Danke, Fast Eddie, daß du mich erlöst hast.
Zum Kampf:
(1) Es hat sich gezeigt, wie wenig anpassungsfähig Dimitrenko ist. Stichwort: Ringintelligenz. Was war das? Rückwärtsgang in der Halbdistanz? Wo war denn der Jab? Den besagten "Schlüssel" hat Dimitrenko schon häufiger nicht gefunden; das lag heute auch nicht daran, daß er einfach einen besonders schlechten Tag gehabt hätte. Er wird sich niemals innerhalb eines Kampfes optimal auf den Gegner einstellen können; zudem ist er nicht in der Lage, brenzlige Situationen im Infight abzuklammern. Das wird ein Manko bleiben.
(2) Chambers wollte den Kampf unbedingt gewinnen und er hat ihn in meinen Augen schon beim Einmarsch gewonnen. Unheimlich selbstsicherer Auftritt von Eddie, zu jedem Zeitpunkt des Kampfes.
(3) Eddie hat gut geboxt. Die Verschnaufpausen verzeihe ich ihm, ein Workrater muss er in meinen Augen gar nicht werden. Es reicht im Grunde, wenn er sich seine Kräfte so einteilt, daß er locker über die zwölf Runden gehen und auf die Punkte setzen kann. Die Kopfbewegungen sind stark, ebenso sein Auge und natürlich der Handspeed. Ein guter Konterboxer, der heute gegen einen größeren Mann keinerlei Distanz- und Konditionsprobleme bekommen hat. Smarter Boxer. Gegen Wladimir reicht's leider trotzdem nicht.
(4) Dimitrenko bleibt mir hochgradig unsympathisch. Ob es nun die "Aufbock"-Versuche in den Anfangsrunden waren, das Theater mit angeblichen Tiefschlägen, die Tanzeinlagen trotz klarer Unterlegenheit, dieser Kniefall am Ende, oder dieses unsägliche Interview nach dem Kampf. Bezeichnend, daß sich das Hamburger Publikum (sic) fast ganzheitlich hinter Chambers gestellt hat - schon während des Kampfes. Eine nette und faire Geste.
(5) 113:113 ist eines der miesesten Scorings, das ich in diesem Jahr gehört habe. Pfui Teufel, der Typ sollte keinen Fight mehr scoren.
(6) Ausdrückliches Lob an Ploog: Ein grundauf ehrlicher Kommentar, der zu keinem Zeitpunkt beschönigt hat, sondern zuweilen harsche Kritik am Universumsboxer übte. Ebenso ehrlich wie sympathisch die ungewöhnlich harten Worte über die "Skandalwertung" des Engländers. So will man das hören. (Freilich sollte man nicht vergessen, daß nächste Woche Felix Sturm boxt. Da bläst wahrscheinlich ein anderer Wind...)
(7) Mit etwas Pech geht es für Dimitrenko bei Universum nicht mehr weiter. Kohl sah nicht sehr amüsiert aus, erst recht nicht, als Dimitrenko im Interview schon von einem Comeback faselte. Im Prinzip hat sich das heutige Desaster - er wurde stellenweise von seinem direkten Konkurrenten gnadenlos vorgeführt - in den vergangenen Fights in einigen Facetten angedeutet. Hinzu kommt natürlich diese riesige Liste an Aufbaukämpfen (d.h.: Zeit, die man bei Universum in ihn investierte), die auf dem Papier erstmal eindrucksvoll aussieht, aber im Ring, wie man gesehen hat, keinen Pfifferling wert ist. Die Reifeprüfung ist versemmelt, gegen andere Prospects dürfte er ebenso baden gehen wie heute. Das Publikum ist enttäuscht, unter Umständen wurde es durch diesen uninspirierten Auftritt sogar vergrault. Denkbar wäre ein Stallduell gegen Boytsov. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß man ihm nochmal zwei, drei, vier Aufbaukämpfe gegen Argentinier oder Shaolin-Amerikaner zugesteht.