Eigentlich wollte ich nicht diesen ewigen Vergleich anstellen, aber an dieser Stelle dann doch: Der frühe Jordan war etwas schneller als Kobe (auf mich wirkt es so, wenn ich Aufnahmen aus seinen ersten NBA-Jahren sehe), hat bekanntlich riesige Hände und deswegen Vorteile beim Zug zum Korb, und was die Sprungkraft angeht, gibt es zwar inzwischen einige, die es mit ihm aufnehmen können oder ihn gar übertreffen, aber seine damalige Athletik hätte mehr als ausgereicht, um auch heute noch recht leicht (besonders nach Finten) an Gegenspielern vorbeizuziehen und um über die meisten Gegner hinwegzudunken. Wenn Kobe mit seinen etwas geringeren Mitteln heute der vielleicht beste Spieler sein kann, trifft dies auf Jordan doch umso mehr zu.
Die Athletik der frühen Jahre ist aber gar nicht unbedingt das Entscheidende für seinen Ruf, sondern ebenso sein Spiel in den 90ern, als er ein ausgefeiltes Midrange-Game hatte. Ein solches funktioniert auch heute noch, wie man besonders an den Big Men wie Nowitzki, Garnett, Stoudemire und häufig genug selbst bei Duncan und Yao sieht. Es gibt also nicht viele Gründe für die Annahme, dass einem Mittneunziger-Jordan die heute im Schnitt etwas athletischeren Gegenspieler große Probleme machen würden.
Auf der anderen Seite nehme man dann mal heutige Spieler und verfrachte sie in die damalige Zeit: Ihre Verteidiger durften "handchecken" und hatten damit bessere Chancen, die Bewegung des Angreifers zu erahnen und sich darauf einzustellen. Zwar mussten sich die damaligen Spieler nicht der Zonenverteidigung stellen, dafür aber in der Regel einem Center, der näher am Korb parken durfte als es heute der Fall ist. Ganz zu schweigen von den Pfiffen, die damals oft noch bei dem ausblieben, was heute regelmäßig als Flagrant Foul gepfiffen würde. Ich will damit nicht sagen, dass LeBron und Wade damals viel schlechter gewesen wären (zumindest solange ihre Athletik so herausragend ist, kann sie niemand stoppen, egal in welcher Zeit), aber sie hätten sich doch stärker anpassen müssen. Heute scheint es mir dagegen eher, dass die Regeln statt dessen ihren angepasst werden, und der Druck auf sie, andere Facetten ihres Spiels auszuarbeiten, scheint mir doch um einiges geringer.
Und was ich schade finde: Der für mich oft interessanteste Aspekt, nämlich das schnelle Teamplay, wird leider kaum gefördert, sondern es werden immer mehr Gründe für Nachahmer geschaffen, den Ball zu behalten und im direkten Duell mit dem Verteidiger (der durch die Regeln oft kaum noch etwas machen kann, außer dem Versuch, ein Offensivfoul aufzunehmen - nicht umsonst sieht man heute so viele Flopper) die Entscheidung zu suchen. Da frage ich mich schon manchmal, wieso eigentlich 5 Spieler pro Team auflaufen, wenn recht oft 1-2 von diesen quasi alleine die Offense bestreiten.