Nun ja, Autos künstlich einbremsen. Technischer Sport findet immer im Rahmen eines Regelements statt, und Autos wurden immer wieder "eingebremst" seit es Motorsport gibt, teils aus Sicherheitsgründen (ja, an sowas hat man - im Rahmen des damaligen Horizonts - auch vor 50, 70 oder 80 Jahren gedacht), aber auch aus wirtschaftlichen Gründen.
Es ist schon auch eine Frage, welche Geldausgaben durch das Reglement gefördert werden oder welches Reglement auf Dauer wirtschaftlich tragbar ist. Natürlich könnte die Budgets noch weiter steigen, damit die maximalen Drehzahlen von den ca. erreichten 22.000 U/min vielleicht auf 25.000 steigen, noch mehr Fahrhilfen perfektioniert werden, die den Rennsport trotzdem kein bisschen attraktiver machen usw. Fragt sich nur ob das auf Dauer auch sinnvoll ist.
Immerhin wird stattdessen für nächstes Jahr die Entwicklung auf Energierückgewinnungssysteme (KERS) fokussiert, mit denen die Formel 1 nach recht langen Zeit mal wieder eine Entwicklung liefert, die auch ein recht unmittelbares Serienpotenzial hat. Ich würde sagen, sowas nennt man eine weitsichtige Entscheidung.
Max Mosley ist jemand, der in seiner Amtszeit sicher nicht alles, aber doch sehr vieles richtig gemacht hat. Wenn ich an den früheren (neulich verstorbenen) FISA-Präsidenten Jean-Marie Balestre denke, dessen inkompetente Auslassungen in den 80-er Jahren praktisch zu jedem Grand Prix-Bericht gehörten, hat es unter Mosley einen gewaltigen Professionalitätssprung gegeben. Dabei muss man noch berücksichtigen, dass in der Formel 1 bis vor ein paar Jahren viele Reglements-Änderungen vertraglich die Einstimmigkeit der Teams erforderten, was in der Tat zu vielen halbgaren Kompromissen geführt hat. Eine der größten Leistungen von Mosley ist es gewesen, hier überhaupt wieder Handlungsspielraum für die FIA zurückzugewinnen, wobei ja einige Hersteller sogar noch eine eigene Serie gründen wollten, mit der sie gnadenlos baden gegangen wären.
Wer die Sache ein wenig verfolgt hat, weiß, dass das eine taktische Meisterleistung war.
Ich finde diesen ganze Pseudo-Skandal um Mosley eine ungeheuer feige und bigotte Angelegenheit. Wenn es wirklich um etwas ginge, was mit rechten Umtrieben zu tun hätte, wäre es natürlich richtig, aber darum geht es überhaupt nicht. Die Geschichte von
Mosley ist ja recht gut bekannt, und er war in seiner Jugendzeit für die Organisation seines Vaters aktiv, aber das ist nun mehr als 40 Jahre her. Kein Mensch behauptet ernsthaft, dass Mosley ein Nazi ist.
Stattdessen werden hier mehr oder weniger "typische" SM-Handlungen zum Skandal gemacht. Soweit ich weiß, hat SM oft etwas mit Szenarien von Unterwerfung, Beherrschung, Demütigung u.a. zu tun, weshalb u.a. Militärszenarien in dieser Szene wohl gar nicht so selten sind. Selbst wenn diese private Party ein Nazi-Thema gehabt haben sollte, ist es eine denkbar falsch verstandene Correctness, den Rechtsradikalismus im SM-Studio und bei den erotischen Phantasien zu bekämpfen. Mir persönlich ist die SM-Szene zwar auch recht fremd, wie so manch andere "spezielle" Sexualpraktik auch, aber diese Engstirnigkeit bei fremder Leute Sexualität kann ich einfach nicht ausstehen, zumal es absolut niemanden was angeht, solange keinem Schaden zugefügt wird.
Unter den Leuten, die Mosley jetzt ganz "untragbar" finden, sind vielleicht einige, die mit Mosley von früher her Streit haben (wie Paul Stoddart und Jackie Stewart), aber ansonsten ist es über weite Strecken Opportunismus pur. Dem feinen Business wäre es recht gewesen, dass Mosley schön still zurückgetreten wäre, damit es nur ja keinen Skandal gibt, egal wie berechtigt oder unberechtigt. Da gibt es Pressestellen, die tagelang an einer kurzen Erklärung feilschen, damit sie nur ja nix falsches sagen, Ex-Rennfahrer, die als "Experten" immer schön dem vermeintlichen Mainstream nach dem Mund reden (positive Ausnahmen in dieser Sache: Juan Pablo Montoya und Michael Schumacher). Und wie immer wenn man keine vernünftigen Argumente hat, wird das "Vorbild für die Jugend" bemüht. Wie wäre es, wenn man der Jugend mal ein Vorbild gibt, dass man sich nicht in fremder Leute Sexualleben einmischt?
Die ganze Angelegenheit enthält sowieso einen üblen Vorgeschmack auf die zunehmende Überwachungs- und Bespitzelungsgesellschaft. Schon deswegen finde ich es äußerst negativ, wenn man jemanden wegen nicht ganz massenkompatibler zum Rücktritt zwingen kann. Man kann sich vorstellen, was dies für andere Leute in herausgehobenen Positionen für eine Signalwirkung hat, die vielleicht auch ein nicht ganz alltägliches Sexualleben pflegen. Das Erpressungspotenzial wird massiv steigen, Scheinheiligkeit und Konformismus werden gefördert - alles Dinge, die gesellschaftlich äußerst negativ sind. Ich glaube zwar nicht, dass sich Mosley gegen die Interessengruppen wirklich lange halten kann, aber schon aus den obigen Gründen, hoffe ich, dass er noch ein wenig um sein Amt kämpft und den Bigotten und Opportunisten nicht so schnell das Feld überlässt.