden vielleicht die 87/88er Hawks, die eine sehr gute Saison spielten. Allerdings hatte Dominique Wilkins in seiner einzigen 25+ FGa-Saison mit Doc Rivers in seiner Prime einen legitimen Allstar neben sich.)
Daraus ergibt sich ein Rechenexempel, dessen Ergebnis wir zwar niemals herausfinden werden, über das es sich meiner Meinung nach dennoch nachzudenken lohnt. Hätte es den Bulls tatsächlich etwas gebracht, wenn Jordan sich ein wenig zurückgenommen hätte? Hätte weniger Output Michael Jordans durch einen Leistungsschub seiner Mitspieler überkompensiert werden können? Möglicherweise war Michael Jordans sogenannte "Egozockerei" nichts anderes als das folgerichtige Resultat einer ökonomischen Situationsanalyse.
Noch eine kurzer Einwurf zu benders Kritik an mystics Stats-Vergleich. Dass eine geänderte Spielweise bzw. ein anderes Defensivverständins einen nennenswerten Einfluss auf das PER hat, ist falsch. Möglicherweise liegt hier aber auch von benders Seite eine Verwechslung der NBA Player Efficiency (die tatsächlich an Aussagekraft sehr zu wünschen übrig lässt) mit John Hollingers PER (auf das sich mystic bezieht) vor. John berücksichtigt in seinem
Rating sowohl ein verändertes Spiel- bzw. Scoringtempo der gesamten Liga (league pace) als auch die offensive bzw. defensive Ausrichtung des Teams des jeweils betrachteten Spielers (team pace). Zusätzlich wird der ermittelte Wert eines Spielers immer in Relation zu einem fiktiven Durchschnittsspieler gesetzt, dessen Ausgangswert immer auf ein Fixum normiert wird, das über jede Saison gleich bleibt. Ein Vergleich zweier 20 Jahre zeitlich auseinander
liegender Werte ist also durchaus zulässig. Dies aber nur am Rande.
Zur Jordan vs. James-Diskussion habe ich, was den Leistungsvergleich und die jeweiligen Stärken und Schwächen anbelangt, nichts weltbewegendes hinzuzufügen. Zumindest nichts, was nicht schon ausführlich besprochen wurde. Ich halte einen Vergleich auch für schwierig, da Jordan in dem Alter, in dem James gerade ist, noch keine NBA-Sekunde gesehen hatte. Jordan hatte eine bessere Rookie-Saison als James, war natürlich auch wesentlich älter.
James war der mit Abstand beste 18-jährige Basketballer, den ich je gesehen habe. Der 21-jährige James hat gegenüber dem 21-jährigen Jordan einen Erfahrungsvorsprung von 2 1/2 Jahren professionellem Basketball auf höchstem Niveau. Die Liste der unterschiedlichen Voraussetzungen, die einem Vergleich zugrunde lägen, ließe sich noch verlängern. Ein fairer Vergleich käme
schwerlich zustande. (Alle Vergleiche, die sich auf einen 6-Titel-Jordan beziehen, halte ich sowieso für groben Unfug, sehe auch keinen Sinn, mich dazu detailliert zu äußern)
Ließe man nur die Statistiken für sich sprechen, wäre der verhinderte College-Junior James dem NBA-Rookie Jordan überlegen, allerdings nicht erdrutschartig.
Ich möchte aber einen weiteren Punkt hinzufügen, der die Leistung James' für mich noch beeindruckender macht. Ich glaube nicht, dass in der Geschichte der NBA die Erwartungshaltung bzgl. eines Rookies jemals so hoch war wie bei LeBron James. Man stattet einen 18-jährigen mit einem Multi-Million-Dollar-Vertrag aus, proklamiert ihn zum neuen Messias des Basketballs, zum Retter einer Franchise, zum Playoff- und Titel-Garanten. Bewundernswert, mit welcher Souveränität James dieser Situation begegnet ist und sie gemeistert hat. Unter diesem Gesichtspunkt davon zu sprechen, dass James noch nie einen Gameday hatte, an dem es wirklich um etwas ging, grenzt fast schon an eine Unverschämtheit. James hatte in seiner Rookie-Saison 79 Spiele, in denen er der Basketballwelt beweisen musste, dass die Vorschusslorbeeren
nicht zu Unrecht verteilt wurden. Für mich spielt James, obwohl er erst seit kurzer Zeit selbst Alkohol kaufen darf, bereits wie ein langjähriger Gewohnheitstrinker. (Ich hoffe, diese zugegebenermaßen reichlich geschmacklose Analogie wird hier nicht fehlinterpretiert.)
Ach ja, zum eigentlichen Thema des Threads: Kobe ist ein toller Basketballspieler.