hast vieles gutes geschrieben, wie auch hier der erste satz. der zweite satz ist dann aber quatsch. das schließt sich ganz sicher nicht aus. es ist ganz einfach selten und wir haben den perfekten boxer noch nicht gesehen. auch nicht den annähernd perfekten, aber wer macht denn schon bitte boxen?
das auge, timing usw. hat in erster linie mit bewusstsein zu tun. dieses bewusstsein schließt auf keinen fall, einen krass athletischen körper aus. eine defensive haltung, schließt auch nicht eine offensive haltung aus.
am stärksten bringt diese eigenschaften zur zeit der Rigondeaux zu tisch. aber klar geht es noch besser. Mayweather ist mir deutlich zu negativ
War etwas unglücklich beschrieben. Es sollte eigentlich heißen, dass es solche Boxer die in allen Bereichen wirklich Top waren, bisher nicht oder kaum gab, wobei natürlich ein Großteil der Menschen die vielleicht das Potential dazu hätten, gar nicht ernsthaft darüber nachdenken zu boxen. Das stimmt schon.
Ich finde es dennoch auffällig, dass gerade viele Top-Athleten, nicht dieses überragende Auge und Timing haben. Meistens sind das eher Defensive ausgerichtete Boxer die diese Qualitäten einigermaßen zusammenführen können, was gleichzeitig wieder eine Limitierung der Möglichkeiten bedeutet. Mayweather ist da ein gutes Beispiel, wobei er alles in allem der Perfektion dennoch relativ nahe kommt. Rigondeaux hab ich jetzt nicht genau in Erinnerung, da müsste ich mir noch was von ihm ansehen.
Offensive Boxer mit tollem Auge gab es auch, aber meistens fehlte denen athletisch ein Tick um durchgehend auf höchstem Niveau auch gegen verschiedene Stile zu überzeugen. Wobei es wahrscheinlich daran liegt, dass es einfach schwieriger dauerhaft umzusetzen ist, weil man sich eben viel weniger Grenzen setzt wenn man Grundsätzlich der Auslöser der Reaktionen ist, und nicht immer zuerst auf das reagiert was man angeboten bekommt. Diejenigen die eben ein so tolles Auge haben können es sich erlauben sich zurückzuhalten, ihre Kräfte zu schonen und Nachlässigkeiten des anderen zu bestrafen. Das wird auch der Grund dafür sein, dass eben diese Leute vorwiegend diesen Stil boxen. Der Grund warum es viel mehr Distanz und Konterboxer gibt, die sich über längere Zeit, auch in höherem Alter behaupten können, als die Offensiven Boxer liegt wahrscheinlich auch genau hier. Es ist schlicht einfacher und sicherer, spiegelt meiner Ansicht nach aber nicht den wahren Kämpfergeist und das streben nach Perfektion wieder.
Da fällt mir gerade McCallum ein. Er hatte ein überragendes Auge, machte im Ring viele Dinge gleichzeitig, boxte Druckvoll und ließ seine Deckung kaum vernachlässigen, er war auch technisch sehr stark und variabel. Ein geborener Fighter. Gegen den tollen und ebenfalls flexiblen Konterboxer Kalambay, verlor er aber ab den mittleren Runden zu stark an Tempo, tapste dann zu oft hinterher und ließ sich am Ende auspunkten. Danach hatte er immer noch eine tolle Karriere, und zeigte als 40 Jähriger mit nochmals deutlichem Rückgang seiner Athletik und Kondition, im Halbschwergewicht Roy Jones in den ersten 4 Runden die Grenzen auf.
Im Schwergewicht sticht besonders Tony Thompson heraus. Er scheint eine verglichen mit den meisten anderen, eine viel breitere, schier uneingeschränkte Wahrnehmung zu besitzen, eine enorme Ringintelligenz, wodurch er trotz seiner athletischen und konditionellen Defizite und der Tatsache, dass er erst mit 27 Jahren mit Boxen anfing und ihm einiges an Feinschliff fehlte, dennoch im Schwergewicht einige Zeit als die Nr.2 angesehen werden konnte. Er konnte druckvoll boxen und ständig arbeiten weil er Situationen unheimlich schnell erkannte, dabei den gegnerischen Aktionen mit wenig Aufwand den Druck und die Präzision nehmen, sie kontern, neue Situationen erzeugen in denen er quasi immer wusste was die günstigste Bewegung für ihn ist. Zudem hat er ein natürliches Gefühl für Schläge und konnte aus verschiedenen Lagen Wirkung erzielen. Seine Schläge wirkten geschoben, waren aber technisch sehr gut ausgeführt und gut mit Masse dosiert.
Wie er Luan Krasniqi in kurzer Zeit regelrecht auseinandernahm war mehr als beeindruckend, und wie er den athletisch deutlich überlegenen Wladimir in der 1. Runde des ersten Kampfes beherrschte, war vorbildlich. Danach musste er das Tempo zu stark herunterfahren, traf Wladimir aber auch im weiteren Verlauf so oft und klar wie es kein einziger bis Heute schaffte, und das obwohl er (angeblich) mit einem Meniskusriss angetreten war. Wie er dann als über 40 Jähriger die Price und Solis-Hypes beenden würde, konnte man kommen sehen wenn man seine Qualitäten kannte.
Der Mann ist für mich der Inbegriff der Anpassungsfähigkeit und Intelligenz im Ring. Er lebt und fühlt das kämpfen wie vielleicht kein anderer. Da reicht denke ich keiner an ihn heran.
Was der wohl hätte leisten können, wenn er als Jugendlicher mit dem Boxsport angefangen hätte, kann man nur erahnen. So hatte er einfach keine Grundathletik und seinen körperliche Zenit schon überschritten, was sich sicher noch deutlich entwickelt hätte, wenn er von klein auf intensiven Sport betrieben hätte, wenngleich er kein Naturfreak war.
Perfektes boxen ist, wenn jemand konsequent Druck ausübt, sehr spontan ist, und den Gegner so wenig wie möglich Zeit für Entscheidungen lässt, und Gelegenheiten die theoretisch da sind erarbeitet und immer zu nutzen versucht, und sich gleichzeitig darüber bewusst ist, dass er dem Gegner so wenig Möglichkeiten zur Entfaltung wie nur möglich geben darf. Dazu ist ein gesundes Maß an Selbstvertrauen, eine sehr detaillierte Wahrnehmungsfähigkeit und die Abgeklärtheit soviele Dinge wie möglich gleichzeitig berücksichtigen zu können nötig. Je mehr Sachen man gleichzeitig berücksichtigen und umsetzen kann, desto näher kommt man der Perfektion. In Golovkin kann man einige dieser Dinge wiedererkennen. Er könnte derjenige sein, der die Messlatte unter Profiboxern in dieser Hinsicht auf ein neues Level hebt, und der Perfektion am nächsten kommt. Dass man manche Dinge nicht Lehrbuchmässig sondern auf eigene Art löst, kann da auch von Vorteil sein.