Momentan ist es wirklich bischen ruhig an der HC Front. Ich denke, wenn Teams sich verabschieden nächstes Wochende, dann wird da vielleich auch etwas mehr Bewegung bekommen.
Zu Lovie Smith: Also sein Eindruck an der Seitenlinie ist wirklich bischen fraglich. Mir ist auch lieber, wenn da mehr Emotionen dabei sind. Aber es gab auch mal einen Coach bei Dynamo Kiew, der saß da auf der Bank und ob er saß oder eingeforeren war, konnte man nicht erkennen. Trotzdem war er mit Kiew extrem erfolgreich.
Im Grunde ist eben Erfolg der Keyfactor.
Was ich eher zur Diskussion stelle, ist ob Lovie Smith mit der Tampa 2 noch in die Zeit passt für den ganz großen Wurf. Ich denke, dass eine Tampa 2 gegen einen schwachen QB/mittleren QB grandios ist. Du hast deinen Gegner in front of you und du kannst Turnovers forcieren. Die Bears hatten wirklich stripping the ball perfektioniert. Das war coaching, ob durch ihn oder einen seiner Assistants ist wieder die andere Frage.
Aber die großen QBs werden mit einer Tampa heutzutage nicht die Probleme haben. D.H. hat damit zu tun, dass multiple WR sets Gang und Gebe sind.
Es wird schon schwierig, wenn trips bunch gecallt werden. Ein Wr schickst du kurz, einen outside in die flat und einen WR gegen den Safety.
Die Pats haben z.B. ihre TEs, die gegen jede Tampa 2 extrem effizient sind. Ich habe die Tampa 2 mit Monte Koffin extrem schmerzvoll erfahren, vor allem da Vick eben die Accuracy nicht erfunden hat und scrambling dagegen überhaupt nicht hilft.(keep the play in front of you) Oder als die Falcons mal Montag nacht nach Chicago gefahren sind und es eisig kalt war und Rex Grossmann als die große Hoffnung gefeiert worden ist, weil er zumindest zwei drei Plays gemacht hat, währen die Falcons gar keins hatten.
Aber jeder akkurater QB wird seine Mittel dagegen finden. Ich erinnere mich als an einem Montag Nacht 2006 (also schon eine Ecke her) die Pats zu den Vikings fuhren und die zwar keine gute Saison hatten, aber ihre Home Defense(mit einem gewissen Mike Tomlin) gewisse Schrecken zu verbringen mochte. Am Ende ging es 31-7 aus und Brady warf die ganze Zeit ohne ein Laufspiel. Am Ende hatten Maroney und Evans zusammen 9 Carries. Brady hat mit spread around und using shorter options das Ding locker gewonnen, so hatte z.B. Watson 95 yards.
Daher bin ich bei Lovie Smith auch etwas skeptisch. Mit ihm wird man meiner Meinung niemals 1-15 gehen, aber es wird auch nicht reichen für den großen Wurf und ob die Spieler sich so wirklich entwickeln, habe ich auch die Frage.
Aber dazu kann natürlich dann wieder Fro vielmehr sagen, ob sich da gerade die gedrafteten Spieler entwickelt haben....
Du hast schon viele gute Punkte genannt, aber das wundert mich nicht. :thumb:
Die größte Stärke von Lovie ist in meinen Augen, daß er einen Lockerroom zusammenhalten kann. Da gab es in den neun Jahren eigentlich nie eine Phase wo man den Eindruck haben mußte, die Mannschaft würde gegen den Trainer spielen. Im Gegenteil, regelmäßig haben wir uns gegen Saisonende noch gute Draftpositionen versaut, weil wir bedeutungslose Spiele gewonnen haben.
Er ist eine Vaterfigur, die von seinen Spielern sehr respektiert wird, die zerreissen sich für ihn. Offensichtlich ist er also auch ein guter Motivator, oder aber er kann die Spieler so bei der Ehre packen, daß die immer 100% geben. Er weiß, was er defensiv will und erkennt auch die richtigen Spieler für dieses System. An diesem System ist nichts "flashyges" dabei, einfach ganz simpler Football, der auch für ein großes Selbstbewusstsein steht, so nach dem Motto: Jeder weiß, was wir tun, wir sind aber so gut, daß niemand es stoppen kann. Die Mannschaft muß diszipliniert sein, damit dieses System funktioniert, wenn sich nur ein Teil an der falschen Position befindet, bricht das gesamte System in sich zusammen. Big Plays hat man somit selten bekommen, da die Spieler a) sicher tackeln konnten und b) der Passrush grundsätzlich nur aus vier Spielern besteht, und sieben somit in Coverage gehen.
Er kann dem Team gut die Basics vermitteln, viele Probleme mit dem Tackling hatten wir nicht so häufig und sein Talent in Bezug auf das Turnover-Training ist mittlerweile vielfach dokumentiert.
Er verliert nie die Nerven und die Geduld, was durchaus erst einmal etwas positives ist, und die Mannschaft war auch wirklich immer fit. Die ersten sieben Jahre sind wir, rein vom Gefühl her, von Verletzungen wichtiger Spieler verschont geblieben. Da hatte er mit Rusty Jones eine Ikone verpflichtet.
Kommen wir nun zu den negativen Punkten:
- Offense: Ich habe doch starke Zweifel, ob der eine taugliche Offense auf die Beine stellen kann. 9 Jahre hat er es probiert, vier verschiedene OCs hat er dafür ausprobiert, und es sah eigentlich immer wie Kraut und Rüben aus. Vielleicht braucht er wie sein Protegé Tony Dungy einen Tapetenwechsel, damit es endlich läuft. Er wird in seiner neuen Station aber vermutlich nicht den nächsten Peyton Manning habe, deswegen bleibt da bei mir ein großes Maß an Skepsis vorhanden
- System / Spieler: Damit sein System funktioniert, braucht es viele sehr bestimmte Teile. Wenn eines davon fehlt, kannst du es in die Tonne kloppen, dann sieht es wirklich böse aus. Man braucht einen dominanten 3-technique DT (Warren Sapp, Tommie Harris), welcher die Pocket regelmäßig zerstört, und einen sehr guten Passrush von den beiden DEs, allen voran der Blindside des QBs (Simeon Rice, Julius Peppers). Man braucht einen MLB mit Speed, einer enormen Range und sehr viel Spielverständnis, weil der fast immer in Coverage geht (Prime Urlacher), und wenn der nicht schnell ist oder Range hat, dann hast du genau da, in der Mitte des Feldes, riesige Löcher. Außerdem brauchst du einen WLB, welcher sozusagen der Müllmann ist (also sicher tackelt) und aufräumt, weil die Blocker mit deinem DT und dem MLB beschäftigt sind (Derrick Brooks, Lance Briggs). Zuletzt noch einen Safety, welcher extrem sicher in Coverage ist, und auch überdurchschnittlich tackeln kann (John Lynch). Die CBs müssen eigentlich nur sicher tackeln können, um den Raumgewinn nach einem Pass zu eliminieren. So, sollte von diesen Teilen auch nur irgendetwas fehlen, frisst du den ganzen Tag Slantroutes (kein Passrush durch DTs und DEs oder aber ein MLB ohne Range und Speed) weil da einfach riesige Löcher entstehen, oder aber du wirst plattgelaufen (mangelndes Tackling durch WLB und Secondary). Das sind also eigentlich zu viele Variablen, aber bei ihm hat es zumindest meistens funktioniert.
- In-game adjustments: Leider nicht vorhanden! Wenn etwas überhaupt nicht lief, dann konnte man sich leider sicher sein, daß es z. B. nach der Halbzeit auch so weitergehen würde. Das ist so ein wenig wie die Definition des Wahnsinns, immer das Gleiche zu probieren in der Hoffnung, das Ergebnis würde dann irgendwann ein anderes werden. Ein Steve Smith hat es z. B. geliebt, gegen uns zu spielen, der hatte da immer regelmäßig über 150 Yards, und ich habe es nie gesehen, daß er sich dazu entschied, mal einen Spieler zu doppeln so wie die Packers es mit Brandon Marshall vor ein paar Wochen getan haben. Das System wird beibehalten, auch wenn eine Änderung zwingend wäre.
- Talentevaluation- und Förderung: Die ist leider ein einziges Desaster, gar nicht mal so sehr auf die Evaluation bezogen, sondern auf die Förderung. Vielleicht hat Angelo auch einfach die falschen Spieler gedraftet, aber junge Spieler hat er nicht so wirklich besser machen können, da fällt mir ehrlich gesagt kein einziger Spieler ein, der wirklich durch Coaching besser geworden wäre. Einen tauglichen Safety sucht man bei uns z. B. seit Mike Brown ( ) verletzungsanfällig wurde. Ohne zu schauen hat er da sicherlich fast zwei Dutzend Spieler ausprobiert aber nichts gescheites hinbekommen.
- Spielertreue: Ein Trainer sollte keinen Spieler fallen lassen, wenn er mal nicht gut gespielt hat, aber Lovie hat diese Nibelungentreue doch einige Mal ziemlich übertrieben bei Spielern, die eigentlich nicht mehr tragbar waren, weil die Leistung dem Anspruch des Teams nicht gerecht wurden. Die krassesten Fälle in den letzten Jahren waren sicherlich Rex Grossman und J'Marcus Webb.
- Challenges: Eine ziemlich deutliche Schwäche bei ihm, auch wenn er gefühlt in den letzten beiden Jahren besser geworden ist. Dennoch hat er die komische Angewohnheit, Flaggen zu werfen, wenn wir eigentlich keine Chance haben, eine Challenge zu gewinnen, oder aber sie stecken zu lassen, wenn die Chancen sehr gut erscheinen. Ist mir persönlich ziemlich unverstädnlich, aber sicherlich auch eine gehörige Mitschuld seiner Assistenten.
Resümierend möchte ich aber schon festhalten, daß Lovie ein guter Trainer ist. Im zwischenmenschlichen Bereich ist er top, und das empfinde ich bei einem Manager von 53 egozentrischen Topathleten als eine sehr wichtige Eigenschaft, denn die Zeiten von Diktatoren an der Seitenlinie sind lange vorbei. Seine Teams geben immer alles und lassen sich nicht hängen. Ich habe aber ziemliche bedenken, ob er es noch einmal schafft, eine taugliche Offensive auf die Beine zu stellen. Wenn er jetzt tatsächlich ein neues Team übernimmt, wird er auch in der Defense in meinen Augen locker drei Spielzeiten brauchen, bis er die passenden Spielertypen hat, und bis das System auch in Fleisch und Blut übergegangen ist.